Auszug - Personalentwicklung im Bezirksamt  

 
 
11. Sitzung in der IX. Wahlperiode des Ausschusses Haushalt/Personal und GO
TOP: Ö 4
Gremium: Haushalt/Personal und GO Beschlussart: erledigt
Datum: Mi, 05.10.2022 Status: öffentlich
Zeit: 19:00 - 21:30 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Rathaus Lichtenberg, Raum 100 (barrierefrei)
Ort: Möllendorffstraße 6, 10367 Berlin
 
Wortprotokoll

(ursprünglich TOP 5)

Herr Grunst (BzBm) führt in das Thema ein und verweist u.a. auf das neue Diversitätsgesetz sowie die Arbeitgeber:innenmarke. Frau Peschel (Personalservice) übernimmt und gibt zunächst einige allgemeine Informationen: Es gibt derzeit behördenübergreifend in den Bezirken, bei Landes- und Bundesbehörden einen großen Personalbedarf im gehobenen Dienst. Ein Hauptaugenmerk wird daher auch auf Personalentwicklung und Personalbindung gelegt. Nach Auswahlentscheidungen zur Stellenbesetzung sagen Personen dann kurzfristig wieder ab, z.B. wegen eines anderen Angebots in Wohnortnähe. Oft wird aber auch kein Grund benannt. Ebenso wechseln viele Mitarbeitende in andere Behörden.

Nachfragen:

Frau Zimmer (DIE LINKE.): Wechseln eher Mitarbeitende, die schon länger beim Bezirksamt Lichtenberg arbeiten oder eher die, welche erst seit 2 oder 3 Jahren hier sind?

Antwort: Die jüngeren Mitarbeitenden wechseln eher weg.

Herr Ahrens (B90/Grüne): Sind bestimmte Bereiche besonders betroffen oder ist der Wechselwunsch ämterunabhängig?

Antwort: früher eher Sozialarbeiter:innen, jetzt übergreifend in allen Ämtern

Herr Hoffmann (CDU) merkt an, dass die Ausführungen eher hoffnungslos klingen. Er wünscht sich mehr konkrete Ideen für neue Möglichkeiten zur Personalgewinnung und -bindung.

Herr Drewes (AfD) verweist darauf, dass dies der gesellschaftlichen Entwicklung entspricht: weniger Konstanz stattdessen immerzu Veränderungen.

 

Sodann werden die im Vorfeld von Dr. Gührs (SPD) übersandten Fragen beantwortet:

 

  1. Welche Maßnahmen unternimmt das Bezirksamt, um Einstellungen zu beschleunigen?

Es handelt sich um einen Standardprozess, landesweit gleich und an gesetzliche Regelungen gebunden. 3 Monate ist die Zielstellung der Regierung. Die Bewerbungen müssen gesichtet und bewertet werden, Beteiligung der Beschäftigtenvertretungen, Ladungsfristen

Auch die Einstellung an sich kostet Zeit (BZR-Abfrage, Personalbogen…)

Schneller geht es bei Vertretungskräften, da diese einerseits befristet und z.B. aus vorherigen Verfahren bereits bekannt sind

 

  1. Welche Werbemaßnahmen unternimmt das BA, um insbesondere bei Mangelberufen um Bewerber*innen zu werben?

Bezeichnung ist nicht mehr „Mangelberuf“, heißt jetzt „Engpassberuf“: derzeit vor allem Medizinische Berufe, Ingenieure, Sozialarbeit, Informatik)

Problem: Es besteht eine Pflicht zur Ausschreibung, auch wenn jemand bekannt ist. Dies verzögert auch die Besetzung freier Stellen

Es werden unterschiedliche Stellen- und Jobportale genutzt, auch Socialmedia-Kanäle

Vergabe entsprechend der Rechtssprechung sehr eng, Ausschreibungstexte sollen in leichtere Sprache und bessere Lesbarkeit überarbeitet werden - jährlich etwa 300 Ausschreibungen, Prozess dauert daher einige Zeit

 

  1. Wie hoch ist der durchschnittliche Anteil an unbesetzten Stellen? Welche Bereiche betrifft das besonders?

Immer eine Momentaufnahme, im Moment 166 freie Stellen, das sind ca. 8%, insbes. in den sog. Engpassberufen, also in den Bereichen FM, Jugend- und Gesundheitsamt, Weiterbildung & Kultur, Stadtentwicklung, Bürger:innendienste (12 freie Stellen, vor kurzem keine freien Stellen)

 

