Ch Die Vorsitzende, Frau Stein, begrüßt Herrn BzStR
Kirchner aus Pankow und Herrn Stuhr von der Bundesverbraucherzentrale.
Herr
Stuhr dankt für die Einladung. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen ist
die Dachorganisation von den 16 Verbraucherzentralen der Bundesländer und 26
weiteren verbraucherpolitisch orientierten Verbänden. Herr Stuhr betont, dass
von der Bundesverbraucherzentale selbst nicht beraten wird, sondern es wird
politische Arbeit geleistet. Die Information für Verbraucher ist die
Voraussetzung für einen Qualitätswettbewerb. Sie ist ein wichtiger Konsumanreiz
durch höhere individuelle Wertschöpfung anstelle zufälliger Auswahlentscheidungen,
die Verbraucher dann treffen müssen, wenn sie nicht ausreichend informiert sind
über Waren und Dienstleistungen. Die Folgen von Informationsmängeln sind eine
geringere individuelle Wertschöpfung der Verbraucher mit der Folge
Unzufriedenheit aber auch Folgekosten. Volkswirtschaftlich muss man sagen, kann
kein angemessener Marktpreis für höherwertige Produkte überdurchschnittlicher
Qualität erlangt werden. Anschließend stellt Herr Stuhr einige Gütesiegel vor.
Zum Verbraucherinformationsgesetz führt er aus, dass es Informationen als
Wirtschaftsfaktor regelt. Die klassische Funktion der Ordnungsbehören ist nicht
der Schwerpunkt des Verbraucherinformationsgesetzes, es ist nicht das
Hauptziel. Das Verbraucherinformationsgesetz verschafft dem Verbraucher, den
Bürgern einen Anspruch auf bestimmte Informationen. Voraussetzung ist, dass die
angefragte Behörde zuständig ist (im sachlichen Zuständigkeitsbereich arbeitet
und die Informationen verfügbar ist). Es gibt unbestimmte Rechtsbegriffe, die
dazu führen könne, dass der Informationsanspruch so wie die Menschen sich das
vorstellen, nicht zustande kommt. Es gibt Ausschlussgründe, es gibt Abwägungen
bei personenbezogenen Daten. Diese Gründe können dazu führen, dass ein
Informationsanspruch am Ende nicht entsteht. Es gibt aber bei der Information
auf Antrag der Verbraucher grundsätzlich kein Ermessen der Behörde, wenn die
Information vorhanden ist, dann muss die Behörde auf Antrag der Verbraucher
informieren. Sie hat lediglich ein Ermessen in so weit wie sie informieren
möchte, wie der Informationszugang gewährt wird. Die Alternative zu der
Information auf Antrag nach dem Verbraucherinformationsgesetz ist die
Information ohne Antrag. In diesen Fällen hat die Behörde ein Ermessen, ob sie
informieren möchte und wie sie informieren möchte. Herr Stuhr betont, dass über
100 Anfragen bundesweit bei zuständigen Behörden gestellt. Die
Verbraucherzentralen in den Bundesländern haben das getan, zusammen mit
interessierten Verbraucherinnen und Verbrauchern. Es wurden zunächst schlechte
Erfahrungen gemacht. Die Antworten auf die Anfragen dauerten sehr lange.
Auch
wurden keine konkreten Kosten genannt, wie viel diese Informationen kosten
würden. Es wurden Rahmen angegeben. Unbefriedigend sei, wenn man länger als 3
Monate auf Informationen warten muss. Auf beiden Seiten führt das zu
Reibungsverlusten, vor allem auf der Seite der Behörden.
Anschließend stellt er anhand einer Powerpoint-Präsentation das Verfahren auf
Antrag vor (nachzulesen auf verteilten Unterlagen).
Anschließend
stellt Herr BzStR Kirchner vor, was Pankow seit Januar 2009 in Angriff genommen
hat und verteilt dazu Unterlagen. Er berichtet, wie Verbraucherinformation und
Recht miteinander vereinbart werden kann. In Berlin gibt es nicht zum ersten
Mal eine Debatte darüber. Es gibt ein Memorandum Lebensmittelsicherheit,
welches sehr umfangreich versucht, Verbraucherschutz und auch
Lebensmittelsicherheit zu regulieren. In mehreren Vorlagen zur Kenntnisnahme
des Berliner Abgeordnetenhauses tauchte das immer schon auf. Herr Kirchner
betont, dass die Smiley-Aktion in Dänemark ziemlich einfach und Gesetz sei.
