Auszug - Schwerpunktthemen "Jugendhilfe und Sport - was ginge besser gemeinsam?"  

 
 
9. Sitzung in der IX. Wahlperiode des Jugendhilfeausschusses
TOP: Ö 4
Gremium: Jugendhilfeausschuss Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 01.11.2022 Status: öffentlich
Zeit: 19:00 - 21:50 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: SC Berlin e.V.,
Ort: Weißenseer Weg 51-53, 13053 Berlin
 
Wortprotokoll

Herr Nünthel stellt die Räumlichkeiten des SC Berlins vor, in denen der JHA tagt. Er verweist auf die in die Jahre gekommenen Bauten, die seit über 12 Jahren abgerissen werden sollen und die im Rahmen des Masterplans Sportforums abgerissen werden.

 

Neben der erfolgreichen Abteilung Radsport verfügt der Verein über elf weitere Abteilungen, darunter auch Reha und KITA-Sport. Ziel des Kitasports ist die frühe Talentförderung und die generelle Förderung des Spaßes an Bewegung. Eine neu geplante Abteilung soll das sportliche Tanzen sein. Die Abteilung Karate habe es auf dem Gelände des Sportforums schwer, da dies keine olympische Disziplin sei und auf Turnhallen von Schulen ausweichen muss. Die Abteilung Schwimmen verfügt über keine Expansionsmöglichkeiten und klagt über die Nachwehen der Pandemie.

Der Verein steht wie auch andere Vereine vor der Herausforderung, genügend befähigte Übungsleiterinnen und -leiter zu finden, die auch kleinere Kinder trainieren möchten. Darüber hinaus ist die Nutzung von öffentlichen Turnhallen außerhalb des Sportforums schwierig. Dort konkurrieren sie mit Breitensport oder schulinternen Veranstaltungen.

 

Herr Nünthel teilt mit, dass in einer kommenden Sitzung der Kinderschutz in der Vereinssatzung formalisiert werden soll.

 

In einem Teil des Gebäudes, in dem der JHA tagt, befindet sich auch die Abteilung Radsport. Diese Abteilung möchte die Trainingsteilnahme nicht vom Einkommen der Eltern abhängig machen und verfügt daher einen eigenen Fuhrpark an Rennrädern. Laut Aussagen Herrn Nünthels droht der Abteilung ein Aus, wenn keine adäquate Unterbringungslösung in Zukunft für diese Abteilung gefunden werde.

Herr Kraus fragt sodann nach, worauf sich die existenzielle Sicherung der Abteilung Radsport bezog.

Herr Nünthel entgegnet, dass die Sicherung der Räumlichkeiten und zusätzliche Schutzmaßnahmen des Fuhrparks sowie des Indoortrainings für die zukünftigen Pläne des Sportforums fehlten. Einzig Verwaltungsräume seien für die Vereine geplant. Zwar verfügt der Verein über einen Zugang zum Velodrom, dieser dient aber nur dem (Semi-)Profibereich. Der aktuelle Standort inmitten der Übungsstrecke hat einen zusätzlichen organisatorischen Vorteil.

 

Frau Usik fragt, wie der Verein hinsichtlich inklusiver Sportangebote aufgestellt ist.

 

Herr Nünthel legt offen, dass es keine gesonderte inklusive Abteilung gibt, sondern Bekundung von Sonderbedarfen innerhalb der Abteilung artikuliert wird. Die Nachfrage sei allerdings nicht überwältigend groß.

 

Herr Zeddies spricht eine Danksagung an den Verein aus und freut sich über Schwerpunktthemensetzung. Das Jugendamt sei an entscheidenden Schnittstellen (Kita und Kinderschutz) sowie JFEs vertreten, die ihrerseits eigene Sportangebote und sportbezogene Projekte der Suchtprävention anbieten. Das Amt nutzt Sport, anders als wettkampfbezogene Vereine, als Vehikel der Prävention, während der Sportverein zum gleichen Ergebnis aus der anderen Motivation herausgelangt. Herr Zeddies schätzt das große Ehrenamt der Vereine. Dabei legt er den Fokus darauf, dass die Kooperation nicht immer verschränkt, sondern im Parallelen geschieht. Übungsleiter hätten neben ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit wenig Zeitkapazitäten in Steuerungsgremien vertreten zu sein. Somit sei das Arbeiten zwischen Verein und Amt kein einheitlicher Topf, sondern verschiedene Ebenen der Arbeit mit Kindern.

Herr Nünthel bedankt sich und bekräftigt den Fokus der Vereine auf Sport – mit dem Wissen um die soziale Komponente. Das Ziel des Leistungssports sei auch ein ökonomisches. Natürlich koste eine Mitgliedschaft Geld, ab einer gewissen Leistungsstufe kann der Verein die Unterstützung der Sportler nicht allein stemmen. Ein Wettkampfrad könne zwischen 5.000 und 8.000 Euro kosten. Leistungssport ist damit auf finanzielle Unterstützung der Familien angewiesen, während die Leistungen des SGB-II bei weitem nicht ausreichten. Eltern, die darüber nicht sprechen können und wollen, bleiben ab einer gewissen Leistungsstufe eher fern. Die Mittel der Vereine sind generell begrenzt. Unterstützung erfahren die Vereine durch den Landessportbund und durch das Sportforum (im speziellen für die dort ansässigen mit günstigen Räumlichkeiten).

 

Herr Nguyen fragt, was ist mit dem Standort geplant sei.

