Drucksache - DS/1669/IV  

 
 
Betreff: Jobcenter - und ihre Mitverantwortung an Zwangsräumungen
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:B'90 Die GrünenB'90 Die Grünen
Verfasser:Schmidt-Stanojevic, JuttaSchmidt-Stanojevic, Jutta
Drucksache-Art:Mündliche AnfrageMündliche Anfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Vorberatung
29.04.2015 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg schriftlich beantwortet     

Beschlussvorschlag

Ich frage das Bezirksamt:

 

  1. In welchen Fällen übernimmt das Jobcenter Mietrückstände von Hartz 4 Bezieher*innen?

 

  1. Was hält das Bezirksamt von der Aussage, dass Mietrückstände auf Grund von zu später, falscher Zahlungen oder zu später Bewilligung durch die Jobcenter auflaufen?
     
  2. In welcher Weise wird sich das Bezirksamt  dafür einsetzen, dass die Teuerungsrate und höhere Mieten zunftig bei der Mietzahlung durch die Jobcenter berücksichtigt werden?

 

Nachfragen:
 

  1. Inwieweit besteht die Möglichkeit, dass Mieterhöhungen zukünftig von den Jobcentern übernommen werden?
     
  2. Wie bewertet das Bezirksamt die Tatsache, dass immer mehr Alleinerziehende und Kinder von Zwangsräumungen und Obdachlosigkeit bedroht sind?

 

 

 

Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin              .05.2015

Abt. Soziale, Beschäftigung und Bürgerdienste              -2644

SozBeschBüDDez

 

 

 

Ihre Mündliche Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

1. In welchen Fällen übernimmt das Jobcenter Mietrückstände von Hartz 4 Bezieher*innen?

 

Die Übernahme von Mietschulden dient der Sicherung der Wohnung (Mietschulden) oder der Behebung einer vergleichbaren Notlage (z.B. drohende Sperrung der Energie-, Wasser- oder Heizungszufuhr), unter der Voraussetzung, dass damit Wohnraum erhalten werden kann. Es handelt es sich immer um eine Ermessensentscheidung, die den besonderen Umständen des Einzelfalls Rechnung zu tragen hat.

 

Es gibt eine Vereinbarung zwischen dem Land Berlin und der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg nach § 44b Abs. 2 SGB II vom 17.12.2010 (Anlage 3) und dort ist verbindlich und berlineinheitlich geregelt, dass eine enge Abstimmung für den Bereich der Wohnungsnotfallhilfe (Mietschulden, Räumungsklagen, Wohnraumversorgung für Wohnungslose, Prävention) sowie für die Leistungserbringung für Wohnungslose mit dem zuständigen Bezirksamt erfolgen soll und Anträge auf Mietschuldenübernahme nur mit Zustimmung des zuständigen Bezirksamtes abgelehnt werden rfen.

 

Dies wird untermauert durch die Kooperationsvereinbarung, welche ein individuelles Verfahren mit dem BA F/K regelt. In der Kooperationsvereinbarung zwischen Bezirk und Jobcenter ist festgelegt, dass die Einschaltung der Sozialen Wohnhilfe bei Anträgen auf Mietschuldenübernahme gemäß SGB 11durch das Jobcenter grundsätzlich erforderlich ist und die Empfehlungen des Sozialdienstes verbindlichen Charakter haben. Im Falle einer geplanten Ablehnung von Mietschuldenübernahme durch das Jobcenter trifft die Soziale Wohnhilfe nach Prüfung und Begutachtung der Begründung die Entscheidung.

 

Entscheidendes Kriterium ist in diesem Zusammenhang, ob zukünftig der Wohnraum gesichert ist (werden kann) und damit eine nachhaltige Perspektive des Wohnungserhaltes besteht.

 

Dies wiederum ist u. a. von folgenden Faktoren abhängig:

 

-          Angemessenheit der Miete, ggf.glichkeit des Wohnungstausches

-          Ist die Personenzahl der Bedarfsgemeinschaft konstant?

-          Besteht die glichkeit der Untervermietung um Mietkosten zu senken?

-          fristlose und/oder fristgerechte Kündigung

-          Einverständnis des Vermieters zur Fortsetzung des Mietverhältnisses

-          Mitwirkung des Hilfesuchenden

-          Arbeitsaufnahme konkret in Aussicht

-          usw.

