Drucksache - DS/1584/VI  

 
 
Betreff: Spielhallen
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Wirtschaft und ArbeitBezirksamt
  BzStR StadtBauUm,
Drucksache-Art:Dringliche BeschlussempfehlungVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin Entscheidung
28.01.2010 
37. Sitzung in der VI. Wahlperiode der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   
Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin Entscheidung
22.04.2010 
40. Sitzung in der VI. Wahlperiode der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlagen:
Dringl. Beschlussempfehlung Wirt/Arb PDF-Dokument
Vorlage z. Ktn. BA (Abb.) PDF-Dokument
Anlage  

Der Ausschuss Wirtschaft und Arbeit empfiehlt der Bezirksverordnetenversammlung:

Das Bezirksamt wurde ersucht,

 

  1. die Tendenzen bei der Entwicklung von Spielhallenstandorten in Lichtenberg darzustellen sowie
  2. die Instrumente der Steuerung der Standortentwicklung zu erläutern und Vorschläge für weitere notwendige Steuerungsinstrumente aus Sicht des Bezirkes vorzulegen.

 

 

 

Das Bezirksamt bittet die BVV, Folgendes zur Kenntnis zu nehmen:

 

Zu 1.

 

Der Fokus der Spielhallenbetreiber lag in der Vergangenheit intensiver auf den Berliner Innenstadtbezirken. Nachdem dort möglicherweise ein gewisser Sättigungsgrad eingetreten ist, werden verstärkt seit 2009 Spielhallenstandorte auch in Lichtenberg beantragt. Besonders betroffen sind die Wartenberger Straße – Multiplexkino – in Hohenschönhausen-Nord, die Hauptstraße, die Konrad-Wolf-Straße und die Ferdinand-Schultze-Straße in Hohenschönhausen-Süd, der Bereich Frankfurter Allee und Siegfriedstraße in Lichtenberg-Nord und der Bereich Weitlingstraße in Lichtenberg-Mitte. Dabei sind die Betreiber besonders daran interessiert, möglichst große Spielhallen mit mehr als 100 m² Fläche und einer Vielzahl von Geldspielgeräten zu eröffnen. Diese Spielhallen werden durch die Baunutzungsverordnung (BauNVO) als kerngebietstypische Vergnügungsstätten definiert. Für den Fall der planungsrechtlichen Unzulässigkeit werden standortbezogen häufig mehrere kleinere Spielhallen beantragt.

 

Eine extensive Entwicklung von Spielhallenstandorten ist in Lichtenberg nicht festzustellen.

Lichtenberg verfügt zurzeit über 9 Spielhallen an 8 Standorten (Vorjahr 10 Spielhallen an 9 Standorten). Hierbei handelt es sich um Spielhallen, die nach §33 i der Gewerbeordnung durch das Ordnungsamt konzessioniert sind. Ca  65 % dieser Spielhallen bestehen schon seit über 10 Jahren. Da die maximale Anzahl von Geldspielgeräte in Spielhallen auf 12 Geräte beschränkt ist, besteht bei Spielhallenbetreibern auch kein Interesse die Spielhallenfläche zu vergrößern ( max. 144 m² )

Im Übrigen wird eine ungehinderte Ausweitung von Spielhallenstandorten durch die  bauplanungsrechtliche Zulässigkeit  beschränkt.

Soweit diese allerdings gegeben ist, hat das Ordnungsamt bei Vorliegen der im Erlaubnisverfahren zu prüfenden persönlichen Zuverlässigkeit des Antragstellers, keine Möglichkeit, eine Spielhallenerlaubnis zu versagen.

Als Problemschwerpunkte hinsichtlich des Verstoßes gegen den Jugendschutz und erhöhter Kriminalität stellen sich die Spielhallen nicht dar.

 

Als problematisch im Hinblick auf das Betreiben von Geldspielgeräten erweisen sich vielmehr die Gaststättenbetriebe.

