Auszug - Kindergesundheit Gast: Frau Dr. Graffmann-Weschke MPH, AOK  

 
 
27. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Gesundheit
TOP: Ö 2.1
Gremium: Gesundheit Beschlussart: erledigt
Datum: Do, 24.09.2009 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 19:29 Anlass: ordentlichen Sitzung
 
Wortprotokoll

Frau Dr

Frau Dr. Graffmann-Weschke dankt für Einladung und freut sich, dass sie in einem der aktivsten Bezirke vorstellen darf, was die AOK als Krankenkasse und in Vertretung aller Kassen im Bezirk macht. Über den Kinder- und Gesundheitsdienst in Potsdam ist sie zur AOK gekommen und leitet dort seit einigen Monaten den Bereich Gesundheitsförderung und Prävention. Einleitend gibt sie einige Definitionen der Krankenkasse.
Die AKO wird im Bezirk Mitte aktiv. Der Begriff der Gesundheit, wurde von der Weltgesundheitsorganisation formuliert, wo es um den Zustand eines vollständigen körperlichen, psychischen und sozialen Wohlbefinden geht. Die Grundlage der Arbeit bei den Krankenkassen ist die Ottawa-Carta von 1986 in der von der WHO formuliert wird, worauf die Gesundheitsförderung abzielt auf einen Prozess, der die Menschen befähigen soll, mehr Einfluss auf ihren eigenen Gesundheitszustand zu nehmen und ihre Gesundheit aktiv zu verbessern. Die Zahlen der letzten Jahrzehnte haben gezeigt und immer wieder bestätigt, was damals formuliert wurde, dass die soziale Lage bestimmend ist für die gesundheitliche Lage aller Menschen.
Zur Prävention teilt sie mit, dass die AOK mit zwei verschiedenen Präventionsformen arbeitet.

  • Verhaltensprävention – man möchte unterstützen, dass man selbst sein Verhalten überdenkt und in eine gesundheitsfördernde Verhaltensweise verändert –
  • Verhältnisprävention - hier geht es darum, dass die Strukturen verändert werden oder geschaffen werden, die es ermöglichen, sich im gesundheitsgerechten Lebensumfeld zu bewegen.


Weiterhin teilt sie mit, dass eine Handlungsgrundlage der AOK § 20 des Sozialgesetzbuches V sei (hier geht es um Begriffe, wie Prävention und Selbsthilfe). Es geht darum, den allgemeinen Gesundheitszustand zu verbessern und einen Beitrag zur Verminderung von sozialbedingter Ungleichheit von Gesundheitschancen zu erbringen (was auch in der Ottawa-Carta formuliert wurde). Gemäß § 20 SGB V geben die Krankenkassen pro Versicherten pro Jahr eine bestimmte Summe an Geld in einen Topf, den sie für die Prävention ausgeben. In diesem Jahr beträgt die Summe pro Versicherter 2,82 €. Je mehr Versicherte vorhanden sind, um so mehr kann man auch in diesem Bereich ausgeben, aber nicht wahllos und auch nicht gießkannenartig.
Die Krankenkassen haben sich deshalb zusammengeschlossen und einen Leitfaden Prävention formuliert, wo die Kriterien und Handlungsfelder für Prävention so, wie sie bezahlt werden können, formuliert sind. Der Leitfaden wird immer wieder überarbeitet. Im letzten Jahr mussten sich alle Spitzenverbände zusammensetzen und ihn überarbeiten. Es werden immer die neusten Ergebnisse aus der Public-Health-Forschung mit einfließen. Wenn man aus Forschungssicht weiß, welche Qualifikationen für die Durchführung von Maßnahmen erforderlicn sind, dann geht das ein in diesen Leitfaden. Im Leitfaden sind mehrere ganz große Bereiche beschrieben. Ein Bereich befasst sich mit Gesundheitskurse. Sie sind immer recht negativ belegt (Nordic Walking, Tai Chi). Die Kure muss die AOK bezahlen für die Menschen, die das gerne machen wollen, um sich gesundheitlich etwas Gutes zu tun. Da die AOK auch Menschen versichert, die auch keinen kleinen Beitrag zu einem Kurs beitragen können, hat die AOK Berlin die Option, dass die Kurse, die sie selbst nach dem Leitfaden durchführt, kostenlos für ihre Versicherten zur Verfügung zu stellen.

Frau Dr. Graffmann-Weschke spricht anschließend die betriebliche Gesundheitsförderung an. Die AOK geht in Betriebe und befähigt sie, sich so zu entwickeln, dass ihre Mitarbeiter/innen dort gesund arbeiten können und dass der Krankenstand reduziert wird.

