Drucksache - 0907/VI  

 
 
Betreff: Zum Pflegeversicherungsgesetz
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:BezirksverordneteBzBmin/BzStRin GesSozPers
Verfasser:1. Dahler, Zoe
2. Pohle, Dagmar
 
Drucksache-Art:Mündliche AnfrageMündliche Anfrage
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beantwortung
22.05.2008 
Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Marzahn-Hellersdorf beantwortet   

Sachverhalt
Anlagen:
1. Mündliche Anfrage PDF-Dokument
2. Schriftliche Beantwortung PDF-Dokument

Beantwortung der mündlichen Anfrage „Zum Pflegeversicherungsgesetz“

Beantwortung der mündlichen Anfrage „Zum Pflegeversicherungsgesetz“

 

Welche Konsequenzen werden sich für das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf von Berlin in Durchführung und Anwendung des reformierten Pflegeversicherungsgesetzes ergeben?

Ich beantworte die mündliche Anfrage wie folgt:

In Deutschland ist die Pflegeversicherung (SGB XI) bereits seit 1995 fester Bestandteil sozialer Sicherung mit dem Ziel, eine finanzielle Vorsorge für den Fall der Pflegebedürftigkeit zu schaffen. Das reformierte Pflegeversicherungsgesetz sieht Leistungsverbesserungen und Beitragssteigerungen vor und tritt am 1. Juli 2008 in Kraft. Veränderungen, die Konsequenzen für das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf nach sich ziehen, treten wie folgt ein:

1.1  Anhebung des Beitragssatzes: Rentner sind beitragspflichtig. Soweit der Sozialhilfeträger im Rahmen der Leistungsgewährung diese Beiträge als indirekter Beitragszahler leisten muss,  sind damit Mehrausgaben verbunden. Gleichzeitig ergeben sich im Fall des Leistungsbezuges des Sozialhilfeträgers durch die geringere Rentenanrechnung als Einkommen entsprechend höhere Kosten.

1.2  Anpassung und Dynamisierung der Pflegeleistungen mit dem  Ziel, häuslicher Pflege auch künftig Vorrang gegenüber stationärer Pflege zu geben:

-          Das Pflegegeld (§ 37 Abs. 1 S. 3 SGB XI) erhöht sich bis 2012 stufenweise.

Daraus ergeben sich für den Sozialhilfeträger  insoweit Konsequenzen, als in den Fällen der sog. „unechten“ Krankenversicherung nach § 264 SGB V das Pflegegeld durch das Sozialamt zu zahlen ist. Betroffen sind allerdings derzeit lediglich 15 Personen, so dass die finanziellen Auswirkungen relativ gering sind.

-          Ambulante Sachleistungsbeträge (§ 36 Abs. 3 SGB XII) werden bis 2012 stufenweise angehoben.

Durch die Erhöhung der sog. Sachleistungen verringern sich die Nettoaufwendungen des Sozialhilfeträgers  entsprechend.

Dies betrifft

in der Pflegestufe   I                = 204 Fälle mit 36,-- €/Monat,

in der Pflegestufe  II                 = 123 Fälle mit 59,-- €/Monat und

in der Pflegestufe III                 =   37 Fälle mit 38,-- € Monat.

Die jeweiligen Einsparungen ergeben sich entsprechend der Fallzahlen.

-          Stationäre Sachleistungsbeträge der Stufe III (§ 43 Abs. 2 SGB XI), mit und ohne Härtefall,  werden angehoben.

In Stufe III steigt der stationäre Sachleistungsbetrag zum 1. Juli 2008 um monatlich 38 €, und in der Stufe III Härtefall um 62 €. Hiervon sind insgesamt 218 Fälle in der Pflegestufe  III betroffen.

1.3  Anhebung des zusätzlichen Leistungsbetrages für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz (§ 45b Abs. 1 S. 1 SGB XI)

Der mit dem Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetz zum 01.01.2002 eingeführte zusätzliche Leistungsbetrag für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz wird auf bis zu 2.400 Euro jährlich angehoben (§ 45b Abs. 1 S. 1 SGB XI). Bislang hatten diese Leistungsberechtigten einen Anspruch auf Betreuungsgeld in Höhe von lediglich 460 € im Jahr.

Den mit der Gesetzesänderung auf bis zu 2.400 € erhöhten Leistungsbetrag können künftig gemäß § 45a Abs. 1 S. 2 SGB XI auch Menschen mit erheblichen Einschränkungen der Alltagskompetenz in Anspruch nehmen, die einen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung haben, der das Ausmaß der Pflegestufe I noch nicht erreicht. Das wird insbesondere altersverwirrten Menschen – z.B. Demenz- und Alzheimer-Kranken -  auch dann zugute kommen, wenn ihnen keine Pflegestufe zugesprochen worden ist.

Da diese Beträge grundsätzlich anrechnungsfrei waren und bleiben, ergeben sich keine Auswirkungen auf die Leistungen des Sozialhilfeträgers.

