Der Projektleiter, Herr Neugebauer,
begrüßte die Anwesenden. Er berichtete, die Anzahl der Besucher der Einrichtung
nehme stetig zu. Seit der Öffnung am 1. November 2003 seien es schon über 1.700
gewesen. Im Gegensatz zum letzten Jahr habe man nunmehr Schlafräume im Keller
des Jugendgästehauses im Nachbargebäude zur Verfügung gestellt. Allabendlich warteten
gegen 20.30 Uhr schon zwischen 30 und 50 Menschen vor der Tür; geöffnet werde
um 21.00 Uhr. Am 26. November 2003 hätten insgesamt 85 Menschen in den
Räumlichkeiten übernachtet.
Seit dem 1. November 2003 stehe auch eine Ärztin zur Verfügung. Jeder Eintretende
müsse sich zuerst einer ärztlichen Kontrolle unterziehen, so dass die Gefahr
einer Vermischung zwischen Kranken und Gesunden bzw. einer Ansteckung minimiert
werde. Manche wollten sich nicht untersuchen lassen. Dazu werde auch keiner
gezwungen, müsse dann aber in Kauf nehmen, die Nach nicht im Schlafsaal,
sondern im Nachtcafé zu verbringen.
Es gebe insgesamt 65 Schlafplätze; alle weiteren Personen müssten die Nacht im
Nachtcafé verbingen. Dort sei es nicht erlaubt, zu schlafen. Manche legten sich
trotzdem auf den Betonfußboden und schliefen dort.
Des nachts seien 4 Mitarbeiter anwesend; ab 6.00 Uhr bis mittags sei ein
Sozialarbeiter für Beratungen und evtl. für die Vermittlung an weiterführende
Institutionen anwesend. So sei zum Beispiel ein Mensch erstmalig in der
Einrichtung erschienen; dieser habe sofort in ein Wohnprojekt vermittelt werden
können. Die Menschen würden auch immer wieder auf besser ausgestattete
Notübernachtungen hingewiesen; diese Angebote würden aber kaum wahrgenommen.
Auf Nachfragen von Herrn BD Böttrich (Grüne) erklärte Herr Neugebauer,
obligatorische Kontrollen (z. B. nach Waffen, Alkohol und Drogen) fänden am
Eingang statt. Die auf Honorarbasis arbeitende Ärztin sei an fünf Tagen in der
Woche anwesend. Nach der ärztlichen Kontrolle erfolge bei Bedarf die
Überweisung in die Krankenstation auf dem gleichen Gelände.
Herr Block, ein Sozialarbeiter dieser Krankenstation, erklärte auf Befragen,
dass es dort 4 Stellen zur Krankenversorgung und 3 Sozialarbeiter gebe. Diese
leisteten u. a. Hilfe beid er Grundlagenerarbeitung, so z. B. bei der
polizeilichen Anmeldung und/oder der Antragstellung beim Sozialamt.
Auf Nachfragen von Frau BV Heider (Grüne) an Herrn Block, ob die Praxis, bei
der – ausschließlich für Männer zuständigen –Krankenstation als Spenden
abgegebene Frauenbekleidung nicht weiterzugeben, eine Veränderung erfahren habe
und ob es inzwischen eine Zusammenarbeit hinsichtlich des Austauschs gebe,
erklärten sowohl Herr Block als auch Her Neugebauer, dass sie sehr viele Bekleidungsspenden,
und zwar überwiegend Frauenbekleidung, bekämen. Ein Austausch oder eine
Zusammenarbeit finde nicht statt. Herr Neugebauer erklärte, dass Mangel
lediglich hinsichtlich Herrensocken und –unterwäsche bestehe, weil dies kaum
abgegeben werde.
