Drucksache - DS/0840/VI  

 
 
Betreff: Veranstaltung "Bloß nicht fallen! Sturzprävention im Alter"/Startschuss für die Suche nach ehrenamtlichen Spaziergangspaten
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:BezirksamtBezirksamt
Verfasser:BzStR FamJugGesBzStR FamJugGes,
Drucksache-Art:Vorlage zur KenntnisnahmeVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin Entscheidung
24.04.2008 
18. Sitzung in der VI. Wahlperiode der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin mit Zwischenbericht zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlagen:
Vorlage z. Ktn. BA PDF-Dokument

Die Veranstaltung „Bloß nicht fallen

Die Veranstaltung „Bloß nicht fallen! Sturzprävention im Alter“ am 19.03.2008 in einer Lichtenberger Seniorenbegegnungsstätte war ein voller Erfolg. Die Sturzproblematik ist bei den älteren Menschen ein hochaktuelles Thema. Das bestätigen auch fast 120 Besucher. Schirmherren der Veranstaltung waren der Bezirksstadtrat für Familie, Jugend und Gesundheit, Herr Michael Räßler-Wolff, und die Bezirksstadträtin für Schule, Sport und Soziales, Frau Kerstin Beurich.

 

Die Veranstaltung ist Ausdruck eines kooperativen Miteinanders zwischen dem Bezirksamt, dem Geronto-Geriatrische-Verbund, dem Sana-Klinikum Lichtenberg, dem Evangelischen Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberger, Lebensmut e.V., Miteinander Wohnen e.V. und der Koordinierungsstelle Rund ums Alter.

 

Das Bezirksamt befragte im Rahmen einer Studie zur „Sturzprävention im Alter“ fast 400 Seniorinnen und Senioren in Lichtenberg und untersuchte die Fragestellungen „Wie geht es der älteren Bevölkerung?“ und „Was kann getan werden, damit die Älteren noch lange fit bleiben und Sturzgefahren vermeiden?“(Anlage 1). In Deutschland stürzen 30% der über 65-Jährigen und 40% der über 80-Jährigen mindestens einmal pro Jahr im eigenen Haushalt. Oft ziehen Stürze eine Krankenhausbehandlung nach sich und führen zum Verlust der Selbstständigkeit und zur Pflegebedürftigkeit.

 

Die Ergebnisse zeigen u.a., dass viele Befragte die hohe Stufe zum Balkon und Schwellen in der Wohnung als Stolperfalle sehen. Fast die Hälfte hat Angst davor zu stürzen und möchte über Möglichkeiten der Gefahrenvermeidung mehr aufgeklärt werden. Um länger beweglich zu bleiben, wünschen sich 40% der Befragten Angebote zu Spaziergangsgruppen im Bezirk.

 

Neben den viel diskutierten Studienergebnissen konzentrierte sich die Veranstaltung auf medizinische und soziale Aspekte rund um die Gesundheit bei Älteren. Zum Abschluss wurde den Lichtenberger Seniorinnen und Senioren ein konkretes Angebot zur unterbreitet, sich als Spaziergangspate zu melden bzw. sich einer Gruppe von lauffreudigen Älteren anzuschließen. Die Koordination des Gesundheitsprojektes übernimmt das Bezirksamt (Konzept vgl. Anlage 2: Ehrenamtliche Spaziergangspaten in Lichtenberg).

 

Eine Tagungsdokumentation mit allen Referatsbeiträgen wird im Mai 2008 veröffentlicht. Gleichzeitig erfolgt ein öffentlicher Aufruf nach ehrenamtlichen Spaziergangspaten.

 

 

 

Berlin, den

 

 

 

Emmrich                                                        Räßler-Wolff

Bezirksbürgermeisterin                                  Bezirksstadtrat für Familie, Jugend und Gesundheit

 

 

 

 

 

 

 

Anlagen: 2

 

 

 

„Bloß nicht fallen!“

Sturzprävention im Alter“

 

 

Fragebogenerhebung in Berlin-Lichtenberg

 

 

Eckdaten

 

► Befragung mittels eines 3-seitigen Fragebogens

► Die Erhebung wurde im Zeitraum von Mitte Mai bis Mitte Juli 2007

durchgeführt

► 368 Senioren im Alter von 65 Jahren und älter beteiligten sich

► Alle befragten Senioren wohnen in eigener häuslicher Umgebung

► Die Befragungen fanden in Freizeitstätten für Senioren in Zusammen-

arbeit mit dem Sozialamt statt

 

 

wichtige Ergebnisse

 

► 54,8 % (159) der befragten Senioren, die geantwortet haben, empfin-

den ihre Wohnung nicht als seniorengerecht gestaltet.

