Drucksache - DS/1071/V  

 
 
Betreff: Wohnsituation und Zusammenleben mit Migranten und Migrantinnen in Lichtenberg
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:BezirksamtBezirksamt
Verfasser:BzBmin 
Drucksache-Art:Vorlage zur KenntnisnahmeVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin Entscheidung
18.08.2004 
32. Sitzung in der V. Wahlperiode der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlagen:
Vorlage z. Ktn. BA PDF-Dokument

Das Bezirksamt bittet die BVV, die Information zur

 

Das Bezirksamt bittet die BVV, die Information zur

 

Wohnsituation und Zusammenleben

mit Migranten und Migrantinnen in Lichtenberg

 

zur Kenntnis zu nehmen (Anlagen).

 

 

 

Berlin, den

 

 

 

 

 

Emmrich                                                            

Bezirksbürgermeisterin                                     

                                                                           

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bezirksamt Lichtenberg von Berlin                                                                      27.07.04

Bezirksbürgermeisterin                                                                                                 3300

 

                                                                                                                                    Anlage 1

 

Wohnsituation und Zusammenleben mit Migranten und Migrantinnen in Lichtenberg

 

Ziel des vorliegenden Berichtes ist es, Daten und Fakten über die Wohnbedingungen und das Wohnumfeld der nichtdeutschen Bevölkerung und der Aussiedler/innen in Lichtenberg zu vermitteln, auf Ergebnisse, Erfahrungen und Probleme bei ihrer Integration einzugehen sowie Erfordernisse für realitätsnahes kommunalpolitisches Handeln im Sinne gutnachbarschaftlichen Zusammenlebens und bürgerschaftlichen Engagements zu verdeutlichen. Besondere Berücksichtigung finden Möglichkeiten der Freizeitaktivitäten von Kindern und Jugendlichen.

 

 

Statistische Angaben – demographische Situation

 

Die Anzahl der im Bezirk Lichtenberg melderechtlich registrierten Ausländer/innen aus 140 Ländern hat sich gegenüber dem Vorjahr um 210 auf 18.390 Personen verringert. Das entspricht einem Anteil von 7,3 % der Gesamtbevölkerung.

Bei der für die Integrationspolitik wichtigen Zahl der zugewanderten Aussiedler/innen und Spätaussiedler/innen kann von ca. 9.000 Personen ausgegangen werden.

Innerhalb der Proportionen des Anteils von Ausländern verschiedener Staatsangehörigkeiten sind keine neuen Entwicklungstendenzen zu erkennen. Nach wie vor bildet die Gruppe der Vietnamesen mit 3.202 Bürgern den höchsten Anteil registrierter Ausländer in Lichtenberg. Mehr als ein Drittel aller Vietnamesen Berlins sind Lichtenberger Bürger.

(Anlage 1: Einwohner/Planungsräume; Stand 31.12.2003; siehe auch Jahresbericht des Bezirksamtes 2003)

 

Obwohl der Anteil der ausländischen Wohnbevölkerung im Bezirk seit 1996 stagniert bzw. leicht rückläufig ist, lässt die demographische Situation in Berlin den Schluss zu, dass die integrationspolitischen Herausforderungen an die soziale Infrastruktur, das Bildungssystem, den Arbeitsmarkt und die Wohnsituation auch zukünftig in Lichtenberg wachsen werden. Von der Bewältigung der dabei anstehenden Aufgaben hängt im Wesentlichen das einvernehm-liche Zusammenleben aller Lichtenberger Bürger ab.

Der Schwerpunkt der Zuwanderung nach Lichtenberg wird auch in Zukunft bei Menschen aus Ost- und Südosteuropa, hier besonders Polen, sowie aus den ehemaligen Vertrags-arbeitnehmerländern (Familiennachzug), hier besonders Vietnam, liegen. Der Umfang der Zuwanderung wird von der wirtschaftlichen, politischen und umweltpolitischen Entwicklung in den Herkunftsregionen, der zum 01.05.04 erfolgten Osterweiterung der Europäischen Union und von den politischen Entscheidungen der Bundesrepublik (Zuwanderungsgesetz) ge-steuert.

