Auszug - Vorgehensweise bei der Ahndung von Heizpilzverstößen  

 
 
42. öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit
TOP: Ö 3.2
Gremium: Wirtschaft und Arbeit Beschlussart: erledigt
Datum: Mo, 29.11.2010 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 17:30 - 19:35 Anlass: ordentlichen Sitzung
 
Wortprotokoll
Beschluss

Herr Strehlow führt aus, dass Frau Palmer – Fachbereichsleitung für Ordnungswidrigkeitenverfahren – für Fragen zur Verfügung s

Herr Strehlow führt aus, dass Frau Palmer – Fachbereichsleitung für Ordnungswidrigkeitenverfahren – für Fragen zur Verfügung steht.

 

Frau Palmer teilt mit, dass man zum Thema Heizpilze einige Zahlen zusammen getragen hat. Zur Bebußung kann jedoch keine genaue Auskunft gegeben werden, da das Programm, mit dem gearbeitet wird, nicht nach einzelnen Tatbeständen unterscheidet. Und bei der Vielzahl der zu bearbeitenden Fälle ist auch eine manuelle Statistik nicht möglich. Wie bei jedem Ordnungswidrigkeitenverfahren erfolgt zuerst eine Anhörung und dann das Bußgeld. In der Regel wird auch jedes Mal Einspruch eingelegt, da heutzutage eine Obrigkeitsgläubigkeit leider nicht mehr vorhanden ist. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich ein solches Verfahren in der Regel über mehrere Monate hinzieht. Gerade bei den Heizpilzen hat man die Erfahrung gemacht, dass sich die Gerichte Zeit damit lassen, eine Entscheidung zu treffen. Es gibt zurzeit ein Verfahren am Hackeschen Markt, was bereits seit zwölf Monaten auf eine Terminierung wartet. Die Heizpilzverstöße im Jahre 2009 wurden nur als Auflagenverstoß geahndet, da damals in der Erlaubnis des Bauamtes noch nicht genau festgelegt war, was erlaubt ist und was nicht. In Berlin gibt es innerhalb der Bezirke unterschiedliche Genehmigungspraxen. Die Innenstadtbezirke haben sich darauf verständigt, dass alles verboten ist, was nicht ausdrücklich erlaubt ist. Die Außenstadtbezirke machen es genau anders herum. Somit konnte der Auflagenverstoß nur geringer bebußt werden, als es heute nach dem Urteil getan wird. Gegen die Heizpilze wird in der Regel mit 200,00 € vorgegangen. Bei Mehrfachverstößen wird dies dann erhöht. Es führt aber in der Regel nicht dazu, dass die Heizpilze beseitigt werden. Das Bußgeldverfahren dient dazu, die Menschen zu erziehen. Und dazu muss ein verhältnismäßiges Mittel eingesetzt werden. Und das ist das Bußgeld und nicht die Einziehung oder Beschlagnahme eines Heizpilzes. Das eigentliche Mittel, um das durchzusetzen, was man genehmigt hat, ist ein Verwaltungsverfahren mit einem belastenden Verwaltungsakt. Der aber müsste wiederum von der Abteilung Bauwesen ausgehen, da diese Genehmigungsbehörde ist.

 

Herr Bertermann ist davon ausgegangen, dass es z.B. betreffend der Schankvorgärten, und somit auch bei den Heizpilzen, eine Verwaltungsvereinbarung zwischen der Abteilung Bauen und der Abteilung Wirtschaft gibt, dass diese Dinge von der Abteilung Wirtschaft übernommen werden. Dann muss es doch auch die Möglichkeit geben, dass hier zeitnah ein Verfahren möglich ist.

 

Herr Strehlow möchte nochmals klar machen, dass die Genehmigung dem LuV Bauen obliegt. Jeder Schankvorgarten bedarf zunächst der Genehmigung der Sondernutzung. Diese Sondernutzung wird vom LuV Bauen erteilt. Dieser Bescheid ist dann Grundlage jedes weiteren Handelns. Die Verwaltungsvereinbarung bezieht sich auf die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten und das Vorgehen gegen Verstöße gegen die Sondernutzung. Aber die Sondernutzung wird nach wie vor vom LuV Bauen erteilt. Und deshalb liegt dort natürlich auch das Verwaltungsverfahren. Eine Sondernutzung könnte auch nur von dort widerrufen werden. Das könnte das Ordnungsamt mangels Zuständigkeit gar nicht. Hier gelten die Regelungen des § 26 des Berliner Straßengesetzes, wonach die Zuständigkeit für die Genehmigung dem Träger der Straßenbaulast übertragen ist. Die Verwaltungsvereinbarung bezieht sich lediglich auf die Verfolgung und Ahndung der Ordndungswidrigkeiten.

