Drucksache - DS/1814/V  

 
 
Betreff: Übertragung von wesentlichen Aufgaben des Pflegekinderwesens an einen anerkannten Träger der Jugendhilfe
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:BezirksamtBezirksamt
Verfasser:BzStR JugBilSportBzStR JugBilSport,
Drucksache-Art:Vorlage zur KenntnisnahmeVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin Entscheidung
26.04.2006 
52. Sitzung in der V. Wahlperiode der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlagen:
Vorlage z. Ktn. BA PDF-Dokument

Das Bezirksamt bittet die Bezirksverordnetenversammlung die als Anlage beigefügte Vorlage zur Kenntnis zu nehmen

Das Bezirksamt bittet die Bezirksverordnetenversammlung die als Anlage beigefügte Vorlage zur Kenntnis zu nehmen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

10360 Berlin,               2006

                                                       

                                                                                               

 

 

 

Emmrich                                                             Räßler-Wolff

Bezirksbürgermeisterin                                      Bezirksstadtrat für

                                                                            Jugend, Bildung und Sport

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bezirksamt Lichtenberg von Berlin                                                                              .04.2006

Abteilung Jugend, Bildung und Sport                                                                  90296 6300

Bezirksstadtrat                                                                                                    

 

 

Übertragung von wesentlichen Aufgaben des Pflegekinderwesens an einen anerkannten Träger der Jugendhilfe

 

 

Einleitung

 

Die öffentliche Jugendhilfe befindet sich in einem grundlegenden Strukturwandel, der sich durch eine zunehmende Beschränkung auf Kernaufgaben insbesondere auf die Planung, Steuerung, Gewährung und Gewährleistung von Leistungen auszeichnet. Die Verwaltung des Jugendamtes wird künftig ihrer Verpflichtung mehr durch Fall­management und Gewährleistung der Finanzierung von Leistungen bei freien Trägern und weniger durch eigene Leistungserbringung nachkommen.

 

 

Beschluss des JHA zur Auslagerung des Pflegekinderdienstes

 

Der JHA hat am 14.08.2003 im Rahmen struktureller Einsparmöglichkeiten be­schlossen, eine Umsteuerung im Bereich Vollzeitpflege durch eine Übertragung wesentlicher Aufgaben des Pflegekinderdienstes auf anerkannte Träger der freien Jugendhilfe vorzunehmen.

 

Der Bereich der Vollzeitpflege soll ausgebaut werden, um damit eine Verlagerung von Unterbringungen im Heim auf die deutlich kostengünstigeren Unterbringungen in Vollzeitpflege zu erreichen.

 

Es wurde die Auslagerung folgender Aufgaben vorgesehen:

-          Werbung, Öffentlichkeitsarbeit, Überprüfung und Vorbereitung von Pflegeeltern­bewerbern

-          Regionale Beratung und Betreuung von Pflegeeltern, Kindern und ihren Eltern

-          Fortbildung, Supervision und Gruppenarbeit

-     Übernahme der bereits bestehenden Pflegeverhältnisse (Zum 31.12.05 wurden durch den PKD im BA Lichtenberg 123 Pflegekinder betreut.)

 

 

Umsetzung des Beschlusses

 

Nach den Ausführungsvorschriften über Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege und teil­stationärer Familienpflege können die Jugendämter alle wesentlichen Aufgaben, die nicht zwingend aufgrund von Vorschriften des SGB VIII beim öffentlichen Träger verbleiben müssen,  anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe übertragen.

 

Bei der Umsetzung dieses Beschlusses war durch die Verwaltung des Jugendamtes

gemäß § 7 Absatz 2 der Landeshaushaltsordnung von Berlin zu prüfen, ob durch anerkannte Träger der freien Jugendhilfe die Aufgaben des Pflegekinderwesens in

 

 

 

 

gleicher oder besserer Qualität erbracht werden können und mit einer Auslagerung eine Einsparung im Bereich Hilfen zur Erziehung zu erreichen ist.

Nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit sind bei allen finanzwirksamen Maß­nahmen, angemessene Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen vorzunehmen.

