Auszug - Vorstellung und Diskussion: Integrationskonzept für Berlin "Vielfalt fördern - Zusammenhalt stärken" BE: Herr Pining, Vertreter des Beauftragten für Integration und Migration des Landes Berlin  

 
 
40. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Bürgerdienste, Interkulturelle Angelegenheiten und Gleichstellung
TOP: Ö 1.1
Gremium: Bürgerdienste/Interkult. Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 08.11.2005 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 19:35 Anlass: ordentlichen Sitzung
 
Wortprotokoll
Beschluss

Der Vorsitzende, Herr von Dassel, begrüßte Herrn Pining, Integrationsbeauftragten des Landes Berlin

Der Vorsitzende, Herr von Dassel, begrüßte Herrn Pining, Integrationsbeauftragten des Landes Berlin.

Herr Pining dankt für die Einladung und stellt die wesentlichen Grundzüge des Konzeptes vor.
Er hebt hervor, wie wichtig und dringlich es ist angesichts der Situation in Paris, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Integrationspolitik lässt sich nicht reduzieren auf einen bestimmten Politikbereich. Sie zeigen, dass es auch Stadtentwicklungspolitik Integrationspolitik ist, dass Arbeitsmarktpolitik Integrationspolitik ist und dass auch eine Kultur der Akzeptanz Integrationspolitik ist. Denn einer der Auslöser des französischen Innenministers, der Einwanderer als „Gesindel“ bezeichnet. All dies ist in Paris offenbar zusammengekommen.

 

Der Senat hat ein Konzept vorgelegt, in dem viele Fragen beantwortet werden, die die Medien in diesen Tagen in Paris stellen. Was muss getan werden in einer Stadt, in der viele Einwanderer leben, wo diese Einwanderergruppen zusammenleben, die sehr viele soziale Probleme haben.
Der Senat hat dem Konzept die Überschrift „Vielfalt fördern, Zusammenhalt stärken“ gegeben. Auf Senatsebene sind dies die beiden Pole, zwischen denen sich die Integrationspolitik entwickeln wird. Vielfalt fördern heißt, dass der Senat einen Integrationsbegriff verfolgt, der weit hinaus geht. Zusammenhalt soll gestärkt und gefördert werden, damit die sozialen Konflikte, die in der Stadt vorherrschen, auch gestaltet werden müssen und minimiert werden müssen.
Hintergrund dieses Konzeptes ist ein sehr umfassender Antrag der Koalitionsfraktionen i m Abgeordnetenhaus gewesen. Der Antrag wurde im Juni 2005 verabschiedet. Er sah vor, dass der Senat ein Konzept vorlegen soll, welches sowohl die verschiedenen Aktivitäten der vergangenen Jahre aufeinander bezieht. Die Abgeordneten wollten auch wissen, was an Integrationspolitik funktioniert. Auf der anderen Seite sollen Perspektiven und Potentiale aufgezeigt werden. Außerdem war ein Problem die Fristsetzung. Im Juni 2005 wurde im Abgeordnetenhaus verabschiedet und am 1. September 2005 sollte das Senatskonzept im Abgeordnetenhaus vorliegen. 30 Kollegen/innen hatten in der zuständigen Senatsverwaltung keine Sommerferien, um den Termin einhalten zu können.
Das vorgelegte Konzept geht von einer kleinen Analyse aus, und stellt sich die Frage, was ist eigentlich eine integrationspolitische Situation in Berlin. Dort werden zwei zentrale große Problemfelder gesehen – Versäumnisse der Vergangenheit im Bildungssystem in der Zuwanderung in der Integrationspolitik -. Die Bundesrepublik hat sich sehr lange geweigert zu akzeptieren, dass wir eine Einwanderungsgesellschaft sind und eine entsprechende Politik zu machen. In Berlin ist eine Besonderheit, die keine andere deutsche Metropole und Region hat. Diese hängt mit der Einheit, die 1990 zusammen (Wegfall der westberliner Industrie). Für die westberliner Industrie war vor der Wende wurden die Migranten in den niedrig qualifizierten Jobs angeworben. Diese Jobs sind nun weg und das ist der zentrale Punkt, weswegen in Berlin eine Arbeitslosenquote inzwischen über 40 % der ausländischen Bürger zu verzeichnen ist.
Wenn aufgrund dieser gewaltigen Problemsituation in Berlin Erfolge erzielt werden sollen, dann muss an vielen Stellen etwas geändert werden, wie z. B. Bildungspolitik in den Kiezen, Alltagskultur, Arbeitsmarktpolitik, Stimmungslagen in der Mehrheitsbevölkerung abbauen, Umgehen mit Fremdenfeindlichkeit, Kultur der Wertschätzung der Akzeptanz schaffen, Diskriminierung abbauen. All diese Punkte sind in das Konzept mit eingeflossen. Es wurde versucht, die wesentlichen Handlungsfelder dieses Konzeptes in 12 Thesen zusammen zu fassen (nachzulesen ab Seite 9).
Der Senat möchte nicht nur Deutschkurse anbieten, sondern die Migranten/innen sollen ein Gefühl erhalten, willkommen zu sein. In den Bürgerämtern liegen Willkommenspakete in verschiedenen Sprachen aus.
Herr Pining teilt dazu mit, dass kein Rücklauf erfolgt, ob diese Willkommenspakete übergeben werden.
Abschließend teilt Herr Pining mit, dass die Bezirke in das Verfahren über den Rat der Bürgermeister eingebunden sind. Des weiteren finden regelmäßige Gespräche zusammen mit Herrn Pining und den bezirklichen Migrationsbeauftragten statt. Die bezirklichen Migrationsbeauftragten haben eine gemeinsame Stellungnahme bezirklichen Migrationsbeauftragten erarbeitet über die Landesarbeitsemeinschaft der bezirklichen Beauftragten. Hier wurden noch einmal bestimmte Aspekte und Akzente gesetzt.

