Auszug - Gendern im Bezirksamt Mitte – Pflicht oder Kür?  

 
 
50. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin
TOP: Ö 9.1
Gremium: BVV Mitte von Berlin Beschlussart: beantwortet
Datum: Do, 17.06.2021 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 23:15 Anlass: ordentlichen Sitzung
Raum: Videokonferenz
Ort: Videokonferenz
3176/V Gendern im Bezirksamt Mitte – Pflicht oder Kür?
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion der AfDFraktion der AfD
Verfasser:Paetz, Schüler und die anderen Mitglieder der Fraktion der AfD 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
 
Wortprotokoll

  1. In welchen Arbeitsbereichen des Bezirksamts ist die Verwendung gegenderter Sprache bereits eingeführt oder soll demnächst eingeführt werden (bitte differenzieren nach schriftlicher/mündlicher Verwendung, verwaltungsinternem Gebrauch, öffentlichen Verlautbarungen, Kundenverkehr)?
  2. Sind alle Bezirksamtsmitarbeiter verpflichtet, gegenderte Sprache in den entsprechenden Bereichen zu verwenden oder beruht die Verwendung auf Freiwilligkeit?

BzBm Herr von Dassel antwortet: Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrter Herr Paetz. Die gemeinsame Geschäftsordnung der Berliner Verwaltungen GGO I, die r alle Berliner Verwaltungsbehörden gilt, formuliert in §2 Gleichstellung von Frauen und Männern. Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist durchgängiges Leitprinzip und soll bei allen politischen Ebenen und verwaltenden Maßnahmen der Behörden in ihren Bereichen gefördert werden (Gender-Mainstreaming). Die sprachliche Gleichbehandlung von Frauen und Männern ist zu beachten. Dies soll primär durch geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen und wo dies nicht möglich ist, durch die Ausschreibung der jeweils weiblichen und männlichen Formen geschehen. In Schriftsätzen, die sich an Einzelpersonen richten ist im Einzelfall die jeweils zutreffende weibliche oder männliche Sprachform zu verwenden. Damit sind alle Beschäftigten verpflichtet, diese Regel umzusetzen. Die aktuelle Fassung ist im Oktober 2011 beschlossen worden, jedoch galt diese Regel schon davor und gilt auch noch. In der Mündlichen Anfrage 1631/V „Weshalblt der Bezirk in Mitte an der so genannten geschlechterartgerechten Sprache fast“, hat das Bezirksamt in der Antwort auf die Frage zwei bereits auf diese hier erneut gestellte Frage geantwortet, aber da doppelt genäht besser hält, wiederhole ich das nochmal. Im Übrigen sei erhnt, dass der Begriff Gendern oder gegenderte Sprache umgangssprachlich falsch verwendet wird. Mit Gendern wird in der Regel die geschlechtergerechte Sprache gemeint. Das generische Maskulinum ist eine Gendersprache, weil das Gender Mann ausschließlich verwendet wird. Eine weitere Gendersprache wäre die Verwendung des generischen Femininums. Es ist jedoch kein politisches Ziel, dieses einzusetzen. Ziel ist eine Sprache, die alle Geschlechter und alle sexuellen und alle geschlechtlichen Identitäten abbildet, mit dem Ziel diskriminierungsfrei zu formulieren und alle Personen anzusprechen. Die Frage zwei habe ich damit auch beantwortet.

 

  1. Welche Variante (Binnen-I, Gendersternchen, etc.) wird zur Zeit vom Bezirksamt präferiert und zur Anwendung empfohlen?

BzBm Herr von Dassel antwortet: Das Bezirksamt Mitte orientiert sich an den Vorgaben der Senatsverwaltung für Gesundheit Pflege und Gleichstellung. Diese gibt vor, zuerst neutrale Formulierungen zu wählen und dann die Paarbildung, wie zum Beispiel Bürgerinnen und Bürger. Die Verwendung weiterer Varianten wird aktuell auf Berliner Ebene diskutiert. Eine Anpassung der GGO ist geplant.

 

  1. Fanden bereits Mitarbeiterschulungen statt, oder sind solche geplant? (Falls ja: Bitte auch hier die Angabe, ob eine Teilnahme auf Freiwilligkeit beruht/e)
  2. Welche Sanktionen drohen ggf. BA-Mitarbeitern, die nicht gendern?

BzBm Herr von Dassel antwortet: Schulungen fanden bisher nicht statt und sind derzeit auch nicht geplant. Insofern, ich würde mich hier gerne noch mal wiederholen, gibt es selbstverständlich keine Sanktionen gegen Mitarbeitende, die hier nicht Gendern.