Von Herrn BD Böttrich (Grüne) auf die Besucherstruktur der Besucher
angesprochen, erklärte Herr Neugebauer, diese seien im Alter von unter 20 bis
über 60 Jahre und zum größten Teil deutscher Nationalität. Im vergangenen Jahr
seien viele Polen dagewesen, die zum Teil schon ihre Hausschuhe vor die
Schlafstätten gestellt hätten. Durch eine polnische Mitarbeiterin sei
aufgedeckt worden, dass diese Polen in ihren Heimstätten für die Unterkunft
gezahlt hätten, die ihnen als eine Art “Pension” dargestellt worden sei.
Etliche Menschen kenne man schon seit Jahren; man merke, dass es ihnen
gesundheitlich immer schlechter gehe.
Auf weitere Nachfragen von Herrn BD Böttrich: “Reservierungsmöglichkeiten” zur
Sicherung der Schlafdecke der vorangegangenen Nacht gebe es nicht mehr; falls
jemand jedoch früh genug komme, bestehe die Chance, den gleichen Schlafplatz
zw. Die gleiche Decke noch einmal zu erhalten. Es werde jeder Mensch
aufgenommen, der um eine Übernachtung nachsuche.
Auf Nachfragen von Frau BV Hoff (PDS): Bis 7.30 Uhr könne jeder erscheinen;
allerdings sei dann das Frühstück beendet. Die Lebensmittel für das Frühstück
reichten aus, auch wenn wesentlich mehr Leute als geplant dort übernachtet
hätten. Tiere seien erlaubt. Jeder könne duschen.
Eine ehrenamtliche Mitarbeiterin der Stadtmission, Frau Bartholomäus,
berichtete, sie sei bei einem Besuch in Berlin so beeindruckt gewesen von der
Arbeit der Stadtmission in diesem Bereich, dass sie sich spontan entschlossen
habe, für einige Zeit ehrenamtlich mitzuarbeiten.
Die Örtlichkeiten, beginnend mit dem Eingang zum Nachtcafé, wurden in
Augenschein gegeben. Herr Neugebauer verwies auf die drei Fluchtausgänge
(vorgeschrieben sind zwei) und die Notbeleuchtung.
Auf Bitten von Herrn BV Mahr (SPD) führte Herr Neugebauer exemplarisch mit
ersterem eine Körperkontrolle (nach Waffen, Drogen etc.), wie sie üblicherweise
an den Besuchern vorgenommen wird, durch. Er bemerkte, dies sei zwar eigentlich
nicht erlaubt, stelle aber immer noch das kleinere Übel gegenüber einem
Gewaltausbruch dar und diene auch der Sicherheit der Mitarbeiter/innen. Die
hauptamtlichen Mitarbeiter/innen könnten ein Hausverbot verhängen, wenn jemand
bedroht werde. Er verwies in diesem Zusammenhang auf einen Vorfall im
vergangenen Jahr, wo der Hund eines Besuchers eine Mitarbeiter angefallen
hatte, der noch immer an den
Folgen leidet. Dieser Besucher habe ein generelles Hausverbot. In diesem Jahr
habe es noch kein Hausverbot gegeben. Zur Betreuung, zum gegenseitigen
Austausch und Aufbau sowie zur Weiterschulung gebe es dreimal in der Woche
einen Mitarbeiterabend.
Die Besucher könnten zu jeder Zeit (bis spätestens 7.30 Uhr) kommen und gehen;
jedoch könnte jemand, der das Haus verlasse, es in dieser Nach nicht wieder
betreten (um sicherzustellen, dass dieser Mensch z. B. nicht an der nächsten
Tankstelle Alkohol trinke und dann wiedee zurückkomme).
Herr Neugebauer zeigte einen Eimer mit Nummernschilder an Wäscheklammern. Diese
dienten als eine Art Garderobennummer für die abgegebenen Sachen, die
anschließend in einer verschlossenen Kammer bis zum nächsten Tage aufgehoben
würden. Es liege eine Gästeliste aus, in die sich (als Beleg für das
Bezirksamt) jeder eintragen müsse und in der die “Garderobennummer” vermerkt werde. Es habe auch schon
Polizeikontrollen gegeben.
