Auszug - Medizinische Versorgung von Asylbewerbern, Flüchtlingen und Menschen mit unklarem Aufenthaltsstatus  

 
 
40. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Gesundheit
TOP: Ö 1.3
Gremium: Gesundheit Beschlussart: erledigt
Datum: Do, 27.01.2011 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 20:00 Anlass: ordentlichen Sitzung
 
Wortprotokoll
Beschluss

Herr BzStR Dr

Herr BzStR Dr. Hanke teilt mit, dass der Bezirk Mitte nicht unmittelbar für die gesundheitliche und soziale Betreuung von Asylbewerbern zuständig sei. Die Asylbewerberleistungsstelle befindet sich im Sozialamt, hier werden Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bezahlt. Er betont, dass es viele Fachdienste im Gesundheitsamt gibt, wie den Jugendbereich und andere Bereiche, wo Kontakte entstehen mit Menschen, die sich entweder im Asylverfahren befinden oder die einen unbestimmten Aufenthaltsstatus haben bzw. sich illegal hier aufhalten. Das Gesundheitsamt muss hier aber in erster Linie die Gesundheit des Menschen in den Fordergrund stellen. Die Zuständigkeit für Asylbewerber/-innen liegt bei der Zentralen Leistungsstelle – Landesamt für Gesundheit und Soziales. Diese Stelle ist u. a. für die Anmietung von Räumlichkeiten verantwortlich. Die Stelle befindet sich in Tiergarten Süd. Herr Dr. Hanke und Herr von Dassel haben diese Einrichtung stark kritisiert. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales steht dadurch erst einmal im Fokus. Weiterhin bemerkt Herr Dr. Hanke, dass es in Berlin viele Anlaufstellen gibt. Er möchte nicht formulieren, dass es keine Versorgungslücken gibt. Aus dem Bundesgebiet weiß er, dass es Zusammenschlüsse von Ärzten/-innen gibt, die jenseits der Standesordnung auch Illegale oder Asylbewerber/-innen gesundheitliche Unterstützung geben, aber er glaubt, dass es in Berlin ein breites Netz gibt, wie die Beratungsstelle für Folteropfer in Moabit, bis hin zu zahlreichen anderen Einrichtungen.
Herr Dr. Hanke betont, dass man originär keinen Auftrag habe, man weise aber keinen ab, weder im Zentrum für Medizinische Versorgung noch im Kinder- und Jugendgesundheitsdienst. Man habe die Möglichkeit, diese Menschen zu betreuen, sie zu vermitteln und sie im Zweifelsfall mit einer Erstversorgung zu versehen.

 

Herr Busse verteilt Unterlagen des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes, die Herr Dr. Brockstedt erarbeitet hat. Er hat die Situation der Menschen aufgezeigt, die Kinder haben.

 

Eine Mitarbeiterin teilt aus ihrer Praxis folgendes mit: Man arbeitet auf der Basis des Infektionsschutzgesetzes, wonach jedem die Möglichkeit gegeben wird, sich anonym untersuchen zu lassen. Man fragt nach keinem Status. Statistisch wird es zwar aufgenommen, aber mehr geschieht nicht. Weiterhin wird mitgeteilt, dass ein gutes Netzwerk vorhanden sei (z. B. zur Malteser Flüchtlingshilfe). Weiterhin wird auf ein Merkblatt der Berliner Ärztekammer für Patienten/-innen hingewiesen, die sich illegal aufhalten. Dem Merkblatt ist zu entnehmen, dass nach dem Infektionsschutzgesetz bei Tuberkulose oder sexuell übertragbaren Krankheiten das Gesundheitsamt tätig wird. Vielen war nicht klar, dass es so eine Stelle gibt und dass die Menschen anonym angenommen werden, denn Auftrag der Stelle ist es zu verhindern, dass die Erkrankung weiter getragen wird und dass man sich und andere anstreckt.

