Drucksache - DS/1837/V  

 
 
Betreff: EA106_Schulpflicht
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Einwohner*inEinwohner*in
   
Drucksache-Art:Einwohner*innenanfrageEinwohner*innenanfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin
28.10.2020 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg (BVV) schriftlich beantwortet   

Beschlussvorschlag

Ich frage das Bezirksamt:

 

  1. Ist es möglich, die Schulpflicht für alle SuS der 65 Schulen in Friedrichshain-Kreuzberg zu lockern?
  2. Was spricht dagegen, im Zusammenhang mit Mobbing, Diskriminierung, Personalmangel und der allgemeinen Belastung durch die Quarantäne-Bestimmungen die Schulpflicht auf 50% zu zu reduzieren?
  3. Welche Gründe sprechen dagegen, dass SuS zu 50% freiwillig am Unterricht teilnehmen und selbst darüber entscheiden dürfen?

 

 

Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg

Abt. Wirtschaft, Ordnung, Schule und Sport

 

 

Ihre Anfrage beantworte ich Ihnen wie folgt:

 

  1. Ist es möglich, die Schulpflicht für alle SuS der 65 Schulen in Friedrichshain-Kreuzberg zu lockern?

 

Ab einem bestimmten Alter sind in Deutschland die Kinder, Jugendlichen und Heranwachsenden bis zu einem bestimmten Alter bzw. bis zur Vollendung einer Schullaufbahn dazu verpflichtet, eine Schule zu besuchen. Aufgrund der Kulturhoheit der Länder ist diese Verpflichtung in den einzelnen Landesverfassungen geregelt. Durch das Grundgesetz werden die Landesregierungen dazu ermächtigt. Im Art. 7 Abs. 1 GG steht geschrieben: „Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates“, woraus sich nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auch das Recht der Länder ergibt, durch Landesgesetze die Schulpflicht zu bestimmen.

 

r das Land Berlin wird die allgemeine Schulpflicht durch das Schulgesetz geregelt. Im Paragraph 42 ist nachzulesen, dass alle Kinder mit Beginn eines Schuljahres (1. August) schulpflichtig werden, welche das sechste Lebensjahr vollendet haben oder bis zum folgenden 30. September vollenden werden.

 

Zudem regelt der Artikel 13 der Verfassung von Berlin Folgendes:

 

(1)   Jedes Kind hat ein Recht auf Entwicklung und Entfaltung seiner Persönlichkeit, auf gewaltfreie Erziehung und auf den besonderen Schutz der Gemeinschaft vor Gewalt, Vernachlässigung und Ausbeutung. Die staatliche Gemeinschaft achtet, schützt und fördert die Rechte des Kindes als eigenständiger Persönlichkeit und trägt Sorge für kindgerechte Lebensbedingungen.

 

Dazu gehört auch das Recht auf Bildung, wie es auch im Artikel 28 der UN-Kinderrechtskonvention geregelt ist:

 

Artikel 28: Recht auf Bildung

 

  1. Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes auf Bildung an; um die Verwirklichung dieses Rechts auf der Grundlage der Chancengleichheit fortschreitend zu erreichen, werden sie insbesondere

 

Somit stellt sich die Frage des Aussetzens oder Lockerung der Schulpflicht in keiner Weise. Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Bildung und auch das Recht darauf, dass ihnen durch eine Schulbildung auch in Pandemiezeiten durch entsprechende Schulabschlüsse alle Möglichkeiten erhalten bleiben. Dafür, dass uns das gelingt, unternehmen wir alle Anstrengungen.

 

Bezüglich der Schulpflicht hat das Bezirksamt keine Regelungs- bzw. Entscheidungskompetenz.

 

  1. Was spricht dagegen, im Zusammenhang mit Mobbing, Diskriminierung, Personalmangel und der allgemeinen Belastung durch die Quarantäne-Bestimmungen die Schulpflicht auf 50% zu zu reduzieren?

 

  1. Welche Gründe sprechen dagegen, dass SuS zu 50% freiwillig am Unterricht teilnehmen und selbst darüber entscheiden dürfen?

 

Die Entwicklung der Corona-Pandemie hat in den letzten Monaten besondere Maßnahmen erfordert, die nichts mit einer Lockerung oder teilweisen Aufhebung der Schulpflicht zu tun hatten. Auch wenn Schülerinnen und Schüler über eine längere Zeit schulische Aufgaben zu Hause erledigen mussten, waren sie damit nicht aus der Schulpflicht entlassen. Auch der aktuell geltende so genannte Corona-Stufenplan für die Schulen sieht im Falle der Verschärfung der Situation an den betroffenen Schulen hybride Modelle aus Präsenzphasen und digitalem Unterricht bzw. der Bearbeitung schulischer Aufgaben durch die Schülerinnen und Schüler von zu Hause vor. Eine teilweise Aussetzung der Schulpflicht wird es auch zukünftig nicht geben. Auch der beste ausschließlich digitale Unterricht kann den Präsenzunterricht in der Schule nicht ersetzen, sondern bestenfalls ergänzen.

 

Bereits die Zeit seit dem Beginn der Pandemie und die Schließung der Schulen wirdr viele Schülerinnen und Schüler ein Leben lang Auswirkungen auf ihre Bildungs- und Berufschancen haben. Insbesondere Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien werden noch deutlichere Schwierigkeiten haben als bisher, allgemeinbildende und berufliche Abschlüsse zu erlangen, mit negativen lebenslangen Auswirkungen auf Einkommen, Gesundheit und allgemein auf die Möglichkeiten persönlicher Entwicklung und sozialer Teilhabe.

 

Die Schulpflicht gilt weiterhin für alle Schülerinnen und Schüler.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

Andy Hehmke

 

 

 

 
 

Legende

Ausschuss Tagesordnung Drucksache
Stadtbezirk Aktenmappe Drucksachenlebenslauf
Fraktion Niederschrift Beschlüsse
Kommunalpolitiker Auszug Realisierung
   Anwesenheit Kleine Anfragen

Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin

Postanschrift

Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin
Postfach 35 07 01
10216 Berlin