  1. Wie hoch waren die Überlastungsanzeigen im BA in 2021 und 2022? Welche Bereiche betrifft das besonders?

2021: 3 Teams (43 MA) und 8 Einzel

2022: 4 Teams (23 MA) und 7 Einzel

Überwiegend aus: Ordnungs-, Jugend-, Gesundheits- und Stadtentwicklungsamt

 

  1. Wie hoch ist der durchschnittliche Krankenstand im BA in 2021 und 2022? Welche Bereiche betrifft das besonders?

Wird zentral bei SenFin erfasst, nicht pro Behörde

Bereits länger schon keine Erfassung der Krankheitsquote, sondern der Gesundheitsquote (Lichtenberg liegt bei fast 90%), über Jahre ähnlich, keine große Schwankung der Quote (nur innerhalb des Jahres, aber nicht im Vergleich mehrerer Jahre)

Insbes. betroffen: Ordnungsamt, Bürgeramt, Straßen- und Grünflächenamt (hier besonders das Friedhofsamt), Sozialamt, Gesundheitsamt

 

  1. Welche Maßnahmen unternimmt das BA, um seine Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern (bspw. Home-Office, flexible Arbeitszeiten, geteilte Führungsaufgaben, Betreuungsangebote etc.)?

Homeoffice, mobiles Arbeiten, flexible Arbeitszeiten, Leistungsprämien, Willkommens- (On-Boarding) und Verabschiedungskultur, Leitfaden zur Einarbeitung neuer MA,

 

  1. Welche besonderen Maßnahmen zur gezielten Mitarbeiter*innenförderung unternimmt das BA (bspw. Mentoringprogramme, Fortbildungsbedarfsplanung, Entwicklung und Qualifizierung von Führungskräften etc.)?

Gesetzliche Grundlage ist u.a. das Diversitätsgesetz, außerdem Implementierung des Bezirksamtes Lichtenberg als sog. Arbeitgeber:innenmarke,

Zum Diversitätsgesetz:

Leistungsbeschreibung zur Begleitung entwickelt (z.Zt. auf Vergabeplattform), Ziel: MA-Bindung und Nachwuchsgewinnung

Forderung u.a. auch die Erhöhung des Anteils MA mit Migrationsgeschichte (Bevölkerungsdurchschnitt soll sich auch in Verwaltung abbilden) – dazu bereits Kontakt zu Migrationsorganisationen aufgenommen; so gibt es im November eine Veranstaltung mit der vietnamesischen Community (an einem Samstagvormittag)

Datenerhebung erfolgt durch SenFin; Werbung zur Teilnahme aller Beschäftigten ebenso

Zur Arbeitgeber:innenmarke:

Fortbildung und Qualifizierung (auch intern); hausinterne befristete Versetzungen

 

  1. Welche Maßnahmen unternimmt das BA, um einen Wissenstransfer insbesondere bei Stellenneubesetzungen zu gewährleisten?

Entwicklung einer Dokumentation: Wissensgebend – Wissensnehmend

Doppelbesetzungen zw. 3-6 Monaten (Finanzierung auf Antrag über SenFin)

Senior-Coaching (Ausgeschiedene helfen bei Einarbeitung neuer MA) – funktioniert sehr gut; wird allerdings noch nicht so stark genutzt

 

  1. Wie ist der aktuelle Stand zur Umsetzung des Personalmanagementkonzepts? In welchen Bereichen kommt es zu Verzögerung bzw. Schwierigkeiten bei der Umsetzung?

Das Personalmanagementkonzept ist wie ein Instrumentenkoffer; der Personalservice ist der Personaldienstleister und unterstützt, begleitet, berät…

 

Nachfragen und Diskussion:

Frau Ehlers (B90/Grüne): Menschen kündigen teilweise woanders Wohnortnähe, dies ggf. auch nutzen über Ausschreibungen in lokaler Nähe.

Antwort: Passiert bereits, ist jedoch nur ein geringer Teil.

Herr Hoffmann (CDU): Leistungsentgelt des öffentlichen Dienstes ist breit gefächert und sehr vielfältig; ein gutes Angebot zwischen Industrie und Mittelstand für Fachkräfte sollte Maßstab sein; Kurzarbeitergeld ist derzeit eher Hemmnis im Arbeitsmarkt, da Fachkräfte durch die großzügigen Regelungen des Kurzarbeitergeldes nicht auf den Markt drängen.

Empfehlung: mehr selbst ausbilden, mehr interne Personalentwicklung.

Kommentar: Öffnung für das Diversitätsgesetz sei fatal, weil viele Einschränkungen statt Öffnung für alle.

 

Frage zu gesetzlichen Einschränkungen – Sinnvoll, Gesetze ggf. zu ändern, z.B. Personalvertretungsgesetz (u.a. gleichzeitige statt paralleler Beteiligung)?

