Auszug - Bericht der AG Sinti & Roma  

 
 
27. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziale Stadt (QM), Integration und Gleichstellung
TOP: Ö 5.2
Gremium: Soziale Stadt Beschlussart: erledigt
Datum: Mi, 17.06.2009 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 20:10 Anlass: ordentlichen Sitzung
 
Wortprotokoll
Beschluss

Herr Dr

Herr Dr. Hanke teilt mit, dass im Bezirk Mitte, insbesondere in Wedding, viele Roma-Familien bestehen, welche in Nachfolge des Krieges in Jugoslawien nach Deutschland gekommen sind. Diese Roma-Familien sind überwiegend etabliert, d.h. diese Familien haben erkannt, dass eine Schulausbildung/Berufsausbildung der Kinder notwendig ist. Dazu gibt es Spezialprojekte, welche die Kinder aus den Familien an Grundschulen betreut. Diese Arbeit geht seit einigen Jahren vonstatten und ist mit guten Erfolgen versehn.

Herr Dr. Hanke führt weiter aus, dass Roma und Sinti in traditioneller Wanderungsbewegungen der Arbeit hinterher ziehen. Diese Gruppe verhält sich überwiegend unauffällig. In Berlin gibt es einen Rastplatz, auf denen die Familien in einem Wohnwagen leben.

Im Rahmen der Armutswanderung in Europa gibt es in Berlin auch Roma-Familien aus Rumänien, die sich insbesondere in dem Bereich Leopoldplatz und im Görlitzer Park (Kreuzberg) angesiedelt haben. Diese Familien leben in Rumänien in einer ausgegrenzten Minderheit unter erbärmliche Bedingungen. Diese Menschen gehen in Berlin unterschiedlichsten Tätigkeiten nach (z.B. Scheibenwaschen, Betteln mit Kleinkindern usw.).

Der Bezirk beschäftigt sich vorwiegend mit den Familien aus Rumänien, welche verständlicherweise Geld verdienen müssen, um ihre Familien in Rumänien über die Runden zu bringen. Die Familien campieren in großen Gruppen entweder im Freien am Leopoldplatz oder hausen mit 30-40 Menschen in Wohnungen.

Im letzten Jahr wurde diesbezüglich eine Arbeitsgruppe eingerichtet, in der professionell und ressortübergreifend, auch außerhalb mit der Polizei, gearbeitet wird. Diese AG beschäftigt sich mit diversen Problemen, welche sich in diesem Zusammenhang ergeben (z.B. Jugendschutz, Bauaufsicht, ordnungspolitische Angelegenheiten usw.).

 

Herr Gaier teilt mit, dass die AG seit November 2008 besteht. Er führt aus, dass inzwischen mehrere Sitzungen stattgefunden haben, es wurden recht konkrete Vorgehensweisen formuliert, ferner wurden Prioritäten festgesetzt.

Zum einen wird über die Möglichkeit diskutiert, eine öffentliche Toilette für die Familien zu installieren, da es in der Vergangenheit vorkam, dass Spielplätze als öffentliche Toilette genutzt wurden.

Ein weiteres Problem ist das illegale Wohnen von Sinti und Roma in nicht geeigneten Wohnräumen. Dies zieht ebenfalls ein hygienisches Problem mit sich nach. Der Präventivrat -Illegales Wohnen Sinti und Roma- hat festgestellt, dass die Anzahl der Sinti und Roma über die Jahre kontinuierlich angestiegen ist. Die Anzahl der Geburten, welche in Berlin von jungen Sinti und Roma-Müttern stattfinden, ist sprunghaft angestiegen. Dies bedeutet für die Krankenhäuser in jedem Fall einen finanziellen Verlust, da diese Menschen keine Krankenversicherung besitzen.

Ferner wird erläutert, dass die Polizei von unterschiedlichen Nächtigungen auf dem Leopoldplatz in größerer Anzahl berichtet. Der Platz wird in einem eklatant unhygienischen Zustand zurückgelassen.

Herr Gaier berichtet, dass bei allen Aktivitäten der AG eine sprachliche Schwierigkeit hinzukommt, Sinti und Roma sprechen einen eigenen Dialekt, aber auch rumänisch. Selten wird englisch oder deutsch gesprochen. Im Kontakt mit einem Polizisten oder einer Krankenschwester beispielsweise kann nur schwer vermittelt werden. Insofern besteht, aufgrund von fehlender sprachlicher Gemeinsamkeiten, eine unsichere Situation.

