Auszug - Fragen zur PM des Bezirksbürgermeisters?  

 
 
24. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin (mit LIVE-STREAM)
TOP: Ö 8.1
Gremium: BVV Mitte von Berlin Beschlussart: beantwortet
Datum: Do, 24.01.2019 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 22:30 Anlass: ordentlichen Sitzung
Raum: BVV-Saal
Ort: Karl-Marx-Allee 31, 10178 Berlin
1676/V Fragen zur PM des Bezirksbürgermeisters?
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion der CDUFraktion der CDU
Verfasser:Pieper Fritz und die anderen Mitglieder der Fraktion der CDU 
Drucksache-Art:DringlichkeitsanfrageDringlichkeitsanfrage
 
Wortprotokoll

  1. Wie bewertet das Bezirksamt nach jetzigem Stand den Einsatz von Ordnungs- und Hilfskräften im Rahmen der Räumung eines Obdachlosen-Camps im Ulap-Park am 9. Januar?

 

BzBm Herr von Dassel antwortet: Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrte Damen und Herren, ich glaube, alle die den Ausschnitt dieses Videos gesehen haben waren doch verstört. Allerdings muss ich sagen, auch nach Klärung der Umstände, die zu diesen Bildern geführt haben, halte ich den Einsatzr notwendig. Es ist vielleicht nochmal wichtig zu sagen, dass es bis auf diese eine Ausnahme geordnet ablief. Die anderen obdachlosen Menschen haben den Ort dort mit ihren Habseligkeiten verlassen bis das Ordnungsamt und die Polizei eingetroffen waren. Ob der faktische Umgang mit der offensichtlich verwirrten, aber auch aggressiven Frau, angemessen erfolgte, kann ich nicht abschließend beurteilen. Ich denke aber, dass die Stellungnahme der Polizei, die auch vom Ordnungsamt bestätigt wurde, durchaus glaubhaft ist. Ich hatte zudem auch gehört, dass das von hinten über die Frau geworfene Tuch dazu diente, um die Situation nicht weiter eskalieren zu lassen.tte man das vorher angendigt, dann wäre die Eskalation wahrscheinlich fortgeschritten. Im Endeffekt kann ich das nicht beurteilen. Selbstkritisch muss das Bezirksamt allerdings einräumen, dass der Zustand und die katastrophalen hygienischen Bedingungen in der die Frau, die im Fokus steht, seit längerem bekannt war. Es kam aber nicht zu aktiven Hilfebemühungen des Bezirks. Hier muss die Zusammenarbeit, insbesondere des Ordnungsamtes mit dem Sozial- aber auch dem Gesundheitsamt verbessert werden, um den jeweiligen Einzelfällen noch besser gerecht werden zu können. Die baldige Besetzung zweier Stellen r die aufsuchende Sozialarbeit im Sozialamt wird hier sicherlich und hoffentlich einiges bewirken. Wenn dort jemand vom Sozialamt oder sogar vom sozialpsychiatrischen Dienst hingegangen wäre, hätte das nicht bedeutet, dass sich die Situation nicht automatisch aufgelöst. Wir haben einige Besuche von Fachpersonal bei Obdachlosen, ohne dass es ihnen gelingt, die Person von ihrem wilden campieren oder von der Situation in der sie leben abzubringen. Eine Anfrage, die heute vielleicht nicht mehr herankommt, da wird auch auf eine umung im Schillerpark hingewiesen, die mehrfach schon erfolgt ist, wo es sogar nicht mal den Eltern des dort leben Mannes gelingt, ihn davon abzubringen, dort in wirklich katastrophalen Umständen zu leben.

 

  1. Wie häufig und in welcher Schwere kam es in den vergangen Jahren zu aggressivem und ihre Gesundheit gefährdenden Verhalten von obdachlosen Menschen gegenüber Beschäftigten von Ordnungsamt und Straßen- und Grünflächenamt?

 

