Drucksache - DS/2045/VIII  

 
 
Betreff: Flächennutzungsplan für die Anlage Falkenhöhe 1932 ändern
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion CDUBezirksamt
  BzStR StadtBüDArbFM,
Drucksache-Art:DringlichkeitsantragVorlage zur Kenntnisnahme (Abb.)
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin Entscheidung
18.02.2021 
48. Sitzung in der VIII. Wahlperiode der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin überwiesen   
Umwelt und Klimaschutz mitberatend
07.04.2021 
31. Sitzung in der VIII. Wahlperiode des Ausschusses Umwelt und Klimaschutz vertagt   
05.05.2021 
32. Sitzung in der VIII. Wahlperiode des Ausschusses Umwelt und Klimaschutz erledigt   
Ökologische Stadtentwicklung und Mieterschutz Entscheidung
03.06.2021 
76. Sitzung in der VIII. Wahlperiode des Ausschusses Ökologische Stadtentwicklung und Mieterschutz vertagt   
24.06.2021 
77. Sitzung in der VIII. Wahlperiode des Ausschusses Ökologische Stadtentwicklung und Mieterschutz mit Änderungen im Ausschuss beschlossen   
Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin Entscheidung
19.08.2021 
55. Sitzung in der VIII. Wahlperiode der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   
Ökologische Stadtentwicklung, Mieter:innenschutz und Facility Management Entscheidung
28.09.2023 
29. Sitzung in der IX. Wahlperiode des Ausschusses Ökologische Stadtentwicklung, Mieter:innenschutz und Facility Management vertagt   
30.11.2023 
34. (Sonder-) Sitzung in der IX. Wahlperiode des Ausschusses Ökologische Stadtentwicklung, Mieter:innenschutz und Facility Management gemeinsam mit KUNT erledigt   
Vorlagen zur Kenntnisnahme
29.09.2023 
6. Sitzung Vorlagen zur Kenntnisnahme      

Sachverhalt
Anlagen:
Dringlichkeitsantrag CDU PDF-Dokument
Stellungnahme AS UmKl  
BE ÖSM PDF-Dokument
VzK (Abb) PDF-Dokument

Das Bezirksamt wird ersucht, beim Senat die Änderung des Flächennutzungsplans (FNP) für die Fläche, auf der sich die Anlage Falkenhöhe 1932 befindet, zu beantragen. Zukünftiges Planungsziel sollte die Nutzung als Wochenendhausgebiet § 12 (7) BauGB sein. Das Bezirksamt wird zudem ersucht, in einem noch zu klärenden B-Planverfahren die bestehenden genehmigten bzw. genehmigungsfähigen Gebäude und baulichen Anlagen planungsrechtlich so abzusichern, dass zusätzliche Bauten oder Erweiterungen des Bestandes ausgeschlossen werden.

 

Das Bezirksamt bittet die BVV, Folgendes zur Kenntnis zu nehmen:

Das Anliegen der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg wurde intensiv geprüft und intern aber auch extern besprochen und abgewogen. Hierzu teilt das Bezirksamt folgendes mit.

 

  1. Ersuchen an das Bezirksamt zur Beantragung einer Änderung des Flächennutzungsplans bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung / Planungsziel „Wochenendhausgebiet nach § 12 Abs. 7 BauGB“

 

Der Flächennutzungsplan des Landes Berlin gem. § 5 BauGB stellt auf der Ebene der vorbereitenden Bebauungsplanung die vom Land Berlin beabsichtigte Art der Bodennutzung dar. Die Bezirksverwaltung ist als zuständiger Plangeber bei der Erstellung der verbindlichen Bebauungsplanung, d.h.  bei der Aufstellung und Festsetzung von Bebauungsplänen an diese im FNP enthaltenen Nutzungsabsichten gebunden.  Der Flächennutzungsplan gibt also nicht etwa den jeweils vorhandenen Bestand wieder, sondern die Absichten für eine zukünftige Nutzung und kann daher schon begrifflich nicht „falsch“ oder „richtig“ sein.  Ändern sich diese Nutzungsabsichten auf Seiten der planenden Gemeinde und soll daher ein neues Planungsziel in einem Bebauungsplan verfolgt werden, dann kann dieser Flächennutzungsplan unter bestimmten Voraussetzungen auch geändert werden.

