Auszug - Gespräch mit dem Jobcenter BE: Herr Schneider   

 
 
29. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziales und Bürgerdienste
TOP: Ö 2.2
Gremium: Soziales und Bürgerdienste Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 11.03.2014 Status: öffentlich
Zeit: 17:35 - 20:00 Anlass: ordentlichen Sitzung
Raum: Sitzungsraum 121
Ort: Karl-Marx-Allee 31, 10178 Berlin
 
Wortprotokoll

Herr Schneider teilt mit, dass sich die Infrastruktur auf einem guten Wege befinde

Herr Schneider teilt mit, dass sich die Infrastruktur auf einem guten Wege befinde. Das Jobcenter sei nunmehr auf vier Standorte verteilt worden. Die Zentrale sitze  in der Seidelstraße in Berlin-Mitte, ein Teil der Mitarbeiter ist  im Gebäude des ehemaligen Arbeitsamtes (OT Wedding) untergebracht. Derzeit arbeiten noch ca. 200 Mitarbeiter des Jobcenters in der Sickingenstraße, die dann in den Rathausneubau Wedding umziehen werden. Gegenwärtig gibt es beim Umbau Zeitverzug, weil die BIM Probleme bei der Ausschreibung hatte und die Umbaumaßnahmen somit nicht vorangingen. Der Beginn des Mietvertrages wurde zum Jahresanfang 2015 zugesichert.

 

Eine Kundenzufriedenheitsumfrage unter Hundert repräsentativen Kunden sei mit dem Ergebnis einer 2,5 (Schulnote) durchgeführt worden. Die Noten seien während des Umzugs schlechter gewesen. Im Vergleich zu den 29 anderen Jobcentern, mit denen das Jobcenter Mitte in einem Cluster sei, würden sie den ersten Platz belegen. Auch innerhalb Berlins sei dies der erste Platz. Die Mitarbeiter arbeiten in für die Kunden überschaubareren Strukturen. Des Weiteren konnte das Jobcenter das Personal aufstocken. Es konnte Personal vom Bund übernommen werden. Es gäbe ein Soll von 957,5 Kräften und ein Ist von 938,4 mit einem Delta von 2 %.

 

Herr Schneider vermittelt weiter, dass das Jobcenter für 2013 über 60 Mio. ? für den Eingliederungstitel hatte und eine Ausgabequote von 98 % erreichte. Das sei der zweithöchste Eingliederungstitel (EGT) der Republik ( nur Neukölln habe einen höheren EGT). Das Jobcenter Mitte sei dadurch sehr komfortabel im EGT ausgestattet, dagegen sei der Verwaltungshaushalt unterfinanziert. Es sei beschlossen worden, Mittel aus dem  EGT in den Verwaltungshaushalt umzuschichten. Im letzten Jahr waren es 8 Mio. ? und in diesem Jahr werden es ca. 10 Mio. ? sein. Die steigenden Personalkosten wären sonst bei gleichbleibendem Haushaltsvolumen nicht zu erfüllen.

 

Des Weiteren teilt Herr Schneider mit, dass er eine offensive Ausplanung des Eingliederungstitels bevorzuge und eine 110%Planung errechnen lasse. Man sei optimistisch, bis Jahresende die Mittel ausgegeben zu haben. Die Prioritäten lägen wie im Vorjahr. AGH (Förderung von Arbeitsgelegenheiten auf dem Arbeitsmarkt) und FAV (Förderung von Arbeitsverhältnissen für besonders schwer Vermittelbaren) seien zwei Prioritäten, die das gleiche finanzielle Volumen wie im Vorjahr bekommen haben. Hauptschwerpunkt der Maßnahmen ist eine Integration im ersten Arbeitsmarkt. Er lege in dieser Hinsicht viel Wert auf Qualifizierung (wie: hohen Anteil an Fortbildungs- und Umschulungsvolumen, Aktivierungsvolumen und kurzzeitigen Maßnahmen und vor allen Dingen mit einer intensiven Förderung von Jugendbildungsmaßnahmen und Jugendmaßnahmen auf Abschlussniveau).

 

Anschließend verteilt Herr Schneider einen Bericht Arbeitsmarkt- und Integrationsprogramm2014 - Integrationen und Integrationsfortschritte - und teilt mit, dass die lokalen Ziele mit Herrn BStR von Dassel abgestimmt wurden. 43 % der Arbeitslosen in Mitte hätten keinen deutschen Pass. Diese Situation müsse man gesondert betrachten und begleiten. Der Anteil von Arbeitslosen mit Migrationshintergrund schätze man auf 75 %. Daher müsse man hier Akzente setzen. Man arbeite viel mit Organisationen aus Mitte zusammen, u. a. mit dem Migrationsbeirat.

Im Juni 2013 fand eine Veranstaltung zum Tag der Migration statt. Die Veranstaltung wurde gut angenommen. Man werde die Veranstaltung wiederholen.

Herr Schneider teilt weiter mit, dass das Jobcenter ein neues Bearbeitungssystem erhalte und dementsprechend müsse das Personal in das System eingearbeitet werden. Mit der neuen Software sei auch ein gewisses Risiko verbunden, ob die volle Funktionsfähigkeit sofort gegeben sei.

Es seien auch Weiterbildungen (Nachqualifizierungen) für die Mitarbeiter, die zum Teil Quereinsteiger oder Seiteneinsteiger seien, angedacht.

 

Abschließend lobt Herr Schneider die gute Zusammenarbeit mit dem Bezirksamt Mitte. Man habe eine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen, die gut funktioniere.

