Drucksache - 0907/VI
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Beantwortung
der mündlichen Anfrage „Zum Pflegeversicherungsgesetz“ Welche
Konsequenzen werden sich für das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf von Berlin in
Durchführung und Anwendung des reformierten Pflegeversicherungsgesetzes
ergeben? Ich beantworte die mündliche Anfrage wie folgt: In Deutschland ist die Pflegeversicherung (SGB XI) bereits
seit 1995 fester Bestandteil sozialer Sicherung mit dem Ziel, eine finanzielle
Vorsorge für den Fall der Pflegebedürftigkeit zu schaffen. Das reformierte
Pflegeversicherungsgesetz sieht Leistungsverbesserungen und
Beitragssteigerungen vor und tritt am 1. Juli 2008 in Kraft. Veränderungen, die
Konsequenzen für das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf nach sich ziehen, treten
wie folgt ein: 1.1 Anhebung des Beitragssatzes: Rentner sind beitragspflichtig.
Soweit der Sozialhilfeträger im Rahmen der Leistungsgewährung diese Beiträge
als indirekter Beitragszahler leisten muss,
sind damit Mehrausgaben verbunden. Gleichzeitig ergeben sich im Fall des
Leistungsbezuges des Sozialhilfeträgers durch die geringere Rentenanrechnung
als Einkommen entsprechend höhere Kosten. 1.2 Anpassung und Dynamisierung der
Pflegeleistungen
mit dem Ziel, häuslicher Pflege auch
künftig Vorrang gegenüber stationärer Pflege zu geben: -
Das Pflegegeld (§ 37 Abs. 1 S. 3 SGB XI) erhöht sich bis 2012
stufenweise. Daraus ergeben sich für den Sozialhilfeträger insoweit Konsequenzen, als in den Fällen der
sog. „unechten“ Krankenversicherung nach § 264 SGB V das Pflegegeld
durch das Sozialamt zu zahlen ist. Betroffen sind allerdings derzeit lediglich
15 Personen, so dass die finanziellen Auswirkungen relativ gering sind. -
Ambulante Sachleistungsbeträge (§ 36 Abs. 3 SGB XII) werden bis 2012
stufenweise angehoben. Durch die Erhöhung der sog. Sachleistungen verringern sich
die Nettoaufwendungen des Sozialhilfeträgers
entsprechend. Dies betrifft in der Pflegestufe I =
204 Fälle mit 36,-- €/Monat, in der Pflegestufe II =
123 Fälle mit 59,-- €/Monat und in der Pflegestufe III = 37 Fälle mit 38,-- € Monat. Die jeweiligen Einsparungen ergeben sich entsprechend der
Fallzahlen. -
Stationäre Sachleistungsbeträge der Stufe III (§ 43 Abs. 2 SGB XI), mit
und ohne Härtefall, werden angehoben. In Stufe III steigt der stationäre Sachleistungsbetrag zum
1. Juli 2008 um monatlich 38 €, und in der Stufe III Härtefall um 62
€. Hiervon sind insgesamt 218 Fälle in der Pflegestufe III betroffen. 1.3 Anhebung des zusätzlichen
Leistungsbetrages für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz (§ 45b Abs.
1 S. 1 SGB XI) Der mit dem Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetz zum 01.01.2002
eingeführte zusätzliche Leistungsbetrag für Menschen mit eingeschränkter
Alltagskompetenz wird auf bis zu 2.400 Euro jährlich angehoben (§ 45b Abs. 1 S.
1 SGB XI). Bislang hatten diese Leistungsberechtigten einen Anspruch auf
Betreuungsgeld in Höhe von lediglich 460 € im Jahr. Den mit der Gesetzesänderung auf bis zu 2.400 €
erhöhten Leistungsbetrag können künftig gemäß § 45a Abs. 1 S. 2 SGB XI auch
Menschen mit erheblichen Einschränkungen der Alltagskompetenz in Anspruch
nehmen, die einen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege und der
hauswirtschaftlichen Versorgung haben, der das Ausmaß der Pflegestufe I noch
nicht erreicht. Das wird insbesondere altersverwirrten Menschen – z.B.
