Auszug - Queeres Beratungszentrum in Lichtenberg einrichten  

 
 
9. Sitzung in der IX. Wahlperiode des Jugendhilfeausschusses
TOP: Ö 8.1
Gremium: Jugendhilfeausschuss Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 01.11.2022 Status: öffentlich
Zeit: 19:00 - 21:50 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: SC Berlin e.V.,
Ort: Weißenseer Weg 51-53, 13053 Berlin
DS/0402/IX Queeres Beratungszentrum in Lichtenberg einrichten
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion SPDHaushalt/Personal und GO
   
Drucksache-Art:Antrag zur BeschlussfassungBeschlussempfehlung
 
Wortprotokoll

Frau Usik fragt die einreichende Fraktion SPD, ob eine Vorstellung der Drucksache gewünscht wird. Herr Einenkel bittet um die Einbringung des Antrages und übergibt das Wort an Herr Mertens, der in der AG Queer Lichtenberg der SPD aktiv ist und  sich seit vielen Jahren mit dem Thema Unterstützung für queere Gruppen beschäftigt.

 

Herr Mertens leitet ein, dass es mit LesLeFam ein Regenbogenfamilienzentrum im Bezirk gibt. Darüber hinaus gibt es keine Schwulenberatung oder vergleichbare Angebote. Mit der Entwicklung der letzten Jahre, dass Lesben und Schwule aus der Innenstadt verdrängt wurden, ist die öffentliche Wahrnehmung im Bezirk gestiegen. Bei LesLeFam ist die Beratungskapazität sehr ausgelastet. Daraus erwächst die Idee, dass es besser wäre, alle Träger in einem Zentrum zu organisieren, in dem sich die Betroffenen ihrer jeweiligen Situation die passende Beratung aussuchen können. Dazu berichtet er, dass es generell in Lichtenberg kein queeres Jugendberatungsangebot gibt.

 

Herr Nguyen merkt an, dass Sozialarbeiter in der Praxis mit dieser Situation sich überfordert fühlen und bekräftigt die Bestrebung, auf ein Beratungszentrum verweisen zu können.

 

Herr Mertens merkt an, dass Wege häufig zu weit für Betroffene seien.

 

Herr Jungert gibt zu bedenken, dass es nicht nur um Beratung, sondern auch um Schutzräume für Jugendliche geht. Er bekräftigt den akuten Bedarf, den er aus der Jugendarbeit ebenfalls nachvollziehen kann.

 

Herr Nguyen fragt, ob es ein mobiles Angebot gibt, welches etwaige gestiegene Bedarfe aufzufangen versucht.

 

Herrn Mertens sind solche Angebote nicht bekannt, nur hinsichtlich der Gewaltprävention.

 

Frau Usik befindet mobile Teams für eine gute Idee, um in die bestehenden Strukturen, zum Beispiel JFE’s oder Schulen, zu integrieren.

 

Frau Keküllüoğlu fragt Herrn Mertens, ob er Träger vorschlagen kann.

 

Herr Mertens berichtet, dass der Sonntagsclub aus Prenzlauer Berg mit seinen Beratungsräumen ebenfalls an der Kapazitätsgrenze liege und bereits schaue, inwieweit eine Expansion nach Lichtenberg möglich ist. Ebenfalls eignete sich LesLefam, sowie ein Träger aus Schöneberg. Die Idee des Antrages hinsichtlich des Zentrums ist ja, dass einzelne Räume auch an jeweilige Träger ausgelagert werden können, ohne dass ein Träger alles abdecken muss. Vielen Vereinen fehlen geeignete Räumlichkeiten.

 

Herr Einenkel ergänzt, dass Standortsuche berlinweit ein Problem ist. Er fügte die Frage hinzu, ob in der mobilen Jugendarbeit finanzielle Möglichkeiten dafür bereitstünden.