Während der Besichtigung der Räumlichkeiten im Keller des Jugendgästehauses, in
der die Obdachlosen nachts eine Unterkunft finden können, erklärte Herr
Neugebauer, dass ständige Gäste die Möglichkeit hätten, ihre Hygieneartikel zu
lagern. Nachts werde Wäsche gewaschen. Es gebe die Möglichkeit, sich vom
Nachtdienst morgens wecken zu lassen. Es gebe Extra-Zimmer für Menschen mit
Hunden, die im gleichen Zimmer schliefen. Des weiteren gebe es extra ein Zimmer
für Frauen. Aufgrund schlechter Erfahrungen (Streitereien, Prüfelleien) sei es
generell nicht erlaubt, das Pärchen zusammen übernachteten. Sollte die Ärztin
einmal nicht anwesend sein, müssten alle “Neuen” erst in ein Extra-Zimmer
(Ansteckungsgefahr).
Auf den Einwand von Frau BV Galland (CDU), dass die Schlafgelegenheiten (eine
bezogene Schaumstoff- oder Iso-Matte sowie ein dünnes Kissen (?) und eine dünne
Decke, alles direkt auf dem Fußboden nebeneinander liegend) doch sehr dicht
beieinander lägen; es also sehr eng wirke, erwiderte Herr Neugebauer, dass
jeder, der es zu unbequem finde, gerne auf die anderen –bequemeren –
Einrichtungen verwiesen werde.
Auf die Nachfrage der stellv. Vorsitzenden, Frau Schauer-Oldenburg betreffend
der Kostenübernahme der ärztlichen Behandlung z. B. in Krankenhäusern erklärte
die inzwischen anwesende Ärztin, Frau Dr. Hoth(? – konnte den Namen nicht
lesen), wenn ein Patient in ein Krankenhaus überwiesen werden müsse, werde sich
dort als erstes nach der Kostenübernahme erkundigt. Erführen die Krankenhäuser
dass dies in einigen Fällen erst später geklärt werden könne, seien sie
plötzlich voll belegt. Einzig das St.-Josephs-Krankenhaus habe Patienten ohne
langes Hin und Her aufgenommen; es hänge eben auch sehr vom Aufnahmearzt ab.
Die Patienten würden teils einfach
nicht behandelt –oder aber auch von vielen Ärzten direkt abgewiesen bzw. nicht
ausreichend behandelt. Teils habe man die Polizei eingeschaltet, um eine
Aufnahme in einem Krankenhaus zu gewährleisten; aber auch dies habe nicht immer
geklappt.
Herr BzStR Dr. Hanke erklärte auf Nachfrage zur Kostenübernahme bzw. dem
Verfahren, es müsse erst geprüft werden, ob z. B. die Operation notwendig
gewesen sei oder eventuell ein anderer Träger zur Kostenübernahme
(Krankenversicherung etc.) verpflichtet sei. Die Krankenhäuser müssten erst
Rücksprache mit dem Sozialamt halten, aber in Einzelfällen, so z. B. bei
lebensbedrohlichen Zuständen des nachts, sei die Operation auch ohne vorherige
Rücksprache in Ordnung. Die Kostenerstattung erfolge nur in der Höhe der auch
üblicherweise von den Krankenkassen bewilligten Leistungen.
Die Ärztin erklärte auf Nachfrage von Frau BV Heider (Grüne), dass noch nicht
abgelaufene Medikamente auch weiterhin abgegeben werden könnte. Langfristig
einzunehmende Mittel, bei denen es
z. B. auch auf die Regelmäßigkeit der Einnahme ankomme, um richtig zu
wirken, werde sie jedoch
weiterreichen, da sie dies nicht kontrollieren könne.
