Auszug - Schwerpunktthema November: Vorstellung der Arbeit des Antisemitismusbeauftragten des Bezirksamtes, André Wartmann  

 
 
18. Sitzung in der IX. Wahlperiode des Partizipations- und Integrationsausschusses
TOP: Ö 4
Gremium: Partizipation und Integration Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 28.11.2023 Status: öffentlich
Zeit: 19:00 - 20:17 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Rathaus Lichtenberg, Raum 7 (barrierefrei)
Ort: Rathaus Lichtenberg, Möllendorffstr. 6, 10367 Berlin
 
Wortprotokoll

Mit André Wartmann hat Lichtenberg seit dem 1. Juni 2021 als erster Berliner Bezirk einen fest angestellten Antisemitismusbeauftragten. Inzwischen sind weitere Bezirke gefolgt.

 

Der Antisemitismusbeauftragte berichtete über seine Arbeit, die leider mit der Aufarbeitung der Schändung des Gedenksteins an der ehemaligen Synagoge in Hohenschönhausen schon im Mai 2021 begonnen hatte.

 

André Wartmann versteht sich nicht nur als Beauftragter gegen Antisemitismus, sondern auch für jüdisches Leben in Lichtenberg. Er arbeitet bezirksübergreifend, ist organisiert in der Bezirksrunde des Berliner Antisemitismusbeauftragten.

 

In diesem Jahr hat er als Modellprojekt des Senats und des Vereins für demokratische Kultur (VDK) – gemeinsam mit den Bezirken Treptow-Köpenick und Marzahn-Hellersdorf – eine Weiterbildungsmaßnahme bei der Berliner Polizei begleitet, ist in die Abschnitte der Direktion 3 gegangen, hat mit Polizistinnen und Polizisten gesprochen.

 

Lichtenberg war kein typisch jüdischer Bezirk, repräsentierte aber vielfältiges jüdisches Leben. Dazu gibt es eine Reihe von Ausstellungen.

 

Im Oktober begann eine kleine Filmreihe anlässlich des 100. Geburtstages des in Hohenschönhausen geborenen jüdischen Filmregisseurs Erwin Leiser, der mehr als 60 Kommentarfilme über Nationalsozialismus und Shoa gedreht hat.

 

Seit 1938 gibt es keine jüdische Gemeinde mehr in Lichtenberg. Zielsetzung für die nächsten Jahre ist, in Lichtenberg wieder eine jüdische Gemeinde zu etablieren. Damit soll ein offener Ort entstehen, an dem zum Beispiel Gottesdienste und Feiern stattfinden können.

 

Aus der anschließenden Diskussion:

 

Frage: Die beste Antirassismusprävention ist das Kennenlernen, gibt es eine Zusammenarbeit und Begegnungsmöglichkeiten mit größeren jüdischen Gemeinden?

Antwort: André Wartmann arbeitet eng mit dem Antisemitismusbeauftragten der jüdischen Gemeinde in Berlin zusammen. Lichtenberg galt lange Zeit als Nazi-Hochburg.Viele Jüdinnen und Juden haben angesichts zunehmender Aggression Angst, sie wollen nicht auffallen, sind meistens in ihren eigenen vier Wänden. Seine Arbeit wurde im Gemeindeblatt vorgestellt. Er ist nach antisemitischen Vorfällen oft Vermittler zu Beratungsstellen. Dieses Jahr ist ein großes Thema „Juden in der DDR“, begleitet von einer Ausstellung und Veranstaltungen.

 

Frage: Israelische Kinder haben es zurzeit in den Schulen schwer, inwieweit reicht die Arbeit in Schulen hinein?

Antwort: Schulen sind in Berlin senatsgebunden und können in der Regel auch nur über den Senat angesprochen werden. Dort gibt es eine Person, die für Lichtenberger Schulen zuständig ist. An diese verschickt André Wartmann alle Angebote, an denen kein Mangel besteht. Die Schulen müssen natürlich auch bereit sein für eine Zusammenarbeit. Zum Teil greifen sie selbst aktuelle politische Themen auf, zum Beispiel die Diskussion über antisemitische Straßennamen. Leider steht oft der Lehrermangel gegen ein entsprechendes Engagement. Es gibt bei der Senatsverwaltung einen Fonds, der von den Schulen abgerufen werden kann.

 

Frage: Wie kann in den Schulen noch besser geworben werden, und wie funktioniert die Zusammenarbeit mit dem Antisemitismusbeauftragten des Senats?

Antwort: Es gibt viele Angebote an Schulen, die mitunter in der Fülle der Informationen untergehen. Wer das möchte, kann sich für einen Newsletter anmelden und dort Angebote finden. Mit dem Antisemitismusbeauftragten des Senats besteht ein enger Kontakt. Aber es geht auch um eine berlinweite Vernetzung, um sich über die Umsetzung von Beschlüssen des Senats auszutauschen. In der Bezirksrunde wird darüber diskutiert, was die Bezirke vom Senat brauchen, zum Beispiel die Ersetzung von veraltetem Lehrmaterial.

 

Frage: Ist die Initiative der Stolpersteinverlegung ausbaufähig, kann man sie weiter unterstützen, und gibt es Kontakt zur israelischen Kirchengemeinde?

Antwort: Die Stolpersteine werden in Lichtenberg maßgeblich von Dagmar Poetzsch vom Arbeitskreis Stolpersteine beim Fach- und Netzwerk Lichtblicke initiiert und begleitet. Es gibt Stolpersteinrundgänge und eine ganze Reihe an Publikationen. Die Steine sind spendenfinanziert. Im Bezirkshaushalt ist Geld eingestellt für die Recherchearbeit.

Der Kontakt zur Kirchengemeinde besteht. Dort wurden zum Beispiel sehr engagiert Spenden gesammelt, um die Lichtenberger Kiez-Kneipe „Morgen wird besser“, dessen Besitzer ein Jude ist, nach dem antisemitischen Brandanschlag im August 2020 zu unterstützen. Erst vor wenigen Tagen gab es wieder einen antisemitischen Anschlag auf das Lokal.

 

Frage: Wie verhält es sich mit Stolpersteinen für nichtjüdische Menschen, sogenannte stille Helden, die sich in der Nazi-Zeit für Juden eingesetzt haben?

Antwort: Diese Frage müsste an die Gedenktafelkommission gehen. Solche Initiativen sind Sache der Zivilgesellschaft, nicht des Bezirksamts. Es gibt in Berlin, die Möglichkeit, Gedenktafeln vorzuschlagen: https://www.gedenktafeln-in-berlin.de/gedenktafeln/gedenktafel-vorschlagen

 

 
 

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