 

Gute Wohnbedingungen sind für Gesundheit und Kommunikation wichtig; bei Migranten sind sie ein wichtiger Beitrag zur Integration. Große Bedeutung hat hier auch das Wohnumfeld,

das viele Migranten nicht oft verlassen, weil sie arbeitslos sind oder nicht arbeiten dürfen bzw. in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt sind.

Die Situation im Bezirk entspricht sicherlich der bundesweiten Erfahrung, dass ausländische Haushalte häufiger der gesellschaftlichen Unterschicht angehören, die ausländische Bevölkerung jünger ist als die deutsche, es kinderreichere Familien und relativ weniger ausländische Einzelhaushalte als deutsche gibt.

 

Aus statistischen Erhebungen, die sich auf Deutschland insgesamt beziehen, lässt sich ableiten, dass die Mietbelastung bei Ausländern zum Teil höher ist als bei Deutschen, weil ausländische Haushalte über deutlich weniger Einkommen verfügen als deutsche. Außerdem gibt es Fälle von Benachteiligung von Ausländern auf dem Wohnungsmarkt, nur weil sie Ausländer sind.

 

 

Wohnheime

 

Durch die Schließung der meisten Wohnheime für Migranten und die entspannte Lage auf dem Wohnungsmarkt verbesserte sich seit 2002 die Situation der seit Jahren in Heimen lebenden Kriegsflüchtlinge und Asylbewerber erheblich, weil der Senat die dezentrale Unterbringung in Wohnungen in den Bezirken beschlossen hat. Es wurde errechnet, dass ab einem 2-Personen-Haushalt Einsparungen bei den Unterbringungskosten erzielt werden.

Im Herbst 2004 wird eine Analyse über die Einsparungen in Berlin vorliegen.

Fast 90 % der vermittelten Wohnungen sind in privater Hand. Städtische Wohnungsunternehmen vermieten selten an Kriegsflüchtlinge und Asylbewerber, was mit deren oft sehr kurzfristigen Aufenthaltstiteln begründet wird.

 

Der Bezirk verfügt derzeit noch über ein vertragsgebundenes Wohnheim (Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin), in dem 236 Personen untergebracht sind, sowie neun vertragsfreie (private) Unterkünfte, die 64 Personen beherbergen (Stand Juni 2004).

 

Die dezentrale Unterbringung nach vielen Jahren im Wohnheim führte jedoch in einigen Wohngebieten zu Problemen im Zusammenleben mit alteingesessenen Mietern, auf die weiter unten einzugehen ist.

 

Das räumliche Zusammenleben größerer ethnischer Gruppen kann nicht generell negativ gewertet werden, denn es bietet Möglichkeiten der Identifikation und der emotionalen Stabilisierung in allen Phasen der Migration gewährt Schutz vor Diskriminierung und Verdrängung und stellt vertraute Räume dar. Migranten bewerten die Nähe zu Verwandten und die Pflege familiärer Netzwerke hoch.

 

 

Integration in Wohngebieten

 

Im Bezirk Lichtenberg geht es auch weiterhin darum, Gemeinwesenarbeit zur Förderung interkultureller Nachbarschaft mit an dieser Zielstellung arbeitenden Projekten in soziokulturellen Zentren aufzubauen und zu leisten. Die Stärkung der Nachbarschaftlichkeit schließt Sicherheitsfragen und gemeinsame Verantwortung ein. Das Ziel der Bemühungen im Bezirk sind ausgeglichene Sozialstrukturen in den Wohngebieten, die durch eine geschickte nichtrestriktive und nichtdiskriminierende Wohnungsbelegungspolitik sowie die Umsetzung der städtebaulichen Förderprogramme realisiert werden können.

 

Im März 2004 beriet das Bezirksamt mit Wohnungsbaugesellschaften und -genossen-schaften sowie privaten Vermietern über Erfahrungen zum möglichst konfliktfreien Zusammenleben von deutschen und ausländischen Bürgern/innen und Aussiedlern/innen. Dabei wurden auch folgende Angaben gemacht:

 

-          Der Ausländeranteil bei den in der Beratung vertretenen Vermietern liegt zwischen 1,6 und 5 %. Eine Ausnahme bildet die ARWOBAU mit 10 bis 20 % in manchen Häusern, in denen der größte Teil der Mieter ausländische Studenten sind.