 

Herr Diedrich legt dar, dass die nun eingetroffene Problematik voraussehbar war. Er fragt nach, was zu einem früheren Zeitpunkt getan wurde, um sich auf die jetzige Situation einzustellen und eine Wiederholung der Schwierigkeiten, welche bereits im Sommer 2008 bestanden, zu vermeiden.

Dazu führt Herr Dr. Hanke aus, dass insbesondere die Kinder und deren gesundheitliche und soziale Versorgung beobachtet wird.

Ferner wird erklärt, dass die Ordnungspolitik viele Grenzen aufweist, beispielsweise ist die Überbelegung einer Wohnung nicht einfach zu unterbinden. Das Bezirksamt könnte mit den Wohnungsbaugesellschaften kooperieren, allerdings ist es schwierig, eine dauerhafte Überbelegung nachzuweisen. Ferner besteht die Problematik, dass private Vermieter und anonyme Gesellschaften bestehen.

Herr Dr. Hanke teilt mit, dass die Bevölkerung ordnungspolitisch erwartet, dass der Leopoldplatz über acht Stunden täglich überwacht wird. Dies ist aus personellen Gründen nicht zu realisieren.

Eine Strategie der Angebotsorientierung (z.B. Aufstellen einer öffentlichen Toilette, Realisierung eines Zeltlagerplatzes) würde auf völliges Unverständnis im Kiez stoßen.

 

Herr Diedrich fragt nach der Besetzung der AG Sinti und Roma.

Herr Gaier antwortet, dass die AG u.a. mit Vertretern des Bezirksamtes (Gesundheitsamt, Gesundheitsdienst, sozialpsychiatrische Dienst, Ordnungsamt, Grünflächenamt, Jugendamt usw.), der Polizei, Vertreter der Wohnungsbaugesellschaften besetzt ist. Er weist darauf hin, dass sämtliche Leute, die mit diesem Problem in einem bestimmten Teilbereich zu tun haben, zur Arbeitsgruppe eingeladen werden.

 

Frau Hoff fragt nach einem Erfahrungsaustausch zu dieser Problematik mit anderen Berliner Stadtbezirken.

Es wird geantwortet, dass Kontakt zu anderen Bezirken gesucht wurde. Man hat dabei festgestellt, dass andere Bezirke (Kreuzberg, Neukölln) nicht derartig organisiert sind, um eine diesbezügliche Beratung durchzuführen. Auf Landesebene wird diese Problematik als „Bezirksproblem“ deklariert.

 

Herr Siewer regt an, auch Kontakt zu Kommunen im süddeutschen Raum (München, Stuttgart) zu suchen.

Herr Dr. Hanke antwortet, dass der Bezirk keinen Kontakt zu anderen deutschen Kommunen gesucht hat, da darin kein Lösungsansatz gesehen wird.

 

Herr Schulz (Quartiersrat Pankstr.) teilt mit, dass er ebenfalls Mitglied der AG ist. Er legt dar, dass sich die AG ihrer Machtlosigkeit, mit dieser Problematik umzugehen, bewusst ist, die rechtlicher Handhabe des Bezirkes ist zu eingeschränkt. Die AG versucht von allen Seiten Informationen zu sammeln, um relativ kurzfristig reagieren zu können, um Verbrechen zu verhindern und unterversorgten Jugendlichen oder Kindern helfen zu können.

 

Herr Reschke fragt nach, ob der Vorgang der Rückkehrhilfe vom Bezirk finanziert wurde.

Herr Dr. Hanke antwortet, dass der Finanzstadtrat Herr Fritsch die Technik zur Verfügung gestellt hat, um die Auszahlung von der Bezirkskasse zu realisieren. Es handelt sich um eine Summe von 25.000 Euro, die Senatsverwaltung hat zugesagt, dieses Geld zu erstatten.

Auf eine Nachfrage von Frau Matischok-Yesilcimen teilt Herr Dr. Hanke mit, dass bei dem Vorgang der Rückkehrhilfe keine Personalkapazitäten des Bezirksamtes gebunden werden.


 

 
 

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