Auszug - Aufsuchende Sozialarbeit unter Wohnungslosen - Erfahrungsbericht - BE. Bezirksamt, Sozialamt   

 
 
44. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziales und Gesundheit
TOP: Ö 6.2
Gremium: Soziales und Gesundheit Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 08.09.2020 Status: öffentlich
Zeit: 17:35 - 19:40 Anlass: ordentlichen Sitzung
Raum: BVV-Saal
Ort: Karl-Marx-Allee 31, 10178 Berlin
 
Wortprotokoll

Einleitend vermittelt Herr Gothe, dass politisch in der BVV im Zuge der letzten Haushaltsberatungen das Thema fokussiert wurde. Es gab Konsens in der BVV, eine eigenständige Aufsuchende Sozialarbeit zu etablieren. Mehrere Stellen konnten besetzt werden.

Anschließend stellen sich 3 Mitarbeiter/-innen vor. Vor einem Jahr stellten sich 2 Streetworker dem Ausschuss für Soziales und Gesundheit vor. Jetzt stehen 4 Mitarbeiter/-innen für den Außendienst zur Verfügung.

Es wurden 2 Hauptaufgaben untereinander aufgeteilt:

  • Straßensozialarbeit und
  • Prävention bei Mietschulden

Aufgrund von zu wenigen Aufträgen, konzentriere man sich nicht auf den Punkt Wohnheimarbeit bei Konflikten mit nach ASOG untergebrachten Personen.

Ein Handout Streetwork wird dem Protokoll als Anlage beigefügt.

Im letzten Jahr wurden die Außendienstmitarbeiter/-innen vom Bezirksamt Mitte beauftragt, z.B. bei Räumungsklagen, die das Sozialamt vom Amtsgericht erhält oder Räumungsankündigen, die vom Gerichtsvollzieher kommen, Hausbesuche zu machen mit dem Ziel, Kontakt herzustellen und sie an die Innendienstkräfte zu verweisen. Wird durch die Außendienstmitarbeiter/-innen an Ort und Stelle festgestellt, hier liegt eine Zwangsräumung vor, es sei ein dringender Fall, aber es gebe noch die Wahrscheinlichkeit eines Wohnungserhalts, dann habe man vor Ort während des Hausbesuchs interveniert und bei der Hausverwaltung angerufen und erste Schritte eingeleitet.

Seit Sommer 2019 bis Anfang 2020 konnte man mehr Beratungen durchführen. Man konnte immer mehr vermitteln.
Seit März 2020 habe die Pandemie auch Spuren hinterlassen. Von Mitte März bis Mitte Juni 2020 waren Hausbesuche verboten. Die Haushalte wurden angeschrieben. Zeitgleich wurden Zwangsräumungen ausgesetzt. Seit Anfang Juni 2020 werden wieder Zwangsräumungen terminiert. Sprechstunden im Rathaus Wedding finden leider immer noch nicht so statt, wie man sich das vorstellt. Die Streetworker weisen in den Hausbesuchen auf die Sprechstunden hin.

Vom 01.07.2019 bis 31.08.2020 konnten 867 Hausbesuche bei 422 Haushalten durchgeführt werden. Bei 201 Besuchen konnten Angehörige des jeweiligen Haushalts angetroffen werden (23,2 %).

Zur Straßensozialarbeit wird mitgeteilt, dass sich inhaltlich etwas verändert habe. Die Straßensozialarbeit wurde weiter fortgeführt. Das Netzwerk wurde erweitert. Mit den Trägern wurde in Kooperation gegangen und man habe geschaut, wo man sich ergänzen könnte. Man arbeite eng mit Gangway und Fixpunkt e.V. zusammen. Als Corona kam, habe man alles zurückgefahren. Auch ohne Corona nehme man Abstand und sei relativ schnell wieder auf die Straße gegangen. Während Corona habe die Obdachlosigkeit auf der Straße enorm zugenommen. Das Ordnungsamt war nicht unterwegs. Es konnten keinen Camps geräumt werden. Jetzt habe man einen festen Einsatzplan entwickelt. Anhand eines Planes wird der Tagesablauf vorgetragen, der als Anlage dem Protokoll beigefügt wird.
Das Grips-Theater am Hansaplatz habe Ende Juli 2020 Örtlichkeiten für eine Beratung zur Verfügung gestellt. Dort finden freitags morgens Beratungen statt. Man kümmere sich um die Gruppe die sich dort vor Ort niedergelassen habe. Erfolge konnten erzielt werden. Der Hansaplatz werde zukünftig vielleicht kein Problemplatz mehr darstellen.
Auch kümmern sich die Streetworker um den Großen und Kleinen Tiergarten, wo Menschen ihr Lager aufgeschlagen haben.

Es wird um Unterstützung für eine weitere Stelle gebeten.

Der Vorsitzende, Herr Lötzer, dankt für den Bericht und bittet, Fragen zu stellen.

Herr BzStR Gothe erinnert an einen Sommer, als der Bezirk Mitte noch keine Straßensozialarbeit hatte, als es um Räumungen von Zeltlagern ging. Damals wurde das Ziel formuliert, nicht sofort mit dem Ordnungsamt und der Polizei aufzumarschieren, um nicht unangenehm dazustehen, sondern gesagt, dass es besser wäre, wenn im Vorfeld 2 Tage vorher, bevor es zu einer Räumung kommen müsste, das Sozialamt vorne weg gehe und vermittelt. Herr Gothe fragt nach, ob das so von den Streetworkern gehandhabt werde? Antwort: Mit dem Ordnungsamt gab es im vergangenen Jahr die Vereinbarung, dass die Streetworker benachrichtigt werden. Diese Vorgehensweise wird nach wie vor praktiziert und laufe sehr gut. Nach Corona musste sich das allerdings erst wieder einspielen. Wo Bedarf ist, vermitteln die Streetworker. Die dafür benötigte Zeit gewährt das Ordnungsamt. Die getroffenen Absprachen werden vom Ordnungsamt eingehalten.