 

Anschließend beantwortet Herr Pining Fragen der Ausschussmitglieder.

Frau BV Matischok-Yesilcimen (SPD) merkt an, dass der Bezirk Mitte nicht erfolglos an einem Integrationskonzept arbeitet. Der Ausländerbeirat hat Leitlinien entwickelt, die eine Begriffsbestimmung darstellen sollen, dass man überhaupt weiß, was Integration bedeutet. Frau Matischok-Yesilcimen meint, dass Integration nicht einfach eine Eingliederung, sondern es ist eine Teilhabe an vielschichtigen, gesellschaftlichen Formen. Bei der Begriffsbestimmung wurde fälschlicher Weise der Begriff Leitlinien bestimmt. Wichtig dabei ist aber, dass man zum Abschluss kommen muss und es ist auch richtig, dass eine Blockade aufgebrochen wird von Seiten, die versuchen, Leitlinien zu verhindern. Auch die Arbeit an dem Integrationskonzept ist nicht erfolglos. Es wurde ernsthaft an dem Konzept gearbeitet. Leider hat nicht jeder ernsthaft an diesem Thema gearbeitet. Es gab immer irgendwelche Gruppierungsströmungen, die versucht haben, etwas zu unterbinden. Frau Matischok-Yesilcimen denkt, dass dies mittlerweile vom Tisch. Es wird noch auf die Antwort von Herrn BzBm Zeller gewartet, wann die Arbeitsgruppe wieder tagt. Ganz erfolgreich findet sie, dass sich die Arbeitsgruppe aus Vertretern der BVV und aus Vertretern des Bezirksamtes zusammensetzt und dass versucht wird, die Schwerpunkte zu setzen, aber nicht so setzt, dass jeder für sich allein arbeitet, sondern das versucht wird, fachbereichsübergreifend ein Konzept zu erstellen und auch die entsprechenden Schwerpunkte auf den einzelnen Fachbereichen, die ineinander übergehen so zu bündeln , dass das Konzept dann auch so zu lesen ist, ohne dass man Kapitel springen muss.
Frau Matischok-Yesilcimen fragt zu den 40 % Neuzuwanderungen, ob das die 40 % nach der Osterweiterung seien. Frau Matischok-Yesilcimen findet diese Zahl sehr gering.
Frau Matischok-Yesilcimen begrüßt im vorliegende Papier, dass in den Bezirken Leitbilder und Konzepte erarbeitet werden. Dabei hat ihr etwas nachdenklich gemacht, dass über den Rat der Bürgermeister versucht wird, dass eine Schwerpunktsetzung vereinbart wird. Nicht jeder Bezirk ist gleich und hat die gleichen Hürden zu überwinden, von daher kann Bildung Schwerpunktthemen in allen Bezirken sein, aber es gibt unwahrscheinlich viele Unterschiede in den Bezirken. Auch findet sie schön, dass im Rat der Bürgermeister darüber geredet wird. Jeder Bezirk sollte aus seiner Sozialraumorientierung das Konzept erst einmal erarbeiten. In den Bezirken kann dies nie abgeschlossen sein und muss immer fortgeschrieben werden.
Zur interkulturellen Öffnung der Verwaltung meint Frau Matischok-Yesilcimen, dass diese allen zugänig sein müssen. Sie bedauert es, aufgrund der Haushaltslage, dass man bezüglich der Einstellung nicht eine bessere Durchmischung vornehmen kann. Vielleicht könnte man versuchen, durch Honorarkräfte einen kleinen Ausgleich zu schaffen. Auch denkt sie, dass hier der Senat umdenken muss.
An die Abteilung Bürgerdienste stellt sie die Frage, warum das Willkommenpaket nicht abgefordert bzw. in dem zu erwartenden Umfang abgefordert wird.

 

Herr BV Rissmann (CDU) unterstreicht die Ausführungen von Frau BV Matischok-Yesilcimen was das bezirkliche Bemühen angeht im Bezug auf das Tätigwerden.
Zum vorgelegten Integrationskonzept äußert er sich dahingehend, dass er die einleitenden Worten von Herr Pining rekrutiert, dass die Krawalle in Frankreich lt. Aussage des Innenministers ausgelöst wurden, die nicht zutreffend sind. Jugendliche kamen im Rahmen einer Verfolgungsjagd der Polizei zu Tode.