Mit Novellierung der Spielverordnung 2006 wurde die zulässige Anzahl von Geldspielgeräten in Gaststätten von 2 auf 3 Geräte erhöht. Gleichzeitig wurden durch den § 6a der Spielverordnung die Unterhaltungsspielgeräte, die bis dahin in unzulässiger Weise als Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit (Token, Freispiele, Aussetzen von Preisen) benutzt wurden, aus den Gaststätten verdrängt. Zum Ausgleich von Umsatzverlusten erhöhte sich das Bestreben der Automatenaufsteller, die Verluste durch den Einsatz von mehr Geldspielgeräten zu kompensieren. Da in den vorhandenen Gaststätten die Höchstzahl der zulässigen Geldspielgeräte ausgeschöpft war, setzte die Tendenz ein, bestehende Gaststätten zu teilen. Dies geschah unter Ausnutzung des erleichterten Betreibens von Gaststätten ohne Alkoholausschank, denn nur noch Gaststätten mit Alkoholausschank unterliegen der Erlaubnispflicht nach der weiteren Liberalisierung des Gaststättengesetzes des Bundes.

 

Obwohl sich die Gesamtzahl der Gaststättenbetriebe nur unwesentlich erhöht hat, kommt es zu einer Verschiebung zugunsten der erlaubnisfrei betriebenen Gaststätten, die gaststättenrechtlich keinen räumlichen und fachlichen Beschränkungen mehr unterliegen, aber im Sinne der Spielverordnung für die Aufstellung von Geldspielgeräten zulässig sind.

So wurden von bestehenden konzessionierten Gaststätten Räume abgeteilt, um diese als erlaubnisfreie Gaststätten zu betreiben und weitere Spielgeräte aufstellen zu können. Eine gesonderte Betriebsführung erfolgte in der Regel nicht, sondern weiter durch den Ursprungsbetrieb und unter Wahrung einer direkten räumlichen Verbindung zwischen den Betrieben.

Nach außen sind diese Betriebe oftmals an ihrer aggressiven Werbung für das Automatenspiel erkennbar. In der öffentlichen Wahrnehmung entsteht so der Eindruck, es würde sich um Spielhallen handeln. 

 

 

Entwicklung des Bestandes an Gaststättenbetrieben seit 2005

 

 

 

1

2

3

4

5

6

 

2005

2006

2007

2008

2009

09/05
(Sp.5/1)

erlaubnisfrei

182

188

201

217

239

+57

erlaubnispflichtig

315

285

274

256

246

-69

Hotels/Pensionen

25

24

23

24

26

+1

gesamt

522

497

498

497

511

 

 

Die rechtliche Bewertung und Subsumierung dieser Betriebe unter die Spielverordnung war für die Ordnungsämter Berlins zunächst schwierig.

Einerseits handelt es sich um Gaststätten im Sinne des Gaststättenrechts, andererseits waren die Räumlichkeiten z.T. sehr klein und der eigentliche Gaststättenbetrieb war nur untergeordnet, so dass der Spielzeck in den Vordergrund trat, und der Betrieb dadurch spielhallenähnlichen Charakter annahm.

Bestätigt wurde diese Auffassung im Beschluss des Verwaltungsgerichtes Berlin vom 01.01.2009. Hier hat das Gericht in einem Verfahren auf vorläufigen Rechtschutz  klar beurteilt, dass die zur Zeit aus dem Boden schießenden " Kleinstgaststätten" nicht geeignet sind um Geldspielgeräte aufzustellen, und hat diese  Betriebsart mit untergeordnetem Gaststättenbetrieb eindeutig als erlaubnispflichtige Spielhalle anerkannt.

 

Dieser Beschluss gibt  nunmehr auch die Rechtssicherheit gegen solche Betriebe vorzugehen und auch von vornherein die Geeignetheit zur Aufstellung von Geldspielgeräten zu versagen oder
über eine Auflage die Anzahl der Anzahl der Geldspielgeräte zu begrenzen.