BzBm Herr von Dassel antwortet: Nach den Übergriffen auf das Ordnungsamt 2018 wurden ca. 60 Obdachloseneinsätze in Mitte durchgeführt und als diese Frage von Ihnen gestellt worden ist, ist mir auch bewusst geworden, dass ich hier der BVV noch einen Bericht schuldig bin. Sie wollten regelmäßig Bericht zu den Einsätzen im Zusammenhang mit Obdachlosen bekommen. Ich werde dieser Anfrage auch die Statistik von 2018 beifügen. Das Versehen bitte ich zu entschuldigen. Nach Aussagen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des AOD gibt es quasi bei jedem derartigen Einsatz psychische Gewalt, das heißt Beleidigungen, Bedrohung durch aggressives Verhalten oder eben auch direktes Bedrohen. Zur körperlichen Gewalt kommt es allerdings sehr selten. Einer der negativen Höhepunkte gab es Jahr 2017. Das war bereits Thema im Ausschuss. Dort wurde eine AOD Mitarbeiterin von Kopf bis Fuß mit zuvor gesammelten Urin eines Obdachlosen überschüttet worden. Diese Mitarbeiterin konnte danach keinen Außendienst mehr versehen und hat auch das Bezirksamt gewechselt. Die körperliche Gewalt der Betroffenen wird grundsätzlich durch einen hohen Personalaufwand, inklusive Unterstützung durch die Polizei, zu vermeiden versucht. Da schon die hohe Zahl von Einsatzkräften deeskalierend wirkt. Festgestellt wurde nämlich, dass je niedriger der Personaleinsatz ist desto aggressiver ist die Stimmung insgesamt. Auch die Beschäftigten des Straßen- und Grünflächenamtes sind Ziel aggressiven Verhaltens obdachloser Menschen. In den zwei vergangen Jahren gab es insgesamt sechs schwerwiegendere Vorkommnisse von Obdachlosen gegenüber Beschäftigten des SGAs in den Grünflächen. Gesundheitliche Schäden gab es dabei nicht. Die Beschäftigten sind deutlich angewiesen, sich bei aggressiven Verhalten der Obdachlosen zurückzuziehen und wenn es geboten scheint, die Polizei zu verständigen.

 

  1. Aus welchen Gründen hat das Bezirksamt bisher den Einsatz von Bodycams für Beschäftigte für konflikthaltige Einsätze im Außendienst nicht geprüft?

 

BzBm Herr von Dassel antwortet: Die Frage zu den Bodycams habe ich bereits beantwortet. Darauf würde ich jetzt im Sinne der Zeit für die anderen Fragen verzichten.

 

  1. Welche Schutzmaßnahmen hält das Bezirksamt für Beschäftigte für konflikthaltige Einsätze im Außendienst für geboten und wie ist der Stand der Vorbereitung und Umsetzung dieser Maßnahmen?

 

BzBm Herr von Dassel antwortet: Auch hier hatte ich schon etwas zur Ausrüstung gesagt. Des Weiteren werden die AOD Mitarbeiter intensiv in Deeskalationsstrategien geschult und können auch einmal wöchentlich an einem Selbstverteidigungskurs teilnehmen. es gibt für jeden dieser Einsätze eine klare Besprechung, wie dieser abzulaufen hat und welche Abläufe der Sicherung dienen. Darüber hinaus werden die betroffenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auch psychologisch betreut und nnen nach jedem Einsatz auch ein entsprechendes Auswertungsgespräch führen. Seit 2017 gibt es auch Supervision im Ordnungsamt. Im Zuge der Diskussion, die nach dem letzten Einsatz geführt worden ist, gibt es demnächst in Zusammenarbeit mit der Berliner Stadtmission ein Coaching zum Umgang mit obdachlosen Menschen, um noch besser Konfliktsituationen zu vermeiden. Es ist mir sehr wichtig zu sagen, dass die Mitarbeiter des AOD, die wirklich viel Erfahrung im Umgang mit den obdachlosen Menschen haben, wissen, dass sie empathisch vorgehen müssen. Sie sagen manchmal selbst, dass niemand die obdachlosen Menschen besser kennt als der AOD selbst.

 

  1. Was wird das Bezirksamt nunmehr tun, damit die Zusagen und Versprechungen von Senatsstellen, die der Bezirksbürgermeister in seiner PM vom 21. Januar 2019 anmahnt, endlich umgesetzt werden? Welche Schritte wurden allein in den letzten 6 Monaten hierzu unternommen?

 

BzBm Herr von Dassel antwortet: Das Bezirksamt tauscht sich mit den zuständigen Senatsverwaltungen regelmäßig und durchaus vertrauensvoll aus, was auch die Besprechung aus Sicht des Bezirksamtes offener Punkte betrifft. Die Sozialverwaltung hat zu diesem Thema angekündigt alle Sozialstadträte kurzfristig einzuladen, um das weitere Vorgehen in dieser schwierigen Thematik abzustimmen. Dabei wird das Bezirksamt, beziehungsweise Herr Gothe als direkt eingeladene Person, sicherlich erneut auf die aus Sicht des Bezirksamtes Mitte ungelösten Fragen hinweisen. Was ich kritisch anmerken will ist, dass die für den Bereich des Ordnungsamtes zuständigen Bezirksamtsmitglieder nicht eingeladen worden sind, was ich anregen werde, weil wir eine schwierige Diskussion haben, wenn wir mit der Senatsinnenverwaltung und den nur für die Ordnung zuständigen Stadträte diskutieren. Da ist die Diskussion immer etwas anders, als wenn dann auf der Seite der Senatssozialverwaltung nur mit den für Soziales zuständigen Stadträten diskutiert wird. Ich glaube, einen wirklichen Sprung nach vorne bekommen wir nur hin, wenn dort beide Teile der öffentlichen Daseinsvorsorge miteinbezogen werden. Soweit zu dieser Anfrage.