 

Herr Nünthel erklärt, dass allein aus energetischen Gesichtspunkten (Baujahr 1950er) ein Neubau fällig wäre. Ein Vereinshaus soll die Vereine in Zukunft beherbergen. Im aktuellen Planungsstand ist für die Radsportler keine Lösung vorgesehen. Ähnliche Spezifika haben auch andere Vereine. Man bräuchte Planung und Kommunikation mit Sportlerinnen und Sportlern, den Vereinen oder mit dem Sportforum, damit es nicht an den Bedürfnissen vorbeigeplant wird.

 

Frau Usik fragt, ob es Hinweise im Familienbüro über Vereine gibt.

 

Dies wurde durch das Bezirksamt verneint, Herr Kraus verweist aber auf eine Drucksache der Linksfraktion im Geschäftsgang.

 

Frau Keküllüoğlu verweist auf generelle mangelnde Repräsentation im Internet.

 

Herr Nünthel entgegnete ihr, dass diese auch bei wenigen Ehrenamtlichen umgesetzt werden könnte.

 

Frau Keküllüoğlu bedankt sich sehr bei Herrn Nünthel und dem Ausschuss. Auch sie befindet das Thema als unterbeleuchtet. Sport und Jugendhilfe seien zwei in sich gekehrte Systeme, die schwierig verbunden werden können. Sie beschwört die hohe soziale Integration und Persönlichkeitsbildung durch Sport. Alltagsbewältigung und Lernen werden beim Leistungssport jedoch nicht beleuchtet, weshalb sie für interdisziplinäre Teams wirbt. Dass die Vereine so sehr vom Ehrenamt zehren, erschwert das breite und langfristige Engagement. Sie verweist auch auf den Sportjugendclub in Lichtenberg, in dem Sport auch als Mittel zur Gewaltprävention genutzt wird. Sport bietet Vertrauen und dann Interventionsmöglichkeiten zu entdecken. Dies sei kein Selbstläufer. Sie stellt die Frage, wie eine Win-Win-Situation entstehen kann. Dabei sieht sie Konkurrenz zwischen Schulbesuchszeiten und Hallenzeiten als große Herausforderung. Es passiere viel, es seien viele Potenziale aber bisher ungenutzt.

 

Herr Einenkel wünscht sich mehr Ausführungen vom Amt und/oder Frau Keküllüoğlu, wie sich das Feld überhaupt gestaltet; er wünscht sich einen Überblick. Welche Angebote gibt es und was lief nach Corona schief? Auf den letzten Satz von Frau Keküllüoğlu zurückkommend, was denn wo passiere, wo aus ihrer Sicht die Potenziale lägen.

 

Herr Zeddies gibt das Beispiel, dass die Verquickung von Schwimmen und Kitas viel diskutiert und geplant wurde, allerdings das Amt feststellte, dass es sich um zwei überlastete Systeme handelt. Letztlich könne man nur gelungene Einzelprojekte vorweisen. Kitas sind unter Personalnot nicht in der Lage, großflächig sich breiter aufzustellen. Im weiteren Feld befinden sich sechs sportbezogene JFE‘s in Lichtenberg.

Darüber hinaus bieten JFE’s sportbezogene Inhalte an, bspw. Ferienfahrten oder einen sportlichen Tag in der Woche. Des Weiteren gibt es einmal jährlich im Bereich Sucht- und Gewaltprävention gesonderte Aktivitäten. Was fehlt ist die systematische Verzahnung mit ansässigen Vereinen und Strukturen, auch, weil im Breiten- und Leistungssport kaum Kapazitäten vorherrschen und eine gewisse Übersetzungsleistung zwischen den Systemen gewährleistet werden muss. Dies ließe sich auch nicht mit administrativen Entscheidungen erzwingen.

 

Frau Keküllüoğlu gibt zu bedenken, dass strukturelle Änderungen mehr Personal benötigen. Stattdessen ist die Zielgruppenorientierung viel sinnvoller. Jugendhilfe arbeitet eher mit Fokus auf benachteiligte Kinder, die auch nicht in Vereinen organisiert sind. Der Bezirkssportbund (BSB) befasse sich auch mit frühkindlicher Bildung, um einen Überblick zu gewinnen und Angebote zu vernetzen. Im nächsten Schritt könnte dann das Familienbüro informiert werden. Das Identifizieren von Schnittstellen sind die Potenziale sowie das Befähigen an der Teilnahme. Sie versteht diese Ausschusssitzung als Kickoff, wo welche Ressourcen vorliegen.

 

Herr Nguyen fragt Herrn Nünthel, wie der Verein mit Kindeswohlgefährdung umgeht? Er habe selbst pädagogisch fragwürdige Erfahrungen gemacht, da er bspw. angeschrien wurde.

 

Herr Nünthel berichtet, dass es einen ehrenamtlichen Kinderschutzbeauftragten gibt, um einen Ansprechpartner zu stellen und bei Identifikation von Problemen zu agieren.

 

Frau Usik bedankt sich bei Herrn Nünthel, Herrn Zeddies und Frau Keküllüoğlu. Sie resümiert, dass zwei Systeme parallel aber mit anderem Fokus agieren. Sie ist verwundert, dass keine Strukturen im BA vorliegen, um engere Zusammenarbeit zu fördern.

 

Herr Nünthel gibt zu bedenken, dass sofern kein erkennbarer Nutzen für die Vereine erkennbar sei, ein Engagement von Vereinen unwahrscheinlich wäre.

 

Frau Keküllüoğlu schlägt vor, Jugendliche aus schwierigen Lagen zu Übungsleitern zu qualifizieren, was eine mögliche Win-Win-Situation darstelle.

 

Frau Usik beendet den Tagesordnungspunkt.

 

 
 

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