Drucksache - DS/1953/III
Ich frage das
Bezirksamt: 1.
Vor
einigen Wochen berichteten im Ausschuss für Stadtplanung BewohnerInnen des
Häuserblocks am Carl-Herz-Ufer von exorbitanten Mieterhöhungen durch den
Vermieter im Zuge von Sanierungen. Was hat das Bezirksamt in der Folge
unternommen, um die BewohnerInnen vor einer Verdrängung zu schützen? 2.
Das Bezirksamt
plant, für das Gebiet Carl-Herz-Ufer, Wilmsstraße und Baerwaldstraße 3.
Der
Bezirksbürgermeister Franz Schulz hatte sich bereits Ende 2008 mit einem
offenen Brief an den Senat gewendet, um Verdrängung und Segregation durch stark
steigende Mieten zu verhindern – ohne Reaktion. Welche Maßnahmen müssen aus
Sicht des Bezirksamtes durch den Senat ergriffen werden, um sozialer
Verdrängung effektiv zu begegnen? Beantwortung
durch BzBm Herr Dr. Schulz Frage1 Ich
glaube, dass es da ein sehr schnelles Handeln des Bezirksamtes gegeben hat. Ich
will das an einer kleinen Chronologie deutlich machen:
Ich
glaube, dass sie da doch in der hier kurz zusammengefassten Chronologie sehen,
dass dieses Thema sehr energisch angegangen worden ist. Ich denke, das ist auch
im Interesse der Mieterinnen und Mieter notwendig und ich kann nur hoffen, und
ich glaube, dass ist Interesse auch aller hier vertretenen Fraktionen, dass wir
für die Mieterinnen und Mieter sozialverträgliche Eltern geben müsse (dann)
verhandeln können. Frage2 Die
Auswirkung der Umstrukturierungssatzung die wir noch verhandeln müssen, ist
nicht nur, dass ein Sozialplanverfahren nach § 180 BauBG eingeleitet werden
wird. Die Mieterberatungsgesellschaft ist dazu ja auch schon gebunden worden,
durch das Bezirksamt. Sondern wir erwarten, dass insbesondere für die
Mietergruppen die Leistungen nach dem SGB II und XII beziehen, dort Mieten nach
Sanierung verabredet werden können, die ein verbleibenden auch mit Blick auf
die AV-Wohnen ermöglicht. Und zum anderen haben wir noch eine weitere Gruppe
von Mietern mit geringen Einkommen. Das sind diejenigen, die vom Grundsatz her
Wohngeld beziehen können. Und auch da werden wir als Richtwert orientieren,
dass die Mieten für diesen Mieterkreis nicht mehr als 30 % des Nettoeinkommens
übersteigen darf. Man muss dabei natürlich aufpassen, dass die so ausgehandelte
Miethöhe nach Sanierung nicht unter der Miete liegt die es vor Sanierung
gegeben hat. Aber ich glaube, dass es auch noch mal wichtig für diese Gruppe
von Mietern, ein Verbleiben in diesen Gebäuden zu sichern. Das ist im Grunde
auch die zentrale Auslegung, die ihr hoffen verhandeln zu können, dass es nicht
zu einem Austausch in diesen Gebäuden kommt (aufgrund der Durchführung der
baulichen Sanierung). Sondern dass es gelingt, das keinen Mieter nach Sanierung
dieses Gebäude unfreiwillig verlassen muss. Frage
3 Ich
glaube, dass auf der einen Seite die Mieterhöhungsmöglichkeiten des BGB
geändert werden müssten. Ich glaube, dass wir die soziale Ausrichtung des
städtischen Wohnungsbaubestandes brauchen wir haben dort ja in der
Zwischenzeit, gerade im sozialen Wohnungsbau, Mietern die über dem
freifinanzierten Wohnungsbau liegen. Wir brauchen die
Zweckentfremdungsverbots-Verordnung. Das ist gar keine Frage, das ist ein
wichtiges Instrument dass wir in Berlin wieder benötigen. Und ich glaube, noch
mal ein wichtiger Punkt ist, weil er auch Motor ist der Umwandlung und
Verdrängung in der Stadt, das ist die Umwandlung in Eigentumswohnungen;
zumindest für einen längeren Zeitraum erschwert oder auch ausgeschlossen werden
kann. Das sind in Kürze so die groben Eckpunkte, von denen ich glaube, dass
Berlin dort wirkliche Ergebnisse erzielen werden muss. Wird das nicht
passieren, werden wir relativ dramatische Veränderungsprozesse in der
Zusammensetzung der Bevölkerung in der Innenstadtlage erleben. BV Kapek Wir
starten für dieses Gebiet, für diesen Häuserblock, im Baerwaldkiez die
Umstrukturierungssatzung als eine Art Pilotprojekt. Ist dieses denn denkbar
auch übertragbar auch auf andere Gebiete in Friedrichshain-Kreuzberg? BzBm Herr Dr. Schulz ich
glaube dass dieses Instrument durchaus verallgemeinerungfähig ist. Dennoch
sagen auch die Juristin, die sich damit beschäftigen, dass man sich jeden