 

Herr BD Lötzer (Die Linke) erfragt, warum der Rückgang von Langzeitarbeitslosenzahlen so gering sei und bittet, die Situation dar zu stellen. Des Weiteren möchte er wissen, ob es Zahlen zur Nachhaltigkeit der Vermittlung gäbe? Weiterhin erfragt Herr Lötzer, wie sich die Zahl der Aufstocker entwickelt habe und ob es Erkenntnisse über Vermittlung in Arbeitsverhältnisse mit sittenwidriger Bezahlung gäbe? Herr Schneider fordert die Politik auf, gemeinsam mit dem Jobcenter an dem Thema Langzeitarbeitslosigkeit zu arbeiten. Er zeigt auf, dass von den Migrantent/-innen 80 % keine Ausbildung haben, dies erschwere die Integration in den ersten Arbeitsmarkt. Deshalb freue er sich über den - zwar noch geringen - Abwärtstrend bei den Zahlen der Langzeitarbeitslosen. Ziel des Jobcenters sei es, in 2014 einen Rückgang bei den Langzeitbeziehern von 1 % zu erreichen.

Hinsichtlich der Frage zur Nachhaltigkeit der Vermittlung teilt er mit, dass 40 - 50 % der Integrationen über ein halbes Jahr andauern. Im Ranking stehe Berlin immer auf Platz Eins. Er sagt zu, die Zahlen dem Ausschuss nachzuliefern.

Hinsichtlich der Aufstocker-Entwicklung teilt er mit, dass das relativ unauffällig sei. Die meisten Aufstocker sind Teilzeitarbeiterinnen und Teilzeitarbeiter bzw.im Minijob (vor allem Alleinerziehende). Es seien zwei Stellen zur Bekämpfung von Ordnungswidrigkeiten bei sittenwidriger Bezahlung geschaffen worden. Es sei aber außerordentlich schwierig, die Fälle aufzudecken.

 

Frau BD Dr. Ernst (SPD) fragt nach, ob Zahlen über Arbeitssuchende aus EU-Beitrittsländern in Mitte vorliegen und ob es einen Vergleich zum Jahresanfang gäbe und wie sich diese Zahlen auf die Arbeitslosigkeit auswirken? Des Weiteren möchte sie wissen, welche Integrationsmöglichkeiten es für arbeitslose ausländische Jugendliche gäbe? Herr Schneider teilt mit, dass ihm keine konkreten Zahlen vorliegen. Aber er sei der Meinung, dass es eine Steigerung gäbe. Bei den Bulgaren und Rumänen gäbe es im rechtmäßigen Bezug wie auch in der Arbeitslosigkeit einen Zuwachs von weit über 100 % seit Anfang 2013. Ein Anrecht auf Leistungsbezug bestehe erst, wenn sie  als Arbeitnehmer oder Selbstständiger zuvor tätig geworden sind. Die Sozialrechtssprechung sei aber in ständiger Entwicklung. Herr BStR von Dassel teilt ergänzend mit, dass ca. 6.000 Rumänen und Bulgaren in Berlin leben und Hilfeleistungen beziehen. 25 % der Menschen mit bulgarischem Pass beziehen SGB II und 20 % der Menschen mit rumänischem Pass beziehen Leistungen (zum Vergleich: Griechenland 26 %; Italien 14 %). Auch diese Menschen erhalten Sanktionen, wenn sie die geforderten Leistungen nicht erbringen (z. B. Teilnahme an Sprachkursen) unter Berücksichtigung der Grundprämisse "Fördern und Fordern". (Siehe dazu Kleine Anfrage im Berliner Abgeordnetenhaus 17/13050). Es sei nicht differenziert statistisch ausgewiesen, ob jemand den vollen Leistungsumfang bekommt oder nur eine zusätzliche Unterstützung.

Für ausländische Jugendliche gäbe es wie für alle deutschen Jugendlichen ein differenziertes Fördersystem: z. B. berufsvorbereitende Maßnahmen, Hilfen in Einzelfällen oder außerbetriebliche Schulungssysteme (WAE-Maßnahmen).

 

Frau BV Stein (Grüne) möchte wissen, warum Quereinsteigern mit akademischen Abschluss beim Jobcenter arbeiten? Herr Schneider meint, dass die Quereinsteiger eine Bereicherung seien und ohne sie die Beratung in diesem Umfang nicht möglich sei. Er sieht darin eher Chancen als Probleme.

 

Herr BV Dr. Streb (CDU) fragt nach, wie man sich eine Forderung vorstellen müsse und wie sanktioniert werde? Herr Schneider teilt mit, dass es sanktionsfähig ist, wenn die Maßnahme, die vom Jobcenter als zumutbar gesehen werde, nicht besucht werde. Wenn der Kurs nur in Intervallen besucht und mit vielen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigen entschuldigt wird, kann dies nicht sanktioniert werden. Motivation sei schwer staatlich erzwingbar. Es gäbe eine permanente Sanktionsquote von 3,3 % im Jobcenter Mitte. Dies sei nicht wenig, denn eine Sanktion dauere zehn Tage bis maximal drei Monate. Es seien keine Einzelfälle

 

Frau BV Müller (Grüne) möchte wissen, wann mit den Urteilen bei den Widersprüchen  (Migranten-Sondergruppe) zu rechnen ist. Herr Schneider teilt mit, dass diese Angelegenheit dem Bundessozialgericht vorgelegt wurde und möglicherweise wird von dort der Europäische Gerichtshof verständigt. Von daher sei es noch nicht absehbar, wann in diesem Fall ein Urteil gefällt werde. Es gelte nach wie vor die Weisungslage der Bundesagentur für Arbeit.

 

Die stellvertretende Vorsitzende, Frau Dr. Reuter, bedankt sich bei Herrn Schneider für die ausführliche Berichterstattung und für die Beantwortung der gestellten Fragen.

 
 

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