Der Vorsitzende, Herr Lötzer, fragt nach,

  • wie oft (statistisch) sei es gelungen, eine Räumung zu verhindern,
  • wie die Abstimmungen mit den anderen Trägern organisiert seien,
  • wie ist das Verhältnis zwischen dem Amt und seinen Sozialarbeitern und den Trägern und deren Sozialarbeitern?

Herr Marien teilt mit, dass eine erste Ausfertigung der Statistik von Räumungsklagen für 2019 ausgewertet wurde. Es wurden regelmäßige Statistiken über mehrere Jahre geführt. Auf Anregung im Jahr 2019 wurde eine neue Statistik erstellt. Alte Daten wurden versucht, zu integrieren. Viele Daten konnten noch nicht so, wie man sich das vorstellt, eingepflegt werden. Im nächsten Jahr werden die Daten vorliegen. Jetzt sei es nur möglich, die Anzahl auszuwerten und nach Regionen zu unterteilen.
Herr Marien verteilt anschließend für 2019 dargestellt die Anzahl der Räumungsklagen. Die Zahlen gehen immer weiter zurück. Eine Antwort darauf, wieso diese Zahl zurückgehe, könne er nicht geben. Es gebe eine deutlich höhere Zahl an Zwangsräumungsmitteilungen als Klageerhebungen. Das werfe Fragen auf, wie man mit dem Thema in den Gerichten mit MiZi (Mitteilung in Zivilschen) umgehe. Probleme seien die Gerichtsbezirke. Für Mitte gebe es zwei Zuständigkeiten (Amtsgericht Mitte und Amtsgericht Wedding). Diese Gerichte seien aber auch für andere Stadtbezirke zuständig, so dass Mitte häufig feststellen muss, dass Mitte Klagen erhalte, die in der Zuständigkeit von Pankow liege, aber dadurch viel Zeit verloren geht und der Verzug an vielen Stellen zu lang ist. Anhand der verteilten Räumungsklagen gibt Herr Marien anschließend noch einige Erläuterungen. Auf der Seite 4 weist er auf die regionale Aufteilung von Räumungsklagen und Zwangsräumungen hin, wo unterschiedliche Höhen in den unterschiedlichen Lebensräumen zu finden seien.
Herr Marien hofft, dass im nächsten Jahr deutlichere Daten zu den Verläufen übermittelt werden können.

Die beiden letzten Fragen von Herrn Lötzer werden wie folgt beantwortet: Mit Gangway, Fixpunkt und der Berliner Stadtmission werde gearbeitet und man stimme sich ab. Feste Streetworkerzeiten gebe es nicht. Mit der Obdachlosenhilfe e.V. sei man bisher noch nicht in ein Gespräch getreten. Am Hauptbahnhof sei man in Absprache mit MOBI unterwegs. Oft fehlen die passenden Einrichtungen, um Gespräche zu führen und die Menschen zu versorgen.
Abschließend wird mitgeteilt, dass der Fokus etwas anders gelegt werde, als die der öffentlichen Träger. Beim BA gebe es keine Grundversorgung, keine Dusche, kein Essen, keine Aufenthaltsbereiche. Es gehe lediglich um die Anspruchsklärung, wie bekommt man Personen zurück ins System. Wer es nicht möchte, müsse man auch akzeptieren. Die eine Sozialarbeit schließt die andere Sozialarbeit auf keinen Fall aus. Es sei wichtig, auf die öffentlichen Träger zurückzugreifen, weil man nicht alles anbieten könne, was die Träger anbieten nnen.

Auf die Frage von Frau BV Waldeck (SPD), ob es Informationen vom Quartiersmanagement gibt, wird mit Nein geantwortet. Es gibt keine Berührungspunkte. Man sei mit Informationen durch die Freien Träger, durch die Suchthilfekoordinatoren, durch die Sozialraumkoordinatoren gut versorgt.

Die Seniorenvertretung fragt nach, ob der Bahnhof Friedrichstraße aufgesucht werde? In der Geschwister-Scholl -Str. gibt es regelmäßig Obdachlose aus Litauen. Antwort. Diese Ecke sei bekannt. Die Kollegen von Gangway sind dort regelmäßig 1 x pro Woche an festen Zeiten vor Ort. Wenn Mehrbedarf bestehen würde, dass dort behördliche Hilfe benötigt werde oder eine Einzelfallhilfe in irgendeiner Form benötigt werde, würde sich Gangway melden. Die Hintergründe der Betroffenen aus Litauen seien nicht bekannt. Viele haben keine Ansprüche auf Leistungen. Es sei somit schwierig, diese Personen weiter zu versorgen.

Der Ausschuss wünscht, dass sich die Sozialarbeiter/-innen im Frühjahr 2021 wieder dem Ausschuss vorstellen, um erneut zu berichten. Es soll dann darüber berichtet werden, wo fehlt es an dauerhaften stationären Angeboten. Vielleicht könnten die Träger mit eingeladen werden, um dann gemeinsam zu diskutieren.

 

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Statisti Streetwork 2020 (94 KB)    
 
 

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