Die Änderung des Flächennutzungsplanes (FNP) ist jedoch kein bloßer formaler Schritt, der „ergebnisoffen“ zu durchlaufen ist (vgl. zum Verfahren: www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/fnp/). Bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen (SenSBW) muss das Bezirksamt daher mit der BVV die Umsetzbarkeit der geänderten Nutzungsabsichten abgestimmt haben und dabei belastbare Antworten zu folgenden Fragen gefunden haben:

-          Welche Ziele werden in einem solchen Bebauungsplanverfahren verfolgt?

-          Welche Folgen (insbesondere Kostenbelastungen) werden entstehen? (siehe dazu: Ausführungsvorschriften zum Darstellungsumfang, zum Entwicklungsrahmen sowie zu Änderungen des Flächennutzungsplans Berlin -AV FNP- vom 20.07.2021, Amtsblatt 71. Jahrgang Nr. 40, 16.09.2021, S. 3677 ff.; abrufbar unter: www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/fnp/de/erlaeuterungen_fnp/index.shtml)

 Auch ein Parallelverfahren (gleichzeitige Einleitung eines FNP-Änderungsverfahrens und Anzeige der Absicht einen Bebauungsplan mit einem Planungsziel im Sinne der Baunutzungsverordnung (BauNVO) aufstellen zu wollen) kommt hier derzeit nicht in Betracht, da das von der BVV vorgeschlagene Planungsziel – „Wochenendhausgebiet gem. § 12 Abs. 7 BauGB „schon mangels eines Vorhabenträgers für einen Vorhaben- und Erschließungsplan – gar nicht umgesetzt werden kann. Der § 12 Abs. 7 BauGB stellt keinen neuen Baugebietstyp nach der BauNVO dar; er hat lediglich klarstellende Funktion und verweist nur darauf, dass die Zulassung von Dauerwohnnutzung in einem bereits vorhandenen Sondergebiet für Erholung nach § 10 BauNVO möglich ist, sofern die Voraussetzungen für die Anwendung des § 12 BauGB, die in den Absätzen 1 bis 6 des § 12 BauGB formuliert sind, überhaupt gegeben sind.

An diesen Voraussetzungen fehlt es aber für die Anlage „Falkenhöhe 1932“. Insbesondere steht kein Vorhabenträger zur Verfügung, der über die Grundstücke in der Anlage rechtlich und tatsächlich verfügen kann und den bei dieser Form eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 BauGB notwendigen Durchführungsvertrag mit dem Bezirksamt abschließen könnte. In einem solchen Durchführungsvertrag müsste der Vorhabenträger sich dann zur Umsetzung des vorhabenbezogenen B-Plans verpflichten und u.a. das Bezirksamt als plangebende Gemeinde vor allem auch von den Planungskosten und weiteren Kosten wie z.B. Herstellung des dann notwendigen Ausbaus der Erschließungsanlagen, Kostenübernahme für Abwasserentsorgung usw. verpflichten.

Zudem ist die Notwendigkeit zur Aufstellung eines Angebotsbebauungsplans durch die Gemeinde selbst hier derzeit nicht ersichtlich, da ein Anspruch auf Schaffung von Planungsrecht für diese im planungsrechtlichen Außenbereich gelegene Anlage nicht besteht und auch bei einer Beurteilung von Bauvorhaben nach § 35 BauGB baurechtlich genehmigte Bauvorhaben Bestandsschutz genießen sowie auch – wie in § 35 BauGB vorgesehen - bestimmte Bauvorhaben verwirklicht werden können, die z.B. auf einen Standort im Außenbereich angewiesen sind (dazu zählen nach der geltenden Rechtsprechung allerdings keine Wochenendhausgebiete nach § 10 BauNVO: ein Wochenendhausgebiet wäre daher planungsbedürftig)

