Auszug - Spielhallen BE: Bezirksamt  

 
 
50. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Sanieren, Bauen und Bebauungspläne
TOP: Ö 5.2
Gremium: Stadtentwicklung Beschlussart: erledigt
Datum: Mi, 30.06.2010 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 21:00 Anlass: ordentlichen Sitzung
 
Wortprotokoll
Beschluss

Herr Gothe verweist nach einleitenden Worten auf die folgenden Ausführungen von Herrn Wesselhöfft

Herr Gothe verweist nach einleitenden Worten auf die folgenden Ausführungen von Herrn Wesselhöfft.

Herr Wesselhöfft teilt mit, dass das Bezirksamt zu dem Ergebnis gekommen ist, dass es sinnvoll und zweckmäßig sein könnte, wenn die Baunutzungsverordnung für weite Bereiche und Teile des Bezirks angewendet wird. Dies ist derzeit nicht der Fall, da aktuell noch der Baunutzungsplan mit den planungsrechtlichen Vorschriften der Bauordnung von 1958 gilt, diese planungsrechtliche Regelung bietet keinerlei Handhabe gegen die Ansiedlung von Spielhallen. Hinzu kommt, dass Spielhallen (als normaler Gewerbebetrieb) auch unter die Gewerbefreiheit fallen. Von daher können sie per se nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Allerdings sind Spielhallen nach Baunutzungsverordnung in allgemeinen Wohngebieten nicht zulässig. In Mischgebieten sind Spielhallen nur in gewerblich geprägten Bereichen zulässig, ferner dürfen sie in diesem Falle keine kerngebietstypische Größenordnung überschreiten.

Insofern ist das Bezirksamt der Ansicht, dass eine Umstellung auf die Baunutzungsverordnung sehr hilfreich sein könnte. Dies stellt jedoch eine schwierige Aufgabe dar: Der Baunutzungsplan müsste mit dem Flächennutzungsplan und anderen städtebaulichen Zielen und der tatsächlichen Situation vor Ort überprüft und gespiegelt werden. So könnte man herausfinden, welche Gebietsausweisung für welche Bereiche tatsächlich sinnvoll und zweckmäßig ist, bzw. wo es möglich wäre, allgemeine Wohngebiete festzusetzen. Dies würde bedeuten, dass eine sehr umfangreiche Voruntersuchung gemacht werden müsste. Im Ergebnis dessen würden Empfehlungen für bestimmte Bereiche folgen. Anschließend könnten dann die B-Planaufstellungen erfolgen.Diese Vorgehensweise würde das Bezirksamt als nachhaltig bezeichnen, es würde kein Verdacht auftreten, dass der Bezirk eine Negativplanung betreiben will, welche nicht möglich oder zulässig ist. Herr Wesselhöfft fasst zusammen, dass es nicht möglich ist, die im Baunutzungsplan ausgewiesenen Gebiete (Wohngebiete, Mischgebiete usw.) einfach auf die Baunutzungsverordnung umzustellen. Man müsste ziemlich genau untersuchen und begründen, welche Baugebietsausweisung getroffen werden soll. Dies stellt eine sehr umfangreiche Aufgabe dar, welche jedoch nachhaltig wirksam wäre. Der erste Schritt wäre es, eine Beauftragung und Ausschreibung für die notwendigen Voruntersuchungen/Empfehlungen durchzuführen. Danach würde die Beauftragung von planerischen Leistungen für die dann aufzustellenden B-Pläne erfolgen.

 

Auf eine Nachfrage von Herrn Dr. Schulze antwortet Herr Gothe, dass bislang noch kein Plan erarbeitet wurde. Derzeit gilt noch der alte Baunutzungsplan, welcher auf die derzeit geltende Baunutzungsverordnung umgestellt werden soll. Dazu ist eine systematische Untersuchung von Nöten, welche aufzeigen soll, wo sich nach heutigen Kriterien ein WA-Gebiet, ein MI-Gebiet oder ein Kerngebiet befindet. Wenn dazu eine ordentliche Begründung gefunden wird, hat man die Möglichkeit, dies über B-Pläne festzusetzen. Natürlich muss man dabei auch überlegen, in welchem Gebiet die Erarbeitung von B-Plänen am dringendsten erscheint.

 

Herr Rauskolb fragt nach, ob die Erstellung von qualifizierten B-Plänen dafür erforderlich ist. Ferner fragt er nach, ob diese B-Pläne aus Flächennutzungsplänen entwickelt werden sollen.