Einzelfall anschauen muss, ob die dafür notwendigen Voraussetzungen erfüllt
sind. Ich hatte ja nicht umsonst etwas längere Ausführungen gemacht zu den
Mietern mit geringem Einkommen; das steht dann schon im Fokus der Überlegungen
für so eine Umstrukturierungssatzung. Denn die stellt sicher zum Ziel, die
Durchführung der geplanten Maßnahmen nicht zu verhindern, sondern sie
sozialverträglich umzusetzen. Damit sieht man natürlich auch ein Stück weit wo
ihre Grenzen liegen. Aber natürlich auch ihre Stärke, dass sie die
Sozialverträglichkeit von einer Baumaßnahme gegenüber von Verdrängung bedrohten
Mietern sichern kann. In diesem Sinne ist sie auch generalisierungsfähig. Mit
einer Ausnahme sicherlich, dass kann man von vornherein sagen, sie ist nicht
auf Einzelhäuser anwendbar, sondern es muss ein Ensemble sein; kann eine
Größenordnung bis zu einer Siedlung erreichen, aber keine Einzelhäuser. BV Kapek Gerade in
dem betroffenen Pilotvorhaben, das wir starten, sind ja eher weniger
Mieter_innen, die gering verdienenden sind, betroffen. Welchen Schutz bietet es
denn so genannten Normalverdienern (die Umstrukturierungssatzung)? BzBm Herr Dr. Schulz Ich würde
jetzt erstmal nicht sagen, dass wir dort einen überdurchschnittlich geringen
Anteil von einkommensschwachen Haushalten dort haben. Unsere bisherigen
Recherchen lassen da durchaus einen erheblichen Anteil erkennen. Aber sie
sprechen natürlich noch mal eine andere Frage an, die ich im Grunde ein
bisschen anders formulieren würde. Wir haben dort eigentlich einen Zielkonflikt
der auch anders gelagert ist als Pankow, mit seinen drei
Aufstellungsbeschlüssen für Umstrukturierungssatzungen. In Pankow ging es
eigentlich ausschließlich darum, einen Substandart in den Wohnungen auf den
zeitgemäßen Wohnungsstandard zu heben. Das XXXXXthema spielt ja dort nicht die
vorrangige Rolle, sondern wir haben dort das Phänomen, das energetische
Sanierungen durchgeführt werden sollen. Und die hauptsächlich bei der
Modernisierungsumlage dann zu diesen exorbitanten Mietsteigerungen von bis zu
70 % beitragen. Und insoweit, der Zielkonflikt darin besteht, wie man
notwendige energetische Sanierung ermöglicht, aber gleichzeitig die sozial so
gestaltet, dass die Mieter bleiben können. Und da wird es sicherlich in vielen
Punkten darum gehen, auch auf einer sehr fachlichen und zum Teil technischen
Art und Weise, die Energieeffektivität von verschiedenen Maßnahmen zu
betrachten. Und zwar auch im Interesse der Mieter zu betrachten. Lassen
Sie mich da, weil ich das jetzt nicht vertiefen will, ein grobes Beispiel
sagen, dass für dieses Gebiet eine große Bedeutung hat. Es wird vorgesehen,
auch die dortigen Kastenfenster komplett durch ISO Fenster zu erneuern. Das
bringt einen riesigen Anteil an Modernisierungsumlagen; würde auch einen
fantastischen U-Wert bringen, der weit über die NF 2009 hinausgeht. Man kann
natürlich alternativ diskutieren und das werden wir auch tun, ob man nicht die bestehenden
Kastenfenster schreinermäßig in Stand setzt. Dann wäre dieser Teil nicht
umlagefähig. Und nur die Einfachverglasung durch Wärmedämmungsglas ersetzt. Das
wäre dann der einzige Anteil, der dann als Modernisierungsumlage die Mieter
treffen würde. Aber sozusagen nur ein kleiner Betrag. Aber man hätte unterm
Strich dennoch einen U-Wert, der etwa sich in dem Bereich abspielt, dem man bei
der NF 2009 an den Neubau ausrichtet. Also einen sehr guten Wärmedämmwert. Und
man hat trotzdem auch für die Mieter es geschafft, unabhängig ob sie jetzt ein
geringes oder ein normales Einkommen haben, die Mietbelastung deutlich zu
reduzieren. Also das wird eine sehr komplizierte Debatte. Aber ich glaube,
diese Debatte werden wir uns stellen müssen. Vielleicht auch Prototypen für die
Diskussion in der Stadt, jemand Klimaschutz ermöglicht und gleichzeitig das
sozial verträglich macht. BV Jöting-Schüßler die
Fragestellerin hat der dankenswerterweise auf die stark steigenden Mieten
aufmerksam gemacht und in Frage
drei auf den Senat verwiesen. Mich würde in diesem Zusammenhang
interessieren, welche Handlungsmöglichkeiten denn der Bezirk sieht, als Bezirk
zu handeln; neben Umstrukturierungssatzung (darüber wurde auch nachgefragt).