Bei der “Hecht Sozial-Immobilien Verwaltung GmbH” liegt der Anteil ausländischer Mieter bei ca. 60 %, und beim “Tilo Stöhr Wohnungsunternehmen” machen ausländische Mieter einen erheblichen Teil aus, ohne dass genaue Zahlen genannt werden konnten.

 

Über die Vergabe von Wohnungen an Aussiedler sind keine Angaben verfügbar, da sie deutsche Bürger sind und nicht gesondert erfasst werden. Generell lässt sich einschätzen, dass Aussiedler überwiegend in den Großsiedlungen des Bezirkes wohnen.

Festzustellen ist, dass ausländische Mieter häufiger in unsanierten Wohnungen leben als deutsche.

 

-          Alle Vermieter erklärten, dass es im Zusammenleben mit den ausländischen Mietern

keine gravierenden Probleme gebe. Gelegentlich führten die unterschiedlichen Kulturen

und Lebensgewohnheiten zu Nachbarschaftsstreit, der sich aber meistens im Mitein

ander der Mieter oder durch Vermittlung der Wohnungsverwaltung klären lasse.

Seltener komme es zu Abmahnungen und Kündigungen.

 

-     Auch mangelnde Sprachkenntnisse führen manchmal zu Missverständnissen, vor allem

angesichts schwer verständlicher Hausordnungen und anderer Bekanntmachungen.

Bewährt habe sich die vom Migrantenrat Lichtenberg-Hohenschönhausen angebotene

Übersetzung von Teilen der Hausordnungen, die auch auf Besonderheiten der jeweiligen

Kulturen einging.

Besonders konstruktiv arbeiteten ausländische Studenten und Studentinnen an ihrer

Integration.

 

Die Wohnungsunternehmen haben vielfältige Möglichkeiten, einen konstruktiven Umgang mit möglichen (interkulturellen) Konflikten zu fördern. Von ihrem Engagement in dieser Frage hängt nicht zuletzt die Anziehungskraft von Lichtenberg als Wohn- und Lebensort ab. Auf diesem Gebiet haben vor allem einige Privateigentümer erhebliche Defizite, die es im Interesse aller Mieter und des Wohnumfeldes abzubauen gilt.

Wichtig ist deshalb die Weiterentwicklung von Kooperations- und Vernetzungsstrukturen der Wohnungsunternehmen mit lokalen Akteuren aus den Wohngebieten, dem Stadtteilmanagement, den Bürgervereinen, Kiezbeiräten, kirchlichen Gemeindezentren und Interessenvertretungen der Betroffenen.

 

 

Situation in den Mittelbereichen

 

In Hohenschönhausen-Nord beträgt der Anteil der ausländischen Wohnbevölkerung 4,8 %. Nach Schließung der Wohnheime u. a. in der Gehrenseestraße (SR 10) zogen die Migranten vorrangig in die Sozialräume 2 (5,8 %) und 3 (5,4 %). Bei diesen handelt es sich vor allem um Roma-Familien aus Serbien und dem Kosovo, die meistens keinen gefestigten Aufenthaltsstatus und damit kein Bleiberecht haben. Verschiedentlich gibt es dort Probleme im Zusammenleben, an deren Lösung das Bezirksamt arbeitet.

 

Die kommunalen Jugendfreizeiteinrichtungen werden von jugendlichen Zugewanderten gut angenommen. Gravierende Probleme mit deutschen JFE-Besuchern treten nicht auf.

Im Sozialraum 7 sind die Migrantenvereine Reistrommel e. V. und Selbsthilfe-Förderung Ausländischer Bürger (SFAB) e. V. sowie der Verein für ambulante Versorgung e. V. (Sozialraum 6) ansässig.

 

Der Ausländeranteil an der Gesamtbevölkerung in Hohenschönhausen-Süd beträgt 4,6 %. Im Sozialraum 9 befindet sich das vertragsgebundene Wohnheim der Invest-Plan GmbH

(Degnerstraße), in dem derzeit 236 Migranten aus ca. 30 Ländern leben. Mit der Einführung des Prinzips des betreuten Wohnens, einschließlich Sozialarbeiter und Wachdienst, sind die Beschwerden von Anwohnern wegen Lärm- und Schmutzbelästigungen stark zurück-gegangen. Die etwa 100 Kinder und Jugendlichen aus dem Wohnheim besuchen die umliegenden Schulen und Freizeiteinrichtungen. Ihr Anteil in den JFE ist seit März 2003 rückläufig.