Herr Gothe antwortet, dass der FNP (Fassung von 2004) vorliegt und dient als eine Grundlage. Daraus sollen einfache B-Pläne entwickelt werden.

 

Herr Bausch führt aus, dass nach seinem Verständnis das Untersuchungsverfahren für den Altbezirk Mitte nicht einfach ist, da kein Baunutzungsplan vorliegt. Er fragt nach, welches Konzept in diesem Fall verfolgt wird.

Herr Gothe erklärt, dass im Altbezirk Mitte kein Baunutzungsplan besteht, der Plan von 1958 besteht lediglich in den Westbezirken. Das Bezirksamt hat festgestellt, dass in Alt-Mitte kein enormer Zuwachs an Spielhallen zu verzeichnen ist.

 

Herr Bausch legt dar, dass einst berichtet wurde, dass bei einem Antrag auf eine Umnutzung in eine Spielhalle auch der Charakter des Gebietes berücksichtigt wird, in dem z.B. geprüft wird, ob die Struktur des Einzelhandel durch eine Vielzahl von Spielhallen gefährdet wird. Er fragt nach, ob es auf diesem Wege eine Möglichkeit gibt, eine Anzahl von Spielhallen festzulegen und zu begrenzen.

 

Frau Lier legt dar, dass ein Ausschluss von Spielhallen ab einer begrenzten Anzahl nicht möglich ist. Man muss in diesem Fall einen städtebaulichen Trading-Down-Effekt belegen können. Dies stellt keine leichte Aufgabe dar, da die Spielhallen sauber sind und keinen Lärm erzeugen, ein städtebaulicher Trading-Down-Effekt kann somit nicht einfach nachgewiesen werden, ferner ist es sehr schwer, diesen Effekt gerichtssicher zu belegen.

 

Herr Bausch fragt nach, welche Verfahrensweisen die anderen Bezirke zur Eindämmung der Spielhallen angehen und ob SenStadt eine diesbezügliche Empfehlung an die Bezirksämter ausgesprochen hat. Er ist der Ansicht, dass ein Abwertungsdruck durch die Anhäufung von Spielhallen durchaus belegbar ist. Zum einen besteht ein steigendes Mietniveau in den Erdgeschossnutzungen, da die Hauseigentümer mittlerweile wissen, dass sich in den Erdgeschossen Spielhallen ansiedeln. Des Weiteren unterbleiben Investitionen für die Zukunft, da man für das „schnelle Geld“ nichts mehr tun braucht, d.h. die Häuser bleiben so, wie sie sind. Er führt aus, dass dies schon einen städtebaulichen Abwertungscharakter darstellt.

 

Herr Gothe führt aus, dass die Aussage, steigende Mieten seien ein Abwertungsindiz, sehr schwierig zu argumentieren ist. Er legt dar, dass in Moabit und Wedding eine Vielzahl von Ladengeschäften leerstehen. Insofern können Verdrängungs- und Trading-Down-Effekte nicht mehr nachgewiesen werden.

 

Frau David spricht sich für das geplante Vorgehen des Bezirksamtes aus, die SPD-Fraktion unterstützt dieses Anliegen. Sie verweist auf die ebenfalls bestehende Bordell-Problematik und regt an, auch für dieses Problem eine Lösung zu finden. Außerdem schlägt sie vor, sich mit den anderen Berliner Bezirken zur Problematik auszutauschen.

 

Herr Gothe berichtet, dass der Bezirk Neukölln in Rixdorf die Eröffnung einer Spielhalle verhindern wollte und im Zuge dessen sehr kleinräumig einen B-Plan-Aufstellungsbeschluss sowie eine Veränderungssperre erlassen hat. Diese Verfahrensweise hat Erfolg gezeigt, die Eröffnung der Spielhalle konnte verhindert werden. Zusätzlich hat der Bezirk Neukölln eine aktive Angebotsplanung betrieben hat. Es wurden Straßenabschnitte selektiert, in denen ein derartiges Angebot sogar erwünscht ist. Ein derartiges Vorgehen gibt es im Bezirk Mitte jedoch nicht.