Als Beurteilungsgrundlage wird dabei die Flächenregelung für Spielhallen herangezogen.

 

Das Ordnungsamt hat im Rahmen seiner personellen Möglichkeiten 2009 eine Vielzahl von Kontrollen durchgeführt. 3 Gaststättenbetriebe wurden zeitweilig geschlossen, um hier Rechtskonformität einzufordern.

 

 

Zu 2.

 

Neben der Gewerbeordnung (GewO) wird die Zulässigkeit von Spielhallen durch die Anwendung des § 30 Baugesetzbuch (BauGB) in festgesetzten Bebauungsplänen und des § 34 BauGB  im unbeplanten Innenbereich in Verbindung mit der Baunutzungsverordnung (BauNVO) bestimmt. Die BauNVO unterscheidet in Vergnügungsstätten – Spielhallen mit weniger als 100 m² Fläche – und in die größeren, kerngebietstypische Vergnügungsstätten.

Unabhängig von ihrer Größe sind Vergnügungsstätten in Kerngebieten grundsätzlich und in Gewerbegebieten ausnahmsweise zulässig. Die Spielhallen unter 100 m² Fläche können zusätzlich in Mischgebieten ausnahmsweise zulässig sein, während in den Wohngebieten Vergnügungsstätten aller Art absolut unzulässig sind. 

In den Quartieren, die sich nicht einer Gebietsart der BauNVO zuordnen lassen, ist für die Zulässigkeit von Spielhallen maßgeblich, ob bereits im prägenden Umfeld eine Vergnügungsstätte genehmigt wurde.

Ein weitergehender Ausschluss von Vergnügungsstätten kann durch Bebauungspläne erfolgen, wenn städtebauliche Gründe durch spezielle Standortuntersuchungen und Standortkonzepte dafür vorliegen. Ein vollständiger Ausschluss von Vergnügungsstätten ist auf Basis des BauGB und der  BauNVO nicht möglich.

In Lichtenberg ist mit der BauNVO von 1990 für die Mehrzahl der Bestands- und Plangebiete ein z. Zt. noch ausreichendes planungsrechtliches Instrument zur Regulierung der Vergnügungsstätten vorhanden, so dass in den unter 1. genannten Bereichen eine Zulässigkeit überwiegend nicht gegeben ist.

Weitergehende, kompakte Informationen zum Umgang mit Spielhallen sind im anliegenden Positionspapier der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 18.03.2009 enthalten.     

 

Das Ordnungsamt sieht dringenden Handlungsbedarf, im Prozess der Evaluierung der Spielverordnung auf die zuvor beschriebenen Erscheinungsformen aufmerksam zu machen. Bei einer absehbaren Novellierung der Spielverordnung des Bundes ist darauf hinzuwirken, dass gerade hinsichtlich der Gaststättenbetriebe die Voraussetzungen zur Aufstellung von Geldspielgeräten klarer zu fassen und gegebenenfalls auch an räumliche, flächenmäßige oder an bestimmte Betriebsarten zu binden sind.

 

Der gegenwärtig feststellbare ungehinderte Wildwuchs an Kleinstgaststätten mit der Möglichkeit Geldspielgeräte aufzustellen, stellt aus Sicht des Ordnungsamtes eine potentielle Gefahr für Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz und zur  Ausnutzung des Spieltriebes dar.

 

In diesem Zusammenhang wird auch auf die Beantwortung der kleinen Anfrage des Abgeordnetenhauses Berlin  DS 16/13882 vom 20.11.2009 verwiesen (siehe Anlage).  

 

 

 

Berlin, den     .03.2010

 

 

 

 

 

 

Emmrich                                                        Geisel

Bezirksbürgermeisterin                                 Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung, Bauen,

                                                                       Umwelt und Verkehr

 

 

 
 

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