Auszug - Corona und Situation im Gesundheitsamt (Regelaufgaben) BE: Bezirksamt  

 
 
44. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziales und Gesundheit
TOP: Ö 6.1
Gremium: Soziales und Gesundheit Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 08.09.2020 Status: öffentlich
Zeit: 17:35 - 19:40 Anlass: ordentlichen Sitzung
Raum: BVV-Saal
Ort: Karl-Marx-Allee 31, 10178 Berlin
 
Wortprotokoll

Einleitend berichtet Herrn BzStR Gothe, dass nach wie vor eine angespannte Situation vorherrscht, weil man sich wöchentlich mit Prozessen umstellen müsse. Tägliche Neuigkeiten aus aller Welt zeigen, in welcher Gesamtlage man sich befindet. Am Montag wurde das im Krisenstab kurz reflektiert, weil sich neue Schwerpunkte nach vorne schieben. Mengenmäßig gebe es viele Corona-Fälle in den USA und Brasilien. Dort seien die Ansteckungsraten täglich sehr hoch (74.000 Fälle pro Tag). Auch haben Argentinien, Kolumbien und Israel eine hohe Infektionsrate, dann folgend Spanien und Frankreich. Leider sei nicht bekannt, wo der nächste Schwerpunkt sei.

In diesem Jahr werde Berlin in der Tourismusbranche nur etwa 30% des Umsatzes erreicht werden. Eine Erholung werde es aber nicht sofort geben, wenn ein Impfstoff da ist. Es werde davon ausgegangen, dass, wenn der Impfstoff vorhanden sei und man im Februar oder März mit der Impfung durch sein werde, die Tourismusbranche eventuell nur auf 40 % der Umsätze kommen werde.
Da der Tourismus in Berlin auch stark in Verbindung mit Kultur und kulturnahem Gewerbe betrieben werde, arbeite der Bezirk Mitte zusammen mit der Kulturverwaltung, dass die Konzertsäle und Theater neue Bestuhlungsmöglichkeiten entwickle, die es erlauben, nicht nur ein Viertel der Zuschauer/-innenzahlen zuzulassen, sondern vielleicht die Hälfte. Das würde der Branche insgesamt helfen. Das sei ein Punkt, wo man aktiv schauen müsse, wie man diese Situation für den Tourismus auch verbessern könnte.

Des Weiteren führt Herr BzStR Gothe aus, dass der Bund in einer Bund-Länder-Konferenz sich darauf verständigt habe, dass es 4 Mrd. € in 6 Jahren geben soll; u.a. 5.000 neue Stellen für die 400 Gesundheitsämter. Rechne man das nach dem Königsteiner Schlüssel um, dann würde das Gesundheitsamt Mitte ca. 20 neue Stellen erhalten.

Dem Bezirk Mitte sei gelungen, eine Immobilie (privates Haus, welches vor 12 Jahren vom Senat verkauft wurde) an der Turmstraße 21 anzumieten. Dieses Haus habe der Bezirk Mitte zurückgemietet. Es können dort 80 Arbeitsplätze untergebracht werden. Der Bezirk Mitte beabsichtigt, dort die komplette Pandemiestruktur, die derzeit in mehrere Häuser verteilt sei, zu konzentrieren. Das Zusammenarbeiten werde das befördern. Der Walter-Rathenau-Saal könne somit im Rathaus Wedding geräumt werden. Ab April könne dann das Wahlamt dort einziehen, um die Wahlvorbereitungen treffen zu können. Das Sozialamt mit dem Frontdesk könne in den Walter-Rathenau-Saal verschoben werden. Somit könne der Galerie Wedding in der Müllerstraße der Raum komplett wieder zurückgegeben werden. Die Ausstellungen der Galerie konnten parallel im Frontoffice betrieben werden. Heute konnte die erste Ausstellung schon einmal betrachtet werden, die am 10.09.2020 eröffnet werde.

Herr Dr. Murajda vermittelt, dass die Lage sehr ernst sei, weil seit Monaten durch das Gesundheitsamt

  • keine Einschulungsuntersuchungen durchgeführt werden können,
  • keine Beratung für die Lebensmittelbranche angeboten werden,
  • keine Stellungnahmen für die soziale/psychosoziale Hilfe durchgeführt werden;
  • keine chronisch kranken Menschen in den Räumen des Beratungszentrums für chronisch kranke Menschen empfangen werden.

