Auszug - Schwerpunktthema Oktober : Vorstellung der Arbeit im Familienprojekt FLAT FAMILY (ambulante Hilfen für vietnamesische Familien, Kinder und Jugendliche) und der Elterninitiative Café8TV - Sprachcafé Vietnamesisch   

 
 
17. Sitzung in der IX. Wahlperiode des Partizipations- und Integrationsausschusses
TOP: Ö 4
Gremium: Partizipation und Integration Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 24.10.2023 Status: öffentlich
Zeit: 18:00 - 20:17 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: VIET FAMILY
Ort: Franz-Jacob-Straße 16-18, 10369 Berlin
 
Wortprotokoll

Die Ausschussvorsitzende bedankte sich bei Herrn Dr. Sascha Wölck, Leiter VIET FAMILY, und Frau Thùy Luong von der Elterninitiative Café8TV für die Möglichkeit, bei ihnen vor Ort tagen zu können.

 

Dr. Sascha Wölck leitet unter dem Dach der abw (Gemeinnützige Gesellschaft für Arbeit, Bildung und Wohnen) das Projekt VIET FAMILY, ambulante Hilfen für vietnamesische Familien, Kinder und Jugendliche. Er koordiniert das Familienprojekt FLAT FAMILY und die Arbeit der Stadtteilmütter. Diese haben Flucht- und Migrationserfahrungen und beraten und begleiten in ihrer jeweiligen Herkunftssprache Familien mit Migrationsgeschichte.

 

In der vergangenen Woche waren etwa 250 Stadtteilmütter in das Rote Rathaus eingeladen, um ihnen für ihr Engagement zu danken. Für die Jahre 2024/2025 ist im Landeshaushalt der  Etat für das Landesprogramm Stadtteilmütter erfreulicherweise aufgestockt worden. Fünfzehn weitere  Stadtteilmütter werden ausgebildet, die dann in Berlin zum Einsatz kommen. Dazu gehören dann drei neue Stellen in Neu-Hohenschönhausen.

 

Sascha Wölck ist in der Familienhilfe tätig. Er leistet Erziehungsbeistand in Familien und arbeitet im Kinderschutzbereich. Durch die Corona-Pandemie haben sich die Bedingungen erschwert. Einerseits bestanden Kontaktsperren, andererseits mussten die Kinder betreut werden. Soziale Kontakte zur Freunden, Schulen oder Sportvereinen waren auch stark eingeschränkt. Digitale Angebote konnten dies nur bedingt kompensieren.

 

Jüngere Kinder, die auf die Hilfe ihrer Eltern angewiesen sind und für die sich durch Sprachbarrieren das Homeschooling oder die Hilfe bei Hausaufgaben problematisch gestalten, sind in besonderer Weise betroffen.

 

Kinder können ihre vietnamesische Muttersprache oft nicht, weil die Eltern zu wenig Zeit für sie haben. Das hat unterschiedlichste Gründe, oft ist es die Arbeit, die wenig Zeit für die Familie lässt. Aber es gibt auch Brennpunkt-Familien, und Probleme spitzen sich durch Sprachbarrieren zu.

 

Frau Thuy Luong leitet das Café8TV. Der Name des Sprachcafés erklärt sich so: Die 8 heißt auf vietnamesisch tám, was auf deutsch sprechen oder klönen heißt. TV steht für vietnamesisch. Das Sprachcafé war eines der beiden Preisträgerprojekte des Lichtenberger Integrationspreises 2022.

 

Das Sprachcafé für vietnamesische Kinder wird ehrenamtlich betrieben. Frau Luong bezeichnet es als Corona-Kind, weil die Idee - inspiriert vom Sprachcafé polnisch – während der Corona-Pandemie geboren worden ist. Damals entstand der Eindruck, dass zu wenig Raum für den Austausch da ist. Die jungen Mütter, die das Sprachcafé ins Leben gerufen haben, sahen den Bedarf an Treffpunkten für ihre eigenen Kinder. Sie haben die Initiative zunächst einmal nur für sich ergriffen, mit einem spanischsprachigen und einem polnischen Verein gesprochen und sind dann mit sechs bis acht Familien gestartet. Daraus ergab sich ein Schneeballeffekt. Inzwischen kommen so viele Familien, dass die Teilnehmerzahl eingeschränkt werden muss – auch, um die Qualität zu halten. Im Vordergrund steht das Erlernen der vietnamesischen Sprache.

