Auszug - Fortsetzung der Diskussion über die Räumung im Ulap-Park BE: Bezirksamt  

 
 
26. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziales und Gesundheit
TOP: Ö 6.2
Gremium: Soziales und Gesundheit Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 12.02.2019 Status: öffentlich
Zeit: 17:32 - 20:45 Anlass: ordentlichen Sitzung
Raum: Sitzungsraum 121
Ort: Karl-Marx-Allee 31, 10178 Berlin
 
Wortprotokoll

Herr BzStR Gothe vermittelt, dass er im Vorfeld der BVV eine Pressemitteilung herausgegeben habe zum Thema Kältehilfe. Es konnte eine beträchtliche Anzahl von Plätzen erreicht werden. Zur Aufsuchenden Sozialarbeit wurde mitgeteilt, dass ein Konzept entwickelt wurde, wie man damit umgehe. Am 01.03.2019 werde man den ersten Mitarbeiter für die Aufsuchende Sozialarbeit begrüßen. Im April werde man eine zweite Person gewinnen. Auch habe man ein Konzept, dieses Themenfeld stärker personell zu untersetzen. Herr Gothe werde in den Haushaltsberatungen darauf zurückkommen und hofft, dass er die Bezirksverordneten überzeugen könne, dass das eine richtige Entscheidung sei, diesen Bereich dann weiter zu verstärken.

 

Zum Ulap-Park vermittelt er, ob es vielleicht besser gewesen wäre, 3 Tage davor vorbei zu kommen. Von der eigentlichen Räumung wusste sein Amt vorher nichts, dass der Termin anstehe. Es gab mehrere Einsätze, wo den Menschen im Ulap-Park Bescheid gegeben wurde, dass es eine Räumung geben werde und dass empfohlen werde, den Park freiwillig zu verlassen. Als der Einsatz kam, war nur eine Person vor Ort, die einen Konflikt ausgelöst hatte. Man wäre bei dieser Person nicht erfolgreich gewesen, wenn man 2 Tage vorher vor Ort gewesen wäre und versucht hätte zu überzeugen und Beratungsangebote, Unterbringungsangebote im Bezirksamt selber nach zu fragen. Das wäre bei dieser Person nicht gelungen. Herr Gothe hofft, dass man jetzt ab April 2019 systematisch in der Lage sei, das Ordnungsamt zu begleiten. Im Vorfeld werde man vor Einsätzen abstimmen und auf Beratungsangebote hinweisen, um Konflikte zu entschärfen.

 

Herr BV Kurt (Grüne) meint, dass er es sinnvoll gehalten hätte, wenn Mitarbeiter des Sozialamtes den Ulap-Park aufgesucht hätten. Hilfen, die vorhanden seien, seien wohl nicht die richtigen Hilfen, wenn Menschen psychisch krank seien. Herr Kurt behauptet, wenn man die richtigen Hilfen hätte, würden die Menschen nicht auf der Straße bleiben. Der Bezirk Mitte könne wenig tun. Auch meint er, dass die Ergebnisse der Strategiekonferenz umgesetzt werden müssen. Wann komme das Präventionskonzept? Sei das haushaltsrelevant für den Doppelhaushalt, der vom BA Mitte aufgestellt werde? Könne man den sozialpsychiatrischen Dienst rausschicken? Herr Kurt glaubt, dass es kleine Instrumente gebe, wo der Bezirk etwas machen könnte.

 

Der Vorsitzende, Herr Lötzer, vermittelt, dass die Kommunikation zwischen dem Ordnungsamt und dem Sozialamt nicht funktionierte. Eine Abstimmung beider Ämter habe nicht stattgefunden. Da es viele psychisch Kranke gebe, habe man sich vom Ausschuss her schon früher an das Gesundheitsamt gewandt, aber leider gebe es dort kein ausreichendes Personal für eine aufsuchende Beratung von psychisch Kranken. Eine Lösung, wie man mit kranken Menschen umgehe, habe man nicht. Herr Lötzer betont, dass bei Räumungen im Bezirk es möglich sein müsse, Personen vom Sozialamt dabei zu haben, die im Zweifelsfall die Beamten der Polizei darauf hinweisen, dass zwar eine Ordnungswidrigkeit vorliege, aber dass es sich auch um kranke Menschen handele. Hier gehe es nicht darum, sie weg zu schaffen. Es gehe um eine normale Schrittfolge.
Er bemerkt weiter, dass eine Räumung vor Ort nicht vorher kontrolliert werden könne. Die Abfolge auf der bezirklichen Seite sei nicht geklärt.

 

Frau BV Stein (Grüne) wundert sich, dass man über die Person Obdachlose spreche. Es handele sich um eine differenzierte Person, die anders sei, als die restliche Bevölkerung. Sie findet, dass es ein abgestimmtes Konzept im Umgang mit dieser Personengruppe geben müsse. Zum Kinderschutz gebe es einen Leitfaden. Dort sei genau aufgelistet, wenn: der ist dort einzubinden usw. Sie fragt sich, ob im Ergebnis der gemeinsamen Ausschusssitzung, die am 27.04.2018 stattfand, daran gedacht wurde, ein Konzept zu erarbeiten? Des Weiteren vermittelt sie, dass niemand freiwillig auf der Straße lebe. Aber es gebe einen kleinen Teil von Menschen in jeder Gesellschaft, die sich nicht in die Gesellschaftsstrukturen eingliedern wollen. Für diese Menschen, aus deren Perspektive müsse man ein Konzept entwickeln. Man denke immer aus seiner Situation, was man für gut und richtig empfinde. Das müsse aber nicht heißen, dass es für diese Menschen das Richtige sei. Sie leben in einer völlig anderen Lebenssituation. Mit dieser Personengruppe kann nicht jeder. Man benötige Fachpersonal in der Gesprächsführung, um auf diese Person zuzugehen. Das seien spezielle Berufsgruppen, wie z. B. Psychiater.
 

