Auszug - Flucht und Frauen
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Frau Rometsch (Marie e.V.) berichtet:
Wesentliche Aufgabe ihrer vom Senat finanzierten Stelle ist die schnelle Integration in den Arbeitsmarkt, was im Vergleich zur früheren Situation eine starke Veränderung darstellt, dies benötigt Zeit und Sorgfalt. Nach Deutschland kamen bisher deutlich mehr Männer als Frauen, dies ist bei aktuellen weltweiten Fluchtbewegungen eher anders. Frauen sind meist auch im Durchschnitt älter, wenn sie sich auf die Flucht begeben. Jedoch sind jetzt im Augenblick etwa 80 % aller Flüchtenden auf der „Balkanroute“ weiblich. Sexuelle Gewalt ist für Frauen auf der Flucht Alltag, dies erhöht und verändert die Traumatisierung, hier muss über die therapeutischen Angebote nachgedacht werden. Partner, Mitbewohner, Wachpersonal gehören dabei auch hier in Berlin zu den Tätern. Unterbringung zu mehreren führt u.a. aufgrund der fehlenden Privatsphäre auch unter Frauen zu Konflikten. Mangelnde Kontakte zur einheimischen Bevölkerung und Langeweile sowie fehlende eigene Kochgelegenheiten werden häufig bemängelt. Viele Frauen haben schlicht nicht den Mut, die Unterbringungsorte zu verlassen und die Stadt zu erkunden. Weiteres Problem: Die meisten Frauen haben bislang wenig formale Bildung genossen. Bei Sprachkursen gibt es keine speziellen Frauenkurse und keine Kinderbetreuung. Schlechter Zugang zur Gesundheitsversorgung, aber hoher Bedarf v.a. an Traumabehandlung. Seit neuestem gibt es dafür keine Finanzierung von Dolmetschenden durch das Sozialamt mehr. Viele verschleppte Krankheiten werden zunächst nicht behandelt, was letzten Endes bei Chronifizierung zu deutlich höheren Behandlungskosten führt. Schnellerer Zugang zum Gesundheitswesen würde hier tatsächlich Kosten sparen. Orientierungsschwierigkeiten, Kulturschock, Backlash. Schilder, Pläne und Methoden, sich in der Großstadt zurechtzufinden, werden häufig nicht verstanden. In der Migration werden traditionelle Geschlechterrollen noch verstärkt.
Wünsche und Forderungen: - Rascher Zugang zum Wohnungsmarkt. Scheitert hauptsächlich am mangelnden Angebot an Wohnraum - Getrennte und abschließbare Sanitäranlagen (eher nicht das Problem der Einrichtungen in Marzahn-Hellersdorf) - Aufenthaltsräume nur für Frauen - Bessere Schulung des Personals für den Umgang mit sexueller Gewalt (Standard Operating Procedure sofort ab Beobachtung) - Mehr Frauenhäuser mit starker interkultureller Perspektive (bislang nur eine solche Einrichtung in Zehlendorf) - Auch Frauen sollten die Möglichkeiten der Deutschkurse verstärkt aufgezeigt werden, spezielle Deutschkurse für Frauen (siehe oben) - Therapeutische Angebote ausbauen bzw. schaffen, können auch Therapeutinnen/Therapeuten und Psychologen, die selbst Geflüchtete sind, herangezogen werden? - Neue Angebote in der Sozialarbeit, wie z.B. „BVG-Fahrgruppe bilden“ schaffen - Emanzipationschancen vermitteln (einige geflüchtete Frauen fragen nach deutschem Scheidungsrecht) - Fast alles, was für (heterorsexuelle) Frauen gilt, lässt sich ebenso auf LGBTTIQ-Menschen anwenden
Frau Brunn (Matilde e.V.) ergänzt:
Zahlreiche Angebote wurden von Matilde nach den Nachfragen der geflüchteten Frauen geschaffen (z.B. Sportangebote), diese werden nun auch von vielen Frauen genutzt, die Migrationshintergrund haben, aber nicht geflüchtet sind. Häufig allerdings bleiben Frauen plötzlich weg und Matilde hat keine Möglichkeit mehr, Kontakt aufzunehmen, da es hier keinen Zugang direkt in die Unterkünfte gibt. Anders die Praxis bei Marie e.V. bzw. der Stelle, welche Frau Rometsch besetzt.
Es gab Gelegenheit zu Nachfragen und breiter Debatte.
Der Ausschuss hat dieses Thema ausführlich diskutiert. |
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