Auszug - Aktueller Stand zur CORONA-Krise (incl. Alten- und Pflegeheime) BE: Bezirksamt  

 
 
40. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziales und Gesundheit
TOP: Ö 6.1
Gremium: Soziales und Gesundheit Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 21.04.2020 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 19:10 Anlass: ordentlichen Sitzung
Raum: BVV-Saal
Ort: Karl-Marx-Allee 31, 10178 Berlin
 
Wortprotokoll

Anhand einer Powerpoint-Präsentation stellt Herr BzStR Gothe den aktuellen Stand zur CORONA-Krise vor.
Er schildert, wie sich die Dinge entwickelt haben aus Sicht des Gesundheitsamtes und aus der Struktur, wie man arbeite. Im 2. Teil werde es um die Wesensart des Virus gehen und auf welche Szenarien sich das BA Mitte einstellen müsse.

Am 29.02.2020 wurde der erste Fall in Berlin-Mitte bekannt. Am 02.03.2020 gab es eine Pressekonferenz mit einer sehr starken Resonanz in der Medienlandschaft. Das Gesundheitsamt Mitte geriet somit in den Fokus des öffentlichen Interesses. Mitte möchte die Personen schnell finden, isolieren und schnell testen, ob die Person positiv sei. Das Personenumfeld soll abtelefoniert und ggf. getestet werden. Die Bildzeitung besuchte das BA, um zu erfahren, wie das Gesundheitsamt arbeitet und machte eine erfreuliche Berichterstattung. Die Bildzeitung habe den Begriff CORONA-BUSTERS erfunden. Diesen Begriff habe das Gesundheitsamt Mitte aufgegriffen. Daraufhin wurden T-Shirts bedruckt und mit einem Logo versehen. Ein Facebook-Format arbeitet mit dem Logo. Über Facebook und Twitter könne man sich mit dem Logo CORONA-BUSTERS Informationen holen.

Die Struktur des Gesundheitsamtes habe sich stark gewandelt. Das normale Gesundheitsamt habe sich in eine Pandemiestruktur verwandelt. Rund 15 Teams haben tägliche Aufgaben und arbeiten an 5 verschiedenen Standorten. Notgedrungen müsse man die Arbeit auf die Standorte verteilen und auf die räumlichen Kapazitäten, die vorhanden seien. Man arbeite in einer spezialisierten arbeitsteiligen Struktur, die einem ständigen Wandel unterzogen sei, weil sich die Anforderungen an das tägliche Geschehen ändern. Insofern stelle das einen fließenden Prozess dar, der aufmerksam und analytisch verfolgt werde, damit man sich gut und neu aufstellen könne.

Das Herz der Pandemiestruktur sei tatsächlich das Rathaus Wedding. Der Walter-Rathenau-Saal habe den Vorteil, dass er sehr groß sei und deshalb eine größere Anzahl von Personen fasse, die dort unter Abstandsregeln agieren können. Im Bereich DATA werden Daten gesammelt und gebündelt, verfolgt, dokumentiert. Auch gebe es einen Bereich, wo Ärztinnen arbeiten. Regelmäßig arbeiten 6 Ärzteteams zusammen und fahren hinaus, um abzustreichen (Probenentnahme). Auch haben sich junge Ärztinnen beim Gesundheitsamt freiwillig bereiterklärt, zu arbeiten. Man versuche, über Werkverträge diese jungen Ärztinnen für das Gesundheitsamt Mitte für mehrere Monate, für ein halbes Jahr oder dauerhaft zu binden. Man habe festgestellt, dass durch die große Aufmerksamkeit, die derzeit auf den ÖGD gelenkt werde, man tatsächlich in der Fachwelt eine Nachfrage generiere, so dass Menschen, die in irgendeiner Art diese Fächer studiert haben oder in diesem Bereich schon arbeiten, angeregt werden, dass das ein interessantes Aufgabengebiet in den Gesundheitsämtern sei und dass sie das kennenlernen möchten.

