Auszug - Spielhallenproblematik im Bezirk Mitte; gesetzliche Möglichkeiten bzw. Notwendigkeiten um der Ausbreitung entgegen zu wirken BE: RA Martin Reeckmann  

 
 
35. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit
TOP: Ö 3.3
Gremium: Wirtschaft und Arbeit Beschlussart: erledigt
Datum: Mo, 22.03.2010 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 19:25 Anlass: ordentlichen Sitzung
 
Wortprotokoll
Beschluss

Herr Reeckmann legt dar, dass im Bezirk Mitte zwei stattlich anerkannte Spielbanken ansässig sind

Herr Reeckmann legt dar, dass mit Stand vom 30.06.2009 in Berliner Spielhallen exakt 2946 Geldgewinnspeilgeräte aufgestellt sind, mittlerweile werden es vermutlich mehr sein. Nach dem gewerblichen Spielrecht dürfen in einer Spielhalle höchstens 12 Geldgewinnspielgeräte aufgestellt werden, somit kommt man auf eine Anzahl von über 300 Spielhallen in Berlin. Herr Reeckmann führt aus, dass er die Entwicklung der Spielhallen bundesweit verfolgt, es können zuspitzende Diskussionen, insbesondere in den Kommunen, beobachten werden.

Die kommunale Diskussion kreist sich dabei um zwei wichtige Handlungsfelder, auf denen Vorgaben der Gesetzeslage bestehen. Zum einen handelt es sich dabei um das gewerbliche Spielrecht (Bundesrecht), welches eine Erlaubnis zur einer Errichtung einer Spielhalle erteilt, sobald die relativ übersichtlichen Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt sind.

Ferner liegt ein Baurecht vor. Hier kann man in bestimmten festgelegten Gebietstypen auch eine bestimmte Festsetzung treffen (z.B. zur Frage, was zulässig ist bzw. grundsätzlich verboten sein soll). Allerdings stößt man auch in diesem Fall im Rahmen der Baunutzungsverordnung auf Grenzen. Insofern besteht auch hier für die Kommunen relativ wenig Gestaltungsmöglichkeit.

Die Kommunen haben die Möglichkeit eine Vergnügungssteuer zu verlangen. Diese Steuer kann erhöht werden, wenn sie das Ziel aufweist, eine Lenkungsfunktion auszuüben. Das Bundesverfassungsgericht erkennt eine Begrenzung von Veranstaltungen von Glücksspielen durch Geldgewinnspielhallen als Lenkungsfunktion an. Einige Bundesländern machen von dieser Steuer Gebrauch, z.B. Baden-Württemberg, dort gibt es inzwischen Vergnügungssteuersatzungen, welche Hebesätze bis zu 25 % aufweisen (der Durchschnitt des Hebesatzes liegt bei 5-18%).

Die Bezirke können die Vergnügungssteuer nicht regeln, dies wird vom Land durch eine Vergnügungssteuergesetz übernommen. Dieses Gesetz wurde im Herbst letzten Jahres erlassen, die Hebesätze wurden allerdings in einer niedrigen Größenordnung festgelegt, so dass man nicht von einer Lenkungsfunktion im skizzierten Sinne sprechen kann.

Des weiteren besteht die Möglichkeit des Landes, ein Spielhallengesetz zu erlassen. Diese Option ist relativ neu und ist im Zuge der Föderalismusreform entstanden. D.h. der Landesgesetzgeber könnte ein Gesetz erlassen, in dem beispielsweise gefordert wird, dass der Betreiber einer Spielhalle bestimmte sachkundige Voraussetzungen erfüllen muss. Ferner könnte ein solches Gesetz einen Mindestabstand zu Schulen und Jugendeinrichtungen fordern.

Herr Reeckmann spricht seine Verwunderung darüber aus, dass von dieser Gesetzgebungskompetenz bislang noch kein Gebrauch gemacht wurde, obwohl die Spielhallen ein Problem geworden sind (sowohl aus städtebaulicher Sicht wie auch aus Sicht des Spielerschutzes).

Er legt dar, dass es im Trend liegen würde, einen Antrag auf den Weg zu bringen und den Berliner Senat aufzufordern, diese Problematik anzugehen.

 

Herr Koch teilt mit, dass sich die bisherigen Diskussionen sehr auf den Punkt des Baurechts fokussiert haben. Er fragt Herrn Reeckmann, ob die Möglichkeit besteht, Spielhallen über Bebauungspläne einzudämmen.

Herr Reeckmann antwortet, dass es eine Rechtssprechung gibt, welche sich mit der Frage beschäftigt, wie hoch man die Anforderung an den Nachweis einer Beeinträchtigung des Stadtbildes stellt, d.h. welchen Aufwand muss eine Kommune betreiben um darzulegen, dass ein bestimmter Standort einer Spielhalle einen „traiding-down-Effekt“ auslöst.