 

► Für 88,4 % (114), die diese Frage beantworteten,

stellen die hohe Stufe zum Balkon und Schwellen Stolperfallen dar.

 

► Ca. 36% der Befragten sind in den letzten drei Jahren einmal bzw.

mehrmals gestürzt.

 

► 44% (162) der Senioren haben Angst davor zu stürzen.

 

► Mehr als die Hälfte der befragten Senioren (55%; 204 Personen)

möchte mehr über Sturzvorbeugung wissen.

 

► Der Großteil der Senioren möchte über Sturzvorbeugung vom Haus-

arzt bzw. geschultem Personal einer Freizeiteinrichtung informiert

werden.

 

► Über 90% der Befragten gaben an, dass sie gern spazieren gehen.

 

► Ca. die Hälfte der Senioren (149 Personen), die auf die Frage antwor-

teten, haben Interesse an Spaziergangsgruppen.

 

 

 

Maßnahmen zur Vorbeugung von Stürzen

 

 

Körperliches Training

 

► Eine Abnahme der Leistungsfähigkeit ist im Alter die häufigste Ursache von Stürzen, z.B. durch Krankheiten oder Bewegungsmangel bedingt. Das Training von Muskelleistung und Balancefähigkeit sind zentrale Maßnahmen, um Stürzen vorzubeugen.

 

► Eine aktive Alltagsgestaltung bildet den Kern der Sturzvorbeugung. Kurze Wege können zu Fuß erledigt werden und „Inaktivitätsfallen“ wie Rolltreppen oder Fahrstühle sollten vermieden werden.

 

► Mit gezielten, regelmäßigen Übungen kann altersbedingtem Muskel- und Kraftverlust entgegengewirkt werden. Ein Training allein oder in der Gruppe sollte einen aktiven Alltag ergänzen.

 

► Die regelmäßige Ausübung von Hobbys, wie Schwimmen, Tanzen, Radfahren oder Gartenarbeit sind gut geeignet, um fit zu bleiben. Ausgedehnte Spaziergänge an Steigungen sind ein gutes Training für die Beinmuskulatur.

 

► Asiatische Bewegungsübungen wie Tai-Chi, helfen die Balancefähigkeit zu verbessern und sind zudem auch für Menschen mit Rheuma oder Osteoporose geeignet.

 

 

Wohnungsanpassung

 

► Schlechte Lichtverhältnisse, Teppichläufer oder rutschige Badewannen können zu einem Sturz führen. Meistens sind solche Gefahrenquellen nicht die Ursache, sondern der Auslöser von Stürzen.

 

Mögliche „Stolperfallen“ in der Wohnung sollten erkannt und beseitigt werden. Eine umfassende Umgestaltung der Wohnung kann mithilfe von Beratungsstellen (z.B. Koordinierungsstelle „Rund ums Alter“) vorgenommen werden.

 

 

 

 

 

Medikamenteneinnahme

 

► Medikamente und ihre Wechselwirkung können das Sturzrisiko erhöhen, besonders dann, wenn mehr als vier verschiedene Medikamente pro Tag eingenommen werden. Sie können Schwindel verursachen und das Gleichgewicht stören.

 

► Zur Sturzvorbeugung sollte deshalb gemeinsam mit dem Hausarzt die

Einnahme von Medikamenten nach Nutzen und Risiko abgeschätzt

werden.

 

► Der Hausarzt kann außerdem mithilfe von einfachen Tests feststellen,

ob ein Sturzrisiko vorliegt und zu weiteren Maßnahmen beraten.

 

 

Nutzung von Hilfsmitteln

 

Bei Seh- und Höreinbußen sind korrekt angepasste Brillen und Hörgeräte wichtig, um Stürzen vorzubeugen.

