Drucksache - DS/1612/V  

 
 
Betreff: Gründung des Gemeindepsychiatrischen Verbundes
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:BezirksamtBezirksamt
Verfasser:BzStR UmGesBzStR UmGes,
Drucksache-Art:Vorlage zur KenntnisnahmeVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin Entscheidung
16.11.2005 
47. Sitzung in der V. Wahlperiode der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlagen:
Vorlage z. Ktn. BA PDF-Dokument

Anlage: Leitbild mit 2 Anlagen
Anlage: Leitbild mit 2 Anlagen

 

Das Bezirksamt bittet die BVV, Folgendes zur Kenntnis zu nehmen:

 

 

Am 26. September 2005 gründete sich unter Federführung des Bezirksamts Lichtenberg/ Abteilung Umwelt und Gesundheit der Gemeindepsychiatrische Verbund Lichtenberg (GPV). Als erster derartiger Verbund im Land Berlin schlossen sich in ihm 25 in der psychosozialen Versorgung Lichtenberg tätige Träger, Institutionen und Einzelpersonen sowie 5 niedergelassene Fachärzte und Psychotherapeuten zusammen und unterschrieben ein gemeinsam erarbeitetes Leitbild, das Qualitätsstandards der Versorgung und des Zusammenwirkens der verschiedenen Akteure festlegt. Mitglieder des Verbundes sind neben dem Bezirksamt Lichtenberg u.a. die Stiftung SPI, Albatros e.V., das Christliche Sozialwerk, die AWO Lankwitzer Werkstätten und die Caritas.

 

Durch den Verbund werden in Lichtenberg weit mehr als 1.000 psychisch kranke oder psychisch instabile Menschen u.a. in therapeutischen Wohngemeinschaften oder Kontakt- und Beratungsstellen betreut. Die Hilfeleistung wird jeweils sehr individuell ausgestaltet und kann so dem Bedarf der kranken Menschen bestmöglich entgegenkommen. Qualitativ neu ist u.a., dass dem Wunsch der Patienten, z.B. nach wohnortnaher Betreuung, in jedem Fall entsprochen werden muss. Das war in der Vergangenheit nicht gegeben, und hier wurde für Patienten ein individueller Anspruch vereinbart. Somit wurden die Patientenrechte gestärkt.

 

Es ist erstmals in Berlin gelungen, niedergelassene Fachärzte und Psychotherapeuten zur gegenseitigen Nutzung aller vorhandenen Betreuungsressourcen zu verpflichten. Damit treten einzelne Trägerinteressen zum Wohle der Patienten in den Hintergrund.

 

Bis ins Jahr 1988 reicht die Forderung einer Expertenkommission der Bundesregierung zurück, Gemeindepsychiatrische Verbünde zu schließen. Lichtenberg hat in den vergangenen Jahren daran gearbeitet, das Pflichtversorgungssystem für psychisch kranke Menschen bedarfsgerecht aufzubauen. Quantitativ wurde dies in Lichtenberg abgeschlossen, so dass die Gründung des Gemeindepsychiatrischen Verbundes als logische Folge konsequenter Zielausrichtung verstanden werden kann, da hier an die Umsetzung eines Leitbildes und die Einführung von verbindlichen Qualitätsstandards gegangen wurde.

Auch die Senatsgesundheitsverwaltung begrüßte die Konstituierung des Lichtenberger Verbundes als wegweisenden Schritt für die weitere Ausgestaltung der psychiatrischen Versorgung im Land Berlin.

 

 

 

 

 

 

Berlin, den

 

 

 

 

Emmrich                                                        Geisel

Bezirksbürgermeisterin                                 Bezirksstadtrat für Umwelt und Gesundheit


Leitbild Gemeindepsychiatrischer Verbund Lichtenberg

 

Gemeinsame Erklärung der an der psychiatrischen Versorgung beteiligten Partner

 

Präambel

 