Zum Bereich der Kindertagesstätten teilt sie mit, dass dieser im letzten Jahr neu mitformuliert wurde. Der AOK geht es bei den Kindertagesstätten darum, dass dort die Grundbausteine für eine weitere Bildungs- und Persönlichkeitsentwicklung gelegt werden. Es sollen alle davon profitieren (Eltern, Kinder, Erzieher, alle, die daran beteiligt sind).

 

Anschließend spricht Frau Graffmann-Weschke den Bereich Tigerkids an. Dieses Projekt wurde an einer Universität in Bayern erarbeitet. Hier geht es um die Verhaltensänderung und um Verhältnisveränderung und es geht um die Förderung von Bewegung. Begehungen in den Kitas werden gemacht und sie werden unterstützt. Das Ganze soll auf Erleben und Einüben eines gesunden Lebensstils basieren. 90 Kitas befinden sich inzwischen im Projekt, welches seit 3 Jahren läuft.
Mitte verfügt über 29 Kitas, in denen Kinder zwischen 3 und 6 Jahren betreut werden. In einem weiteren Projekt Kitas bewegen ist man aktiv. Der Bezirk Mitte arbeitet hier eng mit der AOK zusammen. Zusammen mit dem Programm Anschub.de, mit der Bertelsmann-Stiftung und der AOK möchte man das Ganze auf die umliegenden Kitas ausdehnen. 46 Kitas aus Mitte haben am Projekt Besser leben, mehr bewegen teilgenommen. Auch andere Projekte gehen in die Kitas.

 

Frau Dr. Graffmann-Weschke betont, dass man auf die Erzieherinnen während ihrer Ausbildung Einfluss nehmen kann. Die AOK macht hier zusammen mit der Anna-Freud-Fachhochschule ein Projekt. Es läuft eine Vernetzung mit der Schulverpflegung Berlin. In diesem Jahr hat man in Mitte versucht, die Qualität der Kitaverpflegung zu erhöhen. Weiterhin gibt es noch ein Projekt Kleine kommen ganz groß raus und Top fit, Kinder in Bewegung.

Zu den Schulen teilt sie mit, dass sie sich besonders dazu eignen, weil man hier bestimmte Zielgruppen erreichen kann (bestimmte Altersstufen von Kindern – Grundschulen, Oberschulen). Die gesundheitlichen Bedingungen der Schulen sind sehr entscheidend für die Qualität des Bildungsauftrages. Seit einigen Jahren geht es um die Verbesserung der Gesundheit und Bedingungen für Lehrer/innen. Das funktioniert nur, wenn die AOK Partner ist mit den anderen Krankenkassen und allen Akteuren, die in einem Netzwerk aktiv sind. Beispiel dafür ist das Landesprogramm Gute gesunde Schule. An erster Stelle war der Bezirk Mitte mit Anschub.de. Dieses Projekt war so positiv und es konnte inzwischen ein Landesprogramm für die Gute gesunde Schule in vielen Bezirken durchgeführt werden.

Sie führt weiter aus, dass jeder Bezirk inzwischen einen eigenen Koordinator habe. Die Schulen entwickeln sich mit großen Gemeinschaftsprojekten zu guten gesunden Schulen. Seit 2006 konnten 91 Schulen in Berlin erreicht werden. Andere Bezirke haben signalisiert, dass sie mitmachen möchten.

Die AOK hat zusammen mit Anschub de in Mitte die Vernetzungsstelle gegründet, die inzwischen auch ein Selbstläufer ist. Sie ist für die Schulverpflegung in ganz Berlin zuständig. Es wurden gemeinsame Qualitätskriterien erarbeitet. Die Arbeit der Vernetzungsstellen für alle Bundesländer wird finanziert. Wenn die AOK wissen möchte, was sich in den Strukturen ändern soll, muss man erst einmal wissen, wie die Strukturen sind. Deshalb führt die AOK aktuell eine berlinweite Strukturdatenerhebung zur Verpflegungssituation in allen Berliner Schulen zusammen mit der Vernetzungsstelle Schulverpflegung und mit der Sara-Wiener-Stiftung durch.

