Auszug - Ferienwohnungen in Berlin-Mitte  

 
 
62. öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Sanieren, Bauen und Bebauungspläne
TOP: Ö 8.1
Gremium: Stadtentwicklung Beschlussart: im Ausschuss abgelehnt
Datum: Mi, 22.06.2011 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 17:30 - 21:15 Anlass: ordentlichen Sitzung
2103/III Ferienwohnungen in Berlin-Mitte
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion der CDUFraktion der CDU
Verfasser:Reschke Fraktion Die Linke Urchs 
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme
   Beteiligt:Fraktion DIE LINKE
 
Wortprotokoll
Beschluss

Herr Reschke erläutert, dass dieser Antrag auf eine Entscheidung einer Mieterversammlung in der Wilhelmstraße basiert

Herr Reschke erläutert, dass dieser Antrag auf eine Entscheidung einer Mieterversammlung in der Wilhelmstraße basiert. Die Anwohnerschaft der Wilhelmstraße ist massiv von einer missbräuchlichen Nutzung von Wohnungen als Ferienwohnungen betroffen. Das Bezirksamt hat ein Prozedere vorgestellt, welches verwaltungsrechtlich nachvollziehbar, jedoch weder politisch klug noch der Anwohnerschaft zu kommunizieren ist. Die CDU-Fraktion ist der Ansicht, dass andere Maßnahmen des Bezirksamtes bezüglich des Brandschutzes erforderlich wären. Diese Maßnahmen sollen mit Hilfe des Antrags erzwungen werden.

 

Frau Lier erläutert dazu, dass eine völlig ungeklärte Rechtslage besteht. Im letzten Gespräch mit SenStadt bezüglich der Ferienwohnungen wurde festgestellt, dass das Ziel –den Mietern die Ferienwohnraumnutzung zu ersparen- mit Hilfe der Betriebsverordnung nicht zu erzielen ist. Ebenfalls wurde im Gespräch mit SenStadt der Sicherheitsaspekt erörtert. Die Ferienwohnungen werden nicht von einer größeren Personenanzahl genutzt, dementsprechend erfolgt keine Überbelegung, wie man sie im Brandschutz versteht. SenStadt hat mitgeteilt, dass keine akute Brandgefahr erkennbar ist. Sie führt aus, dass sich der Bezirk gemeinsam mit der Bürgerinitiative darauf verständigt hat, ein Pilotverfahren durchzuführen. Der Ferienwohnungsnutzer setzt die Betriebsordnung leicht um, auch wenn dieser im jetzigen Verfahren mitteilte, dass die Voraussetzungen für die Betriebsverordnung nicht erfüllt sind. Sie erklärt, dass es sich bei diesem Sachverhalt um ein rechtlich wirres Konstrukt handelt, so dass man sich bewusst entschieden hat, nur ein Pilotvorgang anzuschieben.Derzeit wartet man ab, wie sich die Senatsverwaltung zum Widerspruchsverfahren verhält.

 

Herr Reschke fasst zusammen, dass das BA und die Senatsverwaltung keine Brandgefahr sehen. Er fragt nach, ob er es richtig versteht, dass demnach abgewartet wird, bis das BA einen Modellversuch verwaltungsrechtlich durchgezogen hat.

 

Herr Gothe führt dazu aus, dass der Bezirk keine andere Wahl hat als den angeschobenen Prozess fortzuführen und anschließend zu prüfen, welche Ergebnisse daraus abzuleiten sind. Eine Nutzungsuntersagung mit der Begründung der Gefahr im Verzug ist nicht möglich.

 

Herr Bausch teilt mit, dass die Intention des Antrags mit den Instrumenten Betriebsverordnung und der inhaltlichen Zielstellung Brandschutzbestimmung in diesem Fall nicht bewältigt werden kann. Er bezieht sich auf die Aussage, dass der Betreiber der Ferienwohnung die Betriebsverordnung leicht erfüllen kann, und führt dazu aus, dass demnach die Gefahr besteht, eine Verfestigung der Nutzung herzustellen. Er fragt nach, ob die Möglichkeit besteht, auf dem Gebiet der Zweckentfremdung von Wohnraum tätig zu werden. Es könnten auch andere Mietrechtsbestimmungen soweit verändert werden, dass diese Zweckentfremdung nicht möglich ist.

