Ich frage das Bezirksamt:
- Ist die Verwendung von öffentlichen Mitteln in Höhe von 74.856,37 ? zum Ausgleich des Defizits des Jahresabschlusses 2003 der Gemeinde eine Zweckentfremdung, wenn diese öffentlichen Mittel an die Gemeinde zweckgebunden für das Obdachlosenprojekt in der Nostitzstraße vergeben wurden und auch der kircheninterne Rechnungshof in seinem Bericht vom 28.02.2006 die Rückzahlung dieser 74.856,37 ? für die Obdachlosenarbeit einforderte?
- In welcher Form und mit welchen Mitteln ist das Bezirksamt bereit, die Mitarbeiter*innen des Obdachlosenprojekts, die immer für eine transparente und zweckentsprechende Verwendung der öffentlichen Mittel eingetreten sind, darin zu unterstützen, dass der Träger, auf den dieses Projekt übergehen soll, nicht gegen ihren Willen, sondern im Einvernehmen mit ihnen ausgewählt wird?
- Wie will das Bezirksamt seine Erwartung gegenüber der Gemeinde durchsetzen, dass die Konflikte "nicht dazu führen sollten, dass es zu arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen in der Einrichtung kommt" (Antwort auf die mündliche Anfrage von DIE LINKE, Reza Amiri am 29.01.2014 Drucksache DS/1049/IV), nachdem gegen den Wohnheimleiter drei Abmahnungen an einem Tage ausgesprochen und dem stellvertretenden Wohnleiter gekündigt wurde?
Nachfragen:
- Ist die Gemeinde verpflichtet offen zu legen, in welchem Umfang sie seit Gründung des Projektes zweckgebundene Mittel aus dem Obdachlosenprojekt abgezogen hat?
- In welcher Höhe wurden aus Einnahmen der Obdachlosenarbeit Rücklagen gebildet?
- Was geschieht mit diesen Mitteln bei einem Trägerwechsel?
- Konnte die unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft die erhobenen Vorwürfe der Zweckentfremdung von Mitteln unter Einbeziehung des gesamten Projektzeitraums klären?
Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin 27.03.2014
Soziales, Beschäftigung und Bürgerdienste -2601
SozBeschBüD Dez
Anbei übersende ich die schriftliche Beantwortung der mündlichen Anfrage.
1. Ist die Verwendung von öffentlichen Mitteln in Höhe von 74.856,37 ? zum Ausgleich des
Defizits des Jahresabschlusses 2003 der Gemeinde eine Zweckentfremdung, wenn diese
öffentlichen Mittel an die Gemeinde zweckgebunden für das Obdachlosenprojekt in der
Nostitzstraße vergeben wurden und auch der kircheninterne Rechnungshof in seinem
Bericht vom 28.02.2006 die Rückzahlung dieser 74.856,37 ? für die Obdachlosenarbeit
einforderte?
Bei dem Wohnheim in der Nostizstraße handelt es sich um eine vertragslose Einrichtung der Ev. Gemeinde Heilig-Kreuz-Passion, in der auf Grundlage des Allg. Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG) in den Räumen der Kirchengemeinde ältere und alte obdachlose Menschen- - oft pflegebedürftig - mit Alkoholerkrankung und anderen multiplen Problemlagen untergebracht werden. Für die Unterbringung wird im Rahmen der Kosten der Unterkunft der Leistungsberechtigten (KdU) ein Tagessatz gezahlt. Die Tagessätze sind so kalkuliert, dass sie möglichst ein kostendeckendes Entgelt sicher stellen. Das Wohnheim Nostitzstraße als Projekt der Kirchengemeinde erbringt also die Dienstleistung "Unterbringung". Die Kostenübernahme hierfür ist im Falle von Personen, die beim Sozialamt Leistungen des SGB XII empfangen auf Heilig- Kreuz- Passion Wohnprojekt Nostitzstraße ausgestellt. Das Wohnheim ist kein Empfänger von Zuwendungen des Bezirksamtes. Auch die Kirchengemeinde Heilig Kreuz Passion erhält vom Bezirksamt keine Zuwendungsmittel für die Unterbringung von obdachlosen Menschen in dem Wohnheim.
Bei den in der Frage als "öffentliche Mittel in Höhe von 74.856,37 Euro" bezeichneten Geldern handelt es sich offenbar, um Überschüsse, die aus der tagessatzfinanzierten Unterbringung von Obdachlosen im Wohnheim Nostitzstraße stammen.
