Auszug - Illegale Sperrmüllentsorgung im Bezirk Mitte  

 
 
46. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin - MIT LIVESTREAM -
TOP: Ö 10.6
Gremium: BVV Mitte von Berlin Beschlussart: beantwortet
Datum: Do, 18.02.2021 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 23:30 Anlass: ordentlichen Sitzung
Raum: Videokonferenz
Ort: Videokonferenz
2945/V Illegale Sperrmüllentsorgung im Bezirk Mitte
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion der FDPFraktion der FDP
Verfasser:Hemmer 
Drucksache-Art:Mündliche AnfrageMündliche Anfrage
 
Wortprotokoll

  1. Wie erklärt das Bezirksamt Mitte, dass trotz berlinweiter Spitzenreiter-Position bei den Meldungen von Sperrmüll (18.346, lt. Medienberichten) im Jahr 2020 lediglich 785 Euro Bußgeld eingenommen worden sind?

 

  1. Welche Gründe sieht das Bezirksamt, dass andere Bezirke höhere Bußgelder erzielen und welche Maßnahmen ergreift der Bezirk nach Meldung von illegalem Sperrmüll zur Verursacherfindung (Anzeige, Hinweise aus der Bevölkerung oder ähnliches) und welche Maßnahmen sind über die Aktionstage hinaus geplant, um das Problem der illegalen Sperrmüllentsorgung in den Griff zu bekommen?

 

  1. Angesichts der Zielvorgabe der „Sperrmüllaktionstage“, illegal abgestellten Sperrmüll zu minimieren, wie bewertet das Bezirksamt den Erfolg dieser Aktion – besonders hinsichtlich einer Kosten-Nutzen-Analyse und hat das Bezirksamt die Einführung regelmäßiger Abholtermine erwogen?

 

 

Herr von Dassel antwortet.

 

Frage 1

„Das Ordnungsamt schreibt auf: „Um ein Bußgeld wegen illegal entsorgten Mülles festzusetzten, ist es notwendig die jeweiligen Verursacher direkt bei der Tatbegehung zu ermitteln. Und wenn dies nicht gelingt, kann man kein Bußgeld ausstellen.“ Jetzt haben wir uns natürlich auch gefragt, und das geht jetzt auch mit in die anderen Fragen über, warum haben denn andere Bezirke höhere Bußgelder. Und ich will das jetzt hier nicht verschweigen, dass an der ein oder anderen Stelle ich mir vom Ordnungsamt auch wünsche, dass man ein bisschen mehr in die Ermittlung geht. Die Frage ist: Kann man den Menschen der das illegal dorthin gestellt hat ermitteln, über beispielsweise ein Adressenetikett. Das habe ich jetzt neulich an einem Beispiel über einen Lieferschein wollten wir das mal konkret nachvollziehen, weil wir hatten die Liefernummer auf einem Karton der dann einfach auf eine Baumscheibe geworfen worden ist, und mussten feststellen, solang es keine Strafsache ist, und das ist ja nur eine Ordnungswidrigkeit von der zuständigen Firma, kann man keine Auskunft bekommen. Aber ich glaube, insgesamt müssen wir nochmal schauen, ob wir an der einen oder anderen Stelle, durch Befragung von Nachbarn, durch Prüfung ob dort irgendwie etwas auf den Verursacher hinweist, doch mehr Verursacher ermitteln können und dann eben auch, ein Bußgeld insgesamt höhere Bußgelder erzielen können. Also das ist work in progress und sie dürfen uns dann gerne im zuständigen Wirtschaftsausschuss fragen wie weit wir bis damit vorangekommen sind. Gleichzeitig hatten wir durchaus schon versucht mit dem Landeskriminalamt für Umweltdelikte bei schweren und wiederholten Umweltdelikten der illegalen Abfallentsorgung zusammen zu arbeiten, die haben sich dann immer für nicht zuständig erklärt, weil es ja keine Straftaten seien, sondern immer nur Ordnungswidrigkeiten.  Das war etwas unbefriedigend, genauso unbefriedigend wie unsere relativ teuren Mülldetektive, wo wir von Menschen in der betreffenden Straße sofort am Abend angerufen worden sind, ob das jetzt die Mülldetektive sind, weil die so unauffällig mit ihrem Fahrzeug in der Straße standen, dass der Nachbar schon vom 3.Stock aus gesehen hat. Es ist wie gesagt nicht ganz einfach. Was wir aber sagen können ist, dass unsere Sperrmülltage eine gute Wirkung haben. Die BSR sagt, dass es danach für längere Zeit deutlich sauberer ist. Das ist jetzt auch kein Wunder, weil so viele Sofas hat man nicht, die man illegal entsorgen kann. Und wenn man es dann doch einmal eleganter über einen offiziellen Sperrmülltag des Bezirksamts tun kann, dann wird man nicht zwei Tage damit warten. Deswegen setzen wir uns sehr dafür ein, gegenüber dem Senat, dass es insgesamt in Berlin regelmäßige Sperrmüllabholtage gibt. Da es immer mehr Menschen gibt, die kein Auto haben, und deswegen die reguläre Entsorgung über den Wertstoffhof, dann für sie auch wirklich eine große Herausforderung ist. Auch wenn das wirklich keine Entschuldigung sein kann, dass man seinen Müll einfach auf die Straße stellt.“

