Auszug - Café Leo - Ausschreibung als Vorwand?  

 
 
46. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin - MIT LIVESTREAM -
TOP: Ö 10.3
Gremium: BVV Mitte von Berlin Beschlussart: beantwortet
Datum: Do, 18.02.2021 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 23:30 Anlass: ordentlichen Sitzung
Raum: Videokonferenz
Ort: Videokonferenz
2942/V Café Leo - Ausschreibung als Vorwand?
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion DIE LINKEFraktion DIE LINKE
Verfasser:Schrader 
Drucksache-Art:Mündliche AnfrageMündliche Anfrage
 
Wortprotokoll

 

  1. Mit welcher Begründung und auf welcher Rechtsgrundlage plant das Bezirksamt eine Ausschreibung des Betriebs des Café Leo bzw. warum muss die per Sondergenehmigung erteilte Nutzung der Fläche ausgeschrieben werden?

 

  1. Beim Interessenbekundungsverfahren 2016 gewann der gegenwärtige Betreiber die Ausschreibung unter anderem unter Berücksichtigung der überwältigenden zivilgesellschaftlichen Unterstützung mit 16.000 Unterschriften der entsprechenden Online-Petition. Welche neuen Erkenntnisse liegen dem Bezirksamt vor, wonach sich dieser zivilgesellschaftliche Wunsch nach Erhalt des Cafés und des gegenwärtigen Betreibers geändert hat und die soziokulturelle und integrative Wirksamkeit des Cafébetreibers auf dem Platz nicht mehr notwendig ist?

 

  1. Welche Ermessensspielräume hat das Bezirksamt, konkret die Vergabestelle, im Einzelnen geprüft, um auf eine Ausschreibung/Interessenbekundungsverfahren zu verzichten und dem langjährigen Betreiber, dem sein nachbarschaftliches Umfeld, Gäste und auch die Stadtteilvertretung eine positive Wirkung auf den Leopoldplatz bestätigen, einen langfristigen Vertrag zum Betrieb des Cafés anzubieten? Was steht dem unter anderem rechtlich entgegen?

 

 

„Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrte Frau Schrader. Die Beantwortung der Frage ist in der Gesamtdramaturgie unserer Sitzung ein bisschen anachronistisch, weil sie ja bereits eine Anfrage beschlossen haben. Ich bitte sie jetzt also, das was ich ihnen jetzt als Antwort auf die mündliche Anfrage mitteile, als Standortbeschreibung sich anzuhören. Damit die Startlinie von der wir ausgehen in der Auseinandersetzung und dem Eindruck des Antrages wahrzunehmen.

 

Frage 1

 

Die Erlaubnis des bisherigen Betreibers des Café Leo ist zeitlich befristet und endete am 31.12.2020. Mit dem Auslaufen der Genehmigung nutzt nun das Bezirksamt die Möglichkeit, das auch andere Interessenten ein Angebot für das soziokulturelle Umfeld des Leopoldplatzes zu entwickeln. Was die Frage einer rechtssicheren Zukunft angeht, habe ich vorsichtshalber das Rechtsamt um Auskunft gebeten. Das Rechtsamt hat mir erklärt, und ich gebe Ihnen das jetzt so wieder, wie die öffentliche Hand die Balance zwischen eigenen sozialen Interessen, Förderung von geschäftlichen Initiativen und Anspruch aller auf die Nutzung öffentlicher Flächen zu halten hat. Ich zitiere: „Bei der zur Verfügungstellung solcher öffentlichen Flächen muss allen Interessenten die Möglichkeit einer Bewerbung eingeräumt werden. Eine Überlassung der Fläche an einen Interessenten unter Ausschluss anderer kann nur nach hinreichender Abwägung der öffentlichen Interessen erfolgen. Um die verschiedenen Möglichkeiten hinsichtlich der Nutzung zu prüfen und eine rechtliche Interessensabwägung vornehmen zu können ist die Durchführung eines Interessenbekundungsverfahren notwendig.“ Die Brücke zu ihrem Beschluss ist der Satz:

„Eine Abwägung der öffentlichen Interessen muss erfolgen.“ Sehen Sie meine Antwort die ja jetzt nun nach dem Antrag kommt, als Standortbeschreibung an.