 

Herr Zeddies entgegnet, dass mobile Jugendarbeit nach § 11 und die Angebote in der Drucksache nach § 13 vergütet werden. Wichtig ist, dass die Fördermittel getrennt sind. Darüber hinaus bedarf es Interessenbekundungsverfahren für Senatsauslobung. Er verweist aus Erfahrungen aus der Jugendarbeit, die meist getrennte Räumlichkeiten wollen. Er gibt mit Blick auf die Drucksache zu bedenken, dass einen Krisendienst zu etablieren bedeutet, einen 24h-Dienst mit hoher pädagogischer Betreuung zu errichten. Herr Zeddies wünscht sich, in Zukunft alle Beratungsangebote nicht in gesonderten, sondern den bestehenden Familienzentren integrieren zu können.

Herr Dinda bemerkt, dass grammatikalisch ein Fehler im Antrag vorliegt: Unter Punkt 8 fehlt ein „sind“. Er kündigt die Enthaltung bei der Drucksache an. Er referiert aus seinem eigenen Bekanntenkreis, dass dieses Zentrum einen exklusiven Charakter aufweist, da es wie eine Auslagerung wirkt. Besser wäre, wie Herr Zeddies sagte, dass Regenbogenfamilien in normalen Familienzentren beraten werden.

 

Herr Otto kündigt seine Unterstützung des Antrags an, fragt aber nach dem Sicherheitskonzept, welches im Antrag gefordert wird. Er fragt, ob es sich um einen Wachschutz oder Schutz vor Einbruch und Vandalismus handeln soll.

 

Herr Mertens berichtet aus Erfahrungen der Vergangenheit, dass eine dauerhafte Bewachung nicht notwendig sein wird. Häufiges Patrouillieren von Polizei sei ausreichend und bereits etabliert.

 

Herr Otto gibt unterstreichend zu bedenken, dass es keine bezirkliche Expertise zur Sicherheit gibt und dieser nicht in der Lage ist, dieses zu erstellen. Polizeipatrouillen seien kein Sicherheitskonzept.

 

Herr Mertens erklärt, dass die Bewachung der queeren Kinoabende mit Streifenpolizisten ausreichend waren.

 

Herr Nguyen fragt, warum bei der damaligen Landesausschreibung andere Träger ausgewählt wurden und diese nicht in Lichtenberg beheimatet werden konnten.

 

Herr Zeddies könnte nur aus Gedächtnis referieren und möchte daher keine unsichere Auskunft geben. Frau Wildner ergänzt, dass Räumlichkeiten innerhalb des S-Bahn-Rings gesucht wurden und die Ausgestaltung einer bestehenden Struktur gefördert werden sollte.

Frau Usik moniert, dass ihr die thematische Clusterung der Zielgruppen fehlt und schlägt vor, Cluster hinsichtlich Angeboten für Jugendliche; Angebote für Ältere, Gesundheits-, Lebens- und Familienberatung, Rechtsberatung, Gewaltprävention, und Treffpunkte.

 

Frau Köhler möchte queere obdachlose Menschen in die Clusterung mit aufnehmen.

 

Frau Usik berichtet aus einem Gespräch mit Frau Schuler, dass der Bezirk sich auf bestehende Mittel bewerben könnte. Sie schlägt vor, diese Bewerbung mit in den Antrag aufzunehmen.

 

Herr Zeddies berichtigt, dass nur Träger, nicht Bezirke, sich auf Mittel bewerben können.

Frau Usik schlägt den Text neu wie folgt vor:

 

Der Ausschuss Jugendhilfe hat in seiner 9. Sitzung am 01.11.2022 die o.g. Drucksache beraten und empfiehlt dem federführenden Ausschuss Haushalt/Personal und GO die Annahme der Drucksache in folgender geänderter Fassung:

 

Die Bezirksverordnetenversammlung wolle beschließen:

 

Das Bezirksamt wird ersucht, die Einrichtung eines queeren Beratungszentrums in Lichtenberg zu prüfen. Insbesondere die Punkte der geeigneten Standorte, Finanzierungsmöglichkeiten auf der Bezirks-, Landes-, Bundes- und EU-Ebene sowie geeignete Träger sind hier zu klären. Ein geeignetes Sicherheitskonzept muss vom Bezirk zudem erstellt werden. Die Erfahrungen der queeren Beratungszentren in Berlin und relevanten Träger (z.B. Lesben Leben Familie e.V.) sind zu beachten.