Herr BzStR Gothe vermittelt, dass man nicht verweigere, mit dem Ordnungsamt zusammen zu arbeiten. Ihm liege eine Liste von Einsätzen vor. Das sei zusammen mit dem Sozialamt geschehen. Er unterstütze, dass man aufsuchende Sozialarbeit benötige, um sich um Obdachlose zu kümmern. Man müsse aber trotzdem feststellen, dass es bisher Null Mitarbeiter*innen gab, die dieses Profil haben. Man könne von Mitarbeiter*innen des Sozialamtes nicht verlangen, dass irgendjemand aus dem Sozialamt sagt, dass sie/er mitgehe. Beim sozialpsychiatrischen Dienst sei das auch so. Das BA strebe jetzt das Mustergesundheitsamt an. In dem Mustergesundheitsamt, welches vom Land als Zielgröße festgelegt wurde, gebe es nicht eine Person, die/der eine solche Arbeit ausführen könnte. Herr Gothe werde in den Doppelhaushaltsberatungen 2 Stellen für solch eine Tätigkeit anmelden. Man könne nicht vom BA verlangen, dass man das jetzt tue, obwohl man kein Personal zur Verfügung habe. Abschließend betont er, dass es Träger gebe, die dieses Profil haben. Es bestehe ein Defizit, dass das Sozialamt nicht eingebunden sei, was sie machen; welche Klientel haben sie im Fokus; das sei mit Mitte nicht abgestimmt. Das sollte man auf einen Stand bringen. Vielleicht gebe es Vernetzungsmöglichkeiten, weil das im Sinne einer aufsuchenden Sozialarbeit funktioniere und etabliert sei und dass man sich das zu Nutze mache.

 

Herr Marien fragt sich, von welchen Größenordnungen man ausgehe? Mitte kümmere sich derzeit um 8990 Menschen, die in einer direkten Beratung stehen und die Mitte untergebracht habe. Man spreche von Straßenobdachlosigkeit, die anders sei. Mitte tue sich schwer damit, einen Masterplan für die Durchsetzung und Umsetzung von Maßnahmen aufzustellen. Man stelle sich die Frage, welche Maßnahmen könne man überhaupt treffen? Alle Professionen, die sich an solch einem Fall abarbeiten, helfen die Kollegen*innen aus. Man müsse immer sehen, dass man ein abgestuftes Verfahren habe. Seit der letzten Konferenz zum Großen Tiergarten seien die Kontakte zu den zuständigen Stellen untereinander ausgebaut worden. Präventionsrat, Ordnungsamt, Sozialamt informieren sich gegenseitig. Täglich habe man Eingänge, die informativ an alle verteilt werden. Zuerst werde versucht, sie zu werten, ob man eventuell einschreiten könnte. Herr Marien stellt aber immer wieder fest, dass alle Professionen, die an dem Fall arbeiten, händeringend eine Möglichkeit suchen, überhaupt eine Rechtsgrundlage zu finden, wie man in so einer Situation eingreifen könnte. Problem sei, dass die Selbständigkeit und der eigene Wille eines solchen Betroffenen immer im Vordergrund stehe. Den Profis vom Gesundheitsamt sei es kaum noch möglich, jemanden nach dem PsychKG unter zu bringen. Die Richter gehen nicht mit. Das System funktioniere nicht.

Abschließend vermittelt Herr Marien, dass nicht das Angebot mangele und was fehle, sondern es sei tatsächlich aufgrund der Lebenssituation oftmals eine Einstellung der Menschen sei, sich nicht mehr helfen lassen zu wollen, denn die Angebote seien vorhanden. Gerade in der Rathenower Straße wurde vermittelt, dass sich um die Ecke eine Kältehilfe befinde; selbst diese Hilfe wurde nicht angenommen.
Herr Marien teilt mit, dass man sich im Schwerpunkt fokussieren möchte auf die Prävention von Wohnraumverlust, weil das der Anfang vom Ende sei. Man versuche, hier einen Schnittpunkt her zu stellen, um die Menschen zu erreichen.

 

Frau Dr. Freikamp (DIE LINKE) bittet die Verfahrensweise darzustellen. Sie möchte nicht das Gefühl haben, dass Menschen unwürdig behandelt werden. Das Sozialamt Mitte mache viel, aber was nach außen dringe, sei das Gegenteil.

 

Herr BV Kurt (Grüne) habe eine Schriftliche Anfrage – Hilfsangebote für Obdachlose in Tiergarten am Hansaplatz – gestellt. Er glaubt nicht, dass es noch mehr Angebote geben müsse. Er fragt nach, wie das Bezirksamt sicherstellen könnte, wie man mit den Trägern zusammenkommen könnte? Leider gebe es eine doppelte Struktur (Bezirks- und Landesstruktur). Gebe es Gespräche hinsichtlich der Kooperationsklauseln? Was könne man tun? Des Weiteren fragt er und bezieht sich auf die Darstellung von Herrn Marien, ob es keine andere Form von Hilfsangeboten gebe, die man geben könnte?

 
 

Legende

Ausschuss Tagesordnung Drucksache
BVV Aktenmappe Drucksachenlebenslauf
Fraktion Niederschrift Beschlüsse
Sitzungsteilnehmer Auszug Realisierung
   Anwesenheit Kleine Anfragen