 

Frage 2

 

Das neue Interessenbekundungsverfahren folgt dem Wunsch nach dem Erhalt des Cafés. Die soziokulturelle und indikative Wirksamkeit soll auch weiterhin im Vordergrund stehen. Die bisherige Wirkung des Café Leo auf seine Umgebung wird also auf jeden Fall in der Beurteilung ihre Berücksichtigung finden. Das Bezirksamt hat sich ja bereits mit dem Café Leo und den Veränderungen durch das Auslaufen des Vertrages auseinandergesetzt, und hat dabei eine Einschätzung formuliert. Man habe sich dafür ausgesprochen ein neues IBV zur Sicherung eines niedrigschwelligen gastronomischen Angebots auf der Grünfläche am Leopoldplatz zu ermöglichen. Die Kriterien sind: soziokulturelle und indikative Wirksamkeit, Erhalt des Cafés und niedrigschwellige gastronomische Angebote auf der Grünfläche. Auf der Basis des vorherigen IBV`s, indem ja auch die Kriterien benannt waren, sollen die Kriterien für das neue IBV der aktuellen Situation angepasst werden. Die Welt hat sich auch am Leopoldplatz etwas weitergedreht und jeder hat so seine Erfahrungen. Das Bezirksamt behielt sich also vor, Ausschreibungen erneut aufzurufen und Ressource übergreifend zu prüfen. Auch die BVV soll durch Einbeziehung der Ausschüsse: Soziale Stadt und Wirtschaft Arbeit Ordnung einbezogen werden. Um aus dem Zustand der Ausnahmegenehmigung in einer Grünanlage herauszukommen, soll in der Zukunft ein Gestattungsvertrag mit mehrjähriger Laufzeit angestrebt werden. Das wäre eine bessere Absicherung und zugleich ein klareres Vertragsverhältnis. Wiegesagt was ich ihnen jetzt erzähle sieht jetzt natürlich im Licht ihres eigenen Beschlusses unter Umständen schon wieder anders aus.

 

Frage 3

 

Die Ausschreibung des IBV`s ist dem Straßen- und Grünflächenamt Mitte durch das Bezirksamt übertragen worden. Die zentrale Vergabestelle ist für Ausschreibungen von Dienst- und Bauleistungen zuständig, also an dieser Stelle die falsche Behörde. Das SGA setzt die Festlegung des Bezirksamtes und jetzt natürlich auch unter dem Einfluss des verabschiedeten Vertrags bei seiner Strukturierung eines IBV`s um und zielt damit ab auf eine rechtsichere Interessensabwägung. Damit ist der jetzige Betreiber keineswegs ausgeschlossen, aber wir sind eben auch, nach Diskussionen mit dem Rechtsamt und Expert*innen, zu der Auffassung gekommen, dass wir gerne eine rechtssichere Entscheidung hätten. Es nützt keinem, wenn wir das öffentliche Land hier vergeben und dann kommt ein Konkurrenzklage. Das nützt keiner Seite, und deswegen würde ich diesen Weg, mit alledem was in ihren Anträgen auch noch impliziert war, gehen.“

 

Nachfragen:

 

Herr Kollecker:

 

„Vielen Dank Frau Weißler für die Beantwortung der Fragen. Mich hatte gerade eben ein bisschen gewundert, Sie sagten Sie fürchten da einen Konflikt, da eventuell nichts rechtssicher wäre im Zusammenhang mit einer Ausschreibung, weil es ja um öffentliches Straßenland geht. Meines Wissens nach steht das Café Leo doch zumindest zu einem Großteil auf dem Leopoldplatz, unzwar auf dem Teil dem die Kirche gehört. Und dort hat meines Wissens nach das Bezirksamt tatsächlich nur Mitspracherecht. Können Sie darauf bitte nochmal eingehen?“

 

Frau Weißler antwortet:

 

„Das Café Leo steht nicht auf dem Platz der Kirche, sondern das Café Leo steht, auch wenn man das nicht ohne weiteres erkennen mag, auf einer öffentlichen Grünanlage.“

 

Herr Kollecker:

„Sie hatten gerade eben auch von Expert*innen gesprochen, die Sie da zur Rate ziehen wollen, was für Expert*innen?“

 

Frau Weißler antwortet:

„Das sind natürlich zum einen unsere Jurist*innen im Rechtsamt, aber natürlich auch unsere Mitarbeiter*innen im SGA, die ja häufig auch konfliktreiche Vergabeprozeduren zu organisieren haben und letztendlich auch zu einem Ergebnis zu bringen haben. Also da gibt es viele Erfahrungen die man nicht so einfach ignorieren kann, weil gerade auch weil sie nach Ermessensspielräumen gefragt haben. Es ist sinnvoll, wenn man Leute fragt, die diese schon mal gesetzt haben und wissen wo da die Grenze ist. Das sind meine ersten Ansprechpartner: meine eigenen Expert*innen aus meiner Abteilung und das Rechtsamt.“

 

Frau Schrader:

„Wäre es möglich die Antwort die Sie uns gerade gegeben haben schriftlich zu bekommen? Da sind viele neue Begrifflichkeiten die aufgetaucht sind, wie zum Beispiel: ein Gestattungsvertrag. Das würden wir uns gerne noch einmal ansehen wollen, auch für die späteren Debatten.“

 

Frau Weißler sichert die schriftliche Weitergabe der Antwort zu.

 

 

 
 

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