Ich frage das Bezirksamt:
- In wie vielen Fällen hat das JobCenter Friedrichshain-Kreuzberg in den Jahren 2012 und 2013 Rückforderungen aufgrund von sittenwidrigen Löhnen erfolgreich geltend gemacht? (Siehe § 115 SGB X)
- Kontrolliert das JobCenter Friedrichshain-Kreuzberg regelmäßig, ob Ansprüche gegen Firmen bestehen, die sittenwidrige Löhne zahlen?
- Wenn ja, gibt es für diese Anspruchsprüfungen gesondertes Personal?
Nachfrage:
- Fordert das JobCenter bei Feststellungen von sittenwidrigen Löhnen die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber dazu auf, ihre Löhne anzuheben?
Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin 23.10.2013
Soziales, Beschäftigung und Bürgerdienste
SozBeschBüD Dez
1. In wie vielen Fällen hat das JobCenter Friedrichshain-Kreuzberg in den Jahren 2012 und 2013 Rückforderungen aufgrund von sittenwidrigen Löhnen erfolgreich geltend gemacht? (Siehe § 115 SGB X)
Das Jobcenter Berlin Friedrichshain Kreuzberg hat in den Jahren 2012/2013 keine Rückforderungen erfolgreich geltend gemacht. Entsprechende vereinzelte Verdachtsfälle sind geprüft worden, aber bei näherer Prüfung hat sich der jeweilige Anfangsverdacht nicht bestätigt.
2. Kontrolliert das Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg regelmäßig, ob Ansprüche gegen Firmen bestehen, die sittenwidrige Löhne zahlen?
Bei jeder Antragstellung auf Leistungen zur Grundsicherung mit Erwerbseinkommen sowie im Rahmen von Beratungsgesprächen wird durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jobcenters geprüft, ob ein Verdacht auf sittenwidrige Entlohnung vorliegt.
Im Gemeinsamen Rahmenarbeitsmarktprogramm, das von der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg und dem Land Berlin am 30.07.13 unterzeichnet wurde, wird die Notwendigkeit, gegen sittenwidrige Löhne vorzugehen, im Rahmen von "Beschäftigung sichern und fördern" thematisiert. Inzwischen wurde ein Workshop mit Vertretern aus allen JC in Berlin/ Brandenburg durchgeführt, in dessen Rahmen unter Leitung der RD BB ein Erfahrungsaustausch jobcenterübergreifend unter Beteiligung eines Arbeitsrichters stattfand. Hier wurden die bisherigen Strategien der einzelnen Häuser, die vorhandenen Arbeitsmittel/ Arbeitshilfen ausgetauscht.
Bei der Identifizierung von Fällen einer sittenwidrigen Lohnzahlung kommt der korrekten tariflichen Zuordnung der ausgeübten Tätigkeit eine Schlüsselfunktion bei. Nur auf dieser Grundlage kann eine gerichtsfeste Geltendmachung der übergegangenen Arbeitsentgeltansprüche sichergestellt werden. Zur Unterstützung der Jobcenter wurde von der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen (SenAIF) und dem gemeinsamen Tarifregister Berlin-Brandenburg unter Beteiligung der RD Berlin-Brandenburg ein Vordruck zur Abfrage von Informationen aus dem gemeinsamen Tarifregister Berlin-Brandenburg entwickelt.
Mit dem Vordruck gelangen die Mitarbeiter/innen der JC innerhalb von 2-3 Arbeitstagen an die korrekten Informationen zur Eingruppierung einer bestimmten Tätigkeit in das Tarifgefüge und den damit zustehenden Arbeitsentgeltanspruch. Die verfügbaren Informationen beschränken sich auf die Bundesländer Berlin und Brandenburg. Abhängig von dem jeweiligen Tarifvertrag ist aber auch in Ausnahmefällen eine darüber hinausgehende Information zu anderen Bundesländern möglich.
Ab Oktober findet in allen JC BB eine einheitliche Erfassung der Verdachtsfälle und der Ergebnisse der Verfahren statt.
3. Wenn ja, gibt es für diese Anspruchsprüfungen gesondertes Personal?
Für die Anspruchsprüfungen gibt es noch kein gesondertes Personal. Für die Durchsetzung der Ansprüche wird aufgrund der in anderen Häusern erfolgreich nachgewiesenen Fälle nunmehr ein Mitarbeiter zusätzlich eingestellt, der sich auf dieses Thema spezialisieren soll, da es sich um einen Bereich handelt, der nur durch erhöhte Prüf- und Ermittlungsarbeit aufgeklärt werden kann.
Nachfrage:
1. Fordert das JobCenter bei Feststellungen von sittenwidrigen Löhnen die
Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber dazu auf, ihre Löhne anzuheben?
Bevor rechtliche Schritte (Mahnverfahren/Klage) eingeleitet werden, zeigt das Jobcenter in Fällen von Verdacht auf sittenwidriger Entlohnung dem Arbeitgeber gegenüber einen Anspruchsübergang an (§ 33 SGB II i. V. m. § 115 SGB X) und fordert diesen zur Zahlung auf. Erfolgt zum gesetzten Temin keine Einzahlung leitet das Jobcenter den Vorgang zur Klageerhebung vor dem Arbeitsgericht weiter. Im Restlohnklageverfahren liegen hohe Beweisanforderungen an die Jobcenter vor: Anwendbarkeit des Tarifvertrag, präziser Nachweis der Ortsüblichkeit, Dokumentation von Art der Tätigkeit, Stundenzahl, Integration in den Betrieb, "freiwillige" Mehrarbeit etc.
Mit freundlichen Grüßen
Knut Mildner- Spindler