 

 

Produktanalyse Vollzeitpflege und Heimunterbringung

 

Durch den Steuerungsdienst/Finanz- und Kostencontrolling des BA Lichtenberg wurde eine Kostenanalyse der Produkte Vollzeitpflege und Heimunterbringung (Stand 30.06.2003) mit dem Ziel vorgenommen, das mögliche Einsparpotential einer Umsteuerung zu ermitteln.

Dieser Berechnung lag die Annahme zugrunde, dass 50 Kinder und Jugendliche, die bisher im Heim betreut wurden, in Vollzeitpflege verlegt würden.

Danach könnten jährliche Einsparungen von 905.267 € - 1.396.962 € erzielt werden. Bei der Kostenanalyse wurden die Kostensätze des freien Trägers „Pflegekinder­offensive Süd“, der in verschiedenen Bezirken die Aufgaben des Pflegekinder­wesens wahrnimmt, zugrunde gelegt.

Allein aus diesem Einsparpotential empfahl sich eine Umsteuerung.

 

 

Fachhearing zur Umsteuerung im Bereich Vollzeitpflege

 

Durch die Verwaltung des Jugendamtes wurden die Möglichkeiten und Chancen einer solchen Umsteuerung kritisch eingeschätzt. Diese müsste sich insbesondere auf den Personenkreis der 6- bis 16-Jährigen beziehen, da jüngere Kinder im Alter unter 6 Jahren in der Regel  in Pflegefamilien untergebracht werden konnten.

Um zu einer genaueren Einschätzung zu gelangen, wurde durch die Verwaltung des Jugendamtes ein Fachhearing durchgeführt, zu dem Experten von freien Trägern, die sowohl im Bereich der Heimunterbringung als auch im Bereich der Vollzeitpflege tätig sind, eingeladen waren. Die Referenten wurden gebeten, sich zu der Frage zu äußern, wie eine Umsteuerung der bereits im Heim untergebrachten 6- bis 16-jährigen Kindern und Jugendlichen in Vollzeitpflege gelingen könnte.

 

Im Ergebnis dieses Fachhearings ließ sich feststellen, dass die Träger durchaus die Möglichkeit einer längerfristigen Umsteuerung sahen.  Eine kurzfristige Umsteuerung durch Verlegung der Kinder und Jugendlichen in Vollzeitpflege wurde aus fachlicher Sicht abgelehnt bzw. nur für eine begrenzte Anzahl von Kindern und Jugendlichen gesehen. Für die Mehrzahl der untergebrachten Kinder würde eine Pflegefamilie keine Alternative darstellen, da es sich in hohem Maße um bindungsgestörte, traumatisierte Kinder und Jugendliche handelt, die oft chronifizierte Verhaltens­störungen zeigen.  Es bestünde die Gefahr, Pflegeeltern zu überfordern.

 

Der überwiegende Teil der Referenten bezweifelte auch , dass man für die relevante Altersgruppe der 6- bis 16-Jährigen mit den genannten Verhaltensauffälligkeiten, ausreichend Pflegefamilien finden würde.

Vielmehr müssten mehr gut qualifizierte Pflegeeltern für neu unterzubringende Kinder und Jugendliche zur Verfügung stehen.

 

 

Durchführung einer Markterkundung

 

Durch die Verwaltung des Jugendamtes wurde im Anschluss eine Markterkundung durchgeführt.

Ziel und Zweck der Markterkundung war es, eine Einschätzung der Marktsituation für die gesuchte Leistung vorzunehmen und somit die Leistung der Verwaltung in Bezug auf Kosten und Qualität mit der der freien Träger zu vergleichen, um eine genauere wirtschaftliche Bewertung gewährleisten zu können.

Durch die Verwaltung des Jugendamtes wurde dazu eine sehr detaillierte Ver­fahrensbeschreibung erarbeitet. Darin waren die auszulagernden Aufgaben, die aktuelle Situation des Pflegekinderwesens und der stationären Unterbringungen nach § 34 SGB VIII  im Bezirk Lichtenberg beschrieben.

An die möglichen Interessenten richteten sich differenzierte Fragestellungen. Sie sollten ihre fachlichen Konzepte zur Leistungserbringung und die damit verbundenen Kosten darstellen. Eine der wichtigsten Fragen war dabei, wie viele neue Pflege­stellen sie vermutlich akquirieren könnten.