 

Herr Schepke legt dar, dass nichts dagegen spräche, eine Ablehnung eines Antrags auf Eröffnung einer Spielhalle auszusprechen,  wenn eine gute Argumentation für diese Entscheidung vorliegt. Der Versuch sollte in Angriff genommen werden. Sollte seitens des Betreibers eine Klage gegen die Ablehnung erhoben werden, dauert es ca. fünf Jahre, bis ein entsprechendes Urteil ansteht. Solange wird wohl niemand auf eine Genehmigung für eine Spielhalleneröffnung warten.

 

Herr Schwenzel (MoabitOnline) teilt mit, dass ihm ein aktueller B-Plan in Moabit bekannt ist, welcher jedoch nicht in der Zuständigkeit des Bezirkes liegt, sondern des Landes Berlin. In dem Fall handelt es sich um den B-Plan des Innenministeriums, welcher neben der Sondernutzungsfläche für das Regierungsviertel auch ein Wohn- und Kerngebiet beinhaltet. Für das Kerngebiet ist per B-Plan, welcher noch nicht beschlossen wurde, angegeben, dass Spielhallen explizit ausgeschlossen sind. Er spricht seine Verwunderung darüber aus, dass das Land Berlin derartige Maßnahmen vornimmt, der Bezirk jedoch diese Verfahrensweise nicht anwenden kann.

 

Frau David bezieht sich auf den Kapweg 3-5, diesbezüglich lag ein Antrag vor, zehn Spielhallen zu bauen. Die städtebaulichen Stellungnahmen liegen der BVV vor. Sie führt aus, dass eine Stellungnahme die Aussage beinhaltet, dass der Antragssteller für den Fall der Ablehnung des Antrags bereits angekündigt hat, in den angrenzenden Wohngebieten eine Vielzahl von Spielhallen zu beantragen. Aufgrund der Kenntnis der Rechtslage des Antragsstellers werden entsprechende Anträge kaum abgelehnt werden können. Frau David spricht ihre Empörung über die Tatsache aus, dass der Antragssteller einen Druck auf das Amt ausübt, ohne dabei Konsequenzen fürchten zu müssen und fragt nach, was der Bezirk gegen diese Vorgehensweise zu unternehmen gedenkt.

 

Frau Lier erklärt, dass der Bezirk den Antrag zum Kapweg erhalten und anschließend das Gespräch mit dem Antragsteller gesucht hat, da man versuchen wollte, ihm das geplante Vorhaben auszureden. Der Antragsteller war rechtlich sehr professionell vertreten, der vertretende Anwalt wusste genau über das dort geltende Planungsrecht Bescheid. Als Ergänzung hat er in der Tat die Aussage getätigt, dass er die Spielhallen in einem anderen Gebiet (in leerstehenden Ladengeschäften) eröffnen wird, sollte eine Genehmigungsversagung erfolgen.

 

Auf eine Verständnisfrage wird von Herr Wesselhöfft erneut erklärt, dass Spielhallen im Wohngebiet nach Baunutzungsplan zulässig sind. Jedoch sind Spielhallen im Wohngebiet nach Baunutzungsverordnung von 1990 nicht zulässig. Deswegen will man versuchen, die Wohngebiete nach Baunutzungsplan auf Wohngebiete nach Baunutzungsverordnung von 1990 umzustellen. Zusätzlich ist beabsichtigt, die Bereiche und Gebiete zu überprüfen, wo weitere Festsetzungen von allgemeinen Wohngebiete möglich sind.

 

Herr Pawlowski bezweifelt, dass eine Vielzahl von allgemeinen Wohngebieten stets günstig ist. Er verweist darauf, dass durch die Festlegung auf allgemeine Wohngebiete nicht nur die Spielhallen ausgegrenzt werden, sondern auch andere Einrichtungen. Er bittet, dies zu bedenken. Er wendet sich ans Bezirksamt und fragt nach, inwieweit die Verwaltung gedenkt, die Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit zu nutzen. Er berichtet, dass er berufliche Kontakte zu diversen Eigentümern hat und daher weiß, dass sich bei den Eigentümern zunehmend der Eindruck verfestigt, dass es schlecht ist, wenn sie ihre Räume an Spielhallenbetreiber vermieten.

Herr Gothe legt seinen Eindruck dar, dass die politische Debatte, welche derzeit diesbezüglich geführt wird, einen Effekt der öffentlichen Stigmatisierung dieses Gewerbes mit sich bringt und somit einen sehr wichtigen Beitrag leistet.


 

 
 

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