Auszug - Keine Bestrafung sozialer Projekte in Mitte – Sicherheit für Träger nicht nur in der Tieckstraße  

 
 
26. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin (mit LIVE-STREAM)
TOP: Ö 9.2
Gremium: BVV Mitte von Berlin Beschlussart: beantwortet
Datum: Do, 21.03.2019 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 22:30 Anlass: ordentlichen Sitzung
Raum: BVV-Saal
Ort: Karl-Marx-Allee 31, 10178 Berlin
1774/V Keine Bestrafung sozialer Projekte in Mitte – Sicherheit für Träger nicht nur in der Tieckstraße
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion der SPDFraktion der SPD
Verfasser:Matischok-Yesilcimen, Fischer 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
 
Wortprotokoll

  1. Konnte eine Lösung für die Notunterkunft in der Tieckstraße gefunden werden, die für alle Seiten einen positiven Ausgang bedeutet?

 

BzStaRin Frau Reiser antwortet: Liebe Anwesende, sehr geehrte Frau Fischer und Frau Matischok. Der Zweckentfremdungsvorgang Tieckstraße 17 ist noch nicht abgeschlossen. Dementsprechend wird noch nach Lösungen gesucht und Lösungen müssen errungen werden, die zum einen den Interessen der Beteiligten gerecht werden und zum anderen einem rechtsstaatlichen Verfahrensgrundsatz entsprechen. Was unstrittig ist und was ich hier auch nochmal betonen möchte ist, dass die Genehmigung für den Betrieb der Notunterkunft erteilt worden ist und auch nicht in Frage steht. Das eigentliche Problem oder die eigentliche Herausforderung liegt darin, dass die betroffene Notunterkunft für Frauen und Kinder nach dem Zweckentfremdungsverbotsgesetz als eine gewerbliche Einrichtung kategorisiert wird. Einfach aus dem Grund, weil hier eine Unterbringung nach Tagessätzen erfolgt. Im Zuge der Novellierung des Zweckentfremdungsverbotes, wurde die Freistellung solcher Einrichtungen von der Genehmigungspflicht und von jeden weiteren zweckentfremdungsrechtlichen Regulierungen, wie jetzt in diesem Fall die Ausgleichszahlung, verworfen. Da auch mit dem Betrieb sozialer Einrichtungen theoretisch Einnahmen generiert werden können, wurde im Gesetzgebungsverfahren durchgesetzt, dass der Betrieb solcher Einrichtungen in Wohnräumen genehmigungspflichtig ist und letztendlich ist die öffentliche Hand, in dem Fall der Bezirk, verpflichtet, auf Grundlage der Wirtschaftlichkeit der Einrichtungen, Ausgleichszahlungen festzulegen. Es geht hierbei nicht um Bestrafung, sondern diese Ausgleichszahlung soll den Bezirk befähigen, Wohnraum zur Kompensation zu schaffen. Die zuständige Stelle, also der Zweckentfremdungsbereich, kann auf Grundlage beigebrachter Unterlagen zur Wirtschaftlichkeit Ermessen ausüben. In Fall der Tieckstraße wurden solche bisher nicht eingebracht. Das heißt, dass wir aktuell keine Grundlage für das Ausüben dieses Ermessensspielraumes haben. Wir bräucht

en ein wirtschaftliches Gutachten, das möglichst einrichtungsscharf ist, damit wir auch wohlwollend prüfen und dann auch das Ermessen ausüben können. Ich möchte auf dem Weg noch darüber informieren, dass ich nächste Woche, am Mittwoch dem 27.03, mich mit der Diakonie als Antragssteller und dem Fachbereich Zweckentfremdung zusammensetzen werde und hoffe, dass das Verfahren dann im Sinne aller Beteiligten in Bewegung kommt.

  1. Wie viele Notunterkünfte im Bezirk fallen unter die Zweckentfremdung von Wohnraum?

 

BzStaRin Frau Reiser antwortet: Derzeit fallen drei Wohnungen in der Tieckstraße 17 darunter. Alle Wohnungen gehören zu einer sozialen Einrichtung. Die Mehrzahl der Obdachloseneinrichtungen hier in Mitte befindet sich eher auf Gewerbeflächen oder Gewerberäumen, die nach dem Gesetz der Zweckentfremdung nicht betroffen sind. Der Rest der Einrichtungen, die sich in Wohngebieten befinden, ist aufgrund ihres langjährigen Bestandes geschützt.

  1. Wie viele Wohnungen stehen obdach- und wohnungslosen Frauen in Mitte für einen zeitnahen Bezug zur Verfügung, um die Unterbringung in Notunterkünften zu verhindern?

 

BzStaRin Frau Reiser antwortet: Hierzu habe ich mir aus dem Bereich Soziales Informationen geholt. Das Bezirksamt unterhält keine dementsprechenden Wohnungen.

  1. Wie viele und welche Anpassungen nach ZwVbVO §4 Abs. 4 wurden bisher vorgenommen?

 

BzStaRin Frau Reiser antwortet: Es gab 15 Genehmigungen mit Ausgleichsabgaben. Größtenteils, das ist allerdings keine Kunst, vor meiner Zeit. Die Fälle sind alle unter Berücksichtigung der relevanten Gesetzänderungen zu sehen. Die Änderungen umfassen einerseits die Tatsache, dass der Grund vorrangiges öffentliches Interesse für das Absehen von der Ausgleichszahlung gestrichen worden ist. Dann gab es eine Änderung, die soziale Einrichtungsformen zu bestimmten Zwecken von der Genehmigungspflicht freistellt. Das wurde wie gesagt auch geändert. Genauso die Höhe der Ausgleichszahlungen, die wurde von fünf auf sechs Euro pro Quadratmeter beziehungswiese die einmalige Ausgleichszahlung von 2000 Euro auf 2400 Euro angehoben. Zu den genannten 15 Fällen, die würde ich Ihnen jetzt auflisten, mit Anschrift und Wohnungszahl. Das ist zum einen die jetzige Tieckstraße 17 mit drei Wohnungen, Perleberger Straße 16 mit vier Wohnungen, Taubenstraße 44 und 45 mit zwei Wohnungen, Triftstraße 49 und Kiautschoustraße 16 mit drei Wohnungen und die Eichendorffstraße 4 mit zwei Wohnungen.