 

Über die Durchführung dieses Verfahrens wurde am 28.01.2005 im Amtsblatt von Berlin und in anderen Medien (Internet, Fachzeitschriften) informiert.

Bis zum 21.03.2005 konnten die Interessenten ihre Konzepte einreichen. Es gab eine breite Resonanz. Über 20 Interessenten forderten die Verfahrensunterlagen zur Markterkundung ab.

 

 

Auswertung und Ergebnisse der Markterkundung

 

Insgesamt haben sich 10 bereits in Berlin tätige Träger der freien Jugendhilfe an diesem Verfahren beteiligt und sehr detaillierte Konzepte zu den verschiedenen Auf­gaben, deren Übertragung vorgesehen ist, dargelegt.

Im Anschluss erfolgten eine wirtschaftliche und inhaltliche Bewertung der einge­reichten Konzepte und ein Vergleich mit der Leistung des Jugendamtes.

Da die Leistungserbringung sehr differenziert erfragt wurde, galt es, eine umfang­reiche Materialsammlung auszuwerten und eine Vergleichbarkeit der Aussagen her­zustellen.

 

Die Auswertung der einzelnen Leistungsangebote der Träger der freien Jugendhilfe und  der Leistung der Verwaltung des Jugendamtes hat folgendes Ergebnis gezeigt:

 

-          Durch die Leistungsangebote der freien Träger wird eine deutliche

Qualifizierung des Bereiches angestrebt.

 

-          Von den anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe wird ein Ausbau der Voll­zeitpflege in Aussicht gestellt, wobei es unterschiedliche Aussagen zu dessen Umfang gibt. Der Vergleich der freien Träger ergibt, dass jährlich 20 neue Pflege­stellen akquiriert werden könnten.

 

-     Der Verwaltung des Jugendamtes ist es mit dem zur Verfügung stehenden Personal bisher gelungen, 10 neue Pflegestellen im Jahr bereitzustellen.

 

 

 

Besonders schwierig ist es, Pflegestellen für ältere Kinder, Geschwisterkinder und Kinder mit erweitertem Förderbedarf zu finden.

Insofern ist einer intensiveren Pflegestellenwerbung innerhalb unseres eigenen Bezirkes besondere Bedeutung beizumessen, die unter den gegenwärtigen personellen Voraussetzungen von der Verwaltung des Jugendamtes nicht leistbar ist.

 

Auf der Grundlage der ausgewerteten Konzepte wurde eine Wirtschaftlichkeits­betrachtung durchgeführt, die gezeigt hat, dass die Auslagerung des PKD auf einen anerkannten Träger der freien Jugendhilfe, dann wirtschaftlicher ist, wenn der Träger tatsächlich 20 neue Pflegestellen pro Jahr akquiriert.

Das führt mittelfristig zu einer Kostenersparnis.

Die Auswertung der vorgelegten Konzepte nutzte die Verwaltung des Jugendamtes weiterhin dazu, ein detailliertes Sollkonzept zu erarbeiten. Darin ist genau be­schrieben, in welcher Qualität die Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege zukünftig durch einen Träger der freien Jugendhilfe im Bezirk Lichtenberg erbracht werden soll.

 

 

Ausblick

 

Zur Auslagerung der Aufgaben des Pflegekinderwesens wird sich ein öffentlicher Wettbewerb anschließen. Die voran­gegangene Markterkundung hatte ausdrücklich keine Vergabe zum Ziel. Es wurde bereits in der Bekanntmachung der Durchführung des Verfahrens dargelegt, dass sich ein öffentlicher Wettbewerb anschließt, wenn im Rahmen der Markterkundung zielerreichende und wirtschaftliche Lösungen gefunden werden.

Ziel dieses Wettbewerbes wird die Vergabe einer Dienstleistungskonzession an einen anerkannten Träger der freien Jugendhilfe sein.

 

 
 

Legende

Ausschuss Tagesordnung Drucksache
Bezirksparlament Aktenmappe Drucksachenlebenslauf
Fraktion Niederschrift Beschlüsse
Kommunalpolitiker Auszug Realisierung
   Anwesenheit Kleine Anfragen