Auszug - Anforderungen an das Sozialamt und das Amt für Bürgerdienste durch die Geflüchteten aus der Ukraine; BE: Sozialamt und Amt für Bürgerdienste  

 
 
4. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziales, Bürgerdienste und Wohnen
TOP: Ö 5.1
Gremium: Ausschuss für Soziales, Arbeit, Bürgerdienste und Wohnen Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 05.04.2022 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 20:30 Anlass: ordentlichen Sitzung
Raum: Videokonferenz
Ort: Videokonferenz
 
Wortprotokoll

BzStaR Herr Spallek leitet ein, dass man einerseits einen enormen Anstieg der Fallzahlen zu verzeichnen habe. Dies betreffe das Amt für Soziales noch mehr als das Amt für Bürgerdienste. Das Amt für Bürgerdienste habe insbesondere die Aufgabe, mit dem Flüchtlingsbürgeramt die Personen, die sich polizeilich anmelden wollen, mit einer entsprechenden Meldeadresse zu versorgen. Berlinweit gebe es lediglich zwei Flüchtlingsbürgerämter. Eines davon sei im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf mit Zuständigkeit für die Bezirke Charlottenburg und Wilmersdorf und Spandau. Das zweite Flüchtlingsbürgeramt befinde sich in Mitte am Mathilde-Jakob-Platz mit Zuständigkeit für alle anderen Bezirke. Das habe dazu geführt, dass das Aufkommen im Flüchtlingsbürgeramt Mitte sehr hoch sei. Man konnte lange Warteschlangen weitestgehend vermeiden, da man den BVV-Saal im Rathaus Tiergarten frühzeitig zur Unterstützung als Warteraum nutzen konnte. In einem zweiten Schritt habe man den BVV-Saal im Rathaus Tiergarten als Bearbeitungsschleife aktiviert, in dem man dort vier Arbeitsplätze verortet habe, um auch dort Anträge bearbeiten zu können. Somit konnte man die Wartezeit weiter verkürzen.

 

Beim Sozialamt seien andere sichtbare Auswirkungen zu verzeichnen. Hier habe es lange Warteschlangen gegeben, was daran lag, dass die Anzahl der antragsstellenden Personen sprunghaft angestiegen sei. Am Anfang, vor ca. vier Wochen, seien im Zeitraum vom 24.02.2022 bis 15.03.2022 ungefähr 3.000 Anträge von Geflüchteten aus der Ukraine bearbeitet worden. Dies sei ungefähr die gleiche Anzahl von Anträgen, die in Folge des Syrien-Krieges Ende des Jahres 2015 insgesamt in Mitte bearbeitet wurden. Dies habe natürlich Auswirkungen auf die Wartezeiten der Fallbearbeitung als auch auf die Beanspruchung des Personals. Gerade zum Anfang haben die Kolleg:innen die Sprechtage von drei auf fünf Tage ausgeweitet. Weiterhin seien auch an den Sprechtagen die Öffnungszeiten stark erweitert worden. Mit der Unterstützung von fünf Mitarbeiter:innen des Jobcenters und Kolleg:innen aus anderen Fachbereichen des Sozialamtes habe man sich dieser Aufgabe gestellt. Durch das Abziehen von Personal aus anderen Bereichen habe allerdings auch das jeweilig andere Regelgeschäft Einbußen verzeichnet, wie beispielsweise im Bereich der Grundsicherung. BzStaR Herr Spallek weist darauf hin, dass es sich bisher um Erstversorgungen bzw. Erstunterbringungen handele. Dabei bleibe es jedoch nicht, weil noch mehr zum Fallmanagement gehöre, wie zum Beispiel die Bewältigung von Traumata. Abschließend führt er aus, dass man in Kürze ein neues Verfahren anwenden werde, sofern der Senat nichts Abweichendes beschließt. Künftig solle es demnach die Regel sein, dass Menschen ohne eine Meldeadresse, ohne einen Mietvertrag und ohne eine Unterkunft, die mit einer Wohnungsgeberbescheinigung belegt ist, grundsätzlich zum Ankunftscenter am ehemaligen Flughafen Tegel geleitet werden sollen, um dort das Anmeldeverfahren zu durchlaufen.