  1. Welche Veränderungen im Zweckentfremdungsrecht hält das Bezirksamt für erforderlich, um derartige Fallkonstellationen für die Zukunft zu vermeiden?

 

BzStaRin Frau Reiser antwortet: Wünschenswert für uns hier im Bezirk oder generell wäre natürlich, dass es eine ganz enge Abstimmung zwischen den beteiligten Bereichen gibt, die im Rahmen der Genehmigung von Notunterkünften oder generell Unterbringungsform nach Tagessätzen beteiligt sind. Es ist zwingend erforderlich, dass bei der Aushandlung von Tagessätzen auch die Zweckentfremdung berücksichtigt wird. Wenn solche Einrichtungen nicht in Gewerberäumen stattfinden oder eingerichtet werden können, sind wir gesetzlich verpflichtet den Verlust von Wohnraum auszugleichen. Wir befinden uns hier in Mitte und generell in Berlin in einer sehr unglücklichen Zwickmühle. Wir sind uns zum Glück hier und auch in Berlin einig, dass schutzbedürftige Menschen, Menschen, die von Obdachlosigkeit bedroht sind, untergebracht werden sollten. Das Problem ist nur, wenn solche Einrichtungen oder Notunterkünfte, die nach Gesetz als gewerblich gelten, in Wohnraum stattfinden, dann sorgt das wiederum für Verknappung von klassischem Wohnraum. Diese Verknappung sorgt dann wiederum für eine gewisse Mietpreissteigerung. Im schlimmsten Fall potenziert das wiederum die Zahl derer, die Wohnungen brauchen oder dann wohnungslos oder obdachlos sind. Wir haben da wirklich eine verzwickte Lage, die wir hier in Mitte nicht lösen können. Das einzige, was wir machen können, was ich machen kann, ist die Erfahrung aus dem aktuellen Verfahren Tieckstraße mitzunehmen. Das werden wir auch machen und zu versuchen auch auf Landesebene für Verbesserungen zu sorgen. Das ist momentan der aktuelle Stand der Dinge.

Frau Fischer (SPD): Vielen Dank Frau Reiser für die Bearbeitung. Ich habe einmal die Bitte, ob wir die ganzen aufgezählten Einrichtungen haben könnten. Vielen Dank. Dann noch eine Frage zur Klarstellung. Sie haben gesagt, Ihnen fehlt momentan noch ein einrichtungsgetreues Gutachten. Hoffen Sie, dass das angeleiert werden könnte, wenn Sie sich mit der Diakonie treffen? Es wäre gut, wenn das Verfahren möglichst bald abgeschlossen wird.

BzStaRin Frau Reiser: Also, erstens, ich kann Ihnen die Auflistung gerne zukommen lassen. Das ist gar kein Problem und zu zweitens, ja, ich hoffe sehr, dass dieses Gespräch dazu beiträgt, dass erstens diese verzwickte Lage erklärt wird und dass die Diakonie sieht, welche Nachwiese sie einbringen muss. Niemand hat hier die Absicht das zu verhindern oder zu bestrafen. Ich kann die Mitarbeiter jedoch nicht zu rechtswidrigen Taten auffordern. Wir brauchen einfach diese Nachweise und wenn diese möglichst einrichtungsscharf sind, ist auch eine wohlwollende Prüfung möglich. Das hoffe ich am Mittwoch zu klären.

Herr Wehlus (AfD): Frau Reiser, eine Frage zur Tieckstraße 17. Das war das ehemalige Gemeindehaus in der Borsigstraße. Das war doch eigentlich Gewerberaum. Es wohnten zwei drei Mieter drin. Das stimmt. Ich kenne das Haus sehr gut von früher, von vor 50 Jahren. Eigentlich ist doch ein Gemeindehaus ein Gewerberaum gewesen. Ist da irgendwas durchgerutscht mit dem Gewerbe?

BzStaR Herr Gothe: Ihre Frage ist berechtigt. Es sste so sein, dass diese Räume als Wohnungen genutzt worden sind zuletzt oder dass sie zum Wohnen geeignet sind. Ich kann das aber nicht beschwören und werde da nochmals konkret nachfragen.

Herr Bertermann (Grüne): Vielen Dank für die Beantwortung. Nur um sicher zu gehen. Sie haben davon gesprochen, dass Sie von der Diakonie noch Unterlagen brauchen, also dieses Gutachten. Ich gehe davon aus, der Diakonie ist ein Schreiben dazu zugegangen, wo genau drin steht was sie noch brauchen, damit Sie den Antrag bearbeiten können. Oder wollen Sie am 27. denen das erste Mal erzählen was sie brauchen?

BzStaRin Frau Reiser: Die Diakonie hat ganz regulär Widerspruch eingelegt. Es ist ein ganz reguläres Widerspruchverfahren und dazu gehört auch ein Gutachten.

Herr Bertermann (Grüne): Ich versuche es zu verstehen. Also im Rahmen des Widerspruchs haben Sie der Diakonie mitgeteilt, was Sie von denen wollen? Die spannende Frage ist, ob Sie der Diakonie schon mal schriftlich mitgeteilt haben, was Sie genau wollen?

 

 
 

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