Die Bürgerinitiative Ausländische MitbürgerInnen (BI) e. V., der Verein für ambulante Versorgung e.V. mit dem Projekt “Interkultureller Kinder- und Jugendklub” (Sozialraum 13) und der Frauenpunkt COURAGE e. V. (Sozialraum 10) sind in dem Gebiet mit ihren Angeboten tätig.

 

In Lichtenberg-Nord liegt der Anteil der nichtdeutschen Bevölkerung bei 11 %. Eine weitere Unterteilung zeigt für die Sozialräume 18/19 einen Anteil von 15 % * und für den Sozialraum 16 (Fennpfuhl) 8 %. Im Ortsteil Fennpfuhl lebt außerdem eine große Zahl von Aussiedlern.

 

Beschwerden bzw. Wahrnehmungen, die wiederholt an das Stadtteilmanagement herangetragen wurden, betreffen:

-          Grillen im Fennpfuhlpark außerhalb der für diesen Zweck bestimmten Flächen

-          Verschmutzung des Parks durch Flaschen und Scherben

-          Gruppenbildung im Park an uneinsichtigen Stellen – Entstehung von sogenannten Angsträumen

-          Verdrängungsmechanismen im öffentlichen Raum durch ständige Präsenz von Migrantengruppen

 

Als ein Problempotential werden neben dem Doppelhochhaus Landsberger Allee 175/177 (Hecht Sozial Immobilien) auch die beiden Hochhäuser von Tilo Stöhr Wohnungsunternehmens am Weißenseer Weg 1/2 eingeschätzt. Nach Berichten aus dem Wohnumfeld ist hier nicht nur eine äußere Verwahrlosung wahrnehmbar; auch die Bewohnerschaft ist unzufrieden und in sich problematisch.

 

Der Jugendfreizeitbereich hat sich im Ortsteil Fennpfuhl sehr gut auf die entsprechenden Zielgruppen und zuweilen auftretenden Probleme eingestellt. Die kommunalen JFE und die freien Träger haben bisher hinsichtlich der Problemerkennung und -bewältigung eine gute Vernetzungs- und Lösungsstrategie bewiesen. Dennoch berichten auch sie von einem Verdrängungsprozess in öffentlichen Räumen (JFE, Sport- und Freizeitflächen).

 

Ansässig sind die Vereine Völkerball e. V., publicata e. V. (mit Werkstatt und Jugend-begegnungszentrum), das Sozialwerk des Demokratischen Frauenbundes e. V. (alle SR 19), das Projekt “promigra” beim CJD Berlin im Christlichen Jugenddorfwerk Deutschland e. V. (SR 15), das Frauenprojekt “Für Sie” beim Arbeitslosenverband Berlin e. V., das MädchenSportZentrum “Kreafithaus” (beide SR 16) u. a.

 

Der Bevölkerungsanteil der Nichtdeutschen liegt in Lichtenberg-Mitte bei 9,2 %; darunter im Sozialraum 22 (Frankfurter Allee-Süd) bei 11,7 %, im Sozialraum 26 (Friedrichsfelde/Tierpark) bei 10,8 % und im Sozialraum 23 (Victoriastadt) bei 10,7 %.

Für die SR 22 und 26 ist ein hoher Anteil an Aussiedler/innen aus der ehemaligen Sowjetunion markant.

 

Es gibt vielfältige Ansätze, neben denen von Schulen und Kitas, insbesondere der freien Träger, sich innerhalb der Arbeit von Vereinen und in Projekten dem Bedarf der o. g. Zielgruppen und ihrer Problematik zu nähern.

