Drucksache - 2610/V  

 
 
Betreff: Nicht übereinander, sondern miteinander reden:
Gemeinsam Hilfen für die Obdachlosen vom Hansaplatz erarbeiten

Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Bündnis 90/Die GrünenBezirksamt Mitte von Berlin
Verfasser:Neugebauer, Siewer, Kurt und die übrigen Mitglieder der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
20.08.2020 
40., öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin vertagt   
17.09.2020 
41. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin überwiesen   
Soziales und Gesundheit Entscheidung
06.10.2020 
45. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziales und Gesundheit ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
05.11.2020 
42. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
18.03.2021 
47. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlagen:
1. Antrag Grüne vom 11.08.2020
2. BE SozGes vom 06.10.2020
3. Beschluss vom 05.11.2020
4. VzK SB vom 21.10.2021

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

(Text siehe Rückseite)


Bezirksamt Mitte von Berlin Datum: 05.02.2021

Stadtentwicklung, Soziales und Gesundheit Tel.: 44600             

 

Bezirksverordnetenversammlung Drucksache Nr.: 2610/V 

Mitte von Berlin 

 

_____________________________________________________________________________ 

 

 

Vorlage - zur Kenntnisnahme -

 

über

 

Nicht übereinander, sondern miteinander reden: Gemeinsam Hilfen für die Obdachlosen vom Hansaplatz erarbeiten

 

Wir bitten, zur Kenntnis zu nehmen:

 

Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 05.11.2020 folgendes Ersuchen an das Bezirksamt beschlossen (Drucksache Nr. 2610/V):

 

Das Bezirksamt wird ersucht, im Bereich des Hansaplatzes tätige ehrenamtliche Initiativen sowie hauptamtlich tätige Träger der Wohnungslosenhilfe als Auftakt zu einem Fachgespräch im Sozialamt einzuladen, um gemeinsam mit den bezirklichen Streetworker*innen aus dem Sozialamt, der sozialen Wohnhilfe, dem sozialpsychiatrischen Dienst, dem Präventionsrat, dem Platzdienst, weiteren relevanten Akteuren aus der Bezirksverwaltung, der vor Ort tätigen Kirchengemeinde und Vertreter*innen des Bürgervereins Hansaviertel die verschiedenen Perspektiven zu bündeln und nachhaltige Lösungen zu entwickeln, um die prekäre Situation der Obdachlosen vor Ort zu verbessern und perspektivisch zu überwinden sowie Nutzungskonflikte im öffentlichen Raum zwischen Obdachlosen und Anwohner*innen zu minimieren.

 

Das Bezirksamt wird hierbei insbesondere gebeten, einen dauerhaften und regelmäßigen Austausch mit vor Ort tätigen Sozialarbeiter*innen von Trägern über die im Bereich des Hansaplatzes sich aufhaltenden Obdachlosen zu erreichen, um einzelfallspezifisch Hilfsangebote zu entwickeln und insgesamt die Tätigkeit der verschiedenen mit den Obdachlosen betrauten Akteure vor Ort stärker zu koordinieren. Der Sozialausschuss soll über die einzelnen Ergebnisse dieser Gespräche fortlaufend informiert werden.

 

Abschließend wird das Bezirksamt ersucht, in diesem Kontext zu prüfen, ob und wie für die Obdachlosen am Hansaplatz erfolgreiche Lösungsansätze aus dem Bezirk (betreute Aufenthaltsbereiche im Kleinen Tiergarten bzw. am Leopoldplatz mit angrenzendem Pissoir) auf das Gebiet rund um den Hansaplatz in Zusammenarbeit mit den dortigen Grundstückseigentümer*innen übertragen werden können.

 

Das Bezirksamt hat am 23.02.2021 beschlossen, der Bezirksverordnetenversammlung dazu Nachfolgendes als Schlussbericht zur Kenntnis zu bringen:

 

Der Bezirk Mitte verfolgt hinsichtlich der Bekämpfung von Obdachlosigkeit grundsätzlich eine Doppelstrategie, die auf das Durchsetzen von Recht, Ordnung und Sicherheit im öffentlichen Raum in Kombination mit zielgruppenspezifischen Beratungs- und Hilfeangeboten ausgerichtet ist. Der Aspekt der Durchsetzung von Recht, Ordnung und Sicherheit betrifft dabei hauptsächlich das Räumen von zweckentfremdeten öffentlichen Flächen, aber auch die Bekämpfung von Zweckentfremdung und von unzumutbareren Wohnverhältnissen. Vor allem spielt hier das Zusammenwirken des Ordnungs-, Gesundheits-, Jugend- und Sozialamtes und auch der Präventionskoordination, der Bau- und Wohnungsaufsicht, der Träger sowie der Polizei eine große Rolle.