 

► Gehhilfen können helfen geschwächte Muskeln zu unterstützen, Belastungsschmerzen zu lindern und die Gangsicherheit und die Balance zu verbessern. Gehstöcke, Gehböcke und Rollatoren gehören zu solchen Gehhilfen.

 

► Grundsätzlich sollte darauf geachtet werden, dass die Gehilfen vom Arzt angepasst sind. Bewegungsabläufe sollen nicht verändert, sondern nur unterstützt werden.

 

► Hüftprotektoren können zum Schutz vor einem Knochenbruch am Oberschenkel getragen werden. Dieser Hüftschutz besteht aus einer Kunststoffschale, die in spezielle Unterwäsche eingearbeitet ist oder in taschenförmige Aussparungen in die Unterwäsche eingeschoben wird.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                                                                                    Anlage 2

 

 

GesPlanL                                                                                                                    29.02.2008

 

 

Public Health-Projekt

„Ehrenamtliche Spaziergangspaten in Lichtenberg -

Sturzprävention im Alter“

 

Zwei Zielgruppen

  • 1. Aktive Seniorinnen und Senioren als Spaziergangspaten (Aufruf über Presse)
  • 2. Betroffene, leicht Gehbehinderte (unterhalb der Pflegestufe I), aber auch noch spaziergangslustige Ältere (Zugang über Hausärzte, Bürgerämter, Adressen des Hilfelotsen, Servicewohnen, Begegnungsstätten…)

 

Projektziele

  • Mehr Bewegung im Alter  
  • Aktivierung von Seniorinnen und Senioren und Durchbrechung des Teufelskreises, nach dem Sturz Bewegungen zu vermeiden und sich einer schleichenden Vereinsamung hinzugeben /Geselligkeit als Prävention gegen Altersdepression
  • Prävention von Sturzunfällen im Alter
  • Förderung des Gemeinwohlengagements

 

Projektbeschreibung

Spaziergänge setzen niedrigschwellige Bewegungsanreize, denn Spazieren gehen kann man überall. Man benötigt keine besondere Ausrüstung.

Ehrenamtliche Spaziergangspaten sollen ein konkretes Angebot im Feld Gesundheitsförderung im Alter erhalten, das sowohl ihrer eigenen Leistungsstärke entspricht als auch präventiv und sozial für die Zielgruppe geeignet erscheint. Die Spaziergangspaten sollen bis zu max. 10 Personen große Gruppen kostenfrei durch einzelne Gebiete des Bezirks führen. Dabei können die Lichtenberger Wanderkarten als Grundlage für kleine Ausflüge genutzt werden.

 

Ein Spaziergangspate sollte neben Kontakt- und Teamfähigkeit auch viel Engagementbereitschaft mitbringen. Denn sie sollen befähigt werden, als Spaziergangspate Senioren bei Spaziergängen zu begleiten. Vor dem Einsatz eines Spaziergangspaten wird ein kostenloser Einführungskurs über einen Verein angeboten. Dabei sollte es in einem zeitlichen Rahmen von 4 – 6 Stunden u.a. um die Vermittlung von speziellen Kenntnissen zur Halte- und Stützmuskulatur gehen und darum, wie jeder selber ohne viel Hilfsmittel für Gangsicherheit sorgen kann. Daneben kann auch Wissenswertes zur Ernährung und sozialer Teilhabe vermittelt werden.

 

Wichtig ist, dass das Konzept Spaziergangspate als Gruppenangebot systematisch für den ganzen Bezirk umgesetzt werden soll, mit einem Einführungskurs startet und als Ergänzung zu bereits laufenden Einzelansätzen zu verstehen ist.

 

Projekthintergrund

Die demographische Zeitenwende ist angebrochen, sodass der Blick sich zwangsläufig auf diese Zielgruppe richtet. Dabei ist zu bedenken, dass das Altern mit Risiken verbunden ist. So gehören beispielsweise die Sturzproblematik im Alter und Altersdepressionen zu einem Alterungsabbauprozess, denen präventiv begegnet werden muss. Um ein würdevolles Altern zu erhalten, müssen auch viele kommunale Anstrengungen unternommen werden.

