Drucksache - DS/1816/V  

 
 
Betreff: Abwahlantrag Florian Schmidt – Besser ein Ende mit Schrecken als ein weiteres Jahr Bezirksstadtrat Florian Schmidt
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:CDUstellv. Vorsteherin
Verfasser:Husein, TimurSommer-Wetter, Regine
Drucksache-Art:AntragBeschluss
   Beteiligt:FDP
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin
28.10.2020 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg (BVV) erledigt   
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Entscheidung
09.12.2020 
Öffentliche Video-/Telefonkonferenz der BVV Friedrichshain-Kreuzberg (BVV) vertagt   
27.01.2021 
Öffentliche Video-/Telefonkonferenz der BVV Friedrichshain-Kreuzberg (offen)     
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Entscheidung
24.02.2021 
Öffentliche Sitzung als Hybrid-Sitzung oder Video-/Telefonkonferenz der BVV Friedrichshain-Kreuzberg (BVV) in der BVV abgelehnt   

Beschlussvorschlag
Anlagen:
Abwahlantrag Florian Schmidt  

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

 

das verfassungsmäßige Mitglied des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin,

 

Herr Florian Schmidt,

 

vor Beendigung seiner Amtszeit gemäß § 35 Abs. 3 S. 1 BezVG abzuberufen.

 

 

Begründung:

 

Der Jahresbericht 2020 des Rechnungshofs des Landes Berlin stellt fest:

Das Bezirksamt hat bei der Ausübung des Vorkaufsrechts in sechs Fällen zwischen Mai und August 2019 die Vorgaben des Baugesetzbuchs zur Überprüfung der Leistungsfähigkeit von Dritten missachtet.[1]

Die Vorkaufsausübungen begründeten eine gesamtschuldnerische Haftung des

Bezirks von mehr als 27 Mio. €, die mit einem außerordentlich hohen Eintrittsrisiko

behaftet war.[2]

Die vom Bezirksamt im Zusammenhang mit den Vorkaufsausübungen geleisteten und voraussichtlich noch zu leistenden Zahlungen liegen bei 270.000 €.[3]

 

Das Bezirksamt hat sich in keinem einzigen Fall vor Ausübung des Vorkaufsrechts finanzierungsrelevante Erklärungen etwaiger Kredit- oder Zuschussgeber von der Genossenschaft vorlegen lassen. Auch Nachweise über Sicherheiten und zu den Vermögensverhältnissen der Genossenschaft ließ sich das Bezirksamt nicht von der Genossenschaft vorlegen, bevor er die Vorkaufsrechte ausübte.[4]

 

Das Bezirksamt hat die Vorkaufsrechte entgegen den Vorgaben des Baugesetzbuchs zur Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Dritten ausgeübt.[5]

 

Bei keiner der sechs zwischen Mitte Mai und Mitte August 2019 zugunsten der Genossenschaft erfolgten Vorkaufsausübungen lagen dem Bezirksamt aktenkundige Erkenntnisse dazu vor, ob die Genossenschaft die Kaufpreise von mehr als 27 Mio. € aufbringen konnte.[6]

 

Die Genossenschaft kalkulierte ausweislich der von ihr im Internet gemachten Angaben für den Grundstückserwerb stets u. a. mit einem öffentlichen Zuschuss in Höhe von 10 % der Beschaffungskosten aus den Mitteln des Landes für Vorkaufsfälle.[7]

 

Die erste Ausübung des Vorkaufsrechts am 17. Mai 2019 lag mehr als zweieinhalb Monate vor dem Beschluss des Hauptausschusses. In diesen Fällen konnte somit im Zeitpunkt der Ausübung der Vorkaufsrechte nicht von einer staatlichen Förderung ausgegangen werden.[8]

 

Der Zuschussbaustein war bei den ersten fünf Häusern offensichtlich unplausibel.