Seit Monaten war das Gesundheitsamt reduziert in allen Dienststellen. Alle Kräfte wurden im Kampf gegen die Pandemie eingesetzt mit der Hoffnung, dass die Pandemie nicht so lange andauern werde. Die ehrenamtlichen Kräfte können nicht so lange im Gesundheitsamt arbeiten. Es sei auch klar, dass das gesamte Bezirksamt Mitte nicht so lange mitmachen werde. Als ab Mai 2020 sich die Lage etwas verbesserte, wurden erst die ehrenamtlichen Kräfte und dann einige andere Mitarbeiter/-innen aus den anderen Ämtern dem Bezirksamt Mitte wieder zugeführt. Nach derzeitigem Stand werden die Bundeswehrsoldaten voraussichtlich am Ende des Monats nicht mehr zur Verfügung stehen..
Das Gesundheitsamt habe sich jetzt überlegt, wie man mit den Aufgaben weiter verfahren werde, die schon so lange nicht bearbeitet werden konnten. In den letzten Wochen wurden im Gesundheitsamt Beschränkungen in allen Dienststellen wieder zurückgeführt. Spätestens zum 1. Oktober 2020 werde man mindestens 50 % der Kräfte in ihre Dienststellen zurückschicken. Allerdings betont Herr Dr. Murajda, dass mit der Hälfte der Kräfte nicht alles aufzuholen sei.

Herr Dr. Murajda freut sich, dass die gesamte Pandemiestruktur am Standort Turmstraße 21 im neuen Haus untergebracht werde. Die Synergie werde ermöglichen, viel effizienter arbeiten zu können.

Mit Hilfe der IT-Stelle des Bezirks Mitte konnte eine spezielle Software angeschafft werden, die es ermöglicht, verschlüsselte Kommunikationen per E-Mail zu kommunizieren (mit den einzelnen Betroffenen, mit den Pflegeheimen). Mit der Software sei man auch mit allen Laboren vernetzt. Das sei schnell und ohne Fehler und sei zeitgemäß.

Auch im Bereich der Kommunikation konnte man viel schaffen. Seit 3 Wochen werde ein Wochenbericht über die Lage im Gesundheitsamt in Form von Zahlen angefertigt. Die Zahlen werden auf der Homepage der Bezirksseite des BA Mitte veröffentlicht. Das Team im Gesundheitsamt selbst sei auch gut untereinander vernetzt. Es werden Kontakte mit größeren Städten in der Region und im nicht deutschsprachigen Raum geknüpft. Es werde versucht, einen Austausch zwischen den Gesundheitsämtern, die ähnliche Probleme haben, zu finden. Zuletzt habe man die Kollegen/-innen in Hamburg erfolgreich kontaktiert. Einige Ansätze, wie Alkoholverkaufsverbot in Hamburg Mitte, wurden besprochen.

Der Senat habe dem Gesundheitsamt 1,5 Mio. €r 5 Stellen bewilligt. Die Stellen wurden befristet ausgeschrieben. Herr Dr. Murajda betont, dass die Summe eigentlich bis Ende des Jahres angedacht sei. Dank der Stadträte des BA Mitte wurde garantiert, dass die Stellen nicht bis zum Ende 2020 ausgeschrieben werden, sondern pauschal für ein Jahr. Herr Dr. Murajda glaubt, dass damit die „heiße“ Phase der Pandemie gedeckt sei. Wenn der Bezirk Mitte es schaffen sollte, schnell neue Mitarbeiter/-innen einzustellen, bevor die Pandemie wieder explodiert, dann sei der Bezirk Mitte bestens ausgerüstet.

Vor einigen Wochen war der Bezirk Mitte mit seinen Pandemiezahlen an 2. Stelle im gesamten Bundesgebiet. Die Zahlen seien vor allem auf Reiserückkehrer/-innen zurückzuführen. Diese Zahl sei jetzt ein wenig zurückgegangen. Derzeit machen die sogenannten „wilden Partys“ von jungen Menschen dem Bezirk Mitte Probleme. Es werden dort nicht nur die Corona-Regeln nicht eingehalten, sondern jegliche Regeln der Vernunft werden nicht eingehalten. Hier müsse das Ordnungsamt dagegen agieren.

Seit dem Ende des Lockdowns haben sich die Zahlen verändert, weil ein Fall viele Kontaktpersonen produziere. Das Gesundheitsamt müsse die Personen alle anrufen. Die Personen benötigen den Bescheid, Begleitung, nicht nur einmal. Das sei derzeit nicht leistbar. Deshalb werde nicht verstanden, warum einige Personen mit sich und mit der Gesellschaft so umgehen.

Abschließend bemerkt Herr Dr. Murajda, dass alle hoffen, dass man sich an einer Impfkampagne beteiligen könne, denn es scheint so weit zu sein, dass bald die Impfstoffe zur Verfügung stehen werden.

