Auszug - Impulsvortrag "Spracherwerb an den Schulen im Bezirk" (zur Vorbereitung einer entsprechenden Diskussion im Juni 2009)  

 
 
3. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Moderne Schulen in Mitte
TOP: Ö 5.2
Gremium: Moderne Schulen in Mitte Beschlussart: erledigt
Datum: Mo, 04.05.2009 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 21:25 Anlass: ordentlichen Sitzung
 
Wortprotokoll

Herr Köpnick führt aus, dass die Situation zwar ernst, aber noch nicht ganz hoffnungslos ist

Herr Köpnick führt aus, dass die Situation zwar ernst, aber noch nicht ganz hoffnungslos ist. Mit den nach wie vor einzufordernden Ressourcen muss nicht nur der Status Quo erhalten bleiben, sondern es muss vermieden werden, dass weitere Stellen gestrichen werden. Das schwierige Thema der Umverteilung muss auf jeden Fall angegangen werden. Bei der Sprachförderung handelt es sich im Wesentlichen um den Bereich Grundschule, da Sprachförderung möglichst früh beginnen muss, damit sie in der Kontinuität der Entwicklung und in der Kontinuität der Progression letzten Endes Früchte trägt. Das Früchte tragen ist in der Vergangenheit nicht hinreichend evaluiert worden. Hier muss nachgearbeitet werden und man ist auch dabei. Im Bezirk gibt es 34 Grundschulen, wovon noch drei unter einem ndH-Anteil (Kinder mit Migrationshintergrund) von 40 %. 20 Grundschulen liegen über 70 %. Von diesen 20 Schulen liegen 13 bei über 80 % und 3 Schulen über 90 %. Die Schulanfänger legen in ihren Kompetenzen leider nicht zu, sondern offenbaren erhebliche Defizite bis zur Sprachlosigkeit. Wegen der riesigen Bandbreite von gar nicht sprechen bis hin zu sehr gut entwickelt, die abgedeckt werden muss, geht es nicht, dass jede Schule eine Sprachförderung betreibt, sondern der Bezirk muss in Gänze Sprachförderung betreiben. Deshalb wurde 2007 die Systematisierung der Sprachförderung ins Leben gerufen. Eine signifikante Sprachförderung ohne das Zutun der Kindertagesstätten kann man nicht betreiben. Deshalb ist dann auch die Kindertagesstätte als erste Institution aufgerufen. Wegen der vielen freien Träger gibt es ganz schwierige Rahmenbedingungen für eine Systematisierung der Sprachförderung. Es gibt viele Kindertagesstätten, die zwar Ansprechpartner sind aber keine Befehlsempfänger. In Berlin gibt es ein Programm, woran sich die Kindertagesstätten halten müssen. Aber dieses Programm spiegelt leider nicht die Realität wieder. In der Zwischenzeit wurden an der Schnittstelle Kindertagesstätte/Grundschule die Grundschulen durch Stellen in den Stand gesetzt, dass Lehrkräfte in die Kindertagesstätten (nicht alle) gehen. Diese Lehrkräfte versuchen, den ErzieherInnen den Stand einer Förderung am Kinde zugeben. Auch kommen die Kindertagesstätten mit den Kindern in die Schulen. Weiterhin sind seit den letzen zwei/drei Jahren die Sprachlerntagebücher in den Kindertagesstätten en vogue. Diese werden bei weitem nicht regelmäßig und auch nicht für jedes Kind geführt. Die Kinder werden, bevor sie in die Schule kommen, mit dem Sprachstandserhebungsverfahren „Bärenstark“ getestet. Dieses Programm wird wieder als Einganguntersuchung durchgeführt, damit man weiß, wo und in welchen Bereichen die Kinder Defizite haben. Die Förderung durch Lehrkräfte ist die eine Seite der Medaille, die andere Seite ist die Zusammensetzung der Lerngruppen. Es wird dazu übergegangen werden müssen, Lerngruppen zu komponieren, die eher homogene als zu große heterogene Strukturen haben. Lerngruppen sollten keine feste Statik mehr haben, sondern auf der Basis des Kenntnisgewinns der jeweiligen Kinder flexibel sein. Ein weiterer Schritt wird dann sein, dass sogenannte Sprachlernportfolios für jedes einzelne Kind angelegt werden. Das Sprachlernportfolie dient aber auch dazu, die Eltern mit ins Boot zu holen. Denn die Eltern sind als Sprachkommunikatoren von ganz großer Wichtigkeit. Nach der Schulanfangsphase wird dann durch die Dokumentation (Bärenstark, Portfolio) das Bremer Sprachstandsverfahren SFD3 in Ansatz gebracht, um zu sehen, was die ersten beiden Jahre gebracht haben. Das alles ist aber mit immer mehr weg brechender Ressource nicht möglich. Diese Botschaft scheint im Senat noch nicht angekommen zu sein. Es kann nicht sein, dass durch den Bezirk und auch durch die Schulen alle Anstrengungen auf den Weg gebracht werden und der Senat lässt den Bezirk und die Schulen im Regen stehen. Herr Köpnick ist trotzdem froh, dass das Bezirksamt vehement dahinter steht und hoffentlich auch die BVV und der Ausschuss die Sprachförderanstrengungen unterstützen und flankieren.