Für die in der Anlage Falkenhöhe 1932 errichteten Gebäude bzw. Baulichkeiten liegen – bis auf wenige Ausnahmen – dem Bezirksamt keine Baugenehmigungen vor, so dass bislang davon ausgegangen werden muss, dass die vorhandenen Gebäude ursprünglich als Lauben in einer Kleingartenanlage errichtet worden waren, in Notzeiten zeitweilig aufgrund des Wohnungsmangels (z.B. nach dem zweiten Weltkrieg) auch faktisch als Wohnraum genutzt worden waren und ggf. dann auch später noch verändert oder umgenutzt worden sind. Ob vorhandene Gebäude für die keine Baugenehmigung vorgelegt werden kann, also darüber hinaus Bestandsschutz genießen könnte nur beurteilt werden, wenn die hierzu notwendigen Angaben und Nachweise zum Errichtungszeitpunkt eines Gebäudes bzw. zum Zeitpunkt des Ausbaus oder einer Umnutzung von den Bauherren oder ihren Rechtsnachfolgern vorgelegt werden würden.

Grundsätzlich könnte eine Gemeinde aber auch ein sog. „Schwarzbaugebiet“ überplanen und damit auch baurechtlich ungenehmigt errichtete Gebäude und Anbauten bzw. ungenehmigte Nutzungsänderungen legalisieren (insoweit wäre allerdings für diese Anlage dann ebenfalls eine Änderung des FNP notwendig).

Dazu müsste allerdings zuvor – wie bei jedem Angebotsbebauungsplan – von der planenden Gemeinde vor Aufstellung eines Bebauungsplans zumindest eine Kosten-Nutzen-Analyse für die Schaffung des gewünschten, bislang noch nicht bestehenden Baurechts im Außenbereich erstellt und der BVV zur Kenntnis gegeben werden.

Nicht möglich ist jedoch die Festsetzung eines „Wochenendhausgebiets nach § 12 Abs. 7 BauGB“ in einem Angebotsbebauungsplan, s.o.  Der zitierte Paragraph sagt ja nur aus, dass „in bisherigen Erholungssondergebieten nach § 10 BauNVO“ auch Wohnnutzung zugelassen werden kann und die Gemeinde nach Maßgabe der Absätze 1 bis 6 des § 12 BauGB dafür einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen“ kann, der insbesondere die Zulässigkeit von baulichen Anlagen zu Wohnzwecken in diesen Gebieten regeln könnte. Da es sich aber aufgrund der Nutzungsmischung (Erholung, Dauerwohnen, Kleingartennutzung) im Gebiet Falkenhöhe 1932 im Bestand nicht um ein faktisches Erholungssondergebiet nach § 10 BauNVO handelt, sondern die Anlage sich planungsrechtlich als gerichtlich bestätigter Außenbereich gemäß § 35 BauGB darstellt, ist der Paragraph nicht anwendbar.

Möglich wäre theoretisch die Festsetzung eines Sondergebietes für Erholung (Wochenendhausgebiet) nach § 10 BauNVO. Voraussetzung wäre, dass sowohl vom Bezirksamt als auch von der BVV in Kenntnis der erheblichen Kostenfolgen und des auf nur wenige Nutzer:innen in der Anlage beschränkten Nutzens eines Aufstellungsbeschlusses für einen solchen Bebauungsplan eine mit der Anzeige der Planungsabsicht gekoppelte Änderung des FNP gewünscht wird. Derzeit wäre dieses Planungsziel nicht entwickelbar. Auch die ggf., entstehenden enormen Kosten, sind weder im Antrag der BVV, noch in der aktuellen Investitionsplanung, noch perspektivisch im Lichtenberger Bezirkshaushalt abgebildet. Aus der Kenntnis und Erfahrung der Fachämter kann von erheblichen Kosten für die Gemeinde ausgegangen werden, die je nach Planungsziel eine sechs- bis siebenstellige Höhe erreichen kann.

