Auszug - Fundierte Prüfung der Straßenbahnführung unter der Brücke Karlshorst  

 
 
26. Sitzung in der VII. Wahlperiode des Ausschusses Öffentliche Ordnung und Verkehr
TOP: Ö 6.3
Gremium: Öffentliche Ordnung und Verkehr Beschlussart: vertagt
Datum: Di, 25.03.2014 Status: öffentlich
Zeit: 19:00 - 21:40 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Rathaus Lichtenberg, Raum 13 a (barrierefrei)
Ort: Möllendorffstraße 6, 10367 Berlin
DS/1096/VII Fundierte Prüfung der Straßenbahnführung unter der Brücke Karlshorst
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion CDUBezirksamt
   
Drucksache-Art:Antrag zur BeschlussfassungVorlage zur Kenntnisnahme (Abb.)
 
Wortprotokoll

Herr Pustola begründet den Antrag der CDU-Fraktion und weist darauf hin, dass ein Planfeststellungsverfahren notwendig sei, das gegenwärtig noch nicht eingeleitet worden wäre, weshalb es noch nicht zu spät sei, kritische Gedanken vorzustellen

Herr Pustola begründet den Antrag der CDU-Fraktion und weist darauf hin, dass ein Planfeststellungsverfahren notwendig sei, das gegenwärtig noch nicht eingeleitet worden wäre, weshalb es noch nicht zu spät sei, kritische Gedanken vorzustellen.

 

Herr Dr. Rackow, ehemaliger Verkehrsplaner, stellt im Auftrag des Bürgervereins Karlshorst beide Varianten gegenüber: die geplante sowie die vom Verein favorisierte. Letztere beruht auf einer Diplomarbeit, die Ende der 80er Jahre Jahren angefertigt worden war und heute noch bedenkenswert sei:

Danach gäbe es gegenwärtig einen schwerwiegenden Planungsunfall, der darin läge, dass die Straßenbahn jeweils wenige Meter vor der Brücke von der Mittellage in die Seitlage und anschließend wieder zurück in die Mittellage geführt wird (Y-Lösung). Anerkannte Verkehrsplaner wären der Auffassung, dass man die Verkehrswege getrennt führen solle.

 

Diese Lösung hätte folgende ungünstige Auswirkungen:

  • Problematische Abbiegungen durch Kraftfahrzeuge in die Dönhoffstraße und in die Stolzenfelsstraße.
  • Starke Gefährdungen für den Radverkehr durch Verkantungs- und damit Unfallgefahr für die Fahrräder bei den Schienen, weshalb der Radverkehr auf den Gehweg geführt werden müsste.
  • Die geplante Querschnittsaufteilung brächte mehrere unnütze Abstände.
  • Ungeklärte Befahrbarkeit während der Bauzeit für die mehrmalige Verschwenkung der Gleise.
  • Die Strangführungen der Wasserbetriebe und der Straßenbahn kollidieren miteinander im Hinblick auf Reparaturmöglichkeiten nach Fertigstellung.
  • Eine Tramhaltestelle am HOWOGE-Gebäude wäre ungünstig, da keine Rechtsabbiegemöglichkeit in die Stolzenfelsstraße bestände.

 

Der Vorschlag von Dr. Rackow wurde allen Ausschussmitgliedern in einer Mappe ausgehändigt. Im Vortrag wurden folgende Punkte genannt:

  • Belassen des Bahnkörpers in der Mittellage.
  • Da unter der Brücke keine Treppen zu den Bahnsteigen möglich seien, müssten dort in beide Richtungen Aufzüge.
  • Die Chance, die Brücke zur Westseite hin zu verbreitern sei dadurch vertan worden, dass die Widerlager nicht, wie bei Brückenbauten üblich, in die Bauflucht eingebracht wurden, wodurch ca. 4 Meter fehlten.
  • Die geplanten Anfahrschutzbauwerke an den mittigen Stützpfeilern würden bei Verbleib der Gleise in der Mittellage nicht gebraucht, wodurch 2 mal 0,50 m für den Straßenquerschnitt gewonnen würden.
  • Für die Straßenbahnen werden 2,70 m gebraucht
  • Die Radwege schließen an die Gehwege an, in den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA) sind dafür mindestens 2,14 m angegeben, deshalb solle die Spur für die PKW's etwas vermindert werden. Dann blieben für den Radweg 1,25 und für den Gehweg 2,70 m an Breite.
  • Die Aufzüge sind Direktverbindungen zwischen Straßenbahn und S-Bahn und würden die Baumaßnamen nicht verzögern.
  • Damit auch andere Fahrgäste die Straßenbahn erreichen können, sind bei den Fußgängerüberwegen entsprechende Lichtsignale anzubringen.
  • Hier müsste noch mal ein externes Gutachten gemacht werden, da die Mittellage der Straßenbahn nach Kenntnis von Dr. Rackow noch nie untersucht worden wäre. Er empfiehlt die TU Darmstadt, wo es ein leistungsfähiges Verkehrsinstitut gäbe.
  • Für die Bauabfolge hätte Herr Dr. Rackow konkrete Vorstellungen.
  • Was die Entlastung vom Kraftverkehr betrifft, so setzt die CDU auf die TVO, die ja kommen würde.

 

Diskussion:

Frau Nöthlich gefällt dieser Vorschlag besser als der geplante und fragt nach, warum der Fahrstuhl nicht in der Mitte geführt werden kann.

 

Herr Kind äußert seine Verwunderung darüber, dass mit diesem Vorschlag ein eigenständiger Radverkehr noch immer nicht möglich sei und bemängelt die aus dem Vorschlag resultierende schlechtere Qualität der Verkehrsführung unter der Brücke. Es weist darauf hin, dass es bislang keine ernsthafte Verweigerung seitens der Lichtenberger Parteien für die zu verschwenkenden Straßenbahngleise gab. Die Vorschläge von Dr. Rackow sind so umfänglich - deshalb müsste man sich damit noch mal beschäftigen.

 

Eine solche Lösung sei für Berlin neu, doch international gäbe es ähnliche Straßenbahnführungen. Käme dieser Vorschlag durch, dann müssten an die EU eventuell die 30 Mio ? an Fördermitteln zurückgezahlt werden. Die Baumaßnahmen der DB AG werden in diesem Jahr abgeschlossen.

 

Man könnte beantragen, dass das Gutachten zeitlich so vorliegen solle, dass die Baumaßnahmen nicht verschoben werden müssen. Eine Verlängerung der Baumaßnahme müsse verhindert werden.

 

Herr Wolf erinnert an die mittig gelegene Straßenbahnhaltestelle am Tierpark, die nicht die beste Lösung sei und favorisiert die direkte Zustiegsmöglichkeit vom Gehweg in die Tram. Das vorliegende Gutachten besagt, dass die Verschwenkungsvariante keine Einschränkung für den laufenden Verkehr bringt.

 

Herr Dr. Rackow verweist auf anerkannte Regeln der Verkehrsführung, wonach geradeaus fahrende Fahrzeuge zu bevorzugen seien.

 

Herr Fiedler, Gruppenleiter Gleisbau bei der BVG, informiert wie folgt:

  • Die eingesetzten Personenaufzüge sind nicht für den Transport einer größeren Anzahl von Fahrgästen gedacht.
  • Während einer Bauzeit ist die Verkehrsführung immer ein Problem, da bedingt durch die Baubereiche alle Verkehrsteilnehmer Einschränkungen hinnehmen müssen.
  • In der Invalidenstraße (z. Zt. im Bau) und in der Bernauer Straße (schon fertig) gibt es ähnliche Trassierungen von Gleisanlagen.
  • Bei Straßenbahnen gibt es infolge des längeren Bremswegs immer etwas höhere Gefahren. Kommentar: für den Betrieb der Straßenbahnen gibt es deshalb die BOStrab.
  • Die Warte-/Ein- und Ausstiegsbereiche an den Haltestellen sind bei der vorgestellten Variante des Bürgervereins sehr schmal, auch der Gehweg ist mit 2,10 m Breite sehr schmal. Ein Radweg von 1,25 m ist viel zu schmal und deshalb indiskutabel.
  • Man kann sich solche Minimaße am S- und U-Bahnhof Pankow ansehen, wo die Gleisanlagen auch mittig verlegt worden sind. Weitere Beispiele gibt es an der Greifswalder Straße (Altanlage) und in Adlershof (seit 2011 in Betrieb).
  • Fußgänger und Radfahrer sind die schutzbedürftigsten Teilnehmer am Straßenverkehr.
  • Was die Leitungen der Wasserbetriebe betrifft, so weis man heute noch nicht, welche der Lösungen auf Grund des Untergrundes am günstigsten sind. In Berlin wurden oftmals Wasserkanäle unter Gleisanlagen gebaut, das ist nichts Ungewöhnliches. Wichtig ist die Lage der Schächte, diese sollten außerhalb des Gleisbereiches liegen um Revisionen zu ermöglichen.
  • BVG hat nördlich schon eine Gleisverbindung eingebaut. Diese wird schon seit geraumer Zeit genutzt (z. B. bei den Brückenbauphasen der DB AG) und ermöglicht das sogenannte Abkehren der Züge, d. h. die Straßenbahn fährt von Norden kommend bis zur Haltestelle S-Karlshorst, wechselt über diese Gleisverbindung das Gleis und fährt wieder zurück. Die Unterbrechung des Straßenbahnbetriebes wird dadurch minimiert.

 

BzStR Dr. Prüfer bezweifelt, dass die Kapazität der Aufzüge für die bei dieser Variante zu erwartenden Fahrgäste für einen zügigen Wechsel der Verkehrsmittel ausreichen würde. Er weist darauf hin, dass es bei der Kritik an der Verschwenkungslösung eigentlich immer um den Verkehrsfluss der Kraftfahrzeuge ginge und dass dieselbe Diskussion schon vor vielen Jahren geführt worden wäre. Er hätte kein Verständnis für die Neuauflage dieser Diskussion. Zumal auch die Mittellage vor Jahren schon mal geprüft worden sei. Das seit 10 Jahren vorliegende Gutachten zur Verschwenkungslösung habe ihn überzeugt. Er möchte den ÖPNV fördern und die gegenwärtige Planung entspricht diesem Anliegen. Man müsse dem allgemeinen Straßenverkehr ein Hindernis legen.

 

Frau van der Wall äußert ihr Erstaunen darüber, dass diese Mittellagen-Variante seinerzeit, als der damalige Stadtrat die Verschwenkungslösung im Ausschuss Stadtentwicklung, Bauen und Verkehr vorgestellt hatte, weder erwähnt noch vorgestellt wurde. Auch zu einer anderen Verortung der Widerlager war nichts gesagt worden, obwohl gerade der auf dem Platz neben dem Bahnkörper geplante Gebäudekomplex mit Kulturhaus Karlshorst mehrere Male Thema dieses Ausschusses war.

 

Herr Pustola drückt sein Erstaunen darüber aus, dass die von Dr. Rackow vorgestellte Variante, die bereits vor 25 Jahren erarbeitet worden war, angeblich nicht bekannt sei.

 

Frau Feige spricht sich gegen einen Radweg als Puffer für den LKW-Verkehr aus.

 

Herr Schulz-Töpken verweist auf die Vielzahl von Gutachten zu solchen Baumaßnahmen wie dem BER etc., weshalb es möglich sein müsste, dass sich unabhängige Fachleute, z. B. die von Dr. Rackow vorgeschlagenen, die beiden Varianten noch einmal überprüfen, um die bestmögliche Lösung zu finden. Deshalb beantragt er die Vertagung der weiteren Debatte.

 

Der Antrag auf Vertagung wurde mehrheitlich beschlossen.

Abstimmung: 9/0/2

 
 

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