Hinsichtlich der Beratungs- und Hilfeangebote für Obdach- und Wohnungslose kommt der Fachstelle Soziale Wohnhilfe des Amtes für Soziales eine besondere Bedeutung zu. Durch die Soziale Wohnhilfe stehen folgende Angebote zur Verfügung:

 

          Sozialpädagogische Beratung und Unterstützung

-          bei drohendem Wohnungsverlust 

-          bei Mietschulden  

-          bei Obdachlosigkeit und Unterbringungsbedarf in einem Wohnheim  

          Vermittlung und Unterbringung in eine/r betreuten Wohnform gemäß §§ 67/ 68 SGB XII (z.B. betreutes Einzelwohnen)

          Wohnraumvermittlung  

          Beratung in mit o.g. Hilfen in Zusammenhang stehenden Sozialleistungsfragen z.B. Überbrückungshilfen

          sozialpädagogische Beratung und Vermittlung bei persönlichen Krisensituationen (Wohnungsnotfälle)

          Aufsuchende Sozialarbeit

 

Gerade mit dem Instrument „Aufsuchende Sozialarbeit“ ist es dem Amt für Soziales möglich, die zwei großen Hauptbereiche zur Bekämpfung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit strategisch anzugehen. So kümmert sich ein Team der Aufsuchenden Sozialarbeit um die Vermeidung von Wohnraumverlust im Rahmen der Prävention bei Zwangsräumungsankündigungen, Klagemitteilungen vor Ergehen eines Räumungstitels sowie bei sonstigen Mietschuldenfällen. Ein weiteres Team betreibt mobile Sozialarbeit, kontaktiert beispielsweise obdachlose Personen im öffentlichen Raum, unterbreitet Hilfeangebote und leitet Hilfemaßnahmen ein, unterstützt bei behördlichen Angelegenheiten und hilft bei dem Wunsch nach Unterbringung.

Auch am Hansaplatz ist die mobile Sozialarbeit der Sozialen Wohnhilfe tätig und den meisten sich dort aufhaltenden obdachlosen Personen bekannt. Die Sozialarbeitenden sind mindestens einmal und bei Bedarf auch mehrfach wöchentlich vor Ort, um im Rahmen intensiver und langwieriger Einzelfallhilfe eine Beendigung der Obdachlosigkeit zu erreichen. Eine feste Sprechstunde für obdachlose Personen, die nach Vermittlung durch die Präventionskoordination im Jahr 2020 einmal in der Woche in den Räumlichkeiten des Grips-Theaters abgehalten wurde, wird nicht mehr angeboten, da diese von der Zielgruppe nicht genutzt wird. Insgesamt beschränkt sich die Arbeit der mobilen Sozialarbeit seit Anfang des Jahres 2020 auf einen kleinen Personenkreis. Nur selten wurden Hilfe- und Unterbringungsangebote angenommen. Es wird dennoch weiterhin versucht, ein Vertrauensverhältnis und eine Bindung zum Klientel aufzubauen, um zunächst wenigstens eine Annahme von Hilfen zu erreichen, die letztendlich in einzelfallspezifische Angebote zum Ausstieg aus der Obdachlosigkeit münden sollen. Momentan wird die Situation am Hansaplatz von den Sozialarbeitenden als wenig prekär beschrieben, was u.a. den derzeitigen Wetterverhältnissen geschuldet sein könnte. Auch im Umfeld des Platzes, das regelmäßig abgelaufen wird, werden wie bereits nahezu den kompletten Sommer 2020 über kaum obdachlose Personen angetroffen.

 

Der Sozialpsychiatrische Dienst hat den Hansaplatz im letzten Jahr mehrfach aufgesucht, um besonders problembehaftete obdachlose Personen anzusprechen und Hilfe anzubieten. Diese wurden jedoch nicht angenommen. Anlass, bei Einzelnen eine Unterbringung zur Gefahrenabwehr nach dem Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKG) anzuregen, bestand jeweils nicht.