Allgemein kann hierzu noch formuliert werden, dass die weit überwiegende Zahl der Parzellen in Landeseigentum steht und hier kein Vorhabenträger für ein vorhabenbezogenes Bebauungsplanverfahren zur Verfügung steht, so dass sämtliche Kosten vom Land Berlin zu tragen wären. Bezüglich der Erschließungsanlagen (Straßen, Grünflächen etc.) werden nach „erstmaliger endgültiger Herstellung“ derselben die Erschließungskosten gemäß dem BauGB und dem Erschließungsbeitragsgesetz auf die vorhandenen Grundstückseigentümer (Land Berlin und private Grundstückseigentümer) umgelegt (ein gültiger Bebauungsplan vorausgesetzt). Straßenausbaubeiträge werden hingegen nicht (mehr) enthoben. Ob es sich bei den sich aus der Planung hervorgehenden herzustellenden öffentlichen Straßen um „Herstellung“ oder um „Straßenausbau“ handelt ist zum aktuellen Zeitpunkt und ohne Bebauungsplanung aber nicht feststellbar.

 

  1.  glichkeiten zur planungsrechtlichen Absicherung vorhandener Gebäude und Ausschluss von Erweiterungen über den Bestand hinaus

Wie oben bereits erläutert, stellen „Wochenendhausgebiete nach 12 Abs. 7 BauGB“ keinen Baugebietstyp nach der BauNVO dar und sind daher auch kein mögliches Planungsziel für die Absicherung des Bestands von Gebäuden in der Anlage Falkenhöhe 1932. Ein vorhabenbezogener Bebauungsplan nach § 12 BauGB - bei dem sich der Vorhabenträger bereit erklären müsste, die Gemeinde von entstehenden Planungskosten und Erschließungskosten zu entlasten - kommt hier nicht in Betracht. Ein Vorhabenträger steht nicht zur Verfügung. Die weitaus überwiegende Anzahl der Parzellen steht nach wie vor im Eigentum des Landes Berlin. Außerdem soll die im Außenbereich gelegene Fläche auch weiterhin als Grünfläche für Erholungszwecke der Bevölkerung zur Verfügung stehen und nicht nur dem (Einzel-)Interesse eines eingeschränkten Nutzer:innen-Kreises an der Bebauung der Grünfläche mit Wochenendhäusern dienen.

Eine Änderung des Flächennutzungsplanes wäre für die Aufstellung eines Bebauungsplans bei allen in Betracht kommenden Baugebietstypen nach der BauNVO notwendig, dies liegt in der Zuständigkeit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen (siehe AV FNP vom 20.07.2021, Amtsblatt 71. Jahrgang Nr. 40, 16.09.2021, S. 3677 ff.; abrufbar unter: www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/fnp/de/erlaeuterungen_fnp/index.shtml).

Alternativ prüfbare Planungsziele im Rahmen der verbindlichen Bauleitplanung auf der Ebene des Bezirks unter der Voraussetzung der Entwicklungsfähigkeit aus dem FNP wären:

1. Wochenendhausgebiet nach § 10 BauNVO

Merkmale des Baugebiets:

-          Erholungsnutzung ist generell zulässig

-          kein Dauerwohnen und keine kleingärtnerische Nutzung zulässig

-          nur ein zeitlich begrenzter Aufenthalt an Wochenenden, in den Ferien/Urlaub zulässig.

Auswirkungen:

Abgabe der landeseigenen Flächen vom dem bei baulicher Nutzung für die Verwaltung dann nicht mehr zuständigen SGA an die BIM zum Zweck der Vermarktung (Vermarktung an die früheren Pächter ist fraglich, angesichts des Wohnungsbedarfs in Berlin und der geringen Bebauungsdichte); für die gem. SachenRBerGan einzelne Nutzer verkauften in rechtmäßig errichteten Gebäuden kann das Dauerwohnen über eine textliche Festsetzung gesichert werden; Pflicht der Gemeinde/Bezirksamt zur Erschließung (Bau von öffentlichen Straßen einschl. Leitungen erforderlich, mögliche Inanspruchnahme von Parzellenflächen, bei SachenRBerG-Grundstücken, d.h. den inzwischen in privatem Eigentum stehenden Grundstücken oder mit Erbbaurecht verpachteten Parzellen, sehr schwierig);

weitere Probleme: zahlreiche ungenehmigte Baulichkeiten und Nutzungen; Brandschutz oftmals nicht berücksichtigt.