Debatten, wie in Deutschland werden nicht geführt.
Pankow dachte lange darüber nach, wie man bezirkliche Veterinär- und
Lebensmittelaufsichtsämter zu Verbraucherschutzzentren entwickelt werden
könnten. Auch betont er, dass 12 Verbraucherschutzzentren angebrachter wären,
als nur eine. Pankow konzentrierte sich auf die Lebenssicherheit und
Information. Auch teilt Herr Kirchner mit, dass man das Gesetz noch nicht angewandt
hat. Pankow hat sich am Positiv-Smiley von Nordrhein-Westphalen und Zwickau
orientiert, die Erfahrungen damit haben (es wurde der Hygienepass 2007
eingeführt). Ein ähnliches System wurde für Pankow entwickelt. Im Mai 2008 kam
das Verbraucherinformationsgesetz auf den Markt. Daraufhin entschied sich
Pankow, die Negativliste hierzu anzulegen. Im § 1 ist zu lesen: Jeder hat nach
Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu allen Daten, auch über
die Überwachungsmaßnahmen und andere behördliche Tätigkeiten und über die
Auswertung dieser Maßnahmen.
Pankow veröffentlicht die Ergebnisse bei festgestellten gravierenden Mängeln.
Mängel müssen nicht das erste Mal aufgetreten sein in den Betrieben. Auch
müssen mehrere gravierende Mängel sein. Pankow hält die im Gesetz
vorgeschriebene vierwöchige Anhörungspflicht ein, d. h., wenn die Nachkontrolle
nicht das gewünschte Ergebnis gebracht hat, setzt die Anhörungsfrist ein und
nach 4 Wochen hat jeder Gewerbetreibende das Recht und die Pflicht, die Mängel zu
beseitigen. 95 % bis 97 % der Bevölkerung stimmen bei allen Umfragen dem zu.
Herr Kirchner vermutet, dass es 5 % geschafft haben, sich als Opfer
darzustellen. Kein ambulanter Pflegedienst, kein Krankenhaus, kein Hotel kann
sich das heutzutage mehr leisten, ohne ein Qualitätssicherungssystem oder eine
Zertifizierung an den Markt zu geben. Aber in der Gastronomie soll es plötzlich
„Pranger“ heißen. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband, mit dem Pankow
viele Diskussionen führte, hat es bisher immer geschafft, genau dies seinen
Leuten abzuwenden bzw. diese Diskussion schlicht verschlafen. Pankow meint,
dass Kontrollen solche Ergebnisse hergeben. Herr Kirchner meint, dass hier die
mangelnde Kontrolldichte Schuld und verantwortlich sei, wie es in deutschen Küchen
aussieht.
Zum Positiv-Smiley teilt er mit, dass sich hierfür 60 beworben haben. Den
Unterlagen kann man den Kriterienkatalog, Vertrag (freiwillige Vereinbarung
zwischen dem Betrieb und dem Lebensmittelaufsichtsamt) entnehmen. In den
nächsten Wochen werden die Betriebe unangemeldet kontrolliert. Pankow ist daran
interessiert, dass die, die tatsächlich weder Kosten noch Mühe scheuen und für
ordentliche Verhältnisse in ihren Betrieben sorgen, die Reinigungsdienste
bezahlen, in Schulungen ihrer Mitarbeiter/innen investieren, verschlissene
Geräte ersetzen, die Lüftungen regelmäßig reinigen lassen, Schädlingsbefall
erfolgen lassen, abgelaufene Lebensmittel vernichten, auch dafür belohnt werden
sollen.
Die
Veröffentlichungen sind bußgeldrelevant.
Herr Kirchner teilt weiter mit, dass die DEHOGA aufforderte, mit Pankow
zusammen gegenüber der IHK und dem Land Berlin durchzusetzen, dass es wieder
einen Sachkundenachweis im Gastronomiebereich geben soll. Dieser wurde vor 4
Jahren abgeschafft. Die Fleischer- und Bäckerinnung war interessiert offen. Die
Bäckerinnung verwies auf die Goldene Brezel, die jedes Jahr verliehen
wird. Die Fleischerinnung wies darauf hin, dass sie eigene Kontrollsysteme
haben, sind aber interessiert aufgeschlossen.