 

Eine weitere Frage wirft das Problem auf,  z. B. Abstriche anonym zumachen  oder Blutuntersuchungen. Die Asylbewerber/-innen können nicht benachrichtigt werden. Antwort: Man sei auf Mobitelefon umgestiegen. Sprachmittler stehen zur Verfügung. Probleme treten deshalb nicht auf. Andererseits wird mitgeteilt, dass die Asylbewerber/-innen nicht verpflichtet seien, ihre Befunde abzuholen. Zu diskutieren sei, wie man damit umgeht, weil die Meldepflicht für die meisten sexuellen Erkrankungen  abgeschafft wurden (HIV, Syphilis wurden anonymisiert), mit dem Hintergrund, dass nicht Doppelzählungen stattfinden. Aber man habe keine Handhabe, irgendjemanden zu zwingen, die Einrichtung aufzusuchen. Man versucht, mit pädagogischen Maßnahmen und Briefen und mit den Sprachmittlern die Menschen in die Einrichtung zu bekommen, was auch gelingt.

 

Weiterhin wird gefragt, ob es Stellen im Bereich des Gesundheitsamtes gibt, für die es eine Verpflichtung gibt, jemanden zu melden, der Hilfe benötigt, der eventuell hier illegal lebt. Herr BzStR Dr. Hanke antwortet mit Nein. Das Amt sieht sich nicht als Ermittlungsbehörde befugt. Der Mensch und die Gesundheit stehen im Vordergrund. Das Gesundheitsamt hat das auch akzeptiert.

 

Herr Busse teilt ergänzend mit, dass keine rechtliche Möglichkeit besteht, weil Datenschutz diese Dinge verhindert.

 

Herr BV Rauskolb (CDU) möchte wissen, welche Krankenkasse den Behandlungsschein ausstellt. Antwort: Es wird vermutet, dass die AOK das abdeckt. Die Frage kann nicht genau beantwortet werden. Herr Busse teilt mit, dass es mit der AOK eine Rahmenvereinbarung gibt.

 

Herr BV Böttrich (Grüne) freut sich darüber, dass Menschen ohne Krankenkassenkarte auch eine Erstbetreuung erhalten. Er möchte wissen, ob es Stellen oder Träger im Bezirk Mitte gibt, in der eine Weiterbehandlung stattfinden könnte. Herr BzStR Dr. Hanke teilt mit, dass das vom Krankheitsbild abhänge. Weiterhin gibt es Netzwerke, wohin man diese Menschen weiter vermitteln kann. Es gibt keine spezielle Anlaufstelle im Bezirk Mitte, aber die Einrichtungen sind miteinander vernetzt.

Die Vorsitzende, Frau Stein, fragt, ob mehr Menschen in die Einrichtung kommen, und eine anonyme Untersuchung oder Beratung wünschen oder ob die Anzahl der Besuche eher gleichbleibend sind. Antwort: Die Nationalitäten wechseln. Im Sommer ist der Zustrom mehr als im Winter. Insgesamt kann man feststellen, dass die Zahl sehr hoch sei.
Frau Stein fragt, ob es auch Personen gibt, die zwar versichert sind, aber trotzdem eine anonyme Behandlung oder Beratung wünschen. Antwort: Ja. Der Gesetzgeber hat das so formuliert, dass man das Untersuchungsangebot anbietet, damit möglichst viele kommen.

Frau Stein fragt weiter, ob das eine Möglichkeit wäre den Krankenkassen mitzuteilen, dass eine Person anonym in der Einrichtung Rat geholt hat oder untersucht wurde und dass eine Pauschale von der Krankenkasse bezahlt wird. Antwort: Wenn man Anonymität anbietet, kann man nicht kontrollieren, welche Kasse dafür zuständig sei.

 

Herr BV Rauskolb (CDU) bemerkt, dass man bedenken sollte, dass die Krankenkassen über ihre Versicherten alles wissen, weil sie die Informationen bekommen, und die Daten speichern und zusammenführen können. Wer verhindern möchte, dass eine bestimmte Erkrankung bei ihm bekannt wird, muss das anonym machen. Die Kasse kann natürlich dann auch nicht zahlen, weil sonst mehrere darauf kommen würden, das „anonym“ zu machen.


 

 
 

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