 

  1. Wird nach Kenntnis des Bezirksamts in Kitas und/oder Schulen auch gegenderte Sprache von Erziehern/Lehrkräften verwendet, gefördert oder gelehrt?

BzBm Herr von Dassel antwortet: Dazu liegen dem Bezirksamt Mitte keine Erkenntnisse vor.

 

  1. Gendert das das Bezirksamt auch bei der Verwendung von einfacher oder leichter Sprache?

BzBm Herr von Dassel antwortet: Nach Kenntnis des Bezirksamtes Mitte wird einfacher Sprache nicht geschlechtergerecht eingesetzt.

 

  1. Wie werden Konzepte und Verwendung von gegenderter Sprache im Rahmen von Integrationskursen vermittelt, erklärt und ggf. gelehrt?

BzBm Herr von Dassel antwortet: Die Vermittlung von geschlechtergerechter Sprache in den Kursen A1 bis B1 findet nach Kenntnis des Bezirksamtes Mitte nicht statt. Vielen Dank.

 

Frau Schüler (AfD): Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrter Herr von Dassel. Erstmal vielen Dank für die Beantwortung der Anfrage. In dem Leitfaden sind allerdings, wenn ich das richtig gesehen habe nicht nur die Paarbildung, die sich schon genannt haben oder die Verwendung von allgemeinen Begriffen genannt, sondern eben auch die berühmte Bildung von Pluralpartizipien, also Einwohnende statt Einwohner oder Einwohnerinnen. Das heißt, auch das ist eine Variante, die laut der allgemeinen GO zulässig ist und Verwendung finden kann. Da muss ich ihn widersprechen, was die Einstufung des generischen Maskulinums als eine geschlechterspezifische Bezeichnung betrifft, das ist schlicht und einfach nicht zutreffend. Das Maskulinum und da gibt es den berühmten Begriff des Unmarkierten hat halt mit zwei verschiedenen Bedeutungen. Man kann es als Maskulinum verwenden, aber eben als generisches Maskulinum ist es unmarkiert und das ist die Besonderheit an dieser Sprachverwendung. Gut, Sie haben gesagt es gibt keine Sanktionen, aber laut gemeinsamer Geschäftsordnung für die Berliner Verwaltungen ist natürlich die Verwendung von geschlechterneutraler Sprache vorgeschrieben. In wie weit halten Sie sich denn im Bezirksamt wirklich auch daran? Wenn ich sehe, wir haben noch Einwohneranfragen, das ist nicht wirklich geschlechterneutral. Es gibt noch so sowas wie Kunden und Kundinnen vielleicht ab und an mal in der Beratung. Wenn ich mir Formulare anschaue, die ich auch vom Bezirksamt sehe, die sind in den seltensten Fällen wirklich gegendert oder geschlechtergerecht ausgeschrieben, sondern da wird nach wie vor der Einfachheit halber und weil es praktikabel ist eben auch das generische Maskulinum verwendet. Also, die konkrete Frage, warum setzen Sie denn konsequent als Bezirksamt diese Empfehlung, die ist ja eigentlich seit 2012 mindestens gibt, laut Leitfaden, warum setzen Sie die nicht selbst konsequent um? Danke.

 

Herr Bertermann (Vorsteher der BVV Mitte): Vielen Dank. Für die Ehrenrettung des Bezirksamtes, für die Einwohneranfragen ist das Bezirksamt nicht zuständig. Das ist Sache der BVV.

 

Herr von Dassel antwortet: Ja, vielleicht in aller Kürze, Sie haben das schon gesagt der Vorsteher, dafür sind wir nicht zuständig. Natürlich bemühen wir uns um geschlechterneutrale Sprache. Deswegen sage ich auch immer Kundinnen und Kunden oder Bürgerinnen und Bürger. Ich sage auch Mitarbeitende, das ist eben das Gerundium. Insofern sind wir da auf dem Weg. Wir sind aber auch keine Sprachpolizei und versuchen durch gute Vorbilder dann eben auch die Beschäftigten, die damit noch nicht so firm sind, sagen wir mal, mit einem guten Vorbild anzuleiten. Ich weiß, dass selbst in der BVV, glaube ich, oft von Rednerpult gesprochen wurde, ich habe immer Redepult gesagt. Das sind zum Teil ganz einfache Dinge, die geschlechtsneutral formuliert werden und insofern sehe ich uns da absolut auf dem richtigen Weg, ohne dass jetzt hier zu einem vollkommenen Druck zu machen, was nur in Angst und Schrecken versetzt. Aus meiner Sicht sind ganz viele Formulare inzwischen geschlechterneutral, aber die Formulare werden in der Regel landesweit ausgestellt und bearbeitet und deswegen hat das manchmal einen etwas größeren Vorlauf, wo sich dann die Bezirke beziehungsweise die Senatsverwaltung zusammengefunden haben, um dann solche Formulare zu ändern. In der Regel will man das nicht nur wegen einer Formulierung machen, sondern man schaut noch, wie man Formulare insgesamt verständlicher machen kann. Vielleicht gibt es deswegen das ein oder andere Formular, was bisher nicht geschlechtsneutral ist oder an der ein oder anderen Stelle nicht geschlechtsneutral sein kann, weil es eben sehr spezifisch ist. Wir nehmen alle Hinweise entgegen und wenn Sie ein Exemplar finden, was Ihnen da gegen den Strich geht, dann wäre ichr Hinweise dankbar. Vielen Dank