Anschließend berichtet Frau Dr. Graffmann-Weschke über die Senioren/innen, dass in jedem Bezirk in mindestens zwei Einrichtungen sogenannte Sturzprävention nach dem Ulmer Modell durchgeführt wird. Zwei Mal in der Woche wird Kraft- und Ballontraining durchgeführt. Das Ulmer Modell soll weiter ausgedehnt werden. Anfang Oktober werden in zwei Bezirken und mit den anderen Krankenkassen Impfungen (Grippe und Pneumokokken) durchgeführt.
Die AOK arbeitet mit Pflege in Not (Diakonisches Werk, Stadt Mitte) eng zusammen. Pflege in Not führt für die AKO auch Pflegekurse durch. Es ist geplant, mit Pflege in Not Informationsveranstaltungen in jedem Bezirk durchzuführen.

 

Zusammenfassend teilt Frau Dr. Graffmann-Weschke mit, dass es inzwischen viele bewährte Projekte in der Lebenswelt, insbesondere im Bezirk Mitte, gibt, die nicht mehr Projekte sind, sondern Programme geworden sind, die sich weiter entwickeln und diese immer wieder verbessern. Wichtig ist die Grundlage an der Orientierung an Qualitätskriterien, wie sie z. B. im Leitfaden Prävention stehen. Damit man sich in der Qualität weiter entwickeln kann, wird eine Evaluation der Projekte gefordert, an der sich die AOK als Partner beteiligt, damit die AOK auch weiß, das Ganze ist nachhaltig und macht Sinn.
Das alles kann man nur durch gewählte Kooperationen gewährleisten. Dadurch kann man nachhaltige Strukturen schaffen. Das ist eine besondere Chance eines Stadtstaates. Die AOK-Berlin fusioniert zum 01.01.2010 mit der AOK-Brandenburg. Dadurch wird eine große AOK geschaffen mit vielen schönen Herausforderungen.

Der AOK ist es 2009 gelungen, Tigerkids mit 5.000 Kindern neu ins Boot hinein zu holen.
Die AOK möchte den Öffentlichen Gesundheitsdienst beim Impfen unterstützen. Um das Impfen von Kindern zu unterstützen, bietet die AOK eine Zusammenarbeit mit dem Projekt Ich geh zur U und Du. Hier vernetzen sich Kitas, um ihre Kinder zur Überprüfung des Impfpasses zu bringen.

 

Auch Anschub.de soll weiter auf die Kindertagesstätten ausgedehnt werden (im Bereich Mitte). In der letzten Woche wurde der Vertrag unterschrieben. Die AOK hat sich beim Landesprogramm Gute gesunde Schule das Ziel gesetzt, mindestens 10 % aller Schulen in Berlin zu erreichen. Im Herbst ist eine Ausweitung auf ganz Berlin geplant.

 

Die Vorsitzende, Frau Stein, dankt für die Ausführungen und bittet um Nachfragen.

 

Herrn BV Allendorf (SPD) ist aufgefallen, dass in den Bezirken viel für Kinder getan wird. Er vermisst die Zusammenarbeit mit dem bezirklichen Gesundheitsamt. Er bittet um Auskunft.

Frau Dr. Graffmann-Weschke spricht das gemeinsame Projekt Besser leben, mehr bewegen an. Hier hat die AOK versucht, gemeinsam mit den Akteuren im Bezirk, in zwei Grundschulen ein Modul zu schaffen mit einem Netzwerk im Bezirk. Die Schule soll befähigt werden, übergewichtige und adipöse Kinder zu identifizieren. Die Krankenkasse hat ein großes Interesse daran, eine Lösung zu finden und würden für das Landesprogramm ein Modul schaffen zusammen mit der Bertelsmann-Stiftung und allen Akteuren vor Ort. Frau Dr. Graffmann-Weschke meint, dass man viel geschafft hat, es wurde evaluiert, alle wurden sensibilisiert, aber man sei nicht über die Sensibilisierung aller Akteure hinaus gekommen.
Sie spricht anschließend noch einmal das Impfen an. Der Öffentliche Gesundheitsdienst hat eine Impfvereinbarung mit den Krankenkassen abgeschlossen. Die Impfungen werden bezahlt und die Krankenkassen möchten das unterstützen und fördern. Dazu finden jetzt Vorverhandlungen statt.

 

Herr Allendorf fragt, wie die Kinder erfasst werden, die nicht in die Kita und nicht in die Schule gehen.

Frau Dr. Graffmann-Weschke meint, dass das für die AOK wie für den Bezirk sehr schwierig sei. Man kann sich nur zusammen tun und versuchen, gemeinsame Möglichkeiten zu finden z. B. durch die Ansprache in Familienzentren oder ähnliches.