Planungsrechtlich nicht möglich wäre zudem in einem Erholungsgebiet nach § 10 BauNVO die Festsetzung einer beliebigen „Mischform“ zwischen Freizeit- und Dauerwohnen für die Anlage Falkenhöhe 1932 insgesamt oder gar spätere Nutzungsänderungen z.B. bei geänderten Lebensumständen der Pächter und damit einhergehenden Wünschen, das bislang als Wochenendhaus genutzte Gebäude irgendwann zum Dauerwohnen zu nutzen, denn die Festsetzung der Nutzungsart erfolgt grundstücksbezogen, nicht personenbezogen. Die textliche Festsetzung von Dauerwohnnutzungen wäre zudem auch nur dann möglich, wenn das vorhandene Gebäude nachweislich rechtmäßig errichtet wurde und der Anteil der im Bebauungsplan festgesetzten abweichenden Nutzungen (Dauerwohnnutzung) konkret benannter Grundstücke nicht dazu führt, dass sich die Anlage als „diffuse Mischung“ von Nutzungen darstellt und das Wochenendhausgebiet damit sein Gepräge verliert.

Kosten:

-          Kosten für den Bau von öffentlichen Straßen einschließlich technischer Einrichtungen;

-          Kosten für das FNP-Änderungsverfahren, das Bebauungsplanverfahren einschließlich Gutachten und Personal.

Fazit:

Die Durchführung eines Bebauungsplanverfahrens zur Festsetzung eines Wochenendhausgebietes unter der Voraussetzung der FNP-Änderung ist möglich. Dies würde aber steigende Pachthöhen für die Erholungsflächen nach sich ziehen. Dauerwohnen außerhalb der bestandsgeschützten Wohnrechte wäre jedoch nicht möglich. Eine Ahndung von unrechtmäßigen Baulichkeiten, die über die geplanten Festsetzungen des Bebauungsplans hinausgehen und auch Rückbauverlangen aufgrund bauordnungsrechtlicher Missstände bleibt davon unberührt. Dem Bezirksamt als plangebender Gemeinde entstehen erhebliche Planungs- und Investitionskosten. Hier wäre eine Abwägung von Kosten und Nutzen, sowie haushälterische Bindung über Jahre zu prüfen und zu entscheiden.

 


2. Allgemeines Wohngebiet nach § 4 BauNVO (oder reines Wohngebiet nach § 3 BauNVO)

Merkmale des Baugebiets:

-          Wohnen zulässig;

-          kleingärtnerische sowie Erholungsnutzung unzulässig.

Auswirkungen:

Abgabe der landeseigenen Flächen an die BIM zum Zweck der Vermarktung (bevorzugte Vermarktung an die früheren Pächter fraglich, angesichts des Wohnungsbedarfs und der derzeit in der Anlage Falkenhöhe 1932 vorhandenen geringen Bebauungsdichte, offenes Bieterverfahren wäre schon aus haushaltsrechtlichen Gründen wahrscheinlich); Pflicht der Gemeinde zur ausreichenden Erschließung (Bau von öffentlichen Straßen einschließlich Leitungen erforderlich, mögliche Inanspruchnahme von Parzellenflächen, bei SachenRBerG-Grundstücken sehr schwierig); Schaffung sozialer und grüner Infrastruktur sowie Ausgleichsmaßnahmen und Flächen für Eingriffe in Natur und Landschaft erforderlich; fraglich, ob Kaufpreis für ein Baugrundstück für die bisherigen Pächter wirtschaftlich tragbar wäre, eine Verdrängung von wirtschaftlich schwächeren bisherigen Erholungsnutzern ist zu erwarten

weitere Probleme: zahlreiche ungenehmigte und nicht genehmigungsfähige Baulichkeiten, aber auch als Nicht-Wohnhaus genehmigte Anlagen, die dem Bauordnungsrecht dann nicht entsprechen, z.B. hinsichtlich des Abstands, des Brandschutzes, der Anforderungen an Aufenthaltsräume; fehlende Plätze in Kitas, Schulen, Jugendfreizeiteinrichtungen (JFE).