Herr BD Böttrich (Grüne) erkundigte sich nach den Feldbetten, die früher in den
Räumlichkeiten unter einem anderen Träger den Obdachlosen als Betten dienten.
Herr Neugebauer verwies diese als nicht zweckdienlich, da diese Wäsche teils
eingekotet werde und die Feldbetten nicht waschbar und somit nicht mehr weiter
verwendbar seien Die Bettwäsche könne gewaschen; die Isomatten desinfiziert
werden. Außerdem handele es sich um
ein niederschwelliges Angebot. Ein Grundsatz sei, dass keiner frieren
und hungern solle und die Menschenwürde geachtet werde. Manche Menschen fühlten
sich zu einsam, um alleine in Wohnungen zu übernachten und könnten deshalb
nicht vermittelt werden. Dafür nehmen sie eben die Isomatte in Kauf. Er
berichtete beispielhaft von einigen Personen, denen eine Wohnung vermittelt
wurde, die aber das Angebot wegen Einsamkeit nicht wahrnahmen.
Er erklärte auf Nachfrage, dass es insgesamt 4 Duschen gibt.
Herr BD Böttrich (Grüne) merkte an, dass die Räumlichkeiten bzw. die Atmosphäre
nach der Renovierung (Anstrich mit hellgelber Farbe) viel freundlicher wirke,
und erkundigte sich nach dem Personalschlüssel.
Herr Neugebauer erklärte, dass es vier hauptamtliche Angestellte, davon 2
Sozialarbeiter und 2 berufsfremde Personen, sowie eine Reinigungskraft, etliche
Praktikanten sowie 38 studentische Honorarkräfte gebe.
Herr BV Ziermann (PDS) regte an, das Thema der Nichtaufnahme bzw. die Abweisung
obdachloser Patienten in Krankenhäusern in der nächsten Sitzung des
bezirklichen Krankenhausbeirates zu behandeln.
Auf Nachfrage von Frau BV Heider (Grüne), wie man die Einrichtung durch
sinnvolle Spenden unterstützen könne, erklärte Herr Neugebauer, es würden immer
Socken und Schuhe sowie insgesamt Männerwäsche gebraucht.
Frau BV Schauer-Oldenburg (SPD) dankte den Mitarbeiter/innen der Stadtmission
und teilte dem Ausschuss mit, dass die kleine Aufmerksamkeit (60 von ihr selbst
gefertigte Päckchen miit Süßigkeiten und einem Tannenzweig) am 1. Advent unter
den Besuchern der Einrichtung verteilt wird.
Herr Neugebauer betonte abschließend, dass er sehr dankbar sei, dass in diesem
Jahr die ärztliche Versorgung von Anfang an gesichert gewesen sei. Dies mache
sich auch in wenigen Fällen von z. B. Krätze bemerkbar.
Aufgrund der Uhrzeit (kurz vor der Öffnungszeit der Einrichtung für die
Besucher; der Ablauf sollte nicht gestört werden) regte die stellv.
Vorsitzende, Frau Schauer-Oldenburg, an die restlichen Tagesordnungspunkte zu
verschieben, was allgemeine Zustimmung fand.
Herr BzStR Dr. Hanke verwies auf die “AG Förderformel”, die Anfang Dezember
2003 entscheide; das Ergebnis sollte ursprünglich im nächsten Ausschuss für
Gesundheit und Soziales besprochen werden. Im Dezember 2003 finde jedoch keine
mehr statt und die Bescheide müssten spätestens in zwei Wochen ergehen.
Nach kurzer Diskussion einigten sich die Ausschussmitglieder darauf, dass im
Vertrauen auf eine richtige Entscheidung der AG Förderformel eine Sondersitzung
des Ausschusses entfallen könne.
Die stellv. Vorsitzende, Frau Schauer-Oldenburg bekankte sich bei den
Anwesenden und schloss die Sitzung um 21.10 Uhr.