 

Herr Lötzer (Die Linke): Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrte Damen und Herren. Ich habe mich, wie auch Herr von Dassel, gefragt, ob wir diese beiden Anfragen nicht im Kontext diskutieren. Deswegen will ich mich auch hauptsächlich dann zu der Anfrage, die meine Fraktion gestellt hat äern. Aber einen Punkt muss ich trotzdem erwähnen. Sorry Herr Pieper oder Herr Fritz oder wer auch immer diese Anfrage gestellt hat. Wir diskutieren dieses Thema auf Grundlage eines Videos, das viele Menschen offensichtlich verstört hat. Sonst würden wir darüber wahrscheinlich gar nicht reden. In diesem Video habe ich wahrgenommen, dass sieben oder acht uniformierte Personen um eine Frau herumgestanden und dann verschiedenes mit ihr gemacht haben. Ich finde es ein wenig unverhältnismäßig, wenn dann Anfragen zum ausreichenden Schutz dieser sieben oder acht uniformierten Personen kommen gegenüber diesem lebensgefährlichen Monster von einer wohnungslosen Frau. Das finde ich ein wenig schräg. Menschenrecht und Menschenwürde sind unteilbar. Es gilt nicht der Grundsatz des Hauptmannes von Köpenick, dass der Mensch erst in Uniform ein Mensch ist. Ich hoffe darüber sind wir uns einig. Auch ein Wohnungsloser ist ein Mensch mit genau den gleichen Rechten. Darauf sollten wir achten. Der Bürgermeister hat es ein wenig angedeutet. Ich finde es ein wenig schräg, wenn dann in diesem Zusammenhang über Spuckschutz diskutiert wird. Als seien die Bedrohten die ganzen uniformierten Menschen um diese Frau herum gewesen. So war es nicht. Ich will damit nicht Angriffe auf uniformierte Menschen bagatellisieren. Man lernt in der Kita, dass man Menschen nicht anspuckt oder mit Gegenständen bewirft. Das lernt man auch in der Schule und bei manchen Menschen hat man das Gefühl, dass sie es vielleicht nie lernen. Trotzdem sollten wir darauf achten, auch aufgrund der aus meiner Wahrnehmung verbreiteten Sorge des diesbezüglichen Umgangs im öffentlichen Raum. Gerade deswegen ist ein sorgfältiges und überlegtes Verhalten der öffentlichen Gewalt wichtig. Eine Diskussion einfach nur über Schutzmaßnahmen für die Uniformierten gegenüber einer einzigen Obdachlosen ist ein wenig schräg.

 

Herr Bertermann (Grüne): Vielen Dank für die Beantwortung Herr von Dassel. Vielleicht zunächst ein Vorsatz. Es ist jetzt zweimal und auch des Öfteren in der Presse der Begriff verstört gefallen. Also ich bin verstört, wenn ich aus dem Schlaf geklingelt werde. Als ich diese Bilder gesehen habe muss ich sagen, dass man da nicht verstört sein kann. Man kann entweder entsetzt sein oder man kann es gut finden. Aber ich finde den Begriff verstört etwas irreführend. Zumindest für meinen Sprachgebrauch. Ich bin entsetzt von dem was ich gesehen habe. es ist nur ein kleiner Ausschnitt gewesen. Wir wissen alle, dass es dafür durchaus Gründe gab. Ich finde den Begriff verstört bei diesen Bildern falsch.nnen Sie bestätigen, dass das was ein Kollege in der BVV hat durchblicken lassen, nämlich das die Ordnungskräfte mit Fäkalien beworfen wurden. Können Sie bestätigen, dass das nicht zutrifft? Weiterhin haben Sie durchaus zu recht oder begrüßenswert gesagt, dass Sie auch selbstkritisch etwas angemerkt haben. Vielleicht würden Sie bezüglich Ihrer Pressemitteilung eine Sache, die zumindest mich sehr gestört hat, nochmals aufgreifen können und darstellen wie Sie das sehen. Es geht um die Frage inwieweit dieser Person kriminalisiert wurde, obwohl sie, zumindest nach Aussagen der Polizei, nicht polizeilich gesucht wurden.