 

Herr Zühlke (kommissarische Fachbereichsleitung FB 4, Teilhabe für Menschen mit Behinderungen; Eingliederungshilfe) stellt den Ausschussmitgliedern die aktuellen Fallzahlen anhand einer Präsentation vor. Die Präsentation ist dem Protokoll als Anlage beigefügt.

 

Auf Nachfrage von Frau Räthke (Grüne) antwortet BzStaR Herr Spallek, dass es keinen Stellenpool zwischen dem Senat und den Bezirken gebe, aus dem zusätzliches Personal akquiriert werden könnte. Es gebe jedoch die Aussicht, dass weitere Mittel für zusätzliches Personal in Verbindung mit Zielvereinbarungen zur Verfügung gestellt werden sollen. Dazu merkt er an, dass er kein Geld, sondern Mitarbeitende brauche. Es gebe teilweise das Problem, dass die Personalmittel vorhanden seien, jedoch kein Personal, das die notwendige Arbeit leiste, zur Verfügung stehe. Herr Zühlke ergänzt, dass auch ihm kein Personalpool bekannt sei. Man selber habe die Unterstützung durch das Jobcenter und bekomme in der nächsten Woche von der Innenverwaltung vier Regierungsassistent:innen-Anwärter:innen, die bei den noch zu leistenden Folgearbeiten, wie der Anmeldung bei den Krankenkassen oder der Ausstellung von Berlin-Pässen, unterstützend tätig werden können. Es laufen zudem Versuche, Werkstudent:innen zu bekommen. 

 

Auf Nachfragen des Vorsitzenden, Herrn Lötzer (DIE LINKE), antwortet Herr Zühlke, dass der Bezirk Mitte, wie alle anderen Berliner Bezirke, einen einheitlichen verkürzten Antragsbogen habe, der in deutscher, ukrainischer, russischer und auch in englischer Sprache gefasst sei. Man habe zudem Informationsblätter in ukrainische und russische Sprache übersetzen lassen. Zum Übergang in den Rechtskreis SGB II fehle ihm im Moment noch das Verständnis und die Vorstellung, wie dieser politische Wille technisch umgesetzt werden solle. Die Stadträte seien sich ebenfalls nicht einig, ob dies eine gute Idee sei. Technisch bedeute es, dass alle Menschen neue Anträge stellen müssen, da es keinen Datenaustausch gebe zwischen einer kommunalen Behörde wie dem Sozialamt, und einer Arbeitsgemeinschaft des Bundes, der Länder oder der Kommunen, wie dem Jobcenter. Bezüglich der Überlastung der Mitarbeitenden merkt er an, dass die Belastung in den ersten Wochen sehr hoch gewesen sei, als die vielen Maßnahmen noch nicht gegriffen haben. Er selbst habe die mithelfenden Personen dann persönlich im Fachverfahren geschult, so dass die Menschen relativ schnell vollumfänglich arbeitsfähig waren und helfen konnten. Trotzdem bleibe es eine immense Belastung, die sich derzeit jedoch nicht verhindern lässt. Er pflichtet BzStaR Herrn Spallek bei, dass es in der jetzigen Arbeitsmarktsituation schwierig sei, zusätzliches geeignetes Personal zu finden.

 

Auf Nachfrage von Frau Gräwe (Grüne) bezüglich des Zuganges zu Werkstätten antwortet Herr Zühlke, dass so lange die Menschen leistungsberechtigt nach dem Asylbewerberleistungsgesetzt sind, sie keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB IX haben. Das SGB IX schließe die Leistungsberechtigten nach §1 Asylbewerberleistungsgesetz grundsätzlich von Leistungen nach dem zweiten Teil SGB IX aus. Von einem schnellen Zugang zu den Behindertenwerkstätten sei man derzeit somit noch ein Stück weit entfernt.