 

Sollten viele der o. g. Sachverhalte mit "nein" beantwortet werden, kann eine Mietschuldenübernahme in der Regel nicht erfolgen. Aber jeder Einzelfall ist anders und muss deswegen auch besonders betrachtet werden.

 

2014 wurden 224 Anträge auf die Übernahme von Miet- und Energieschulden (Gesamtsumme: 277.232,01 ?) gestellt. 37 Anträge wurden abgelehnt und 185 Anträge bewilligt (Gesamtsumme darlehensweise: 210.829,68 ? und 4.446,75 ? in Form von Beihilfen).

 

2. Was hält das Bezirksamt von der Aussage, dass Mietrückstände auf Grund von zu später, falscher Zahlungen oder zu später Bewilligung durch die Jobcenter auflaufen?

 

Leider gibt es trotz der Kooperationsvereinbarung tatsächlich solche Einzelfälle, welche mit dem Jobcenter erörtert und ausgewertet werden und das ist immer wieder ausgesprochen ärgerlich.

 

Ursachen sind nach Einschätzung der Sozialen Wohnhilfe u. a.:

 

-          Unkenntnis der Dringlichkeit der Mietschuldenbearbeitung und der damit verbundenen existentiellen Notlage

-          Verzögerung von Bearbeitung der Alg II-Anträge, z. B. aufgrund unzureichender Mitwirkung der Antragsteller (leider bleibt dabei auch die Bearbeitung der Mietschulden-Problematik auf der Strecke)

-          Verschiedene Zuständigkeiten im Jobcenter

-          Keine ausreichende Kenntnis über die Kooperationsvereinbarung Soz/JC bzw. des Prozedere

 

Es ist geplant, gemeinsam mit dem Jobcenter zu den Vereinbarungen der Kooperationsvereinbarung einen "Tag der kommunalen Leistungen"r die Arbeitsvermittler/innen des Jobcenters durchzuführen. Die kommunalen bzw. kommunal verantworteten Fach- und Beratungsstellen werden ihr Leistungsspektrum vorstellen, Fragen beantworten, auf Reibungsverluste an den Schnittstellen und Konsequenzen für die Betroffenen im Einzelfall hinweisen, wenn die Fachdienste nicht oder zu spät hinzugezogen werden.

3. In welcher Weise wird sich das Bezirksamt dafür einsetzen, dass die Teuerungsrate und höhere Mieten zukünftig bei der Mietzahlung durch die Jobcenter berücksichtigt werden?

 

Das Bezirksamt kann sich nur im Rahmen der vom Land Berlin vorgegebenen Möglichkeiten einsetzen. Nachdem die WAV im Normenkontrollverfahren für unwirksam erklärt wurde, beabsichtigt das Land noch in der 1. Jahreshälfte eine neue AV-Wohnen in Kraft zu setzen. Aktuell befasst sich noch der Rat der Bürgermeister mit dem Entwurf. Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hat den in den RdB gereichten Entwurf der AV-Wohnen kritisiert, u. a. weil wir davon ausgehen, dass die Mietgrenzen nicht ausreichen und dass selbst der 10%ige Spielraum für Sozialwohnungen nicht ausreichen wird. Zu unserem Bedauern hat der RdB-Fachausschuss mehrheitlich dem Entwurf zugestimmt und wird eine entsprechende Empfehlung an den RdB zur nächsten Sitzung am 21.05. geben.

 

 

Nachfragen:

1 .Inwieweit besteht die Möglichkeit, dass Mieterhöhungen zukünftig von den Jobcentern übernommen werden?

 

Siehe Antwort zu Frage 3.

2. Wie bewertet das Bezirksamt die Tatsache, dass immer mehr Alleinerziehende und Kinder von Zwangsräumungen und Obdachlosigkeit bedroht sind?

 

Leider stimmt auch dies. Die Verschlechterung der Bedingungen auf dem Wohnungsmarkt und dass Vermieter immer weniger bereit sind, das Mietverhältnis  - auch bei Zusicherung der Mietschuldenübernahme - fortzusetzen, erfordert jetzt und auch künftig eine noch bessere Aufstellung der Fachstellen. Darüber hinaus ist es dringend erforderlich, dass die städtischen Wohnungsunternehmen noch mehr für ihre Verantwortung sensibilisiert werden und eine Rolle als echte Partner einnehmen.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Knut Mildner- Spindler

 

 
 

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