Des Weiteren teilt Herr BzStR Gothe mit, dass eng mit dem Ordnungsamt und mit dem Straßen- und Grünflächenamt zusammengearbeitet werde. Beide Ämter verfügen über Autos. Die Mitarbeiter des Ordnungsamtes übernehmen auch das Kistenpacken, die die Ärzte dann mitnehmen, wenn sie hinausfahren und Tests durchführen.

Wichtig sei auch das Team „Beschaffung“, welches mit dem Pandemiebeauftragten in guten Händen liege.

Auch hebt Herr Gothe die Versorgung der Mitarbeiter/-innen hervor. Jeden Tag wird ein Buffet aufgebaut, damit sich die Mitarbeiter/-innen stärken können und damit die Motivation gehalten werde.

Das Lagezentrum werde auch dafür genutzt, um Pressearbeit zu machen. Am 17.04. besuchte die Gesundheitsministerin, Frau Kalayci, das BA. Sie und auch das LaGeSo informierten sich über die neue Software SORMA, die in ganz Berlin etabliert werden soll. Andere Bezirke möchten diese Software auch anwenden, damit ein vernetztes Arbeiten möglich sei. Auch habe sich ein Kollege aus dem Bezirk Pankow über die Software SORMAS informiert. Das Lagezentrum sei ein Ort, der stets belebt sei bis weit in die Nachtstunden hinein. Auch an den Wochenenden gebe es einige Leistungsträger, die immer da seien.
Die Arbeitsatmosphäre sei sehr stark vom Teamgeist geprägt. Herr Dr. Murajda meint, dass es die beste Teambildingmaßnahme sei, die es je gab, weil es aus anderen Ämtern eine starke Unterstützung gebe, vor allem im Telefondienst. Man hoffe, dass dieser Geist auch durchgehalten werde.

Bis vor Ostern hoffte man, dass sich danach alles wieder normalisieren würde und dass man zum normalen Leben zurückkehren könnte. Mittlerweile weiß man aber, dass man zwar versuchen müsse, ins normale Leben zurück zu kehren, dass die Pandemie aber noch lange nicht beendet sei. Man müsse von einem Sprint auf einen Langstreckenlauf umschalten. Man müsse schauen, wie man diese Pandemiestruktur auf einem hohen Leistungsniveau für die nächsten 12 Monate halte, auch unter der Prämisse, dass viele der ausgeliehenen Kollegen/-innen in ihre Ämter zurückkehren, um dort ihre Arbeit wiederaufzunehmen. Das sei die größte Herausforderung, mit der man derzeit umgehen müsse. Man müsse die Pandemiestruktur mit Personal so ausstatten, dass die derzeitig dort arbeitenden Hilfskräfte ersetzt werden.
Derzeit sei auch die politische Aufgabe zu schauen, über welche Szenarien man überhaupt mittelfristig bis zum Ende dieser Pandemie rede. Man sei auf die Wissenschaft angewiesen, was möglich sei. 3 Szenarien werden immer wieder diskutiert.

  • Durchseuchung (werden 70 % der Bevölkerung infiziert, dann laufe sich der Virus von alleine tot. Bekannt sei, dass das 25 Jahre andauern würde)
  • Austrocknen des Virus, bis es keine neuen Fälle mehr gibt. Das funktioniere aber nur, wenn Deutschland eine Insel wäre, wo es keine Zu- und Abgänge gebe. Da Deutschland vernetzt sei und viele Grenzen habe, sei das kein gutes Szenario.
  • Entwicklung eines Impfstoffes.