Dies hätte das Bezirksamt erkennen müssen und das Vorkaufsrecht unter den vorliegenden Bedingungen nicht ausüben dürfen.[9]

 

Das Bezirksamt hat sich vor den Vorkaufsausübungen intern nicht durch das Rechtsamt zu der verwaltungsverfahrensrechtlich (vgl. § 49 VwVfG) geregelten Frage der Widerrufbarkeit von Vorkaufsbescheiden und glichen finanziellen Folgen beraten lassen.[10]

 

Die Beratungsnotwendigkeit musste sich für das Bezirksamt aufdrängen, denn durch die Verzahnung von öffentlichem (Vorkaufsbescheid) und Zivilrecht (Grundstückskaufvertrag) stellen sich bei der Entscheidung über den Widerruf des Bescheides offensichtlich komplizierte Fragen.[11]

 

(...) war dem Bezirksamt bewusst, ebenso, dass es dem Verkäufer durch Vorkaufsausübung und anschließenden Widerruf sämtliche Käufer genommen haben könnte. Die Entschädigungsfrage lag hier auf der Hand.[12]

 

Insgesamt ist die vorschnelle und im Ergebnis unzutreffende Einnahme des Standpunktes, die Vorkaufsbescheide seien ohne finanzielles Risiko aufhebbar, ohne eine entsprechende vorherige Prüfung durch das Rechtsamt mit einer wirtschaftlichen und sparsamen Verwaltung unvereinbar.[13]

 

Die Beauftragte für den Haushalt wurde unter Verstoß gegen § 9 Abs. 3 LHO im

gesamten Verfahren der Vorkaufsausübung nicht beteiligt.[14]

 

Auch das Rechtsamt hätte beteiligt werden müssen, da angesichts der besonderen Umstände die Vorkaufsausübung eine Angelegenheit von erheblicher und grundsätzlicher rechtlicher Bedeutung im Sinne von § 5 Abs. 7 GGO I darstellt.[15]

 

Die vom Bezirksamt vorgetragenen Argumente zur Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Dritten überzeugen nicht.[16]

 

(...) muss sich das Bezirksamt davon überzeugen, dass vernünftige Anhaltspunkte für die Fähigkeit des Dritten zur zweckentsprechenden Bebauung oder sonstigen Nutzung bestehen; dies gilt insbesondere für die Fähigkeit, die Projektkosten zu tragen. Solche Anhaltspunkte waren aber nicht aktenkundig.[17]

 

Das Bezirksamt ist ohne Inanspruchnahme juristischer Beratung, insbesondere des Rechtsamts, vorschnell und im Ergebnis unzutreffend davon ausgegangen, die Vorkaufsbescheide ließen sich ohne finanzielles Risiko widerrufen.[18]

 

Soweit das Bezirksamt ausführt, die gesamtschuldnerische Kaufpreishaftung von

27,05 Mio. € zuzüglich Nebenkosten stelle kein finanzielles Risiko dar, (...) ist diese Einschätzung zurückzuweisen.[19]

 

BVV 24.02.2021

Ergebnis der Auszählung der schriftlichen Abstimmung am 18.03.2021.

(J 16, N 30, E 1)

 

Die Bezirksverordnetenversammlung beschließt:

 

Der Antrag wird abgelehnt.

 


[1] Jahresbericht 2020 Rechnungshof von Berlin, Seite 176.

[2] a.a.O., Seite 176.

[3] a.a.O., Seite 176.

[4] a.a.O., Seite 177 f.

[5] a.a.O., Seite 178.

[6] a.a.O., Seite 178.

[7] a.a.O., Seite 179

[8] a.a.O., Seite 179.

[9] a.a.O., Seite 179.

[10] a.a.O., Seite 180.

[11] a.a.O., Seite 180.

[12] a.a.O., Seite 181.

[13] a.a.O., Seite 181.

[14] a.a.O., Seite 182.

[15] a.a.O., Seite 182.

[16] a.a.O., Seite 183.

[17] a.a.O., Seite 183.

[18] a.a.O., Seite 184.

[19] a.a.O., Seite 184.

 
 

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