Geflüchtete Menschen
Frau BV Linnemann (SPD) fragt nach, wie geflüchtete Menschen im Bezirk Mitte aufgeklärt werden? Gebe es ausreichende Angebote in Sprachen? Seien Kampagnen für Maßnahmen geplant, um besser Menschen zu informieren? Herr Dr. Murajda antwortet, dass die Flüchtlinge ein wichtiges Thema darstellen. Es wurde eine kleine Einheit organisiert, in der 3 Personen tätig seien, die die Kollegen aus dem Jugendamt und vom Integrationsbüro unterstützen. Diese Personen haben einen Plan entwickelt. Sie besuchen alle größeren Einrichtungen im Bezirk Mitte, in denen Flüchtlinge untergebracht wurden. Sie bieten ein Informationspaket an, welches vorbereitet wurde. Das Informationspaket beinhaltet Informationen über den Corona-Virus, über die Vorgehensweise, wie werden die Ausdrucke bearbeitet. Es sei angedacht, einen Workshop zu organisieren. Ziel soll es sein, dass jede dieser Einrichtung ein Team vor Ort dort aufbaut, bestehend aus Repräsentanten der Einrichtung, der Untergebrachten und von Mitarbeitern/-innen des Bezirksamtes, die im ständigen Austausch bleiben und im Falle eines Corona-Ausbruchs sehr schnell alles organisieren.
Informationen gebe es schon in mehreren Sprachen. Es gebe Unterstützung vom Übersetzungs- und Dolmetscherdienst.
Alle größeren Einrichtungen konnten besucht und informiert werden. Workshops wurden begonnen, die bis Ende des Jahres 2020 für alle interessierten Einrichtungen geplant werden.
Man beschränke sich nicht nur auf die Flüchtlinge, sondern lege den Fokus auch auf andere Personen (Obdachlose) und halte Kontakt mit der Berliner Stadtmission oder Einrichtungen, die Hilfe erhalten. In diesen Einrichtungen wurde eine besondere Möglichkeit für das Testen entwickelt. Es werde vor Ort getestet nach Absprache mit dem Personal.

Es sollen alle technologischen Möglichkeiten, die die Digitalisierung anbietet, genutzt werden, damit die Arbeit effizienter gemacht werden könne. Heute wurde über das Programm ISIS beraten. Einige Ämter im Bezirk Mitte arbeiten damit schon. Das Programm soll mehr bei den Analysedaten eingesetzt werden.

Stellen für das Bezirksamt Mitte
Herr BV Freitag (Piraten) fragt nach, ob es sich um 20 Netto-Stellen für den Bezirk Mitte handelt? Herr BzStR Gothe teilt mit, dass es seine Berechnung sei, die einfach nachvollziehbar sei. Der Bund spricht von 5.000 Stellen. Nach dem Königsberger Schlüssel erhält das Land Berlin 5%. Davon könne man dann durch 10 teilen und weiß, was eventuell im Bezirk Mitte im Gesundheitsamt ankommt. Herr Gothe sei so auf 20 Stellen gekommen. In Kürze werde die Zahl bekannt gegeben. Interessant sei, ob der Senat die 5 bewilligten Stellen nun wieder abzieht und meint, dass sie in den 20 Stellen enthalten seien oder ob 20 auf die 5 Stellen kommen.
Auf die Frage von Herrn Freitag, ob ein Alkoholverbot für Mitte angedacht sei, teilt Herr Dr. Murajda mit, da in Hamburg Mitte vor einigen Wochen ein Verkaufsverbot für Alkohol am Abend und in der Nacht organisiert wurde, wollte das Gesundheitsamt Mitte darüber mehr wissen, weil es ein erfolgreiches Konzept zu sein scheint. Man habe sich mit den Kollegen/-innen aus Hamburg Mitte ausgetauscht. Es wurde berichtet, dass das Alkoholverbot nicht flächendeckend war. Es wurden die bekannten Ecken aufgesucht, wo am Abend und in der Nacht die Jugendlichenufig und ohne Abstand und ohne andere Schutzmaßnahmen sich übermäßig aufhalten und Alkohol konsumieren. Hamburg Mitte habe es geschafft, zusammen mit Gesundheitsamtsmitarbeiter/-innen und der Polizei durch die Straßen zu laufen. Ordnungswidrigkeiten waren nur ein Teil von der Kampagne. Eine wirksame Beschreibung war tatsächlich der Einsatz der Beschäftigten. Die haben aktiv die Menschen angesprochen. Es habe sich gezeigt, dass das effektiv war.