Kosten:

Die Höhe der für den Bezirk ggf. bei Schaffung von neuem Baurecht durch Festsetzung eines Bebauungsplans entstehenden Kosten kann ohne Klärung des Bebauungsziels nicht beziffert werden und ist abhängig von dem beabsichtigten Baugebietstyp mit seinen entsprechenden Anforderungen. Erfahrungsgemäß ist aber u.a. mit erheblichen Planungskosten,

notwendigen Gutachterkosten, mit Kosten für den Ausbau der Erschließung ggf. mit dem notwendigen Ankauf von Teilflächen privater Grundstücke bzw. entsprechender Abgabe von Teilen der einzelnen Pachtgrundstücke; Herstellung der ggf. erforderlichen Ver- und Entsorgungsanlagen für Trinkwasser und Abwasser; Schaffung ggf. notwendiger Einrichtungen für Wohnfolgebedarfe, in erheblicher Höhe zu rechnen, die abhängig vom Planungsziel sechs- bis siebenstellige Investitionen erfordern können.

Fazit:

Durchführung eines Bebauungsplanverfahrens zur Festsetzung eines Wohngebietes unter der Voraussetzung der FNP-Änderung durch SenStadt wäre rechtlich möglich; die Ahndung von unrechtmäßigen Baulichkeiten über die geplanten Festsetzungen des Bebauungsplans hinaus und aufgrund bauordnungsrechtlicher Missstände bleibt davon unberührt; Kündigung der Pachtverhältnisse denkbar, um dichtere Neubebauung zu ermöglichen (SachRBerG-Grundstücke ausgenommen); besonders erhebliche Planungs- und Investitionskosten.

 

3. Beibehaltung des planungsrechtlichen Außenbereichs, kein Baugebiet

Merkmale bei Beurteilung des Gebiets nach § 35 BauGB:

-          kein Dauerwohnen zulässig

-          kleingärtnerische Nutzung nur im Bestand möglich

Auswirkungen:

Dauerwohnen bleibt weiterhin nicht erlaubt (außer für rechtmäßige Dauerbewohner auf Pachtflächen und auf Grundstücken nach SachRBerG, die über eine Baugenehmigung verfügen oder deren Wohnnutzung nachweislich baurechtlichen Bestandsschutz genießt); weitere Probleme: zahlreiche ungenehmigte Baulichkeiten; Brandschutz oftmals nicht berücksichtigt; ungeklärte öffentlich-rechtliche Erschließung für SachenRBerG-Grundstücke (fehlende Baulasten).

Kosten:

Keine zusätzlichen Planungskosten, kein Ankauf von Flächen erforderlich.

Fazit:

Beibehaltung des planungsrechtlichen Ist-Zustandes einer Grünfläche im Außenbereich nach § 35 BauGB, Nutzung erfolgt weiter zu Erholungszwecken (Zweckbestimmung als Dauerkleingarten wird jedoch nicht mehr verfolgt); abweichende bauliche Nutzung wäre möglich, soweit es sich um nach § 35 BauGB privilegierte Vorhaben handelt oder ein vom Nutzer nachzuweisender Bestandsschutz besteht

Verpachtung der landeseigenen Flächen erfolgt nunmehr nach der erfolgten Kündigung des Zwischenpachtvertrages zum 31.12.2018 durch den früheren Zwischenpächter direkt durch das SGA mit Pachtverträgen für eine Erholungsnutzung,  die der Tatsache, dass die Anlage im Außenbereich liegt Rechnung tragen ; sozialverträgliches Auslaufen der zivilrechtlichen Wohnlaubenerlaubnisse  für diejenigen Bestandspächter, denen vom früheren Verpächter  eine personengebundene Wohnlaubenerlaubnis erteilt worden war aus Gründen des Vertrauensschutzes auch beim erstmaligen Neuabschluss  Pachtverträgen durch den  Verpächter (Land Berlin) bis zur Beendigung ihres jeweiligen Pachtverhältnisses, ; die Ahndung von unrechtmäßigen Baulichkeiten gemäß § 35 BauGB und aufgrund bauordnungsrechtlicher Missstände (Gefahrenabwehr) bleibt davon unberührt.