Dabei sind vor allem die Kiezspinne e. V. im SR 22 (interkulturelle Arbeit und interkulturelles Mediationsprojekt), der Lichtenberger Kulturverein e. V., das Caritas Kinder- und Jugendzentrum Magdalena und die Sportjugend e. V. mit spezifischen Projekten sehr engagiert. Auffällig ist jedoch, dass die Akteure selbst kaum aus den entsprechenden Kulturkreisen stammen, im Gegensatz zu anderen Bezirken Berlins mit zahlreichen

 

Migranten-Vereinen seit vielen Jahren. Außer in “reinen” Kulturprojekten wie Lyra e. V. und

der seit Dezember 2003 im SR 26 ansässigen Vereinigung der Vietnamesen in Berlin & Brandenburg e. V. stellt es sich aus unterschiedlichen Gründen als schwierig dar, Akteure zu gewinnen. (Neben fehlender Tradition auf diesem Gebiet im Ostteil Berlins und ganz anders verlaufener Sozialisation hat die Sicherung des Lebensunterhalts und damit einhergehend des Aufenthaltsrechts bei ausländischen Bürgern Priorität.) Unterstützt werden daher vor allem Projekte, die die Einbindung ausländischer und Aussiedler-Zielgruppen als Langzeitaufgabe vorsehen und garantieren.

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* Stand 31.12.2003; inzwischen wurden zwei große Wohnheime in dem Gebiet leergezogen

 

In diesem Zusammenhang muss unterstrichen werden, dass zahlreiche Vereine und Projekte seit Jahren sehr engagiert im Rat für Migrantenangelegenheiten Lichtenberg-Hohenschönhausen wirken, unter dessen Dach sich auch der Arbeitskreis Aussiedler profiliert hat.

 

Soziale Brennpunkte sieht das Stadtteilmanagement in folgenden Bereichen:

Hochhaus Schulze-Boysen-Straße 37 im SR 22. Laut Hinweis des Mieterbeirates treten seit der insolventen Situation des Eigentümers zunehmend Konflikte zwischen den dort lebenden Kulturen auf, weil der Verwalter seiner Verantwortung nicht mehr gerecht wird.

 

In einzelnen JFE wie z. B. der “Betonoase” entsteht zunehmend das Problem, dass die Besucher/innen anderer Kulturen sehr dominant auftreten, andere Jugendliche damit verdrängen und das Klubgeschehen (mit dessen Regeln zum Teil unvereinbar) bestimmen wollen. Diese Entwicklung stellt die Mitarbeiter/innen vor erhebliche Probleme, die in den Teamsitzungen regelmäßig reflektiert und sozialpädagogische Handlungsansätze abgeleitet werden. Um einen achtungsvollen Umgang untereinander und miteinander zu gewährleisten, vereinbaren die Mitarbeiter/innen der JFE Regeln mit den Jugendlichen, die auch notwendige Konsequenzen für die Jugendlichen nachvollziehbar machen.

 

Die thematische Arbeitsgemeinschaft nach § 78 SGB VIII “Außengeländer – Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund” steht allen Mitarbeitern/innen zur Verfügung, wenn es um die Klärung übergreifender und besonderer Probleme in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund geht.

Die AG hat einen Entwurf für fachliche Standards in der Arbeit mit dieser Zielgruppe erarbeitet. Dieser wird zur Zeit in den regionalen Arbeitsgemeinschaften nach § 78 SGB VIII diskutiert.

 

Die Anzahl der Migranten ist mit 4,1 % in Lichtenberg-Süd eher gering und leicht rückläufig.

Im Ortsteil Karlshorst befinden sich fünf vertragsfreie Unterkünfte privater Betreiber, in denen insgesamt nur 21 Personen nichtdeutscher Herkunft untergebracht sind.

Das IN VIA-Projekt (SR 28) unterstützt die Betreuung von Aussiedler/innen und bemüht sich um die Organisation von Selbsthilfegruppen.

Soziale Brennpunkte und Konflikte sind im Gebiet nicht bekannt.

 

Jugendfreizeitaktivitäten auf dem Gebiet des Sports:

-          Beim SV Lichtenberg 47 sind nichtdeutsche Jugendliche am Projekt “Fußballschule Lichtenberg beteiligt.

-          TuS Hohenschönhausen: Jugendliche Migranten nehmen an der Veranstaltung “Respektabel” am 11. September teil.

-          Sportjugendklub Hohenschönhausen: Migranten sind ständige Nutzer der Einrichtung und beteiligen sich an Veranstaltungen wie der “Fußball-Nacht”.