Eine häufige Frage wurde aufgeworfen, warum die Betriebe nicht geschlossen
werden. Herr Kirchner teilt dazu mit, dass 111 Betriebsschließungen 2008
vorgenommen wurden. Er betont, wenn die geschlossenen Betriebe nachweisen, dass
sie wieder den Anforderungen gerecht werden, dürfen sie wieder öffnen, hier
weist das Verbraucherinformationsgesetz an dieser Stelle eine Lücke auf. Pankow
muss erst einmal anhören um dann zu entscheiden, ob veröffentlicht wird. Auch
berichtet Herr Kirchner über die Frage, ob Pankow mit dem vorhandenen Personal
diese zusätzlichen Aufgaben bewältigt. Pankow hat derzeit 12
Lebensmittelkontrolleure bei ca. 6000 Betrieben. Anfangs war ein Mehraufwand zu
verzeichnen und es gab einen erheblichen Mehraufwand durch die Veröffentlichung
der Liste selbst. Eine häufig gestellte Frage war auch nach der Kontrolldichte
und –härte.
Abschließend teilt Herr Kirchner mit, dass Anfang März eine Bezirksamtssitzung
stattfand, in der dieses System vorgestellt wurde. Es wurde verabredet, dass im
Juni die Bezirke Charlottenburg-Wilmersdorf und Marzahn-Hellersdorf ihre Überlegungen vorstellen, wie sie
möglicher weise dieses System weiter entwickeln oder auch anwenden könnten.
Verschiedene BVV-Drucksachen sind im Umlauf. Herr Kirchner denkt, dass es mit
der Einführung dieses Systems gelungen sei, eine bundesweite Debatte
anzustoßen, ob das Verbraucherinformationsgesetz tatsächlich vereinfacht werden
könnte in Richtung dänisches System. Ende Mai wird ein Gespräch mit der
Senatsverwaltung stattfinden. Die Bezirke Charlottenburg-Wilmersdorf und Pankow
fahren im August 2009 nach Dänemark zur Zentrale des dänischen Smiley-Systems.
Der Bezirk Pankow wird die Smiley-Aktion weiter führen. Die nächste Liste wird
folgen. Die Positivliste wird ausgebaut und verfeinern (Fotos). Die Anhörungen
werden verfeinert. Man hofft, dass es irgendwann keine Negativliste mehr geben
wird.
Auf die
Frage von Frau BV Fried (SPD) bezüglich der verteilten Negativliste teilt Herr
BzStR Kirchner mit, dass dort Altfälle mit aufgelistet wurden. Das System
führte Pankow seit 2009 ein. 42 abgeschlossene Bußgeldverfahren mussten noch
einmal angeschrieben werden.
Anschließend weist er auf die Positivliste hin und meint, dass viele
Bewerbungen von Kita- und Senioreneinrichtungen vorliegen. Hier sind
Qualitätsstandards und Qualitätssysteme vor.
Frau Fried meint, dass der Personalaufwand sehr hoch sei und fragt, ob Pankow
das schafft.
Herr
BzStR Kirchner meint, dass das anfangs eine zusätzliche Aufgabe war. Er führt
an, dass die Arbeit bei den Bewerbungen sehr aufwendig seien. Die Pflege
der Listen sei aber
vergleichsweise unaufwendig, die über VIP laufen. Neu hinzugekommen ist, dass
sich Mitarbeiter/innen aus anderen Bereichen engagieren.
Frau BV
David (SPD) fragt, ob zu den Betrieben alle Restaurants, Imbisse, Bäckereien,
Fleischereien gehören. Weiterhin meint sie, dass es keine standardisierten
Verfahrensuntersuchungsmethoden gibt. An das Bezirksamt richtet sie die Frage,
ob Zahlen vorliegen, wie viele Kontrolleure der Bezirk Mitte hat.
Herr
BzStR Kirchner teilt mit: Der Bezirk Pankow hat 13 Lebensmittelkontrolleure,
die ca. 6000 Betriebe kontrollieren müssen, inbegriffen sind alle Betriebe wie
Imbisse, Küchen, Restaurants usw. Die Senatsverwaltung ist bestrebt,
Qualitätssicherungssysteme im Lebensmittelaufsichtsbereich einzuführen. Herr
Kirchner ist in einer Arbeitsgruppe involviert.