Antwort BzBm Grunst: Diversitätsorientierte Personalentwicklung ist eine Ressource für Fachkräfte; Personal im BA entspricht noch nicht ansatzweise dem Bevölkerungsdurchschnitt im Bezirk (Verwaltung soll ein „Spiegelbild“ der Gesellschaft darstellen). Problematisch ist z.B. die Stellenbewertung (in Senatsverwaltungen für ähnliche Verantwortung häufig bessere Bezahlung als in Bezirksverwaltungen); diese erfolgt zentral durch SenFin und muss endlich für alle Verwaltungen einheitlich festgelegt werden. Das Tarifgefüge im ÖD bleibt hinter der freien Wirtschaft, zumindest im Bezirk ist die große Mehrheit in E6 - E11 eingestuft. Das Einstiegsgehalt E12 liege bei etwas über 2.000€ netto, da biete der freie Markt bessere Angebote.

Ergänzung durch Frau Peschel (PS): Erfassung des Anteils an Migration/Diversität ist vom Gesetzgeber verpflichtend so vorgegeben.

Zu den rechtlichen Rahmenbedingungen: Ja, an der Art und Weise der Beteiligung der Beschäftigtenvertretungen sollte etwas getan werden. Dabei geht es nicht um die Einschränkung von Rechten, sondern um eine Beschleunigung des Verfahrens z.B. durch parallele Beteiligung und auch mehr Digitalisierung im Verfahren; zuständig dafür ist allerdings SenFin. Bestimmte Voraussetzungen im Beamtentum sind mitunter auch der Grund für sehr langwierige Einstellungsverfahren. Es gibt die Hoffnung, dass die Energie- und Wirtschaftskrise zu mehr Bewerbungen im ÖD führt.

 

Herr Drewes (AfD): Kommentar zum Migrationshintergrund und Frage, ob die Gesundheitsquote inkl. Corona ermittelt wurde?

Antwort: Ja

Herr Wolf (DIE LINKE.): Problem sei auch, dass Personen mit jahrelanger Berufserfahrung dennoch mit Erfahrungsstufe 1 eingestellt würden. Das sei keine Motivation für den ÖD. Einstellung von Menschen mit Migration, also mit Abschlüssen aus anderen Ländern, scheitern oft an sehr langwierigen Anerkennungsverfahren. Frage: Welche Rolle spielt die EU im Bezirk?

Antwort: einschlägige Berufserfahrung ist im TVL enthalten und wird entsprechend berücksichtigt; zunächst zögerlich auch wg. Kritik des Rechnungshofs. SenFin hat konkretere Regelungen erlassen und die Behörden werden nun mutiger bei der Anerkennung von Erfahrung und somit z.B. einer Stufenvorweggewährung, auch das BA Lichtenberg. Es wird alles versucht, was möglich und erlaubt ist, um neue MA auch wirklich zu gewinnen.

Zur EU: keine Erfahrungen, auch kaum Bewerbungen im Bezirk.

 

Herr Dr. Gührs (SPD): Können alle Beschäftigten, die es wollen, Homeoffice machen oder gibt es kapazitäre Einschränkungen, z.B. mangels ausreichend Geräten, und daher mussten Anträge auf HO abgelehnt werden? Und wenn ca. 8% der Stellen nicht besetzt sind, was ca. jeder 12. Arbeitsplatz ist, gibt es permanente Ausschreibungen?

Antwort: Zu Beginn der Pandemie gab es nicht ausreichend Geräte für’s Homeoffice, inzwischen schon. Teilweise teilen sich mehrere MA ein Gerät, da nur tageweise HO gewünscht ist. Grundsätzlich ist aber festzustellen, dass Bezirksverwaltung aufgrund der vielen Publikumsbereiche eben eher eine Präsenzverwaltung ist.

Zur zweiten Frage: Ja, gibt es; wird unterschiedlich gewertet, wann es wirklich sinnvoll ist. Nicht immer sind Stellen geplant frei, manchmal plötzliche persönliche Entscheidungen durch Umzug oder Krankheit.

 

Herr Einenkel (SPD): Wie ist das interne Verfahren bei Überlastungsanzeigen?

Antwort: Es gibt keine Hürden, Vordruck im Netz ist fast vollständig vorformuliert, nur konkrete persönliche Hinweise erforderlich; zu klären ist zunächst, was zur Überlastung führte und was die Folgen davon sind. Vorgesetze sind zu beteiligen bei Lösungssuche.