-          Bunte Liga: Teilnahme an den Straßenfußball-Turnieren, einzeln in einer Mannschaft oder als komplette Mannschaft/Mikado.

 

 

Anmerkung: Erwähnt werden in den Sozialräumen vor allem Träger und Vereine der Migrantenarbeit sowie der Jugend- und Sozialarbeit, die Projekte und Angebote für Migrantinnen/Migranten in ihr Leistungsprofil einschließen.

(siehe auch BVV-Drs. Nr. V/670: “Bezirkliche Konzeption zur Zusammenarbeit mit freien Trägern der Migrantenarbeit in Lichtenberg”; Anlage VII, August 2003)

 

Schlussfolgerungen und Ausblicke

 

Zur Normalität von Einwanderungsgesellschaften gehört, dass die Integration von Zuwanderern neue Potentiale erbringt, aber auch Probleme schafft, interkulturelle Konflikte auslöst und sich widersprechende Wertesysteme bedeuten kann. Die gesellschaftliche Integration von Migranten ist eine Langzeitaufgabe sowie eine selbstverständliche, dauerhafte konzeptionelle Aufgabe der Kommunen, der sie sich auf allen Politikebenen bewusst stellen müssen.

Ziele der Integrationspolitik bestehen in der Herstellung von annähernder Gleichberechtigung und sozialer Chancengleichheit, der Akzeptanz von Anderssein, der Förderung von gegenseitigem interkulturellen Austausch und der Austragung unvermeidlicher Konflikte mit friedlichen Mitteln.

 

Ein “distanziertes Miteinander-Umgehen” und Nebeneinander in einer von Vielfalt geprägten Gesellschaft sind normal und bilden urbane Qualitäten.

 

Eine zukunftsbeständige kommunale Entwicklung braucht Konzepte zur nachhaltigen Gestaltung der Migrationsrealität, denn über die praktische gesellschaftliche Integration von Migranten wird heute und in der Zukunft wesentlich “vor Ort” in den Städten und Kommunen entschieden. Im Mikrokosmos des Wohngebiets stellen sich die Konfrontationslinien zwischen Alteingesessenen und Neuzuwanderern zweifellos anders dar als im gesamt-gesellschaftlichen Zusammenhang. Zuwanderung verändert die Kommune/den Stadtteil.   

 

Die guten Ansätze einer überschaubaren Integration der Migranten im Bezirk Lichtenberg sollten in der Entwicklung einer eigenen Agenda interkultureller Kommunalpolitik münden. *

Das heißt:

-          Entwicklung eines bezirklichen Handlungskonzepts mit Leitlinien, -zielen und Bausteinen zu den zentralen Handlungsfeldern und Querschnittsaufgaben

-          Einbeziehung von Institutionen, Betroffenen und Öffentlichkeit in die Konzepterarbeitung

-     Bündelung und Vernetzung der Aktivitäten und Akteure im Migrationsbereich unter

Nutzung der vorhandenen Ressourcen und Potentiale.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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* In Anlehnung an die “Integrationspolitischen Schwerpunkte 2003-2005” des Beauftragten für Integration und Migration des Senats von Berlin und an die “Bedingungen erfolgreicher Integration” von Professor Friedrich Heckmann vom Europäischen Forum für Migrationsstudien

                                                            

 

Bezirksamt Lichtenberg von Berlin                                                                      27.07.04

Bezirksbürgermeisterin                                                                                           3300

 

                                                                                                                                Anlage 3

 

Probleme aufgreifen und lösen – ein Beispiel für bürgerschaftliches Engagement

 

Das Doppelhochhaus Landsberger Allee 175/177 wurde im Oktober 2000 von der Wohnungsbaugesellschaft Lichtenberg an die Hecht Sozial-Immobilien Verwaltung GmbH veräußert.

 

Begünstigt u. a. durch die WBS-freie Vermietung des neuen Eigentümers zogen danach verstärkt ausländische bzw. Aussiedlerfamilien ein und alteingesessene Mieter aus (60,5 % nichtdeutsche Bewohner aus 23 Ländern).