Es zeigt sich, dass eine einfache Lösung und die von der BVV mit ihrem Ersuchen gewünschte FNP-Änderung ohne klar formuliertes B-Plan-Ziel nicht möglich sind. Es für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan im Sinne des § 12 BauGB bereits an einem konkreten Vorhaben fehlt und die Frage der Kosten nicht geklärt ist.

Die bislang zwischen den verschiedenen Akteuren geführte Diskussion zu einer evtl. FNP-Änderung war leider frühzeitig auf eine Anwendung des § 12 Abs. 7 BauGB festgelegt, der –wie oben dargelegt –  in dieser Anlage gar nicht zur Anwendung kommen kann.

Für eine Sicherung des Bestandes von rechtmäßig errichteten Gebäuden in der Anlage Falkenhöhe 1932 bedarf es aber eigentlich keines eigenen Bebauungsplanes (und damit auch keiner Änderung des FNP), da erteilte baurechtliche Erlaubnisse jedenfalls Bestandsschutz genießen. Hierzu müssten allerdings von denjenigen Nutzern bzw. Pächtern, die sich auf Bestandsschutz berufen möchten entsprechende Nachweise (mindestens zum Errichtungszeitpunkt) vorgelegt werden können, was ihnen anscheinend aber nicht möglich ist.

Dem Bezirksamt liegen bislang nur einige wenige Baugenehmigungen in dieser ehemaligen KGA vor, was aber gerade nicht den Schluss des Vereinsvorstandes zulässt, es habe sich von Beginn an um eine Wohnsiedlung und nicht um eine Kleingartenanlage gehandelt. In allen zivilrechtlichen Pachtverträgen – auch in den Erholungspachtverträgen aus DDR-Zeiten - war zudem als Zweck des Pachtverhältnisses eine kleingärtnerische Nutzung vereinbart und keine bauliche Nutzung (Errichtung eines Erholungsbaus oder eines Eigenheims), so dass hier davon ausgegangen werden muss, dass sich die aktuell vorhandene Bebauung mit verschiedensten Baulichkeiten aus nicht genehmigten Umnutzungen innerhalb einer KGA entwickelt hat).

Zuzugeben ist den Pächtern hier, dass – insbesondere in den Kriegsjahren und in den darauffolgenden Jahren der akuten Wohnungsnot – in dieser Anlage – mit Wissen der Behörden eine sehr hohe Anzahl von Nutzern die Baulichkeiten auch zum Dauerwohnen genutzt haben; allerdings ging dieser hohe Bewohneranteil dann auch wieder zurück als mehr Neubauvorhaben den Umzug in komfortablere Neubauwohnungen ermöglichten.

Organisatorisch wurde die Anlage jedoch seit Gründung in 1932 immer als Kleingartenanlage behandelt und die für eine Erholungsnutzung so auch vom Land Berlin als Grundstückseigentümer und Verpächter verwaltet. Auch der in der Anlage ansässige Verein war bis zu seiner Satzungsänderung in 2017 nach dem in der Satzung selbst festgelegten Vereinszweck stets ein Kleingartenverein (für die Gründung eines weiteren Vereins, z.B. eines Siedlervereins liegen keine Nachweise vor).

Sollte der Bezirk nun die Aufstellung eines Bebauungsplans beabsichtigen um zukünftig eine bauliche Nutzung in dieser Anlage zu ermöglichen und ein Dauerwohnen zu legalisieren, so muss man sich vorab über die möglichen Konsequenzen für den Bezirkshaushalt, die oben aufgezeigt worden sind, im Klaren sein.