Inhalte des queeren Beratungszentrums könnten sein:

Zielgruppe Jugend:

  • Jugendclub / Jugendgruppen
  • Psychologische Beratung für Jugendliche z.B. zum Thema Coming Out, Krisenbewältigung
  • Aufklärungsarbeit u. a. mit Schulklassen

Zielgruppe Senioren und Bergsteiger:

  • Aktivitäten für Senioren
  • Bergsteiger (Aktivitäten für Leute, die nicht Jugend und nicht Senioren sind)

Zielgruppe queere Geflüchtete:

  • Beratung für queere Geflüchtete

Zielgruppe queere Obdachlosen:

  • Beratung für queere Obdachlosen

Gesundheitliche Beratung:

  • Testung auf sexuell übertragbare Krankheiten (STI)
  • Gesundheitsberatung (Impfberatung zu Hepatitis B, HIV-Beratung…)

Lebens- und Familienberatung:

  • Regenbogenfamilienberatung
  • Workshops zu bestimmten Themen, wie STI, Familienkonzepte, Liebe und Sexualität
  • Lebensberatung für LGBTIQ+
  • Beratung zu Intersektionalität

Rechtsberatung und Gewaltprävention:

  • Präventionsarbeit gegen Gewalt und Diskriminierung queerer Menschen

Treffpunkt:

  • Queerer Treffpunkt in Form eines nicht gewinnorientierten Cafés

 

Begründung:

Der Ausschuss Jugendhilfe hat in seiner Beratung die Drucksache ausführlich besprochen und eine thematische Clusterung der möglichen Schwerpunkte des queeren Beratungszentrums vorgenommen. Die einreichende Fraktion SPD und Herr Jens Mertens haben den Antrag und verschiedene Aspekte des möglichen Beratungszentrums vorgestellt. Es wurde klar, dass der Bedarf nach einem queeren Beratungszentrum im Bezirk groß ist. Dabei spielten die Zielgruppe Jugendliche und jugendbezogene Themen eine besondere Rolle in der Diskussion. Insbesondere der Bedarf nach Schutzräumen für junge Menschen wurde hervorgehoben.

 

Die Ausschussmitglieder haben den Gedanken bekräftigt, dass die Einrichtung eines queeren Beratungszentrum insbesondere für Jugendliche eine große Bereicherung sein kann, weil diese Zielgruppe besonders vulnerabel ist und Unterstützung braucht (z.B. beim Thema Coming Out, Liebe oder Sexualität).

 

Dabei soll von mobilen Angeboten besonders Gebrauch gemacht werden.

 

Positiv zu bewerten ist außerdem die Überlegung, das Zentrum für verschiedene Ziel- und Altersgruppen zu öffnen, denn solche Angebote für Senioren oder Bergsteiger in Lichtenberg fehlen.

 

Über das Sicherheitskonzept wurde ausführlich gesprochen, da die Befürchtung besteht, dass der Bezirk dazu keine Instrumente zur Verfügung hat. Ein wichtiger Aspekt dabei wäre, die Finanzierungsmöglichkeiten auf der Bezirks-, Landes-, Bundes- und EU-Ebene gründlich zu prüfen und vor allem geeignete relevante Träger und ihre Erfahrungen miteinzubeziehen.

 

Herr Einenkel begrüßt die Anmerkungen, plädiert aber für eine berlinweite Ausschreibung.

 

Frau Keküllüoğlu verweist darauf, dass es sein kann, dass Jugendliche nicht mit Älteren unter einem Dach beraten werden wollen.  Sie fragt nach, ob das Zentrum „unter einem Dach“ einen Träger für alle Bereiche haben muss.

 

Herr Mertens erinnert, dass der Antrag Synergieeffekte fördern wolle. Er rät zu Räumlichkeiten nach Anlass.

 

Frau Usik liest die Stellungnahme vor.

 

Frau Klug merkt an, dass es einen gesonderten Raum für Jugendliche in das Beratungszentrum etabliert sowie mobile Angebote in Betracht gezogen werden sollen.

Frau Usik stellt die Stellungnahme zur Abstimmung.

 

Das Ergebnis: 9 / 0 / 1 (Ja/Nein/Enthaltung).

 
 

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