Von den langjährigen Mietern wurde eingeschätzt, dass sich das Haus faktisch zu einem Migrantenwohnheim entwickelt hat, allerdings ohne sich um die Integration der Neumieter  zu kümmern.

 

Der Eigentümer unternahm eine langwierige, zuweilen stockende Rekonstruktion des Hauses – bei laufendem Betrieb und zum Teil unerträglichen und unwürdigen Bedingungen für die Mieter. Die Sanierung ist bis heute nicht abgeschlossen.

Bis in die Gegenwart hinein ist die Sicherheit im Haus nicht gewährleistet, da es Tag und Nacht offen steht, die Klingelanlage funktionierte zwei Jahre nicht, Briefkästen haben keine Klappen u. a. Diese Situation führte zur Unzufriedenheit und Verunsicherung der Mieter. Konflikte blieben nicht aus, und auch Konfliktpotential von außen (sichtbar z. B. an Nazi-Schmierereien, Drogen, Bränden) hat ungehindert Zugang.

Da auch die äußeren Wohnverhältnisse, wie der Zugangsbereich zum Haus, die Flure, Treppenhäuser und Fahrstühle in zumeist unerträglichem Zustand sind, wird zerstörerisches und aggressives Verhalten, besonders Jugendlicher, noch gefördert.

 

Viele alteingesessene Mieter, einige davon Erstbezieher im Oktober 1974, haben in zahlreichen Gesprächen mit der Hausverwaltung sowie Briefen auf die Missstände hingewiesen, ohne dass sich etwas änderte. Viele haben resigniert.

 

Nach Kenntnisnahme der Probleme trafen sich im November 2003 im Soziokulturellen Zentrum Fennpfuhl auf Initiative des Migrantenrates, der Stadtteilmanagerin und der Aus-    länderbeauftragten Vertreter des Bürgervereins und Mieter des Hauses. Das Bau- und Wohnungsaufsichtsamt wurde in die Aktivitäten einbezogen.

Bei den ersten Gesprächen ging es darum, die “schlummernde Kraft” der Mieter für ihr Haus und das Wohnumfeld zu wecken, ihrer Resignation und zum Teil Verzweiflung etwas entgegenzusetzen und die Identifizierung mit dem eigenen Wohnort wieder zu verbessern.

Hoffnung machte von Anfang an, dass der Tenor fast aller Gespräche war: Das Problem sind nicht die ausländischen Mieter, sondern die Sicherheit und die Zustände im Haus!

 

Nach einigen Gesprächen und Besuchen in den Häusern bot die Arbeitsgruppe Landsberger Allee 175/177 Sprechstunden vor Ort an, die von den deutschen und ausländischen Bewohnern lebhaft genutzt wurden. Parallel dazu wurden hartnäckig Kontakte zu dem Eigentümer und der Verwaltung aufgenommen, die nach erneuter Kenntnisnahme der Zustände und im Hinblick auf eventuelle Konsequenzen rasch für die Probleme ihrer Mieter sensibilisiert werden konnten.

 

In der Mai-Sprechstunde berichteten Mieter, dass langsam Verbesserungen einträten und lange angemahnte Mängel Schritt für Schritt beseitigt würden.

 

Die nächste Etappe war am 24. Juni eine Mieterversammlung, zu der mehr als 60 Bewohner des Doppelhochhauses kamen. Ein Ergebnis ist der von der neuen Verwaltung GRATUS mit dem Eigentümer erstellte Zeit- und Maßnahmeplan für das Haus. Dieser ist zunächst darauf gerichtet, die Sicherheit und Ordnung im Haus zu verbessern.

                                                                                                                                               

Als Instrument der Selbsthilfe gründete sich eine interkulturelle Mietervertretung, die das Verantwortungsgefühl der Bewohner stärken, engen Kontakt zur Hausverwaltung für die Verbesserung der Wohnverhältnisse halten und “Partizipation als Produktivkraft” fördern will.

 

Im Herbst wird das Haus 30 Jahre alt. Die Hausverwaltung, der Eigentümer und die Mieter, unter ihnen viele Erstmieter, wollen das Jubiläum feiern und die Landsberger Allee 175/177 nach und nach wieder zu einer guten Wohnadresse werden lassen.

 

 

 

 

 

 

 

 
 

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