Zudem liegt die Anlage derzeit auch vollständig im Außenbereich und nicht etwa an den Siedlungsrändern Berlins; sie wäre damit auch zukünftig von Außenbereichsflächen umgeben, was aber bei Schaffung eines Bebauungsplanes für ein Wohngebiet oder auch nur eines Erholungsgebietes nach § 10 BauNVO (Wochenendhausgebiet) zu einer weiteren Zersiedelung des Außenbereichs führen würde und jedenfalls zu einer weiteren Versiegelung von Flächen.  Ob hierzu mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung aber ein Einvernehmen für eine Änderung des FNP zu erzielen wäre, erscheint mehr als fraglich. Bei Festsetzung eines Wochenendhausgebietes entsteht zudem nicht einmal zusätzlicher Wohnraum, der den Verlust von eigentlich zu schützenden Außenbereichsflächen als gerechtfertigt erscheinen lassen könnte.

Außerdem sei noch erwähnt, dass am Umgang im Bezirk Pankow mit einer ganz ähnlichen Situation in der dortigen Erholungsanlage „Schildow-Waldeck“ Einiges abzuleiten ist. Anders als in Lichtenberg wurde für die dortige Anlage Schildow-Waldeck, die sich ebenfalls aus einer ehem. KGA entwickelt hat, aber bereits im FNP (also in der übergeordneten Planung gem. § 5 BauGB, die die jeweiligen Nutzungsabsichten des Landes Berlin festhält) von vornherein schon berücksichtigt, dass in dieser Anlage ggf. auch ein Wohngebiet planerisch entwickelt werden könnte. Der Bezirk Pankow hatte daher diese Anlage an die BIM abgegeben. Es wurde gemeinsam zwischen der Planungsbehörde in Pankow und der BIM zunächst ein Entwicklungskonzept erstellt, das die vor der Aufstellung eines Bebauungsplans näher zu untersuchenden Problemfelder und Lösungsmöglichkeiten zu untersuchen hatte. Die Nutzer:innen wurden dabei 2018 schon im Rahmen von Informationsveranstaltungen informiert und hatten die Gelegenheit, ihre Fragen zu stellen. Leider hat sich im Nachbarbezirk schon im Rahmen dieser Konzepterstellung gezeigt, dass vor Schaffung von Baurecht in einem B-Plan (in dem die Bürger:innen dann selbstverständlich förmlich beteiligt werden) eine Vielzahl von Problemen zu lösen wären (u.a. die unzureichende Erschließung stellt den Bezirk vor große Probleme), die sich kurzfristig nicht lösen lassen, so dass der Prozess hier schon wesentlich länger andauert als ursprünglich beabsichtigt.

Es zeigen sich also auch dort die gleichen Schwierigkeiten und Fragestellungen, für die der Nachbarbezirk derzeit auch noch keine praktikable Lösung gefunden hat, um die Folgen der Aufstellung eines B-Plans für ein Wohngebiet eingrenzen zu können. . 

Für die Anlage Falkenhöhe 1932 kann daher aus planerischer Sicht kein sinnvoller und vom Bezirksamt bei Betrachtung von Kosten und Nutzen vertretbarer Vorschlag für die Aufstellung eines Bebauungsplanes unterbreitet werden.

Das Bezirksamt ist gerne bereit, die hier dargestellten Ergebnisse seiner Prüfung der BVV näher zu erläutern und ggf. auch Nachfragen der interessierten Nutzer bzw. Grundstückseigentümer in der Anlage sowie auch Nachfragen von in dieser Sache ja bereits länger engagierten Politikern zu beantworten.  Ob dies ggf. in einer Ausschusssitzung des BVV erfolgen kann oder ob ggf. eine Erläuterung und ggf, Beantwortung von Nachfragen in einer gesonderten Veranstaltung geführt werden sollte, kann mit der BVV gerne noch abgestimmt werden.

 

 

a)                                                                                                                                                     Auswirkungen auf die Umsetzung des strategischen Zielsystems:
Keine oder ggf. vermerken

b)                                                                                                                                                     Auswirkungen auf die Digitalisierung der Verwaltungsleistungen:
Keine oder ggf. vermerken

c)                                                                                                                                                      Auswirkungen auf den Haushaltsplan:
Keine oder ggf. vermerken

d)                                                                                                                                                     Auswirkungen auf die KLR und das Budget:
Keine oder ggf. vermerken

 


 

 
 

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