 

Frau Matischok-Yesilcimen weist darauf hin, dass es im Bezirk Mitte keinen genehmigten Gasheizpilz gibt, da ein absolutes Verbot besteht. Somit bedarf es gar keiner Vorarbeit durch die Abteilung Bauen. Die Verstöße müssten also gleich geahndet werden.

 

Herr Strehlow teilt mit, dass im Jahr 2009  255 Sondernutzungskontrollen durch die Außendienstmitarbeiter durchgeführt wurden. Im Jahr 2010 waren es bisher 102 Kontrollen. Aufgrund der festgestellten Verstöße gegen die Sondernutzungsgenehmigung wurden auch entsprechende Verfahren eingeleitet. Im Jahre 2009 wurden 230 Bußgeldverfahren eingeleitet und im Jahr 2010 bislang 184. Das Ordnungsamt ist dort also tätig. Die Sondernutzung an sich wird zunächst durch das LuV Bauen genehmigt. Das LuV Bauen ist Genehmigungsbehörde. Das Ordnungsamt kann lediglich feststellen, ob überhaupt eine Sondernutzung vorliegt und ggf. gegen Auflagen oder Nichtgenehmigung (Heizpilze) verstoßen wird. Das Ordnungsamt ist im Rahmen seiner personellen Möglichkeiten tätig und hat entsprechende Verfahren eingeleitet. Im letzten Winder waren sämtliche Kräfte des Ordnungsamtes mit dem Winterdienst beschäftigt und eingebunden, so dass für andere Aufgaben während der „Schneesaison“ nicht mehr viel Zeit blieb.

 

Herr Lehmann fragt nach, ob ausschließlich das Ordnungsamt Verstöße feststellt oder auch das LuV Bauen und deren Mitarbeiter. Weiterhin hätte er gerne die Vorgehensweise bzw. Voraussetzungen bei möglichen Beschlagnahmen von Heizpilzen gewusst.

 

Frau Palmer führt nochmals aus, dass die Einziehung von Gegenständen eigentlich eine Ausnahme im Ordnungswidrigkeitenverfahren ist. Wenn eine Genehmigung erteilt und permanent dagegen verstoßen wird, dann wird dies im Wege eines belastenden Verwaltungsaktes geregelt. Und das macht die Genehmigungsbehörde, in dem sie ein Unterlassen in einem Verwaltungsakt vom Genehmigungsnehmer fordert, dass er es unterlässt, auf der Fläche Heizpilze aufzustellen, obwohl nur Tische und Stühle erlaubt sind. Dann kann auch ein Zwangsmittel angedroht werden, das entweder ein Zwangsgeld oder die Ersatzvornahme beinhaltet. Und damit kann man dann auch die Heizpilze wegräumen lassen. Wenn man im Ordnungswidrigkeitenverfahren etwas einzieht, geschieht dies in der Regel, um ein Gefahr abzuwenden. Es ist sozusagen das letzte Mittel, das man sich auch richterlich bestätigen lassen muss. Sie möchte den Mitgliedern klar machen, dass das Einziehen im Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht der übliche Weg ist, sondern die Regelung durch das Verwaltungsverfahren, in dem nämlich ein Zwangsmittel angedroht wird. Das Ordnungsamt kann nicht dafür sorgen, dass diese Heizpilze dort nicht mehr stehen dürfen, sondern das muss der Genehmigungsgeber veranlassen.

 

Frau Matischok-Yesilcimen fragt nach, ob es eine Statistik darüber gibt, welche Betreiber mehrfach mit einem Ordnungsgeld belastet wurden.

 

Frau Palmer teilt mit, dass es darüber eine genauen Statistiken gibt, da nicht unterschieden wird, um welche Verstöße es sich handelt. In der Regel ist es immer so, dass bei Mehrfachverstößen das Bußgeld jedes Mal erhöht wird.

 

Herr Koch bezieht sich auf das EDV-System und ist der Auffassung, dass in aller Regel hinter solchen Programmen Tabellen liegen, die dann eine EDV’ler sehr wohl sortieren und auswerten kann. Es kann ja sein, dass dies auf der Bearbeiterebene nicht möglich ist solche Quantifizierungen durchzuführen, aber spätestens der EDV’ler bekommt das hin. Herr Koch bittet darum, dies auch entsprechend zu tun.

 

Herr Strehlow führt aus, dass das Ordnungsamt mit einem landeseinheitlichen Programm arbeitet. Der für das Ordnungsamt zuständige IT-Mitarbeiter kann an dem Programm nichts ändern. Hier müsste eine landesweite Änderung vorgenommen werden. Es sollte ein neues landeseinheitliches Programm neu aufgelegt werden, wo auch eine Art Beschwerde- und Bearbeitungsdatenbank erstellt werden kann. Dieses Projekt ist zunächst wegen Nichtfinanzierbarkeit gescheitert. Somit muss mit dem bestehenden Programm weiter gearbeitet werden. Eine manuelle Statistik ist bei den vielen verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten auch aufgrund des Personalbestandes nicht möglich.