Die mobile Sozialarbeit der Sozialen Wohnhilfe, die mit allen Akteuren am Hansaplatz und insbesondere mit den Trägern anderer Straßensozialarbeitsprojekte (dort hauptsächlich „Gangway“ und die „Berliner Obdachlosenhilfe“) gut vernetzt ist, begrüßt die Idee, alle Interessenvertreter*innen - darunter auch Eigentümer, Gewerbetreibende und teilweise auch Anwohnende sowie die Interessensvertreter der Obdachlosen -  bei der Erarbeitung von Lösungsansätzen mit einzubeziehen.

 

Die Präventionskoordination, die im Bezirksamt Mitte für die diesbezüglichen Planungen zuständig ist, kann zu den Koordinationsaktivitäten im Hinblick auf die Obdachlosenthematik am Hansaplatz Folgendes berichten:

Der Runde Tisch Hansaplatz, welcher aus Kapazitätsmangel im Präventionsbereich zuletzt ruhen musste, wird für das 1. Quartal 2021 wieder anvisiert.

Nach bisherigen informellen Treffen aller am Hansaplatz sozialarbeiterisch Tätigen startete Anfang August 2020 der koordinierte Austausch auf der Praxisebene. Dieser soll in Form der „Praxisrunde Hansaplatz“ verstetigt werden. Startschuss für diese Praxisrunde war eine Ortsbegehung mit Herrn Bezirksbürgermeister von Dassel, Vertreter*innen der Fachämter, der Polizei und des Bürgervereins sowie des Eigentümers der „Shopping-Center Hansaviertel GmbH“ im August 2020. Der Schwerpunkt lag hier auf sicherheitsrelevanten und städtebaulichen/ pflegerischen Fragen. Am 06.11.2020 wurde der Austausch auf kleinerer Ebene (Präventionskoordination, sozialarbeiterisch Tätige und Polizei) fortgesetzt. Eine Verstetigung ist vorgesehen, wobei hier auf die Thematik der Obdachlosen fokussiert wird.

Einen Aufenthaltsbereich für die vor Ort anwesenden Obdachlosen zu finden, an dem eine Betreuung stattfinden kann, ist u.a. Gegenstand der obigen Gesprächsgremien. Ein Stadtteil-Café wird von der ortsansässigen „Initiative neue Mitte Hansaplatz“ in den Räumen des ehemaligen „Spätis“ geplant, was von der Präventionskoordination ausdrücklich befürwortet und unterstützt wird.

Die Aufstellung weiterer öffentlicher Toiletten durch die Wall AG ist in Planung. Dies schließt auch eine Toilette am Hansaplatz ein. Der technisch mögliche Standplatz steht aber leider im Konflikt mit dem Denkmalschutz, so dass eine Realisierung unklar ist. Das dringend benötigte Pissoir mit kostenfreiem Zugang wird seitens der Präventionskoordination dringend empfohlen und ist derzeit ebenfalls Gegenstand der Verhandlungen.

Leider hat der Inhaber des „Shopping-Center Hansaviertel GmbH“ dem Betreiber des von ihm beauftragten und durch das Bezirksamt kofinanzierten, gemeinwesenorientierten Platzdienstes kurzfristig gekündigt, ohne vorher mit dem Bezirksamt in Kontakt zu treten. Der Platzdienst ist damit seit Oktober 2020 nicht mehr tätig. Derzeit wird geprüft, welche alternativen Maßnahmen vor Ort hilfreich sein könnten.

 

Nach alledem decken sich die Forderungen der Bezirksverordnetenversammlung weitestgehend mit den bereits auf den Weg gebrachten Vorhaben der Präventionskoordination und der mobilen Sozialarbeit der Sozialen Wohnhilfe.

Das Amt für Soziales wird den Ausschuss für Soziales und Gesundheit zu dem Thema auf dem Laufenden halten.

 

 

A) Rechtsgrundlage:

 

 § 13 i.V. mit § 36 BezVG

 

 

 

B) Auswirkungen auf den Haushaltplan und die Finanzplanung:

 

 a.  Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben:

 

  keine
 

 b. Personalwirtschaftliche Auswirkungen:

 

  keine
 

Berlin, den 23.02.2021

 

 

 

 

Bezirksbürgermeister von Dassel Bezirksstadtrat Gothe

 
 

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