Aufgabe der Politik sei es, auf der Grundlage solcher Szenarien zu ermessen, was das für die verschiedenen Bereiche im gesellschaftlichen Leben bedeute. Was bedeutet das für die Gesundheit der Bevölkerung, der öffentlichen Verwaltung, für das öffentliche Leben insgesamt, für die Wirtschaft, für die Kultur, für Schule, Kita, Hochschulen, für den Tourismus usw. Das müsse man alles durchdenken auf der Basis eines jeweiligen Szenarios. Was könne man zulassen und was bedeutet das. Er habe heute mit der Senatsverwaltung ein Gespräch geführt. Der Senat bestätigte, dass es dort kein Ressort gebe, welches nicht irgendwie mehr oder weniger von Pandemieszenarien gelenkt und beeinflusst werde.

Herr Dr. Murajda teilt ergänzend mit: Ziel sei es zu motivieren. Er berichtet warum CORONA CORONA heißt. CORONA sieht wie eine Krone aus. Es handele sich nicht um einen neuen Virus. CORONA-Viren gebe es schon lange, vor allem sei die Tierwelt mit diesen Viren befallen. Die Erkältungswellen im Winter seien meist CORONA-Viren. Jeder 2., der eine Erkältung oder etwas Ähnliches habe, habe einen CORONA-Virus in sich. Unterschied sei nur, dass es verschiedene CORONA-Viren gebe. Was jetzt Probleme macht, sei eine Sorte, die sich mit Eigenschaften von Tieren kombiniert habe und von der Ecke der Welt herkommen, wo Menschen und Tiere nah beieinander leben. SARS war auch ein CORONA-Virus, der 2004 in viele Krankenhäuser einbrach und viele Ärzte und Pflegepersonal tötete. Nach Europa kam dieser Virus nicht. In der Öffentlichkeit wurde SARS vergessen. In der Forschung bei Tieren sei das Thema geblieben. CORONA-Virus zirkuliert in einigen Populationen von Tieren genau dort in Südostasien und rundherum. Nachträglich sei es nicht so überraschend, es war letztlich nur eine Frage der Zeit. Es werde ständig über neuartige Grippeviren gesprochen. Mitte Dezember 2019 waren Fälle bekannt, aber erst Anfang Januar 2020 öffentlich. Am 16.01.2020 hatte das Gesundheitsamt Mitte einen Verdachtsfall; die Person wurde ins Krankenhaus in der Drontheimer Straße eingeliefert. Er selbst habe am nächsten Morgen (Sonntag) die Probe in ein wissenschaftliches Labor gebracht. Der Bezirk Mitte sei somit der erste Bezirk mit einem Verdachtsfall. Ende Januar hatte die Senatsverwaltung für Gesundheit eine Hotline eingerichtet. Der Bezirk Mitte, Charlottenburg-Wilmersdorf und das LaGeSo haben das unterstützt. Der Bezirk Mitte habe dann als erster Bezirk eine bezirkliche Hotline eröffnet. Da man die Daten besser verstehen möchte, habe Mitte eine Software SORMAS für die Erfassungs- und Analysedaten installiert. Am 23.04.2020 werde der Bezirk Mitte wieder der erste Bezirk sein, der seine erfolgreiche Strategie Finden Isolieren Testen noch besser machen möchte. Um das zu schaffen, möchte man einen Testplatz dafür nutzen. Wenn ein Fall kommt, soll die Person, die positiv getestet werde, sofort isoliert werden. Es soll nicht nur diese Person isoliert werden, sondern alle Personen, die mit ihm in Kontakt standen. Die Personen sollen das nicht weitertragen. Es sollen auch noch die Personen isoliert werden, die nicht im engen Kontakt zur Person stehen, aber doch mit der Person Kontakt hatten.