 

Nachfragen:

 

Herr Freitag:

„Vielen Dank. Gibt es vielleicht auch Indizien dafür, weil Sie dazu ja auch sagten, dass sie da zur Polizei gegangen sind, dass da womöglich organisierte Kriminalität zum Teil dahintersteckt?“

 

Herr von Dassel antwortet:

„Der Begriff organisierte Kriminalität, der ist ja nicht abschließend definiert. Es sind zum Teil gewerbliche Abfallentsorger, dass ahnen wir, weil es da eine gewisse Häufung in der Nähe von Wohnungsentrümpelungsfirmen gibt. Da hatten wir ja dann auch versucht, unsere Mülldetektive einzusetzen, weil es eigentlich so offensichtlich, dass es das Unternehmen ist. Aber das habe ich ja bereits erläutert warum das nicht so gut geklappt hat. Und wir wissen halt eben auch, dass beim Großmarkt viele LKWs dann noch mal kurz bevor sie auf den Großmarkt fahren, ihre LKWs dort saubermachen. Wenn niemand guckt und es dunkel ist dann wird in der Grünanlage auch jeglicher Müll abgeladen. Ich glaube aber nicht, dass man das organisierte Kriminalität nennen kann, aber sagen wir mal es sind Gewerbetreibende die da ganz bewusst Entsorgungskosten auch sparen wollen. Das heißt aber nicht, dass der normale Berliner*in nicht auch an der ein oder anderen Stelle ganz schön etwas zur Vermüllung der Stadt beiträgt.“

 

Herr Torno:

„Vielen Dank Herr von Dassel. Wissen Sie denn, wie andere Städte das Müllproblem lösen? Weil Ihren Ausführungen zur Folge, wissen Sie selbst nicht genau wie man das Problem lösen kann und auch soll. Die Mülldetektive, das haben Sie jetzt schon erwähnt, haben sich nicht als erfolgreich erwiesen. Haben Sie da noch Ideen, noch Pläne was man noch optimieren und verbessern kann? Gibt es da noch Konzepte, wiegesagt in anderen Städten, was man sich da noch abschauen könnte? Gibt es sonstige Überlegungen, was planen Sie?“

 

Herr von Dassel antwortet:

„Ja wir lernen gerne von anderen Bezirken, anderen Städten. Das ist ja zum Beispiel auch Gegenstand gewesen, von meinem Praktikum, was ich gerne in Paris gemacht hätte. Im Rahmen des LOGO Austauschprogrammes, was pandemiebedingt leider nicht geklappt hat. Ich glaube das entschiedene ist wirklich, dass der Sperrmüll regelmäßig abgeholt wird, dass man da eine regelmäßige Möglichkeit hat. Ich würde mir auch wünschen, dass unsere Wertstoffhöfe bessere Öffnungszeiten hätten, das ist doch zum Teil ganz schön knapp. Am Samstag 14 Uhr und dann kommt man schon zu spät, oder die Schlange ist schon zu lang. Ich glaube, und deswegen bestehe ich auch darauf, dass wir wirklich an der ein oder anderen Stelle immer mal wieder detektivisch werden. Wir müssen einfach sagen können, wir hier als Ordnungsämter haben jemanden entdeckt und dieser jemand wird dann mit einer saftigen Geldbuße belangt. Ich glaube das schreckt ab, und solange wir das nicht sagen können, wirkt es wie ein Kavaliersdelikt und es wirkt vor allem so, als wenn man eh nicht erwischt wird. Wenn man sagen könnte: „Wir haben dieses Jahr 100 Leute mit einer richtig saftigen Geldstrafe, weil sie nachts ihren alten Kühlschrank heruntergetragen haben, erwischt.“, wäre das gut. Bisschen schwierig ist es natürlich immer, wie sehr fragt man/bittet man die Nachbarn solche Hinweise zugeben, wo ist da die Grenze, zwischen dem bürgerschaftlichen Engagement, dass unsere Stadt eben wirklich nicht vermüllen soll und gleichzeitig wollen wir kein Denunziantentum erzeugen. Das ist eine schwierige Gradwanderung, wo man immer gucken muss, ob man dann nicht in die ein oder andere Richtung zu sehr tendiert.“

 

Herr Roet:

„Kurze Anmerkung an Herrn von Dassel. Der schmale Grad zwischen Ermittlungshilfe, Nachfrage und Denunziantentum, ist wirklich schmal. Ich glaube eine gewisse Erhöhung der sozialen Kontrolle könnte durchaus helfen. Ich denke, dass wenn Nachbarn fünfmal gefragt werden, ob sie zufällig gesehen haben, wer irgendeinen Kühlschrank auf die Straße stellt, dann wird man sich alleine um das zu vermeiden, sich daran erinnern. Aber Sie haben ja gerade schon gesagt, dass saftige Bußgeld wäre ja möglicherweise gut als Kontrolle. Wie hoch sind denn die Gelder gesetzt?“

 

Herr von Dassel:

„Das kommt darauf an, ich glaube sie sind nicht hoch genug, und sie müssen dann ja immer zum Teil vor Gericht noch standhalten. Ich kann ihnen da jetzt keinen aktuellen Bußgeldkatalog übermitteln, es ist nicht ganz billig, aber ich sag jetzt mal, wenn ich einen kleinen LKW ausleihe und dann meine Sachen entsorge, dann das wäre dann auch schon fast die Hälfte des Bußgeldes, wenn ich den alten Kühlschrank vor die Tür stelle, da ist sicherlich noch Luft nach oben.“

 

Herr Paetz:

„Das Bezirksamt hat ja schon eine ganze Menge versucht, Sperrmülltage wurden gemacht usw., aber trotzdem schreibt die Presse Berlin Mitte wäre der Spitzenreiter der Vermüllung. Worauf führen Sie das zurück, dass gerade in das Problem Berlin so massiv ist?“

 

Herr von Dassel:

„Also das sind finde ich, im Rahmen einer mündlichen Anfrage ziemlich kniffelige Fragen. Wie bereits gesagt, ich habe daraufhin gewiesen, dass wir halt eben keine Sperrmülltage mehr haben. Und ich glaube, es ist halt eben wirklich üblich geworden, dass man nicht erwischt wird und alles auf die Straße stellen kann. Und ich denke so wie es uns gelungen ist, die Hundebesitzer*innen davon zu überzeugen die Hinterlassenschaften ihrer Hunde wieder mitzunehmen, was vor 10 Jahren noch undenkbar war, so muss es uns eben auch gelingen zu vermitteln, dass es überhaupt nicht geht Müll auf der Straße zu entsorgen. Und dafür brauchen wir soziale Kontrolle und ein paar Menschen, denen wir ein saftiges Bußgeld geben können. Ich glaube wie gesagt auch, dass die Möglichkeit Sperrmüll regulär zu entsorgen schadet gar nicht. Super wäre es natürlich, wenn wir alle viel weniger Müll produzieren würden, Dinge länger halten würden, dann müssten wir sie auch nicht kaputt vor die Tür stellen.“

 

 
 

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