 

BzBm Herr von Dassel: Sehr geehrter Herr Bertermann, sehr geehrte Damen und Herren. Die Antwort zur Frage was verstörend ist und was nicht ist jedem selbst überlassen. Die Frage des Fäkalienbewurfs, das war wie ich glaube eine Mitarbeiterin des SGAs, das kann ich allerdings nicht beschwören. Die Frage des Urins, die ist aktenkundig und hat zu einer Außendienstunfähigkeit der Mitarbeiterin geführt. In diesem Fall gab es das nicht. Das hat wie ich glaube auch niemand behauptet. Vielleicht nochmal kurz zur Frage der Gefährdung der dortigen Sicherheitskräfte. Laut Polizei und Ordnungsamt sind wirklich mehrere Kräfte der Polizei getreten und vielfach bespuckt worden. Das sie davon keine bleibenden Schäden davontragen ist anzunehmen, weil sie nicht verletzt wurden. Jedoch bestand eine Bedrohungsgefahr durch die psychische Verfassung der Person. Aber wie gesagt, das war ein Polizeieinsatz, den ich letztendlich nicht abschließend bewerten kann. Was Sie angedeutet hatten, hatte ich bereits öffentlich selbstkritisch zugegeben. Die Frage, ob gegen diese Person ein Haftbefehl vorlag, war eine vorschnelle Aussage, die mir über das Ordnungsamt von der Polizei übermittelt worden ist. Diese hätte, selbst wenn sie verifiziert gewesen wäre, nichts in dieser Presseerklärung zu tun gehabt. Auf der anderen Seite war das für mich auch die Begründung, warum diese eine Person so viel Widerstand geleistet haben könnte. Das habe ich in diesen Zusammenhang gebracht. Das war falsch. Richtig ist, dass zur Feststellung der Personalien die Frau mitgenommen worden ist. Ein Haftbefehl lag nicht vor. Mir ist nicht klar gemacht worden, wie es zu dieser falschen Auskunft gekommen ist. Klar ist jedoch, bevor man sowas veröffentlicht, seine Quellen genauer prüfen zu müssen.

 

Herr Pieper (CDU): Herr Vorsteher, meine Damen und Herren. Ich will nur kurz auf die Wortmeldung von Herrn Lötzer eingehen. Ich halte unsere Frage r völlig berechtigt. Das Video zeigt lediglich Ausschnitte des Ganzen. Man sieht nur eine Sequenz am Ende und nicht den ganzen Vorgang und nicht das was vorher passiert ist. Der Bezirksbürgermeister hat gerade ausgeführt, dass es im Vorfeld durchaus erhebliche Widerstandshandlungen gab, bei denen es auch zu Verletzungen kommen kann. Man kann das Ganze auch nicht einfach negieren. Die Angriffe auf Ordnungsmitarbeiter, Polizei und Feuerwehrleute ist Realität in dieser Stadt und da muss die öffentliche Hand und insbesondere der Dienstherr entsprechende Maßnahmen ergreifen, um diese Personen zu schützen. Diese Leute setzen sich jeden Tag für uns ein, handeln für uns und deswegen muss da auch mitgedacht werden. Des Weiteren möchte ich noch auf die Antwort von Herrn von Dassel eingehen. Ich finde es sehr gut, dass Sie da gehandelt haben. Da sind wir uns wahrscheinlich näher als Sie mit Ihrer eigenen Fraktion wie ich vermute. Die Frage ist trotzdem, ob es zu einer Räumung kommt zu einem bestimmten Zeitpunkt. Das Ziel muss eigentlich sein, dass solche Zustände erst gar nicht entstehen. Wir haben im Bezirk zahlreiche Standorte, wo Leute uns berichten, dass es dort diese wilden Camps gibt, die es auch im Kleinen Tiergarten gibt und auch in diesem Bereich unter der Brücke. Deswegen meine Frage, welche Maßnahmen Sie ergreifen, um überhaupt die Entstehung dieser Camps zu verhindern. Die von Ihnen angesprochenen hygienischen Zusnde, die dort entstanden sind, entstehen erst nach einer bestimmten Zeit, die entstehe nicht sofort. Im Polizeibereich, bei Besetzungen zum Beispiel, gibt es diese Berliner Linie, dass man innerhalb von 24 Stunden handelt. Mich würde interessieren, ob sie anstreben auch schnell zu handeln und diesen Leuten den richtigen Weg aufzeigt. Ich glaube, dass da früher angepackt werden muss und da würde mich interessieren, wie Ihr Konzept aussieht.

 
 

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