Drucksache - DS/1773/IV  

 
 
Betreff: Bizim Bakkal - Trauriger Einzelfall oder vermeidbare Fehlentwicklung im Wrangelkiez?
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:SPDSPD
Verfasser:Dahl, JohnDahl, John
Drucksache-Art:Mündliche AnfrageMündliche Anfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Vorberatung
24.06.2015 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg schriftlich beantwortet     

Beschlussvorschlag

Ich frage das Bezirksamt:

 

  1. Wie bewertet das Bezirksamt die Gewerbeentwicklung im Wrangelkiez insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Verdrängung von Gewerbe für die Nahversorgung der Bevölkerung durch Gaststättenbetriebe?
     
  2. Welche Maßnahmen stehen dem Bezirk zur Verfügung um einer Fehlentwicklung entgegenzuwirken?
     
  3. Warum wurde der Fehlentwicklung nicht längst durch Erlass eines Bebauungsplans, einer Anpassung der Erhaltungssatzung oder durch Anwendung des § 15 BauNVO wie im Gräfekiez entgegengewirkt?

 

 

Abt. Planen, Bauen und Umwelt                                                        Berlin, den 24.06.15

Bezirksstadtrat                                                                                                 

 

 

Ihre Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

1. Wie bewertet das Bezirksamt die Gewerbeentwicklung im Wrangelkiez insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Verdrängung von Gewerbe für die Nahversorgung der Bevölkerung durch Gaststättenbetriebe?

 

Mit Sorge beobachtet die Wirtschaftsförderung des Bezirksamtes schon länger die Umstrukturierung des Einzelhandels von der wohnortnahen Grundversorgung in Richtung touristischer Angebote - auch in Wohnquartieren - und hat deshalb bereits seit Herbst 2011 mit dem Projekt lokal.leben - Netzwerk für Standortlösungen erste Handlungsansätze entwickelt um diesen Tendenzen entgegen zu steuern. Auch wenn die Gesetzeslage (Gewerbefreiheit) keine besonders großen Handlungsspielräume  bietet um hier steuernd einzugreifen, so konnte doch auf Grundlage von durch das Projekt unterstützen Gewerbekartierungen, sowohl im Graefe- als auch im Wrangelkiez in den jeweiligen Wohngebieten die Voraussetzung dafür geschaffen werden , dass das Amt für Stadtentwicklung in der Zukunft weitere gastronomische Nutzungen mittels der Anwendung des § 15 Bau NVO untersagen könnte. Eine ausreichende Finanzierung bereits erprobter Projekte wie z.Bsp. lokal.leben oder Projekte zum stadtverträglichen Tourismus, könnte den Erhalt der gemischten Gewerbestruktur auch im Wrangelkiez unterstützen.  

 

2. Welche Maßnahmen stehen dem Bezirk zur Verfügung um einer Fehlentwicklung entgegenzuwirken?

 

Aus der Sicht des Bauplanungsrechtes (Baugesetzbuch) ist eine Eingriffsmöglichkeit in die Gestaltung von Mietrecht im Gewerbebereich nicht möglich. Es gilt hier die Gesetzesmöglichkeit des Marktes (Bürgerliches Gesetzbuch).

Eingriffsmöglichkeiten im Hinblick auf eine Verhinderung von bestimmten Gewerbebetrieben sind nicht möglich, solange sie in den ausgewiesenen Gebieten, hier entlang der Wrangelstraße von der Skalitzer Straße bis zur Taborstraße "allgemeines Wohngebiet", zulässig sind. An wenigen Stellen kann das Stadtentwicklungsamt prüfen, ob weiterhin gastronomische Betriebe zulässig sind, wenn dazu Anträge gestellt werden.

Im Falle der Wrangelstraße 77 sind bisher keine Anträge gestellt worden.

 

3. Warum wurde der Fehlentwicklung nicht längst durch Erlass eines Bebauungsplans, einer Anpassung der Erhaltungssatzung oder durch Anwendung des § 15 BauNVO wie im Gräfekiez entgegengewirkt?

 

Wie in Frage 2. schon dargelegt, können nicht pauschal durch das Bauplanungsrecht "Fehlentwicklungen" verhindert werden. Es ist im Falle der Wrangelstraße hinsichtlich des im Baunutzungsplan ausgewiesenen allgemeinen Wohngebietes und hinsichtlich § 7 Abs. 5 BauO Berlin 1958 (analog zum § 15 der BauNVO - diese gilt hier nicht) zu prüfen, ob Nutzungen, nicht nur Gaststätten, gebietstypisch zugelassen werden können. Im Nachbargebäude des oben genannten Grundstücke, Wrangelstraße 78, wurde im Mai 2015 eine Spielhalle als gebietsunverträglich abgelehnt (Diese Ablehnung der Nutzung ist auch durch Verwaltungsgerichtsurteile gedeckt).

Einen weiteren Ausschluss von Gewerbe durch Herabzonierung als "Reines Wohngebiet" durch einen Bebauungsplan kann hier jedoch nicht im Interesse des Bezirkes sein. Hiermit würden eine Reihe weiterer gewerblicher Nutzungen ausgeschlossen, weil nicht zulässig. Die Kreuzberger Mischung wäre dahin! Milieuschutz taugt nicht zur Gewerbesteuerung!

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Hans Panhoff

Bezirksstadtrat

 
 

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