 

Herr Bertermann bezieht sich auf die Mehrfachverstöße und merkt nach seinem Kenntnisstand an, dass die Behörde einem „Kneipier“ auch die Konzession entziehen kann, wenn in der Person des Betreibers begründet ist, dass er nicht zuverlässig ist. Und da wäre die spannende Frage, wenn man Mehrfachverstöße nachweisen kann, ob dann nicht auch ein gewisses Druckmittel vorliegt. In der Praxis scheint es ja so zu sein, dass sich die Betreiber sehr wenig darum scheren, im Zweifelsfrei in den Widerspruch gehen und dann locker mehrere Winter abwarten können.

 

Herr Strehlow teilt mit, dass es im Gaststättenrecht die Möglichkeit gibt, eine Unzuverlässigkeit festzustellen, wenn erhebliche Verstöße gegen geltendes Recht vorgenommen werden. In der Vergangenheit wurde des Öfteren probiert, gegen Gastronomen derart vorzugehen, eine solche Unzuverlässigkeit feststellen zu lassen. Jedoch jedes Mal mit dem Erfolg, dass der Geschäftsführer rechtzeitig gewechselt hat. In dem Moment, wo der Geschäftsführer wechselt, geht die gesamte Maßnahme ins Leere und das Verfahren beginnt von vorne.

 

Frau Matischok-Yesilcimen fragt nach, inwiefern verschärft Kontrollen in bestimmten Gebieten vorgenommen werden, wo das Heizpilzproblem bekannt ist, damit sich die Gaststättenbetreiber endlich an das Heizpilzverbot halten.

 

Herr Strehlow führt aus, dass insbesondere im Bereich des Hackeschen Marktes aber auch in anderen bekannten Bereichen verstärkt Kontrollen durchgeführt wurden mit dem Erfolg, dass dort auch mehrfach gleiche „Täter/Verursacher“ betroffen waren. In Einzelfällen ist es dazu gekommen, dass man hier mit dem Ordnungswidrigkeitengeld bis zu 1.200 € gegangen ist. Diese Bebußungen sind gerade im Bereich des Hackeschen Marktes und dem anliegenden Bereich mehrfach verhängt worden. Diese Möglichkeiten wurden personell als auch finanziell ausgeschöpft. Herr Strehlow weist darauf hin, dass sich der Bezirk Mitte schon an der Obergrenze der Bußgelder befindet und versucht, sich auch an der Rechtsprechung des zuständigen Gerichtszweiges zu orientieren. Es macht aus Sicht von Herrn Strehlow wenig Sinn, hier mit sehr hohen Bußen heranzugehen und vom Amtsgericht runtergesetzt zu werden. Das Ordnungsamt bewegt sich in dem Rahmen, wo man vor Gericht auch eine reelle Chance hat, damit durchzukommen.

 

Frau Matischok-Yesilcimen fragt weiterhin nach, inwiefern bei der Bußgeldverhängung gleichzeitig eine Aufklärung darüber erfolgt, dass sich das Verbot nur auf Gasheizpilze bezieht und nicht auf Elektroheizpilze.

 

Herr Strehlow teilt mit, dass die Mitarbeiter des Außendienstes bei allen Feststellungen auch Beratungsgespräche durchführen. Von daher kann kein Gastronom, der durch das Ordnungsamt besucht wurde, sagen, dass er die entsprechenden Informationen nicht bekommen hat. Das Ordnungsamt hat auch nur die Möglichkeit bei den Gastronomen einzuschreiten, die ihre Heizpilze auf öffentlichem Straßenland nutzen. Auf privatem Grund können Heizpilze betrieben werden.

 

Auf die Nachfrage von Frau Matischok-Yesilcimen, ob die Möglichkeit besteht, Bußgelder an zwei aufeinander folgenden Tagen zu verhängen teilt Frau Palmer mit, dass immer eine erneute Anhörung stattfinden muss. Es kann nicht sofort ein Bußgeldbescheid erlassen werden. Bei eng zusammen liegenden Terminen wird zusammengefasst. Es muss immer das rechtliche Gehör eingeräumt werden. Die Anhörungsfrist beträgt 14 Tage.

 

Frau Matischok-Yesilcimen bedankt sich für die Ausführungen und merkt an, dass dieses Thema weiterhin im Ausschuss diskutiert wird.


 

 
 

Legende

Ausschuss Tagesordnung Drucksache
BVV Aktenmappe Drucksachenlebenslauf
Fraktion Niederschrift Beschlüsse
Sitzungsteilnehmer Auszug Realisierung
   Anwesenheit Kleine Anfragen