1.4  Errichtung wohnortnaher Pflegestützpunkte (§ 92c)

Mit Inkrafttreten der Pflegereform folgt die Pflegeversicherung unverändert dem Ansatz "ambulant vor stationär" und versucht, pflegebedürftige Menschen in geeigneten Fällen weiterhin in ihrer vertrauten Wohnung zu versorgen. Vorhandene Angebote für Pflegebedürftige sollen zugleich besser aufeinander abgestimmt und vernetzt werden. Über die konkrete Ausgestaltung der Pflegestützpunkte entscheiden die Bundesländer in eigener Verantwortung.

Die Senatsverwaltung spricht sich für die Einrichtung von Pflegestützpunkten aus. Die Pflegekassen haben bereits Kooperationsbereitschaft signalisiert. Beabsichtigt ist eine enge Verzahnung der Koordinierungsstellen Rund ums Alter und die Einrichtung weiterer Beratungsstellen, die dann gemeinsam ein flächendeckendes Netzwerk bilden. Im Rahmen der Konzeptionsphase werden die Bezirke und die LIGA eng einbezogen.

Eine enge Kooperation zwischen Pflegestützpunkt, Sozialamt und Plan- und Leitstelle Gesundheit und Soziales ist Voraussetzung für die Sicherstellung angemessener Versorgung Pflegebedürftiger im Bezirk.

Die Pflegekassen unterstützen den Aufbau von Pflegestützpunkten mit einer Anschubfinanzierung von bis zu 45.000 € je Pflegestützpunkt. Die Förderung kann um weitere 5.000 € aufgestockt werden, wenn Selbsthilfegruppen und zum bürgerschaftlichen Engagement bereite Personen in die Tätigkeit eines Pflegestützpunktes einbezogen werden. Um eine bundesweit gerechte Verteilung zu erreichen, wird die Fördersumme von 80 Mio. €  auf die Länder aufgeschlüsselt.

Die für den Betrieb der Pflegestützpunkte erforderlichen Aufwendungen werden von den an den Verträgen beteiligten Kostenträgergruppen der Pflegeversicherung, der Krankenversicherung und der landesrechtlichen Stellen entsprechend ihrer vertraglichen Vereinbarungen anteilig getragen.

Die unmittelbaren Auswirkungen auf das Bezirksamt ergeben sich in erster Linie aus der aufzubauenden Kooperation der im Bezirk in diesem Zusammenhang involvierten Stellen (Plan- und Leitstelle, Sozialamt) mit dem Pflegestützpunkt.

1.5  Individuelle Betreuung Pflegebedürftiger und ihrer Angehörigen durch Pflegeberater ab dem 01.09.2008 (§ 7a)

Ab dem 01.09.2008 sind in Pflegestützpunkten Pflegeberaterinnen und Pflegeberater  Ansprechpartner für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen.  Sie beraten im Zuge des "Fallmanagements" Hilfesuchende über das vor Ort mögliche Unterstützungs- und Begleitangebot, welches bezogen auf den Einzelfall die individuellen Bedürfnisse und Wünsche des Betroffenen berücksichtigt. Aufgaben der  Pflegeberater/-innen:

  • Hilfebedarfe des Pflegebedürftigen erfassen und analysieren. Grundlage hierfür: Gutachten des Medizinischen Dienstes.
  • Erstellen von individuellen Versorgungsplänen mit notwendigen Sozialleistungen, medizinischen und sozialen Hilfen.
  • Koordination der Maßnahmen, die im Versorgungsplan festgestellt wurden.
  • Überwachung der Durchführung des Versorgungsplanes, seine Anpassung an  veränderte Bedarfe.

Auch in diesem Zusammenhang sind Kooperationsbeziehungen zwischen dem Pflegestützpunkt und den zuständigen Stellen des Bezirksamtes aufzubauen. Hierbei gilt es, zunächst erste praktische Erfahrungen zu sammeln.

1. 6 Einzelpfleger

Damit ambulante Pflege in Zukunft individueller und bedarfsgerechter auf Betroffene zugeschnitten werden kann, sollen Pflegekassen ab Juli 2008 Verträge mit Einzelpflegekräften unterschiedlicher Qualifikation unkompliziert abschließen können. Es obliegt dann der Pflegekasse, die notwendige Qualität der Einzelpflegekräfte zu gewährleisten und deren Anzahl zu regulieren.

Künftig wird ambulante Pflege – finanziert durch die Pflegekasse - nicht mehr ausschließlich durch Sozialstationen erbracht, sondern auch durch geeignete und vertraglich gebundene Einzelpfleger. Diesbezüglich liegen noch keine Erfahrungen vor.

Dem Sozialamt wird es ggf. obliegen, mit den Einzelpflegerinnen und Einzelpflegern im Interesse jener Pflegebedürftigen zu kooperieren, für die es Leistungen finanziell trägt, soweit keine ausschließliche Zuständigkeit der Pflegekasse begründet ist.

Dagmar Pohle

 
 

Legende

Ausschuss Tagesordnung Drucksache
Bezirk Aktenmappe Drucksachenlebenslauf
Fraktion Niederschrift Beschlüsse
Kommunalpolitiker/in Auszug Realisierung
   Anwesenheit Kleine Anfragen

Kontakt

Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf von Berlin

Büro der Bezirksverordnetenversammlung

Leiterin:
Anne Nentwich, BVV L

Postanschrift:
12591 Berlin