Gebäude in der Turmstraße 21
Frau BV Stein (Grüne) fragt nach, wie lange der Mietvertrag laufe? Könne das Gesundheitsamt dort langfristig bleiben? Werde die Dezentrale Teststelle am Rathaus Wedding auf das Gelände Turmstraße 21 umziehen?
Herr BzStR Gothe teilt mit, dass es einen 10-jährigen Mietvertrag gebe, den der Bezirk Mitte abgeschlossen habe. Angst müsse man nicht haben, dass der Bezirk nach 10 Jahren erpressbar sei. Für den Campus dort soll zusammen mit der BIM ein Masterplan entwickelt werden, der noch eine Reihe von Nachverdichtungen erlaube. In 10 Jahren werden dort noch weitere Immobilien im Eigentum des Landes bezugsfertig werden.
Auf die Frage zur Teststelle teilt Herr Keesmann, Katastrophenschutzbeauftragter des BA Mitte, mit, dass durch den Shutdown versucht wurde, viele Menschen zu erreichen und entsprechend die Pandemie in den Griff zu bekommen. Der Testplatz im Wedding werde bis Jahresende bleiben. So, wie jetzt die Struktur aufgebaut wurde, könne man die Teststelle nicht auf dem Grundstück der Turmstraße 21 hinstellen. Er lege momentan den Fokus auf die Impfstoffe und sei guter Dinge, dass Anfang des nächsten Jahres die Zelte abgebaut werden und die Pandemie besiegt sein werde.

Hygienekontrollen
Der Vorsitzende, Herr Lötzer, fragt, ob es einen Rückstau bei den Hygienekontrollen gibt, der in der nächsten Zeit abgebaut werden kann? Ergänzend fragt er nach, weil bald die Grippezeit beginnt, ob eine falsche Panik entstehen könnte, ob jemand Corona oder nur eine Grippe habe? Herr Gothe teilt mit, dass zur Verstärkung der Pandemiestruktur aus anderen Ämtern vor 14 Tagen im Bezirksamt über eine sogenannte 24er Liste gesprochen wurde. Kollegen/-innen aus anderen Ämtern, die sich bewährt haben, sollen zurückkommen. Bei einer Bezirksamtsklausur wurde das eindringlich eingefordert, dass diese 24 Personen zurückkommen, um die Pandemiestruktur wieder zu verstärken. Natürlich wenn jetzt eine Person unabdingbar sei, würde man dafür auch eine andere Person nehmen. Herr Gothe betont, dass das Gesundheitsamt nicht im Stich gelassen werde soll. Es wurde angekündigt, dass es bei der 24er Liste nicht bleiben werde, wenn sich in der nächsten Woche die Situation schärfer abzeichnen sollte. Dann werde das BA weitere Personen anfordern. Man werde gegenüber dem einen oder anderen Amt noch Überzeugungsarbeit leisten.
Herr Dr. Murajda vermittelt zur Frage von Herrn Lötzer hinsichtlich der Grippezeit, dass damit diagnostisch umgegangen werde. Aus Sicht des Gesundheitsamtes sollte jemand, der krank ist, zu Hause bleiben.
Man möchte mit dem Impfen der eigenen Beschäftigten beginnen, damit die Verwaltungsstruktur nicht zu Hause bleibt. In Absprache mit dem Betriebsarzt sollen alle Beschäftigten geschützt werden. Wenn die Finanzierungsfrage geklärt sei, werde man wissen, wie man das durchführen könnte. Die, die sich impfen lassen möchten, werden das beim Hausarzt oder beim Betriebsarzt tun.

Beim Sozialamt wurden 100 Fälle nicht bearbeitet. Man habe schnell reagiert und eine Mitarbeiterin ausgeliehen, damit sie vor Ort dort die dringenden Fälle der Klienten bearbeiten könne.
Die Beratungsstelle für chronisch Kranke werde zum 1.10.2020 zu 100 % aktiviert. Es wird überlegt, hier noch zusätzliche Hilfe aus anderen Bereichen zur Verfügung (KJGD und UmNat) zu stellen.

Geo-Software und wie funktioniert die Effizienzsteigerung
Herr BV Freitag (Piraten) nne sich zwar vorstellen wie die Effizienz gesteigert würde durch solch eine Geo-Software, bittet dennoch um eine ausführliche Erklärung.
Auf die Frage von Herrn BV Freitag (Piraten) zu Computer Effizienzsteigerung antwortet Herr Gothe, dass die Thematik umfangreich sei und daher als schriftliche Anfrage gestellt werden solle.

Auf die Frage von Frau BD Schoeley (Grüne), wer Einfluss auf die Gehälter habe, teilt Herr BzStR Gothe mit, dass ein Austausch mit dem Senat gesucht werde. Man werde Verfahrensschritte abstimmen, wie man zu einem Ergebnis kommen könnte.

Der Vorsitzende, Herr Lötzer, dankt Herr BzStR Gothe und Herrn Dr. Murajda für ihre Ausführungen und für die Beantwortung der gestellten Fragen.

 
 

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