 

Frau BV Heider (Grüne) teilt ihre Meinung dahingehend mit, dass das vorgelegte Konzept geprägt ist von den vielen Zielvorstellungen. Sie sieht aber trotzdem gute Chancen für Schulanfänger und neue Emigranten/innen. Ihr ist bezüglich des Arbeitsmarktes aufgefallen, dass es eine Optimierung der Rahmenbedingungen und Schritt in die Selbständigkeit finden.

Herr Pining beantwortet die Fragen wie folgt:
In dem Konzept wird sich sehr stark mit Islamismus auseinandergesetzt. Gleichzeitig wird von der Kultur der Akzeptanz ausgegangen und es wird gesagt, dass nicht alle Prozesse in Berlin gescheitert sind. Es soll gemeinsam diese Stadt gestaltet werden.
Zu den Krawallen in Paris teilt Herr Pining mit, dass in einer Nacht in Paris etwas passiert ist, dass könnte er sich auch in Berlin vorstellen. Aber dass daraus ein Flächenbrand wird, dazu braucht es ganz andere Bedingungen. Dazu muss eben ein absolutes Gefühl von Hoffnungslosigkeit da sein, nicht dazu zu gehören. Wenn Intervievs mit Jugendliche im Fernsehen gezeigt werden, kommt man immer wieder darauf zurück, solange so etwas gesagt wird von führenden Leuten, wird nie geschafft. Hier ist eine große Verantwortung der Politik da, genau diese Stimmung der Hoffnungslosigkeit nicht zu erzeugen, sondern zu sagen, letztendlich gehört ihr dazu und Straftäter werden mit dem Strafrecht behandelt.
Zu den Fragen Arbeitsmarkt teilt Herr Pining mit, dass es dazu auch ein Einstellungskorridor gehört. Letztendlich regiert die zentrale Variable für die Berliner Integrationpolitik, wie es in Berlin mit der Ökonomie weitergeht. Wenn sich das nicht ändert, können noch so viele schöne Taten vollbracht werden. Jeder Fortschritt droht kaputt gemacht zu werden durch die Situation auf dem Arbeitsmarkt. Der Finanzsenator hat kürzlich prognostiziert, mit 15 % Arbeitslosenquote müssen wir wahrscheinlich mittelfristig aufgrund der niedrig qualifizierten Arbeitslosen leben.
Hier geht es nicht von heute auf morgen, Probleme zu lösen, sondern langfristig, mittelfristig Lösungen zu finden, um die Instrumente, die vorhanden sind, auf diese Zielgruppe hinzurichten.
Zur Frage Einstellungskorridor äußerte sich Herr Pining dahingehend, dass sich der Senat zur Zeit einen anderen Schwerpunkt setzt. Der Senat möchte eine erheblich höhere Ausbildungsbeteiligung als bisher (z. B. in Bremen sind zwischen 20 % aller auszubildenden Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Bremen arbeitet mit sehr viel Verbänden zusammen).
Der Senat hat eine gemeinsame Steuerungsgruppe gebildet, der Innensenator ist dabei federführend; hier sind auch Migrantenvertreter/innen mit vertreten. Im Ausbildungsjahr 2006 sollen verstärkt Jugendlichen mit Migrationshintergrund für die Ausbildung im öffentlichen Dienst eingestellt werden.
Weiterhin teilt Herr Pining mit, dass der RdB an der Senatsvorlage beteiligt wurde.
Das Thema „Sprachförderung“ hat einen großen Stellenwert. Allerdings sagt der Senat, dass Integrationspolitik Mehrsprachförderung sei.

Herr BzBm Zeller teilt die Auffassung von Frau Matischok-Yesilcimen , dass das Bezirksamt mit der Migrationsarbeit nicht erfolglos dasteht. Der Bezirk Mitte ist auf dem Feld der kommunalen Ebene sehr stark engagiert. Von Anbeginn hat das Bezirksamt Mitte die Frage der Integrationsarbeit der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen zu Schwerpunkten erhoben. Dem sind auch Taten gefolgt. Allerdings bedürfen die vom Ausländerbeirat empfohlenen Integrationsleitlinien noch ein Defizit. Der Bezirk Mitte ist die erste Gebietskörperschaft in der Bundesrepublik, der ein Sprachförderkonzept beschlossen hat und zur Arbeitsgrundlage erhoben hat.

Auf dem Wege der Ausbildungs- und Beschäftigungsförderung haben die bezirklichen Vertreter/innen schon frühzeitig die Verwaltungsausschüsse (Arbeitsagenturen) darauf hingewiesen, dass Arbeitsförderinstrument beispielsweise auch mit Sprachförderung der Sprache zu koppeln sind. Das führte dazu, dass das Arbeitsamt Mitte Kontakt mit dem Türkischen Bund aufnahm, um mit ihm zusammen zu arbeiten und Fördermaßnahmen in diese Richtung aufzunehmen. Im Jobcenter und über die Arbeit der Trägervertretung wird sich diese Arbeit jetzt fortsetzen.

Der Vorsitzende, Herr von Dassel, dankt Herrn Pining für den ausführlichen Bericht.


 

 
 

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