Es gibt eine externe MA-Beratung (interdisziplinäres Team); kann jederzeit (rund um die Uhr) angerufen werden, egal ob es um ein privates oder berufliches Problem geht; bis zu 6 Anrufe/Beratungen werden finanziert; danach ggf. auch eine Gesprächstherapie vor Ort; auch bei Suizidgedanken gibt es sofortige Hilfsangebote. Angebot gilt auch für Führungskräfte. Beteiligung müsste bei ca. 3% aller Beschäftigten liegen, damit sich die Finanzierung rechnet – dies entspricht auch in etwa der Realität.

 

Frau Ehlers (B90/Grüne): aktuelle Infos zum Anteil mit Migrationsgeschichte? Wird das beschriebene Verfahren die Diversität erhöhen?

Antwort: Anteil der Menschen mit Migrationsgeschichte im BA Lichtenberg derzeit nicht bekannt; Namen oder Aussehen seine dafür keine Kriterien – soll durch eine Abfrage (mit freiwilligen Angaben) herausgefunden werden. Ob Menschen sich aufgrund einer Migrationsgeschichte gar nicht erst bewerben, sei nicht bekannt. Im Ergebnis der Abfrage soll es u.a. auch einen Blick- und Perspektivwechsel geben, um den Arbeitsmarkt grundsätzlich diverser aufzustellen. Potentielle Arbeitnehmende sollen sich willkommen fühlen, auch durch mehr Sensibilisierung im Auswahlgremium

Herr Hoffmann (CDU): Es sei nicht hilfreich, jegliche Migrationsgeschichte zu ermitteln. Entscheidend sollten die fachlichen Voraussetzungen und nicht die Herkunft sein. Er verweist im Zusammenhang mit dem Hinweis auf das Einstiegsgehalt E11 darauf, dass dies bei 3.375€ brutto liege und somit bei ca. 2.300 € netto. Frage: Ist im Berliner Haushaltsrecht geregelt, dass eine Stelle wegfalle, wenn sie zwei Jahre nicht besetzt sei?

Antwort: Nein, eine solche Regelung sei nicht bekannt, es werde geprüft. Es komme jedoch kaum vor, dass ein und dieselbe Stelle zwei Jahre nicht besetzt sei. Auch wenn es in einem Bereich vielleicht über mehrere Jahre freie Stellen gebe, so würden MA nacheinander Stellen freimachen und es wird regelmäßig nachbesetzt – leider mitunter langsamer als Stellen frei werden; jedoch nicht erst nach zwei Jahren.

 

Frau Usik (CDU): Wie Familienfreundlich sei Lichtenberg, z.B. Homoffice in Coronazeiten, Unterstützung bei der Suche nach Kita- und Schulplätzen, Jobs mit Abendarbeitszeiten…

Antwort: In Coronazeiten wurde alles ermöglicht, um Kinderbetreuung sicherstellen zu können. Unterstützung Kita-/Schulplätze: nein; 2019 wurde überlegt, dies ins Personalmanagementkonzept aufzunehmen; allerdings keine Vorstellung, wie dies umzusetzen sein soll, für wen soll das gültig sein und wer soll sich darum kümmern, kein Personal dafür vorgesehen.

MA mit Kindern sollen nach Möglichkeit nicht für verpflichtende Abendtermine eingeteilt werden; ämterinterne Regelungen.

 

Herr Apitz (FDP) fragt nach der Definition für Migrationsgeschichte und der Anzahl von Bewerbungen mit dieser.

Antwort: eine österreichische Oma genüge, um dazuzugehören. Die Proportionalität im ÖD müsse nicht nach Einzelidentitäten berechnet werden, sondern der Migrationsanteil insgesamt. Es soll eine Analyse nach Führungsebene und Eingruppierung geben. Zu den Bewerbungen: Es wird derzeit geprüft, wie dies zu erfassen sei; könne auch nur eine freiwillige Angabe sein

Herr Drewes (AfD) verweist darauf, dass eine Privilegierung z.B. für Kita- und Schulplätzen wichtig sei.

 

Frau Starke (AfD): Es würden in naher Zukunft viele MA in Rente gehen. Gibt es dafür konkrete Zahlen und ist PS darauf eingestellt?

Antwort: Es gebe eine Fluktuationsanalyse, da MA mitunter spontan auch eher gingen als ursprünglich geplant. Also Ja, es gebe eine Prognose, allerdings entscheiden Mitarbeitende selbst, wann sie dann tatsächlich gehen.

 

Der Bürger:innenmeister, Herr Grunst, dankt dem Personalservice für die ausführliche Information und Beantwortung der vielen auch spontanen Fragen. Diesem Dank schließt sich der Ausschuss an.

 

 

 
 

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