Die
Vorsitzende, Frau Stein, bezieht sich darauf, dass die Verbraucherzentralen
Anfragen starteten und dass die Rückmeldungen sehr lange dauerten. Sie fragt,
warum das so lange dauerte. Wird vermutet, dass die Verbraucherzentralen einen
schleppenden Rücklauf bekommen haben. Herr Stuhr meint, dass der Hauptgrund für
die langen Verfahren des Verbraucherinformationsgesetzes selbst sei. Das sieht
solche langen Verfahren vor. Wenn die Anfrage sich auf Informationen bezieht,
die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes am 1.5.2008 bei der Behörde erhoben
wurden, dann ist die Anhörung der Betroffenen obligatorisch. Die Behörde hat
einen Monat Zeit, sich mit der Anfrage zu befassen. Hinzu kommt, dass das betroffene
Unternehmen einen Monat Zeit hat sich zu überlegen, wie es auf die Anhörung
reagieren möchte und es kommen Postlaufzeiten hinzu. Die Fristen werden
ausgeschöpft. Dann ergeht der Bescheid über den Informationszugang. Der
Bescheid muss rechtskräftig werden (dauert auch einen Monat). Frühestens dann
darf der Informationszugang erfolgen. In dieser Zeit kann aber der Betroffene
Widerspruch einlegen. Dann wird über den Widerspruch entschieden (dauert Wochen
oder 2 bis 3 Monate). In dieser Zeit darf der Informationszugang nicht
erfolgen. Wenn die Behörde sich dann im Widerspruchsbescheid dazu entscheidet,
diese Information zu gewähren (Antrag zu entscheiden), dann kann man das
wiederum vor dem Verwaltungsgericht aufhalten. Dann stellt sich bei den Gerichten
die Frage des vorläufigen Rechtsschutzes. Die Verwaltungsgerichte sagen dann,
dass es keinen Informationszugang gibt. Aus diesem Grund wird ein halbes Jahr
gewartet, wenn dieses Verfahren angewendet wird regelmäßig noch auf die
Information oder das Verfahren kommt nicht zur Anwendung. Diese Erfahrung wurde
auch gemacht bei einem Großteil der Anfragen, die nicht im Namen der
Verbraucherzentralen verschickt wurden, sondern im Namen einzelner
Verbraucherinnen und Verbraucher. In diesen Fällen haben die Behörden in der
Regel nicht angehört, weil sie dieses Informationsbegehren ignorierten. Hier
kamen Antworten heraus, die ein wenig den Bevormundungscharakter haben.
Herr BV
Reschke (CDU) fragt, wie häufig muss man damit rechnen, dass sie kontrolliert
werden. Er bezieht sich auf die Negativliste und fragt, wie damit umgegangen
wird. Weiterhin möchte er wissen, wie das Smiley interpretiert wird. Herr BzStR
Kirchner teilt zur Kontrolldichte mit, dass es Risikoeinstufungen gibt, die mit
der Art des Betriebes zu tun haben und mit den jeweils vorangegangenen
Kontrollergebnissen. In Pankow wird ein Mal im Jahr kontrolliert.
Nachkontrollen werden 14 Tage später durchgeführt. Zur Negativliste meint er,
dass es besser wäre, wenn dort niemand stehen würden. Grobe Mängel gilt es zu
beseitigen und sie auch zu veröffentlichen.
Von der Negativliste kommt man nur bis zur nächsten Routinekontrolle herunter,
wenn keine Mängel auftraten oder der Betrieb kümmert sich selbst darum. Zur
Smiley-Interpretierung teilt Herr Kirchner mit, dass sich Pankow ausschließlich
auf Hygiene und Sauberkeit beschränkt. Marzahn-Hellersdorf plant einen
Dienstleistungssiegel für gastronomische Einrichtungen. Hier wird Hygiene und
die Qualität der Lebensmittel selbst, Freundlichkeit, Ambiente ein Bestandteil
sein.
Frau BV
Schauer-Oldenburg (Grüne) fragt, ob die Schulen dem Verbraucherschutz
unterliegen. Herr Kirchner meint, dass man hier über Informationen redet. Er
denkt, dann Transparenz und Öffentlichkeit nie schaden kann.
Die
Vorsitzende, Frau Stein, dankt Herrn Stuhr und Herrn BzStR Kirchner für die
Berichte und für die Beantwortung der gestellten Fragen.