Deutschland habe Maßnahmen ergriffen, dass sich das Virus nicht schnell verbreiten könne. Die Pandemie werde länger andauern, werde weniger Tote bringen, aber große Probleme für die Wirtschaft bringen, denn man müsse damit länger kämpfen und viele Menschen werden darunter leiden. Deshalb beschäftige man sich mit Szenarien. Beim 3. Szenarium sei das Problem der Impfstoff, weil Antikörper selbst nicht das seien, was wirklich helfe gegen diesen Virus. Man müsse andere Impfstoffe produzieren, was länger andauern werde und es bringe viele Nebenwirkungen. Herr Dr. Murajda meint, dass man wahrscheinlich lange warten müsse, ehe ein Impfstoff gefunden werde und dass man eventuell 12 Monate (einige meinen vielleicht 24 Monate) warten müsse. Dann werde man noch nichts Perfektes haben.

Abschließend vermittelt Herr Dr. Murajda, dass Ende Mai geschaut werden könnte, wie man weiter verfahren werde.

Anschließend werden folgende Fragen gestellt:
Wo gebe es aus Sicht des Gesundheitsamtes Engpässe?
Was beinhalten die Verträge mit den jungen Ärztinnen?
Welchen Sinn haben Masken?

Herr BzStR Gothe antwortet: Die größte Herausforderung habe derzeit das Personalmanagement. Derzeit sei man dabei, mit dem Steuerungsdienst zu sprechen, ob 2 Personen aus dem Steuerungsdienst das Organisationsmanagement weiter betreiben könnten. 2 Personen habe man aus dem Rechtsamt gewonnen, die juristisch beraten. Zum Thema Mobilität teilt er mit, dass das Ordnungsamt wieder Geld einnehmen müsse. Von 1 Mio. € Einnahme für Parkraumbewirtschaftung pro Monat bisher habe man nun monatlich 600.000 € Minus. Zum Thema Kommunikation teilt er mit, dass noch keine Lösung gefunden wurde, wie der Bezirk aus der Pandemiestruktur heraus regelmäßig in die Verwaltung wie auch nach außen kommuniziert. Man schaue mit den einzelnen Organisationseinheiten, ob man Personen für 6 Monate entbehren könnte. Einige Schlüsselpersonen möchte man temporär oder langfristiger binden.
Zur Maskenpflicht könne Herr Gothe nichts sagen. Man müsse schauen, wie der Senat das definiert habe.
Herr BV Leuschner (CDU) teilt mit, dass das Maskentragen in Berlin nur im ÖPNV gelte. Im Einzelhandel und in den anderen Einrichtungen gebe es eine Empfehlung, Masken zu tragen.

Frau BV Stein (Grüne) vermittelt, dass Papiermasken nach 2 Stunden tragen weggeworfen werden müssten. Bei einer länger andauernden OP müsse man diese Masken öfter wechseln. Ein einfaches Baumwolltuch sei eine viel bessere Variante, um Aufmerksamkeit. zu signalisieren. Wenn man jemanden mit Mundschutz sehe, weicht man automatisch aus, weil es sich um ein ungewohntes Bild handele. Das sei ein normaler Fluchtinstinkt des Menschen. Man sollte auf diesen Effekt setzen. Das Tuch könne man auskochen, Papiermasken nicht.

Herr Dr. Murajda vermittelt abschließend, dass 160 Personen des Gesundheitsamtes an der Pandemiekrise arbeiten, 20 Personen davon seien vom Gesundheitsamt ausgebildet. Im Team Ärzte gebe es derzeit keine Person mit Spezialkenntnissen im Infektionsschutz. Mehrere Ärztinnen arbeiten im Gesundheitsdienst, aber nicht im Infektionsschutz. Sobald die Einschulungsuntersuchungen oder Beratung für Schwerbehinderte etc. organisiert werden müssen, werde es schwierig. Die jungen Ärztinnen haben verstanden, dass das Gesundheitsamt für sie interessant sei. Die Verträge, die ihnen angeboten werden, seien fair und man möchte die jungen Ärztinnen nicht ausbeuten.  

Der Vorsitzende, Herr Lötzer, dankt für die Präsentation und für die Beantwortung der gestellten Fragen.

 
 

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