Dieses Leitbild beschreibt grundsätzliche Qualitätsstandards der fachlichen Arbeit und der Kooperation der in Anlage 1 genannten Anbieter und Akteure sozialpsychiatrischer Leistungen in Lichtenberg. Der Gemeindepsychiatrische Verbund Lichtenberg (nachfolgend GPV genannt) versteht sich als ein moralisch-fachliches Verantwortungsbündnis (Willenserklärung) der an der Versorgung von psychisch Kranken und Suchtkranken beteiligten Partner ohne juristische Verbindlichkeit. Von der Mitgliedschaft im Gemeindepsychiatrischen Verbund unberührt bleibt die Rechtsträgerschaft der einzelnen Verbundpartner und anderer zielgruppenspezifischer Verbünde. Verträge und Vereinbarungen mit Leistungsträgern und Dritten werden von den jeweiligen Mitgliedern (Rechtsträgern) gesondert geschlossen. Der GPV verfügt über keine eigene Organisationsstruktur. Seine Interessen werden über die bezirklichen psychiatrischen Fachgremien (Psychiatriebeirat und PSAG) vertreten. Das vorliegende Leitbild stützt sich auf die in der in Anlage 2 genannten gesetzlichen Grundlagen, psychiatriepolitischen und fachlichen Aussagen und Dokumente.

 

Ziele des Gemeindepsychiatrischen Verbundes

 

Ziel des Wirkens der Verbundpartner ist die Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen in deren unmittelbarem Wohnumfeld. Dies umfasst die Sicherstellung von bedarfsgerechten, dem fachlichen Standard entsprechenden, Behandlungs- und Versorgungsbedingungen für psychisch kranke und abhängigkeitskranke Menschen in folgenden sozialpsychiatrischen Bereichen:

        Selbstversorgung: Wohnen, Wirtschaften, Inanspruchnahme medizinischer und sozialer Hilfen

        Tages-, Freizeit- und Kontaktgestaltung und Teilnahme am öffentlichen Leben

        Beschäftigung, Arbeit und Ausbildung

        Koordination des Behandlungs- und Rehabilitationsplanes, Behandlungsplanung und -abstimmung

Der GPV stellt sich das Ziel, durch bessere Vernetzung und gegenseitige Nutzung der vorhandenen Ressourcen aller Anbieter die psychiatrische Versorgung in Lichtenberg nachhaltig zu verbessern.

 

Qualitätsstandards und Qualitätssicherung

 

Die Verbundpartner verpflichten sich zur kontinuierlichen Qualitätsverbesserung durch die Weiterentwicklung bzw. Anpassung ihres Leistungsspektrums. Die Partner legen sich auf folgende grundlegende gemeinsame Qualitätsstandards fest:

 

-          Personenzentrierte und einrichtungsübergreifende Hilfen in Form sozialpsychiatrischer Komplexleistungen grundsätzlich im Versorgungsgebiet Lichtenberg

-          Orientierung an den persönlichen Ressourcen und am individuellen Bedarf

-          Vorrang nichtpsychiatrischer Hilfen/Normalitätsprinzip

-          Zusammenarbeit mit Angehörigen/Bezugspersonen und Selbsthilfegruppen

-          Kontinuierliche Fortbildung und Supervision

-          Beachtung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der Klienten

-          Sicherung und Ausbau der Patientenrechte, Weiterentwicklung eines gemeinsam getragenen Beschwerdemanagements

-          Mindestens eine jährliche gemeinsame Initiative (Projekt/Veranstaltung) mit dem Ziel der Optimierung der Versorgungsqualität

-          Mitwirkung an der bezirklichen Gesundheitsberichterstattung und -planung

-          kontinuierliche Überprüfung der regionalen Versorgungssituation in Hinblick auf Bedarf, Angebot und Leistung

 

Im Rahmen ihrer vorhandenen Ressourcen und unter Berücksichtigung ihres Versorgungs-auftrages beteiligen sich die Verbundpartner auch an präventiven Aktivitäten bei der Früherkennung psychischer Krankheiten mit dem Ziel der langfristigen Verbesserung der psychosozialen Gesundheit der Bevölkerung. In diesem Rahmen streben die Verbundpartner eine Zusammenarbeit mit auf diesem Gebiet tätigen wissenschaftlichen Einrichtungen und Forschungszentren an.

 

Kooperation zwischen den Verbundpartnern

 

Die Verbundpartner erbringen die im Einzelfall erforderlichen Leistungen im Bedarfsfall als Komplexleistung d.h. als integrierte Leistung nach Abstimmung zwischen den beteiligten Leistungserbringern. Voraussetzung hierfür ist eine intensive fachliche Kooperation aller Leistungserbringer auf Projektebene, im personenbezogenen Hilfeverfahren sowie die gegenseitige Nutzung aller vorhandenen Betreuungsressourcen.

 

Die Partner verpflichten sich zu kontinuierlicher und wechselseitiger Information über das eigene Leistungsangebot.