 

Auf Nachfrage von Frau Kleedörfer (DIE LINKE) antwortet BzStaR Herr Spallek, dass das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) für Unterbringungen mit mehr als 100 Plätzen zuständig sei. Bei weniger als 100 Plätzen sei es der Krisenstab der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales (SenIAS). Der Bezirk habe die ihm bekannten Unterbringungsmöglichkeiten an die zuständige Stelle gemeldet.

 

Auf Nachfrage von Frau Mohren (Grüne) antwortet BzStaR Herr Spallek, dass die Zuständigkeiten auch deswegen beim LAF bzw. der SenIAS liegen, um die Qualitätsstandards zu sichern. Viele kurzfristig aktivierte Unterbringungsmöglichkeiten des Bezirks könnten dem nicht entsprechen, was für eine dauerhafte Unterbringung von Geflüchteten im Idealfall anzusetzen ist. Er bittet darum, entsprechende Vorschläge für Unterbringungsmöglichkeiten an das LAF oder der SenIAS zu melden. Weiterhin führt er aus, dass die Senatsverwaltung festgelegt habe, dass das Land Berlin auf den Internetseiten einheitlich kommuniziert. Die Bezirke seien somit an diese Vorgaben gehalten.

 

Auf Nachfrage von Herrn Luca (Grüne) antwortet Herr Zühlke, dass das Verfahren bei den geflüchteten Drittstaatler:innen aus der Ukraine im Rundschreiben der Senatsverwaltung geregelt sei. Diese müssen über einen gültigen Aufenthaltstitel zum Zeitpunkt des Kriegsausbruches in der Ukraine verfügen und über einen Pass ihres Heimatlandes. Dann seien sie ukrainischen Kriegsflüchtlingen gleichgestellt. Fehlt eines der beiden Dokumente, werden die Menschen entweder zum LAF oder zuständigen Ausländerbehörde zur Registrierung geschickt. Das Problem sei, wenn keine Papiere vorliegen, dann kann keine Identifizierung vorgenommen und eine Leistungsberechtigung festgestellt werden.

 

Frau Wolf (Amtsleitung Bürgerdienste) stellt den Ausschussmitgliedern Daten und Zahlen zu den Anmeldungen von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine vor. Diese Informationen sind dem Protokoll als Anlage beigefügt.

Sie ergänzt, dass man mit Wirkung vom 28.03.2022 sich gesamtstädtisch mit allen anderen Bezirken darauf geeinigt habe, alle anderen Bezirke als Unterstützung für die Flüchtlingsbürgerämter miteinzubeziehen. Somit stünden nunmehr berlinweit 22 Standorte für eine Anmeldung für Geflüchtete aus der Ukraine zur Verfügung. Die personelle Ausstattung werde über die jeweiligen Bürgerämter der dort ansässigen Standorte abgedeckt. Dieses Verfahren solle zunächst bis zum Sommer beibehalten werden. Anschließend werde die Situation neu bewertet. Zusätzlich zu der von BzStaR Herr Spallek genannten personellen Unterstützung habe man ebenfalls noch Personal aus den anderen eigenen Standorten der Bürgerämter in Mitte hinzugezogen. Bezüglich der Coronaschutzmaßnahmen teilt sie mit, dass man sich gewünscht hätte, die 3G-Regeln beibehalten zu können, jedoch habe das Rechtsamt eingeschätzt, dass dies keinen rechtlichen Bestand haben würde. Es gelte nach wie vor die Maskenpflicht, man habe Schutzwende und Desinfektionsmittel. Derzeit liege der prozentuale Anteil der anwesenden Mitarbeitenden bei 50 Prozent, was die Situation nicht leichter mache.

 

 

 
 

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