Und dann würde mich auch in diesem Zusammenhang direkt interessieren: Die Frage
Umwandlung in Eigentumswohnungen. Welche rechtlichen Möglichkeiten denn
überhaupt gegeben sind, diesen sicherlich allseits geteilten Wunsch auch in
Realität umzusetzen. BzBm Herr Dr. Schulz Sie
orientieren jetzt auf die bezirkliche Ebene und was getan werden könnte um die
Umwandlung in Eigentumswohnungen zu verhindern. Da kann ich Ihnen einen
Vorschlag mit auf den Weg geben, weil ihre Partei ja auch im Senat sitzt und
Landespolitik betreibt. Schon vor vielen Jahren hat der Bundesgesetzgeber über
das Baugesetzbuch die Länder ermächtigt, dort wo Milieuschutzgebiete
ausgewiesen sind (und das ist 80 % vom Kreuzberger Gebiet), durch
Landesverordnung die Umwandlung in Eigentumswohnungen auszuschließen. Das gebe
ich ihn gerne mit auf den Weg; das haben sie bislang versäumt. Sie sollten es
tun. Und das
ist einer der Gentrifizierungsmotoren. Denn die Spekulanten die hier auf dem
Markt auftauchen, haben nicht vor,
ein Haus zu kaufen und langfristig zu bewirtschaften. Sondern es ist ja
nun wirklich ein offenes Geheimnis. Die kaufen die Häuser, machen ein bisschen
Kosmetik mit Modernisierung, dann werden die aufgeteilt und als Einzelwohnungen
superteuer verkauft. Und die Summe dieser Einzelverkäufe übersteigt das zweit
und dreifache von dem was sie für das Einzel ausbezahlt haben. Also wer das
verhindern will, der sollte das tun. Und hätte das schon lange tun können. Dann will
ich noch mal auf einen anderen Punkt verweisen, das sind unsere 8000 Wohnungen
die wir haben, mit Belegungsbindung und zum Teil auch mit Mietpreisbindung. Das
sind diejenigen die öffentliche Förderung erfahren haben, wo wir eigentlich
nicht direkt in Verantwortung stehen, weil er zu Verträge zwischen der
Investitionsbank Berlin und den Eigentümern geschlossen worden sind. Also wir
sind gar nicht der direkte Vertragspartner. Aber ganz schleifend im Land Berlin
oder der Koalition (wie man das so nennen will) der Kontrollvollzug gehandhabt
wird, ob die Vereinbarungen die getroffen worden sind hinsichtlich
Mietpreisbindung, Belegungsbindung oder all diese Dinge auch tatsächlich,
nachdem die öffentlichen Mittel geflossen sind, von den Eigentümern eingehalten
werden. Wir sind ja praktisch der einzige Bezirk, der auch mit Personal das
kontrolliert. Und das ist ein Beitrag den wir als Bezirk leisten. Das wir
sagen, das kann nicht sein, dass öffentliche Mittel rein fließen und die
Gegenleistung, das damit bestimmte Bevölkerungsgruppen mit preiswerten und
finanzierbaren Wohnraum versorgt werden, dass das nicht kontrolliert wird.
Insbesondere wenn man weiß, dass viele Eigentümer nach einer kurzen Schamfrist
sich versuchen darüber hinwegzusetzen. Also da tun wir eine ganze Menge. Das
kostet uns auch viel, Aber ich glaube das ist es Wert, um zu erreichen dass wir
für diese Mieterin und Mieter dann noch mal ne Chance für 8000 Wohnungen damit
sichern. BV Dr. Römer In diesem
Kontext, ich denke wir haben in vielerlei Beziehung die gleiche Auffassung was
die Mietenproblematik betrifft. Ich will bloß eine Frage stellen, die
möglicherweise bei ihnen natürlich auch offene Türen ein rennen. Dennoch will
ich es an dieser Stelle sagen, weil ich es für bedeutsam halte. Stichwort:
flächendeckende energetische Gebäudesanierung. Da gibt es jetzt einen Vorschlag
des deutschen Mieterbundes, der die Modernisierungsumlage auf 11 % begrenzt und
auch sagt, dass diese Modernisierungskosten nach 10 Jahren als Bestandteil der
Kaltmiete wieder aus der Mietberechnung rausfallen sollen. Was halten Sie von
einem solchen Vorschlag? BzBm Herr Dr. Schulz Das ist,
denke ich, wirklich ein abendfüllendes Thema. Weil wir da in der Zwischenzeit
sehr spannende und interessante Modelle haben, wie vom Mieterverein gemacht
worden sind, die von den Grünen gemacht worden sind und andere Gruppierungen
die da in der Zwischenzeit versuchen Lösungswege für dieses Problem zu
schaffen. Wir müssen darüber diskutieren. Das ist völlig klar. Eine mündliche
Anfrage ist dafür vielleicht nicht die geeignete Stelle. Aber wir haben dafür
auch den Ausschuss, um auch unter Heranziehung von Experten und Leuten die sich
da sehr intensiv beschäftigen, auch eine kommunalpolitische Diskussion zu
entwickeln. Weil ich glaube, das wird uns in den nächsten Jahren intensiv
begleiten. |
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