 

Herr Torno (Einzelverordneter): Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrtes Bezirksamt. Ich will mich dazu gar nicht weit einlassen. Eine Bemerkung nur dazu. Mich verwundert es hier nicht, dass sich hier immer in der geschlechterspezifischen Sprache aufgehangen wird. Bei dem verschwindend geringen Frauenanteil in dieser Partei und bei dem männerdominierenden Anteil, ist es natürlich klar, dass da alle nur in der maskulinen Form sprechen wollen. Geschlechtergerechtigkeit findet in dieser Partei nicht statt. Vielen Dank

 

Frau Schüler (AfD): Gestatten Sie noch mal eine Nachfrage Herr von Dassel, wenn ich mir das anschaue, dann haben sie in acht Jahren noch nicht konsequent wirklich die Vorschriften zur geschlechtergerechten Sprache im Bezirksamt umsetzen können. Wie sieht es denn mit den Mitarbeitern aus? Sind die denn entsprechend geschult worden in der Verwendung der passenden Sprache oder nicht?

 

Herr von Dassel antwortet: Es gibt keine entsprechenden Schulungen. Ich denke, in den Verwaltungskursen wird sicherlich immer wieder darauf hingewiesen. Sie haben jetzt beispielsweise unser Telefonverzeichnis aktualisiert, da hat meine Referentin entdeckt, dass da immer nur Bearbeiter und nicht Bearbeitung steht. Solche Sachen fallen einem auch nach vielen Jahren immer noch auf. Ich hatte es schon gesagt, das ist ein Prozess, den wir ohne religiösen Eifer, aber doch konsequent hier durchführen. Ich glaube, mit dieser Art des Umgangs können wir auch alle Mitarbeitenden mitnehmen. Vielen Dank.

 

Frau Schüler (AfD): Gestatten Sie noch eine letzte Rückfrage, Herr von Dassel. Zu den Integrationskursen war mir die Auskunft ein bisschen zu knapp. Von der Eins bis B, findet das keine Berücksichtigung? Nun fängt ein Integrationskurs nicht in der Volkshochschule an und endet, wenn man die verlässt, sondern sie kennen das selbst, das Sprachbad ist eigentlich das Mittel der Wahl, wenn es darum geht, eine Sprache wirklich zu lernen. Es gibt die Anweisung beziehungsweise die Aufforderung, hört zu, lest, schaut Fernsehen, versucht Worte zu identifizieren, Worte zu finden und versucht darüber die Sprache zu lernen. Ist das in den Volkshochschulen noch nie als Thema aufgetreten, dass Schüler und Schülerinnen dann vielleicht angekommen sind und gefragt haben was ist denn jetzt mit diesen Schüler*innen und was ist mit diesem Sternchen, macht das überhaupt keine Probleme? Oder haben Sie davon keine Kenntnis? Vielen Dank

 

Herr von Dassel antwortet: Herr Lötzer hat vorhin auf die Allzuständigkeit des Bezirksbürgermeisters hingewiesen. Da weiß ich jetzt wirklich nicht Bescheid. Mir sind keine Probleme bekannt und ich weiß natürlich, dass die Integrationskursleitenden in der in der VHS auch so gut ausgebildet sind, dass sie sich da sehr konkret und individuell auf ihre Schülerinnen und Schüler einstellen können und sie werden sicherlich auch das Thema geschlechtergerechte Sprache so vermitteln, dass Menschen, die gerade die Sprache lernen, dann auch eben keine zusätzlichen Hürden auf dem Weg gebaut werden. Ich glaube das war es.

 

 
 

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