 

Herr Prey teilt mit, dass Mitte darauf angewiesen sei, die Etats zur Verfügung haben. Man muss aber auch darauf hinweisen, dass Mitte durch die Abteilung Jugend im Bereich Kitas eine große Unterstützung gibt. Der Bereich Jugend stellt Personal zur Verfügung. Das sei auch ein Erfolg, der darauf zurückzuführen ist, dass sich der Bezirk darauf verständigt hat Mitglied im Gesunde Städtenetzwerk zu sein und nach der Idee Gesunde Stadt zu arbeiten. Herr Prey meint, dass das eine  Basis für eine Zusammenarbeit mit der Krankenkasse sei. Das wird auch im Leitfaden betont. Es geht darum, ein Verständnis für eine Gesamtpolitik zu benennen und einen umfassenden Arbeitsansatz zu machen – weg von Einzelmaßnahmen. Einzelmaßnahmen machen Sinn, wenn die Einrichtung als Ganzes sich darüber bewusst ist, dass sie Einfluss auf Gesundheitsverhalten nimmt. Er würde sich deutlich mehr an Prävention wünschen. Er glaubt, die pro Kopf Ausgaben im Bereich der GKV liegen momentan bei 2 oder 3 Tsd. € pro Jahr und pro Mitglied. Er meint, dass tendenziell an der falschen Stelle gespart wird. Prävention ist Investition und man benötigt eigentlich dafür Geld.

 

Frau BV Schauer-Oldenburg (Grüne) bezieht sich auf die angesprochene Sturzprävention und meint, dass sie nicht teuer sei. Sie fragt, ob man das durchführen könnte. Der Bezirk Mitte verfügt über viele Senioren/innenfreizeitstätten, wo es Möglichkeiten gibt, Sturzprävention durchführen zu können.
Sie spricht anschließend Gute gesunde Zähne an. Welche Projekte Präventionsmaßnahmen könnte man sich vorstellen. Die Landesgesundheitskonferenz meint, dass Prävention bei Migranten/innen aufgrund der Sparmaßnahme überhaupt nicht erreicht werden. Sie fragt, was man hier initiieren könnte und wie könnte man anfangen, etwas zu initiieren. Frau Dr. Graffmann-Weschke teilt zur Sturzprävention mit, dass die AOK versucht, nicht mit einem Projekt irgendwo hin zu gehen und das dann durchzuführen und nach 2 Jahren geht man wieder hinaus, sondern die AOK geht in Einrichtungen. Bisher waren es stationäre Einrichtungen, in der Mitarbeiter/innen geschult wurden, die das Projekt durchführen. Das Material wurde zur Verfügung gestellt. Inzwischen ist die ambulante Sturzprävention hinzu gekommen. Die AOK möchte das weiterführen. Die AOK möchte weiter schulen, aber die AOK ist nicht fähig
für alle, die Materialien zur Verfügung zu stellen. Sollte der Bezirk Mitte Interesse haben, würde die AOK das weiter ausbauen. 4 ambulante Standorte und 2 stationäre Standorte könnte die AOK hinzunehmen pro Bezirk.
Die zweite Frage kann Frau Dr. Graffmann-Weschke nicht beantworten. Hier beschäftigt sich die Landesarbeitsgemeinschaft, die sich zum Thema Zähne befasst und für die Begehung der Kitas und der Schulen zuständig ist. Die Krankenkassen sind beteiligt.
Zur Erreichbarkeit der Migranten/innen teilt sie mit, dass die AOK in den Bezirk Mitte geht, um sie in den Kitas und Schulen zu erreichen.

 

Frau BV Kliemann (SPD) möchte wissen, ob es eine Prävention gegen Alkohol gibt, denn immer mehr Kinder trinken Alkohol. Frau Dr. Graffmann-Weschke spricht das Bundesprojekt Nachhall an, welches in allen Bundesländern umgesetzt wurde. Eine Betreuung der Jugendlichen nach dem Krankenhaus erfolgt im Anschluss. Auch die AOK beteiligt sich daran. Erste Beratungsgespräche werden durch die AOK bezahlt. Momentan versucht die AOK mit der Fachstelle für Suchtprävention des Senats ein Modul zu erarbeiten, wo die Eltern von noch Kindern (vom Übergang von der Grund- zur Oberschule) gestärkt werden zum Thema Alkohol mit ihnen zu reden. Hier scheinen die Defizite nach den neuesten Ergebnissen zu bestehen, dass die Eltern nicht mit ihren Kindern reden und sagen, welche Gefahren bestehen u. ä. Das schwierigste in der Prävention ist, die Eltern mit ins Boot zu bringen.

 
 

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