 

Ausgangspunkt für das Projekt „Spaziergangspaten“ sind auch erste Ansätze aus Dänemark, wo erfolgreich passgerechte Unfall- und Sturzpräventionsprogramme für Ältere umgesetzt werden. Dazu gehören auch begleitete Spaziergangsgruppen. Ein wertvoller Nebenaspekt ist dabei, in Zeiten der öffentlichen Haushaltsnot auf ehrenamtliche Ressourcenpotenziale zurückzugreifen und diese besonders im präventiven Gesundheitsbereich brauchbar einzusetzen.

Was passiert schon in Lichtenberg? Beispielsweise macht der Kiez Friedrichsfelde (25.000 Einwohner, fast 50% gehören zu 55plus) bereits schöne Bewegungsangebote im Alter:

  • Im Rahmen der „ Friedrichsfelder Gesundheitstage“ findet immer ein besonderer „Tierparkspaziergang“ statt (MITEINANDER WOHNEN e.V., Fördergemeinschaft des Tierparks, BV Volkssolidarität Lichtenberg - 90 Teilnehmer/innen per pedes, mit Gehhilfen, Rollatoren oder Rollstuhl)
  • Veranstaltung „Läufste mit, bleibste fit“, ca. 40 Ältere und Hochbetagte laufen und spazieren in die Kleingartenanlage „ Märkische Aue“ (Veranstalter MITEINANDER WOHNEN e.V. und SC Borussia Friedrichsfelde)
  • Regelmäßige Spaziergänge im Kiez (14-tägig in kleiner Gruppe, geleitet durch Frau Gudrun Hirche)
  • Friedrichsfelder Weltenbummler „Freie Wandergruppe“, aus dem Verein Miteinander Wohnen 1991 entstanden, dann von Ehrenamtlichen weitergeführt (1-2 mal im Monat)
  • Lichtenberger Kulturverein, Wanderungen mit Frau Dorband, Dienstag und Freitag ca. 25-30 Personen
  • Neu: Begleitservice in den Tierpark (Menschen werden begleitet, die nicht mehr allein einen Tierparkbesuch machen können, einschließlich Haustürservice)
  • Weitere Wanderangebote in der Broschüre „Sport in Lichtenberg 2007“ und Seniorenbroschüre des Landessportbundes 2007 (Sportamt)

 

Projektpartner

Planungs- und Koordinierungsstelle Ges, Sozialamt, KEH, GGV, Sana-Klinikum, Koordinierungsstelle „Rund ums Alter“, Miteinander Wohnen e.V., Lebensmut e.V., Hausärzte

 

Zeitplan 2008

  • März: Konzeptvorstellung „Spaziergangspate“ am 19. März

 

  • April: Erste organisatorische Gespräche

 

  • Mai: Presseaufruf nach Spaziergangspaten/ Suche nach Betroffenen

 

  • Juni - Oktober: Öffentlichkeitsarbeit / Gespräche mit Fachhochschulen (Gerontologie) / Ausschreibung nach einem Studenten zur Evaluation des Projekts (Welchen gesundheitsförderlichen Einfluss hat die Interventionsmaßnahme Spazieren gehen?)

 

  • November: Gesundheitskonferenz 2008 „Aktiv im Alter“ (u.a. Stand der Umsetzung des Konzepts)

 

Kosten

Kostenlos, bis auf Unfallversicherung für ehrenamtliche Spaziergangspaten (angesiedelt bei Lebensmut e.V. und Miteinander Wohnen e.V.)

 

Curriculum

Zur Einführung der Spaziergangspaten sollen zunächst innerhalb von vier Stunden folgende Grundlagen vermittelt werden (Frau Dr. Jammer, Herr Dr. Neubart, Herr Dr. Kratz, Frau König über Herrn Kaminski):

  • Medizin im Alter
  • Bewegungslehre (Laufschulung, Körperhaltung)
  • Sturzgefahren (punktuell: Erste-Hilfe-Maßnahme)
  • Organisatorisches (Versicherung)

 

 

Öffentlichkeitsarbeit

  • Fotodokumentation einer Laufgruppe für die Presse/ Seniorenjournal
  • Werbeflyer für beide Zielgruppen entwickeln
  • Internetpräsenz

 

Wissenschaftliche Begleitung vorgesehen

 

 

 
 

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