2. In welcher Form und mit welchen Mitteln ist das Bezirksamt bereit, die Mitarbeiter*innen
des Obdachlosenprojekts, die immer für eine transparente und zweckentsprechende
Verwendung der öffentlichen Mittel eingetreten sind, darin zu unterstützen, dass der
Träger, auf den dieses Projekt übergehen soll, nicht gegen ihren Willen, sondern im
Einvernehmen mit ihnen ausgewählt wird?
Die Frage bezieht sich wahrscheinlich auf einen taz Artikel, dem Bezirksamt ist derzeit nicht bekannt, dass das Obdachlosenprojekt in der Nostitzstraße von der Gemeinde Heilig-Kreuz-Passion auf einen anderen Betreiber übergehen soll.
Wie bereits in einer früheren Antwort zur Problematik ausgeführt wird seit Beginn des Jahres die Buchhaltung für das Projekt auftragsweise durch das Diakonische Werk Berlin-Stadtmitte ausgeführt.
In einem Gespräch mit der Gemeinde und dem Diakonischen Werk hat das Bezirksamt bereits Ende vergangenen Jahres die gute Zusammenarbeit mit dem Projekt seit dessen Gründung gewürdigt und herausgestellt, dass das nicht unerheblich vom Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Einrichtung geprägt war und dass sicher auch der Erfolg einer in Aussicht gestellten Weiterentwicklung des Projekts von der Einbeziehung und Mitnahme der Kolleginnen und Kollegen abhängig sein wird.
Insofern wäre die Kontinuität der Arbeit bei einem derzeit aber nicht bekannten Betriebsübergang sicher nicht nur von der formellen individuellen Zustimmung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu einem Betriebsübergang abhängig sondern auch davon wie beteiligend ein solcher Übergang als Prozess gestaltet wird.
3. Wie will das Bezirksamt seine Erwartung gegenüber der Gemeinde durchsetzen, dass die
Konflikte "nicht dazu führen sollten, dass es zu arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen in
der Einrichtung kommt" (Antwort auf die mündliche Anfrage von DIE LINKE, Reza Amiri am
29.01.2014 Drucksache DS/1049/IV), nachdem gegen den Wohnheimleiter drei
Abmahnungen an einem Tage ausgesprochen und dem stellvertretenden Wohnleiter
gekündigt wurde?
Wie hier richtig aus einer früheren Anfrage zitiert hat das Bezirksamt gegenüber der Gemeinde diese Erwartung in Würdigung der bisherigen positiven Erfahrungen mit allen beteiligten Akteuren geäußert. Ein Weisungs- und Durchsetzungsrecht in arbeitsrechtlichen Entscheidungen und Auseinandersetzungen bei Dritten hat das Bezirksamt allerdings nicht. Unabhängig davon wäre es nach Ansicht des Bezirksamts kein gutes Aushängeschild für ein Projekt und einen Träger, die sich der Fürsorge für die Schwächsten der Gesellschaft einsetzen, wenn in dem Haus ein solches Arbeitsklima herrschte.
Nachfragen:
1. Ist die Gemeinde verpflichtet offen zu legen, in welchem Umfang sie seit Gründung des
Projektes zweckgebundene Mittel aus dem Obdachlosenprojekt abgezogen hat?
Dem Bezirksamt gegenüber nicht, da vom Kostenträger ein Tagessatz akzeptiert wurde und weitere Verpflichtungen für die Gemeinde damit nicht verbunden sind. Die Leistungserbringung wird im Nachhinein per Rechnung an den Empfänger Kirchliches Verwaltungsamt Berlin- Stadtmitte gezahlt.
2. In welcher Höhe wurden aus Einnahmen der Obdachlosenarbeit Rücklagen gebildet?
Dazu können vom Bezirksamt keine validen Angaben gemacht werden.
3. Was geschieht mit diesen Mitteln bei einem Trägerwechsel?
Bei einem Trägerwechsel müsste die Kirchengemeinde als derzeitiger Träger des Wohnheims die Übergabekonditionen mit dem neuen Träger aushandeln.
4. Konnte die unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft die erhobenen Vorwürfe der
Zweckentfremdung von Mitteln unter Einbeziehung des gesamten Projektzeitraums klären?
Dazu liegen dem Bezirksamt keine aktuellen Erkenntnisse vor.
Mit freundlichen Grüßen
Knut Mildner- Spindler