 

Herr Pawlowski fragt nach, woran es liegt, dass sich einige Kindertagesstätten nicht an der Sprachförderung beteiligen. Weiterhin fragt er nach, wenn die Defizite der Kinder ausgeglichen werden könnten, ob man dann daraus schließen kann, dass der Bezirk personell gut ausgestattet ist. Abschließend fragt er nach, ob der Personalbedarf bei einer optimalen Sprachförderung im Bezirk beziffert werden kann.

 

Herr Köpnick führt aus, dass die Quantität und Qualität der ErzieherInnen nicht immer ausreicht, um eine signifikante Sprachförderung durchzuführen. Hier müssen fachliche Schulungen durchgeführt werden. Durch die Neustrukturierung der Stellenzumessungen in ganz Berlin hat Herr Köpnick ca. 20 Stellen an den Grundschulen verloren, so dass auch die Einrichtung der sog. Starterklassen nicht ganz einfach wird.

 

Herr Allendorf merkt an, dass es sich hier um einen Impulsvortrag handelt. Die inhaltliche Diskussion soll in der nächsten Sitzung geführt werden.

 

Frau Dr. Stiller hätte gerne gewusst, in wie vielen Grundschulen Starterklassen eingerichtet werden und ob in diesem einen Jahr nur Sprachförderung stattfindet.

 

Herr Köpnick teilt mit, dass nicht nur in diesem einem Jahr eine Sprachförderung stattfindet. Sollten Kinder gute Fortschritte machen, kann die Starterklasse auch vorzeitig beendet und in die Regelklasse gewechselt werden.

 

Herr Dr. Knape unterstützt den Vortrag von Herrn Köpnick und ist ebenfall der Auffassung, dass ein Paradigmenwechsel notwendig ist.

 

Frau Schauer-Oldenburg fragt nach, ob diese Sprachtagebücher überprüft wurden. Weiterhin bezieht sie sich auf einen Antrag der CDU-Fraktion, wo die Eltern ihre Zustimmung geben müssen, und fragt nach, ob dem weiter nachgegangen wurde. Abschließend fragt sie nach, was mit den Kindern passieren soll, die keine Kindertagesstätte besuchen.

 

Herr Köpnick teilt mit, dass es sich bei den Kindern, die keine Kita besuchen, nur um eine Gruppe von 2 % bis 3 % handelt. Wie schon erwähnt, ist man bemüht, die Kindertagesstätten mit Lehrkräften zu unterstützen. Was aber ressourcenmäßig nicht gelingen kann. Man kann nur Impulse geben, um eine gezielte Sprachförderung zu betreiben. Die Hochglanzbroschüren der Sprachlerntagebücher wurden natürlich hinterfragt. Aber weit über 50 % der Rückläufe waren gänzlich unbrauchbar. Somit kann man mit diesem Instrument nichts anfangen.

 

Herr Fritsch möchte darauf hinweisen, dass erst mit der Änderung der Rechtsform die Kindertagesstätten seit 2005 stabil finanziert sind. Vor allem auch die öffentlichen. Weiterhin war es so gewollt, dass 2/3 der Kindertagesstätten sich in freier Trägerschaft befinden. Er möchte die Situation nicht verhehlen, aber es nützt nichts, sich gegenseitig den „Schwarzen Peter“ zuzuspielen. Man muss sich ernsthaft darüber Gedanken machen, wer in diesem Bezirk wohnt und ob man das richtige mit den Leuten macht, die in diesem Bezirk leben.

 

Herr Bertermann führt aus, dass seine Fragen heute nicht beantwortet werden müssen. Er bezieht sich auf die Sprachlerntagebücher und fragt nach, woran das Scheitern gelegen hat (Organisation, Stellenmangel o.a.).

 

Frau Fünfstück regt an, dass zur nächsten Sitzung auch VertreterInnen aus den Kitas eingeladen werden. Sie erhofft sich von diesen Hinweise, wie die bezirklichen Mittel besser eingesetzt werden können und wie die BVV noch weiter tätig werden könnte.

 

Frau Bergunde merkt an, dass bis zum 3. Lebensjahr eine Hochsprache gelernt worden sein. Hier besteht die Frage, ob wir über eine Sprache sprechen oder über die Sprache Deutsch. Die Wissenschaft sagt, dass sich bis zum 3. Lebensjahr die Hochsprache manifestiert. Anschließend kann ein Kind unproblematisch akzentfrei Deutsch oder andere Sprachen sprechen.

 

Abschließend hält Herr Allendorf, dass das Thema in der nächsten Sitzung ausführlich diskutiert wird.

 
 

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