Er führt aus, dass das Verwaltungsgericht Stuttgart im März entschieden hat, einem Antragssteller, welcher einen Antrag auf Genehmigungen für zwei Spielhallen gestellt hat, beide Genehmigungen zu versagen. Es wurde diesbezüglich auf die Vergnügungsstättensatzung, welche in Stuttgart besteht, verwiesen. In dieser Satzung ist ausdrücklich geregelt, dass Anträge auf Spielhallenerlaubnisse abgelehnt werden können mit der Erwägung, es solle das Abrutschen von Straßenzügen oder von Stadtteilen verhindert werden. Dabei handelt es sich um eine reine Ermessensentscheidung.

 

Herr Pawlowski spricht sich dafür aus, dass das Bezirksamt auf der Landesebene Initiative ergreift und das Abgeordnetenhaus zu dem Erlass eines Gesetzes bewegt.

 

Herr Lehmann teilt mit, dass der Antrag der FDP-Fraktion nötig ist, um diese Problemlage dem Land Berlin gegenüber deutlich zu machen. Er bezieht sich auf die Aussage von Herrn Reeckmann, dass von der vorhandenen Gesetzgebungskompetenz bisher kein Gebrauch gemacht wurde, und spricht seine Kritik über diese Tatsache aus.

Ferner bezieht er sich auf die Vergnügungsstättensatzung der Stadt Stuttgart und regt eine Überprüfung an, ob das Land Berlin eine ähnliche Satzung erlassen könnte.

 

Herr Schepke bezieht auf den Punkt d) des FDP-Antrags (Drs. 1549/III) und fragt nach, ob die Möglichkeit besteht, eine Abgabe von Spielautomaten zu fordern, welche die Einrichtung und Unterhaltung von Beratungsstellen finanziert.

Ferner schlägt er vor, den Antrag um einen Punkt zu ergänzen, welcher auf eine Begrenzung der Spielhallendichte abzielt.

 

Herr Reeckmann bezieht sich auf den Vorschlag der Abgabe für Präventionszwecke und führt aus, dass dies eine Sonderabgabe darstellen würde, welche gesetzlich erlaubt ist. Im Bereich des Lotteriesektors und der staatlichen Lotterien ist diese Abgabe bereits gesetzlich geregelt.

Herr Reeckmann teilt weiterhin mit, dass auch eine Regulierung der Dichte gesetzlich möglich wäre.

 

Frau Matischok-Yesilcimen teilt mit, dass sie eine Einführung einer Spielstättensatzung im Land Berlin sehr begrüßen würde. Sie schlägt vor, einen diesbezüglichen Ausschussantrag zu formulieren.

Herr Hortig führt dazu aus, dass der vorliegende Antrag (Drs. 1549/III) auf den Erlass eines Gesetzes gerichtet ist, während die Aufforderung zum Erlass einer Spielstättensatzung lediglich im Rahmen einer Rechtsverordnung realisiert werden könnte. Er legt dar, dass der Vorschlag zur Formulierung eines Ausschussantrages bis zur nächsten Sitzung vertagt werden sollte. Es sollte darüber nachgedacht werden, ob es sinnvoll erscheint, zwei Bestrebungen zu fordern, welche sich letztlich blockieren könnten.

Er spricht sich dafür aus, die Drs. 1549/III abzustimmen und somit den Erlass eines Gesetzes zu fordern.

Frau Matischok-Yesilcimen legt dazu dar, dass eine Rechtsverordnung schneller erlassen werden könnte als ein Gesetz. Ferner weist sie darauf hin, dass eine Vergnügungsstättensatzung nicht nur Spielhallen beinhaltet, sondern auch andere Problematiken (z.B. Bordelle) mit einbezieht. Von daher spricht sie sich dafür aus, sowohl die Drs. 1549/III abzustimmen, als auch einen Ausschussantrag zur Vergnügungsstättensatzung auf den Weg zu bringen. Der Ausschussantrag kann auch in der Aprilsitzung erarbeitet und abgestimmt werden.

 

Herr Pawlowski legt dar, dass ihm nicht bekannt ist, inwiefern sich die Frage der Spielhallendichte gesetzlich regeln lässt. Er teilt mit, dass er allerdings keine Bedenken sieht, den von Herrn Schepke vorgeschlagenen Punkt mit in den Antrag aufzunehmen.

 

Herr Lehmann legt dar, dass der Antrag in seiner Zielführung komplett dargestellt wurde, die Gesetzgebung wird klar aufgefordert, ein Gesetz zu erarbeiten, welches zur Spielhallendämmung beiträgt. Er legt dar, dass sich aus dem heutigen Informationsstand bereits eine Beschlussempfehlung an die BVV erarbeiten lässt. Der Vorschlag zum Ausschussantrag zur Spielstättensatzung soll in der nächsten Sitzung beraten werden.

 

Frau David spricht sich ebenfalls dafür aus, den Antrag 1549/III in der heutigen Sitzung abzustimmen, in der nächsten Sitzung soll die Vergnügungsstättensatzung thematisiert werden. Sie schlägt vor, die Satzung aus Stuttgart als Diskussionsgrundlage zu nutzen.


 

 
 

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