 

Herr Koch teilt mit, dass der Antrag die Gefahr birgt, Frustrationen seitens der Mieterschaft hervorzurufen, sollte die Intention des Antrags nicht umgesetzt werden können. Er führt aus, dass die Zweckentfremdungsverbotsverordnung ein entscheidendes Instrument darstellen könnte. Auf Landesebene bestehen erste Überlegungen, eine Zweckentfremdungsverbotsverordnung für die Hotelnutzung aufzustellen. Er teilt mit, dass die diese Verordnung möglichst schnell realisiert werden sollte.

 

Herr Reschke weist darauf hin, dass der Antragstext von betroffenen Anwohnern im Rahmen einer Mieterversammlung beschlossen wurde. Er bittet um Abstimmung.

 

Herr Diedrich führt aus, dass die vorliegende Problematik bereits seit fünf Jahren existiert und vor allem für die Bewohnerschaft ein enormes Frustpotential birgt. Er schlägt vor, den vorliegenden Antrag bis zur nächsten Ausschusssitzung zu vertagen. Er bittet das Bezirksamt, den Fraktionen die heutigen Ausführungen von Frau Lier in schriftlicher Form zur Verfügung zu stellen. So besteht die Möglichkeit, den Bürgern zu erklären, warum sich der Bezirk momentan nicht in der Lage sieht, zu handeln.

 

Herr Bertermann führt aus, dass den Fraktionen vor einiger Zeit eine Stellungnahme des Bezirksamtes zu diesem Thema zugegangen ist. Die Thematik wurde schon einmal im Ausschuss behandelt. Damals wurde mitgeteilt, dass eine Presseerklärung des Stadtrates existiert, ebenfalls wurde ein Schreiben des Bezirksamtes an die Mieterschaft versendet, in dem die Vorgehensweise des Bezirksamtes dargestellt wurde. Er legt dar, dass die in der heutigen Sitzung getätigte Aussage, das Bezirksamt handelt in Abstimmung mit der Bürgerinitiative, zu Verunsicherung führt, da die Mieterschaft, welche den Antragstext formuliert hat, scheinbar etwas anderes beschließt.

 

Herr Mickley (Vertreter der Bürgerinitiative Wilhelmstraße) teilt mit, dass die Betriebsverordnung auf Initiative der BI vom Abgeordnetenhaus beschlossen wurde. Nach Inkrafttreten der Verordnung ist inzwischen ein Jahr vergangen, in dem das Bezirksamt nicht tätig geworden ist. Den Anwohnern wurde eine Pressemitteilung überreicht, aus welcher hervorgeht, dass ca. fünf Monate gar nicht gehandelt wurde. Es sollen lediglich Schriftwechsel mit dem Eigentümer stattgefunden haben. Es wird dargelegt, dass eine Bürgerversammlung stattgefunden hat, zu der das Bezirksamt eingeladen wurde, dazu Stellung zu nehmen. Zu dieser Versammlung ist kein Vertreter des Bezirksamtes oder der Senatsverwaltung erschienen. Es wird abschließend erläutert, dass die in Kraft getretene Verordnung das Ziel verfolgt, die Ausweitung von Ferienwohnungen in Berlin –insbesondere im Bezirk Mitte- einzudämmen. Die Verordnung sieht vor, dass bei einer Vermietung von mehr als 12 Betten hotelähnliche sicherheitsrelevante Maßnahmen für den Beherbergungsbetrieb eingereicht und genehmigt werden müssen. Diese Genehmigung kann im baurechtlichen Verfahren erteilt werden, alternativ kann eine Untersagung des Betriebes erfolgen.

Die Bürgerinitiative verfolgt das Ziel, dem Beherbergungsbetrieb zu untersagen (abgesehen von den zwölf Betten pro Aufgang).

 

Herr Bertermann bezieht sich auf die Aussage von Frau Lier, dass das Pilotverfahren in Abstimmung mit der BI erfolgte, und fragt nach, ob diese Aussage zutreffend ist.

Herr Mickley (BI Wilhelmstraße) legt dar, dass dieses Verfahren in Abstimmung erfolgte. Jedoch ist die BI davon ausgegangen, dass dieses Verfahren zügig vorangetrieben wird und die Problematik schnellstens dem Verwaltungsgericht vorgetragen wird.

 

Auf eine Nachfrage von Herrn Jaath wird erläutert, dass ein Wohnhaus dann ein Beherbergungsbetrieb darstellt, wenn mehr als zwölf Betten touristisch genutzt werden.

 

Auf eine Nachfrage von Herrn Mahr erläutert Herr Mickley (BI Wilhelmstraße), dass am 08.09.2011 eine weitere Bürgerversammlung stattfinden wird. Herr Gothe ist zu diesem Treffen eingeladen, bislang liegt noch keine Bestätigung des Termins vor.