Es gibt eine Kooperation mit der Anton-Saefkow-Bibliothek, inzwischen gibt es aber auch eine eigene Bibliothek. Bei jeder Veranstaltung spenden alle Teilnehmenden zwei Euro. Davon werden Bücher gekauft. Über die Bücher sprechen die Kinder vietnamesisch.

Soweit dies möglich ist, werden die gleichen Bücher in vietnamesischer und deutscher Sprache erworben. In der Regel beim Horami-Verlag, einem unabhängigen Verlag in Berlin, der sich große Verdienste bei der Entwicklung von bilingualen Büchern auch für Kinder erworben hat.

 

Gelernt wird beim Lesen oder Kamishibai Erzähltheater, einem Tool zur Förderung der Erzählfähigkeit, der Begriffsbildung und des Wortschatzes von Kindern ab einem Jahr bis zum Ende der Grundschulzeit. Auch Workshops werden angeboten, im vorigen Jahr z.B. viermal Töpfern. Geplant ist ein Blumen-Workshop.

 

Das Sprachcafé öffnet zweimal monatlich seine Pforten. Wichtig ist, dass die Familien zusammenkommen, Kinder stehen im Mittelpunkt.

Angefangen hat das Café mit drei jungen Müttern, jetzt ist das Team auf zehn Unterstützerinnen angewachsen. Viele bi- und trinationale Familien nehmen das Angebot war. Die Veranstaltungen sind konzipiert für Kinder von 0 bis 8 Jahren. Etwa 15 Familien kommen zu jeder Veranstaltung ins Café, das sind circa 50 Personen. Nur bei Festen – wie dem Neujahrs- oder dem Mondfest – wird die Zahl auf 25 Familien erhöht, dann liegt die Zahl der Teilnehmenden auch mal im dreistelligen Bereich. Zu finden sind die Angebote auf facebook.

 

Sascha Wölck warb für eine Ausstellung, die am 28. Oktober in den Räumen des Beratungs- und Begegnungszentrums FLAT FAMILY eröffnet wird. „Deutschnamesisch“ heißt sie und zeigt Bilder der Fotografin Fungi Phuong Tran Minh, die in einer Langzeitstudie bundesweit Menschen mit vietnamesischer Migrationsgeschichte porträtiert hat. Geplant ist, diese  Wechsel-Ausstellung auch an anderen Orten in Berlin zu zeigen, zum Beispiel in den Rathäusern der Bezirke.
 

Herr Nehring, Integrationsbeauftragter des Bezirksamts, wies auf ein Programm für Sprachförderung der Senatsverwaltung für Bildung hin (https://www.berlin.de/sen/bildung/schule/foerderung/sprachfoerderung).

Schulen haben die Möglichkeit, sich für dieses DSD-Programm (Deutsches Sprachdiplom) zu bewerben. Sie können über die Schulleitung die Beteiligung beantragen. Es braucht aber eine Mindestanzahl von Schülerinnen und Schülern einer Schule. Oft werden allerdings an den Schulen Angebote und Absprachen nicht weitergereicht.

Wünsche von FLAT FAMILY an die Politik: Aus der Familienförderung erhält das Projekt 15.000 Euro im Jahr. Gern möchte das Zentrum sein Angebot erweitern, das Sprachcafé beispielsweise mit Informations- und Beratungsangeboten flankieren. Dazu werden mehr finanzielle Mittel benötigt.

Wünsche des Sprachcafés: Das Veranstaltungsangebot soll über 0- bis 8- Jährige hinausgehen. Mütter wollen einen Tanzkurs etablieren. Deutsch- und Vietnamesisch-Kurse für Kinder und Eltern. Auch das Sprachcafé braucht eine Erweiterung seiner Ressourcen.

 
 

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