Demenz- und Alzheimer-Kranken - auch
dann zugute kommen, wenn ihnen keine Pflegestufe zugesprochen worden ist. Da diese Beträge grundsätzlich anrechnungsfrei waren und
bleiben, ergeben sich keine Auswirkungen auf die Leistungen des
Sozialhilfeträgers. 1.4 Errichtung wohnortnaher
Pflegestützpunkte (§ 92c) Mit Inkrafttreten der Pflegereform folgt die
Pflegeversicherung unverändert dem Ansatz "ambulant vor stationär"
und versucht, pflegebedürftige Menschen in geeigneten Fällen weiterhin in ihrer
vertrauten Wohnung zu versorgen. Vorhandene Angebote für Pflegebedürftige
sollen zugleich besser aufeinander abgestimmt und vernetzt werden. Über die
konkrete Ausgestaltung der Pflegestützpunkte entscheiden die Bundesländer in
eigener Verantwortung. Die Senatsverwaltung spricht sich für die Einrichtung von
Pflegestützpunkten aus. Die Pflegekassen haben bereits Kooperationsbereitschaft
signalisiert. Beabsichtigt ist eine enge Verzahnung der Koordinierungsstellen
Rund ums Alter und die Einrichtung weiterer Beratungsstellen, die dann
gemeinsam ein flächendeckendes Netzwerk bilden. Im Rahmen der Konzeptionsphase
werden die Bezirke und die LIGA eng einbezogen. Eine enge Kooperation zwischen Pflegestützpunkt, Sozialamt
und Plan- und Leitstelle Gesundheit und Soziales ist Voraussetzung für die
Sicherstellung angemessener Versorgung Pflegebedürftiger im Bezirk. Die Pflegekassen unterstützen den Aufbau von
Pflegestützpunkten mit einer Anschubfinanzierung von bis zu 45.000 € je
Pflegestützpunkt. Die Förderung kann um weitere 5.000 € aufgestockt
werden, wenn Selbsthilfegruppen und zum bürgerschaftlichen Engagement bereite
Personen in die Tätigkeit eines Pflegestützpunktes einbezogen werden. Um eine
bundesweit gerechte Verteilung zu erreichen, wird die Fördersumme von 80 Mio.
€ auf die Länder aufgeschlüsselt. Die für den Betrieb der Pflegestützpunkte erforderlichen
Aufwendungen werden von den an den Verträgen beteiligten Kostenträgergruppen
der Pflegeversicherung, der Krankenversicherung und der landesrechtlichen
Stellen entsprechend ihrer vertraglichen Vereinbarungen anteilig getragen. Die unmittelbaren Auswirkungen auf das Bezirksamt ergeben
sich in erster Linie aus der aufzubauenden Kooperation der im Bezirk in diesem
Zusammenhang involvierten Stellen (Plan- und Leitstelle, Sozialamt) mit dem
Pflegestützpunkt. 1.5 Individuelle Betreuung
Pflegebedürftiger und ihrer Angehörigen durch Pflegeberater ab dem 01.09.2008
(§ 7a) Ab dem 01.09.2008 sind in Pflegestützpunkten
Pflegeberaterinnen und Pflegeberater
Ansprechpartner für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen. Sie beraten im Zuge des
"Fallmanagements" Hilfesuchende über das vor Ort mögliche
Unterstützungs- und Begleitangebot, welches bezogen auf den Einzelfall die
individuellen Bedürfnisse und Wünsche des Betroffenen berücksichtigt. Aufgaben
der Pflegeberater/-innen:
Auch in diesem Zusammenhang sind Kooperationsbeziehungen
zwischen dem Pflegestützpunkt und den zuständigen Stellen des Bezirksamtes
aufzubauen. Hierbei gilt es, zunächst erste praktische Erfahrungen zu sammeln. 1. 6 Einzelpfleger Damit ambulante Pflege in Zukunft individueller und
bedarfsgerechter auf Betroffene zugeschnitten werden kann, sollen Pflegekassen
ab Juli 2008 Verträge mit Einzelpflegekräften unterschiedlicher Qualifikation
unkompliziert abschließen können. Es obliegt dann der Pflegekasse, die
notwendige Qualität der Einzelpflegekräfte zu gewährleisten und deren Anzahl zu
regulieren. Künftig wird ambulante Pflege – finanziert durch die
Pflegekasse - nicht mehr ausschließlich durch Sozialstationen erbracht, sondern
auch durch geeignete und vertraglich gebundene Einzelpfleger. Diesbezüglich
liegen noch keine Erfahrungen vor. Dem Sozialamt wird es ggf. obliegen, mit den
Einzelpflegerinnen und Einzelpflegern im Interesse jener Pflegebedürftigen zu
kooperieren, für die es Leistungen finanziell trägt, soweit keine
ausschließliche Zuständigkeit der Pflegekasse begründet ist. Dagmar Pohle |
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