 

Instrumente der Zusammenarbeit, des fachlichen Austausches und der gemeinsamen Meinungsfindung sind die nach Berliner GDG und Psych KG arbeitenden bezirklichen Fachgremien.

 

 

Zusammenarbeit mit Dritten

 

Der Verbund beteiligt sich an der Steuerung und Qualitätssicherung des psychiatrischen Versorgungssystems durch den verbindlichen Austausch mit den zuständigen Bereichen des Bezirksamtes und des Landes. Die Verbundpartner arbeiten eng mit den Kosten- und Leistungsträgern, Betroffenen- und Angehörigenverbänden, weiteren Leistungsanbietern und Partnern zusammen.

 

Der GPV Lichtenberg steht über die bezirklichen Fachgremien im fachlichem Austausch mit Verbünden anderer Regionen. Der GPV ist über die bezirklichen Fachgremien zu Verhandlungen und Gesprächen mit Kommunalpolitikern, Vertretern des Bezirksamtes, des Senats, Leistungsträgern und anderen zuständigen Stellen und Partnern berechtigt.

 

 

 

 

 

 

Berlin, 26 September 2005

 

                                                                                                                         Anlage 2

 

 

 

Wesentliche psychiatriepolitische, gesetzliche und fachliche Grundlagen für die Arbeit des GPV Lichtenberg

 

 

·        Beschlüsse der Psychiatrieenquete der Bundesregierung von 1975

 

·        Aussagen der Expertenkommission der Bundesregierung von 1988

 

·        Berliner Gesetz für Psychisch Kranke (Psych-KG) von 1985

 

·        Berliner Gesundheitsdienstgesetz GDG von 1994 (insbesondere §§ 5 u. 26)

 

·        Berliner Psychiatrieentwicklungsprogramm PEP 1995

     einschließlich Fortschreibung (Modellrechnung/Senatsbeschluss 2055/99)

 

·         Beschlüsse und Materialien der Kommission 93 und deren Unterarbeitsgruppen zur Umsetzung Personenzentrierter Hilfen in Berlin

 

·         Initiativpapiere der Aktion Psychisch Kranke – Vereinigung zur Reform der Versorgung psychisch Kranker e.V. zur Gründung Gemeindepsychiatrischer Verbünde

 

·         Beschlüsse und Materialien der Bundesarbeitsgemeinschaft Gemeindepsychiatrische Versorgung (BAG GPV) von 2004 und 2005

 

·       Beschlüsse der Bezirksverordnetenversammlungen Lichtenberg u. Hohenschön-hausen zum Aufbau der psychiatrischen Grundversorgung und zur Suchtkrankenhilfe

 

·        Empfehlungen und Geschäftsordnungen des Psychiatriebeirates Lichtenberg, der   

     Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft (PSAG) und der bezirklichen Belegungs-

     Kommissionen Sucht und Psychiatrie

 

·         Kooperationsvereinbarung und Geschäftsordnung des Geriatrisch-Geronto-psychiatrischen Verbundes Lichtenberg von 2003

 

·         Kooperationsvereinbarung Integrierter Suchthilfedienst Lichtenberg/Marzahn-Hellersdorf von 2004

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                      Anlage 1

 

 

Mitglieder des Gemeindepsychiatrischen Verbundes Lichtenberg

(angefragt für Gründungsveranstaltung)

·         Evangelisches Krankenhaus Königin Elisabeth  Herzberge

- Abteilung für Psychiatrie und

  Psychotherapie

- Tagesklinik

- Institutsambulanz

 

·         FSE Lankwitzer Werkstätten        gGmbH

 

 

·         Lebensmut e.V.    

           

·         Merkur e.V.                       

 

                       

·         Vertreter Niedergelassene Ärzte

    

 

·         Vertreter Niedergelassene Therapeuten

    

 

·         Pinel gGmbH                                

 

·         Selbsthilfegruppe Total-Banane

     

 

·         Stiftung SPI

 

 

·         UHW-Bürgerhilfe gGmbH

 

·         Vertrauens- und Beschwerdestelle Psychiatrie, Wolfgang Bräuer

 

 

 

 
 

 

 
 

Legende

Ausschuss Tagesordnung Drucksache
Bezirksparlament Aktenmappe Drucksachenlebenslauf
Fraktion Niederschrift Beschlüsse
Kommunalpolitiker Auszug Realisierung
   Anwesenheit Kleine Anfragen