Herr Gothe legt dar, dass er an dieser Veranstaltung teilnehmen wird. Er bittet die Bürgerinitiative, zur Veranstaltung am 08.09.2011 auch den Eigentümer einzuladen.

 

Herr Bertermann fragt die Fraktion der CDU, ob sie einer Vertagung des Antrags zustimmt.

Herr Reschke führt aus, dass weiterhin um Abstimmung gebeten wird. Eine heutige Beschlussfassung schient unproblematisch, da es sich lediglich um ein Ersuchen an das Bezirksamt handelt, tätig zu werden. Sollte das Bezirksamt nicht tätig werden können, werden die Gründe dafür im Rahmen einer Vorlage zur Kenntnisnahme vom BA erläutert.

 

Herr Diedrich legt dar, dass die von Herrn Reschke formulierte Argumentation folgerichtig ist, insofern wird die Bitte um Vertagung zurückgestellt.

 

Herr Bausch bittet das Bezirksamt um kurze Darstellung des Kernproblems in der Umsetzung.

Frau Lier erklärt, dass selbst SenStadt nicht klar ist, wie man sinnvoll und effektiv mit der Betriebsverordnung umgehen kann. Zu den beiden Verfahrensweisen (entweder nachträgliche Einforderung von Bauvorlagen und Prüfung des Verfahrens oder Versagung der Nutzung) legt sie dar, dass SenStadt mitgeteilt hat, dass die Nutzungsuntersagung nur dann in Frage kommt, wenn die Ferienwohnungen nach Erlass der Betriebsverordnung entstanden sind. Die BI hat belegt, dass die Ferienwohnungen bereits 2088 (somit vor Erlass der Betriebsverordnung) existierten. Deshalb hat SenStadt für die Verfahrensweise die Einreichung von Bauvorlagen für richtig angesehen.

 

Herr Koch legt erneut dar, dass er es nicht für sinnvoll hält, den dortigen Mietern „Sand in die Augen zu streuen“, da die Frustration hinterher noch größer sein wird. Selbst wenn die Verordnung grundsätzlich anwendbar wäre, besteht der Grundsatz des einstweiligen Rechtsschutzes. Somit wäre es sogar möglich, dass erhebliche Schadensersatzforderungen auf den Bezirk zukommen könnten. Er teilt mit, dass das vom BA ausgewählte Verfahren eines Musterprozesses richtig und im Sinne der Mieter ist. Die SPD-Fraktion wird dem Antrag somit nicht zustimmen und regt erneut an, Ideen zu formulieren, um die Umsetzung der Zweckentfremdungsverbotsverordnung auf Landesebene voranzutreiben.

 

Herr Jaath führt aus, dass die Fraktion Bü90/Grünen natürlich ebenfalls das Interesse verfolgt, die Mieterschaft zu unterstützen. Er legt dar, dass der Antrag jedoch nicht sinnvoll ist, da die Vorschrift nicht besteht und insofern nicht dagegen vorgegangen werden kann.

 

Auf eine Nachfrage von Herrn Bertermann erklärt Frau Lier, dass der Versuch die Betriebsverordnung durchzusetzen nicht unternommen wurde, da dadurch eine Verfestigung des Zustandes erfolgt wäre, d.h. es würden definitiv Ferienwohnungen bestehen. Da so viele Ferienwohnungen in einzelnen Gebäuden entstanden sind, hat das Bezirksamt entschieden, sich ein Gebäude herauszusuchen und dieses als Hotel zu melden. Das Hotelgewerbe sieht andere Anforderungen vor, als die Anforderungen, welche mit der Umsetzung der Betriebsverordnung verbunden wären. Sollte die Betriebsverordnung nun jedoch umgesetzt werden, ist dieser Weg aufgegeben.

 

Herr Mickley (BI Wilhelmstraße) führt aus, dass der Bestandsschutz in Sicherheitsfragen nicht gerechtfertigt werden kann, er verweist auf den großen Hotelbrand in Berlin im Jahre 1989. Zum Thema Überbelegung berichtet er, dass regelmäßig Betten hin- und hergefahren werden sowie Aufbettungen stattfinden. Teilweise werden eine Vielzahl von Personen in den Wohnungen untergebracht, insofern handelt es sich um eine Überbelegung.

 

Die Drucksache wird abgestimmt und mehrheitlich abgelehnt (5 Ja-Stimmen, 6 Nein-Stimmen, 2 Enthaltungen).


 

 
 

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