Drucksache - DS/1529/III
Ich frage das
Bezirksamt: 1. Das Bezirksamt hat in
der vergangenen Woche im Rahmen der offiziellen Erörterung der Einwendungen zum
Bau des 16. Bauabschnitts der
geplanten Stadtautobahn A 100 die Folgen eines solchen Bauprojekts, als
völlig unglaubwürdig kritisiert. Worum geht es da konkret? 2. Den Medien war zu
entnehmen, dass der Bezirksbürgermeister drohte, das Millionenprojekt vor
Gericht zu Fall zu bringen. Wann ist mit einer Klage zu rechnen und wie wird
diese aussehen? 3. Wie bewertet das
Bezirksamt, die im Anhörungsverfahren erstmals vom Senat veröffentliche
Verkehrsprognose für den Boxhagener Kiez, nach welcher der Verkehr dort um 20
Prozent steigen soll, insbesondere auch für die dort lebende Bevölkerung? Nachfragen: 4. Welche eigenen
Maßnahmen, bzw. Gutachten hat das Bezirksamt zur Überprüfung der
Verkehrsentwicklung unternommen, bzw. in Auftrag gegeben? 5. Wie beurteilt das
Bezirksamt die qualifizierte Sperre der Planungsmittel in Höhe von 3,1 Mio. €
durch das Abgeordnetenhaus, über die in der Presse zu lesen war? Dr. Schulz: Zu 1: Wir hatten ein Planfeststellungsverfahren und bei dem
Planfeststellungsverfahren gibt es per Gesetzt zwei Funktionen. Eine Funktion
ist der Vorhabenträger; muss ich nicht näher erläutern warum. Das ist der, der
das Vorhaben dann im Zusammenhang mit der Bundesbehörde, die die Autobahn baut,
dann realisiert. Und dann haben wir die Anhörungsbehörde, die sozusagen dieses
Planfeststellungsverfahren, die Anhörung im Rahmen dieses
Planfeststellungsverfahrens dann moderiert. Die soll durch ..., das wurde auch betont. Und ich kann
ihnen nur eins sagen, es war alles vorhanden, nur eins nicht, die Neutralität
von dem Leiter der Anhörungsbehörde. Also man muss sich das natürlich
persönlich angehört haben, wie er es sich zur persönlichen Angelegenheit
gemacht hat, jede Einwendung, ob die von einem TÖP gekommen ist oder von einem Bürger
oder von einem Verband oder Verein, nieder zu machen, um dem Einzelnen oder
Träger öffentlicher Belange klar zu machen, dass er völlig falsch liegt und nun
der Bau der Verlängerung der Bundesaustobahn dann die Verbesserung der
Lebensqualität bringt, so wie sich gestern die zuständige
Stadtentwicklungssenatorin in der Abendschau dazu geäußert hat. Das ist der
eine Punkt. Man muss ja auch dazu sagen, dass Ganze ist ja auch ein
kleines Theaterstück. Der Vorhabenträger und die Anordnungsbehörde, die sitzen
doch im gleichen Haus, in dem gleichen Ressort, mit der gleichen
Hausleitung, dass sind doch nur
zwei unterschiedliche Türschilder. Also man muss da nicht so einen Budenzauber
veranstalten, hier gibt es eine neutrale Anhörungsbehörde, die schwebt darüber,
sorgt für den Ausgleich der Interessen und organisiert die Einwendungen und
ähnlichem und nebendran sozusagen die Interessen der Vorhabenträger. Der zweite Punkt ist, bis zu dem Zeitpunkt der Anhörung, wo
die Träger öffentlicher Belange geladen waren und dazu zählt das BA
Friedrichhain-Kreuzberg, war nur ein geringer Teil der Gutachten vorgelegen,
die dann pö a pö nach Salamitaktik insbesondere aus dem Verkehrsbereich dann
vorgelegt wurden. Und es ist natürlich selbstverständlich und völlig
offenkundig, dass die Träger öffentlicher Belange nur zu den Gutachten und zu
den ermittelten Daten sich äußern können, die vorgelegen haben. Ich will Ihnen
noch dazu sagen, dass wir überhaupt diese reduzierten Gutachtenlagen nur auf
Nachforderung bekommen haben. Wir hatten sozusagen so einen Summery bekommen.
Dazu sollten wir uns, letztendlich auch als unmittelbar betroffener Bezirk im
Anhörungsverfahren dann äußern. D.h., aus meiner Sicht ist auch das im rechtlichen Sinne
völlig angreifbar geworden, dass wenn Träger öffentlicher Belange im BA
Friedrichshain-Kreuzberg auch als Direktbetroffene im Bezirk überhaupt nicht in
ausreichendem Umfang die Gutachten und die Unterlagen zur Verfügung gestellt
bekommen. Wir haben dabei im Vorfeld schon gesagt, dass es völlig unzureichend
ist und nur der Schönrechnerei dient, dass der verkehrliche
Untersuchungsbereich sich eng und die Verlängerung räumlich orientiert und nur
wenige Hauptstrassen die dazu führen in die Betrachtung einbezieht. Also,
beispielsweise die Stralauer Allee usw. Und das selbstverständlich und das ist auch der Ansatz der
Verkehrsgutachter, großräumige Verkehrsveränderungen/verlagerungen entstehen in
Richtung der Anschlussstelle, so wie sie vorgesehen sind, d.h. insb. der ganze
Bereich Boxhagener Quartier ist mit zu betrachten usw. Das ist
dann ein stückweit nachgebessert worden, insb. das Boxhagener Quartier. Und
wenn man sich die Ergebnisse dieser Nachbearbeitung oder Erweiterungsgutachten
anschaut, dann versteht man natürlich, warum das nicht von Anfang an gemacht
worden ist. Sie haben dort für das Quartier auch in den Wohnstrassen, also
solchen Strassen die in der Hauptstrassenfunktion sind erhebliche
Verkehrsbelastung. Die Anordnungsbehörde ist in einem Gutachten davon
ausgegangen, dass rund 11000 EinwohnerInnen in Wohngebieten
Friedrichhain-Kreuzberg betroffen sein werden. Allein in diesem
Ergänzungsgebiet, was im Boxhagener Quartier gemacht worden ist, zeigt, dass
noch viele Tausende mit dazu kommen werden. Wir sprechen dabei über ein Gebiet,
wo sich die Bevölkerung jetzt schon über Schleichverkehr und offenkundig
vorhandenen Durchgangsverkehr in erheblichen Umfang beschwert, weil die
Qualität des Wohnens dort in erheblichem Umfang gemindert ist. Und es nützt
ihnen natürlich nichts, diese in Lärmminderungspläne aufzunehmen. Und es nutzt
ihnen natürlich auch nichts, diese in Luftreinhaltepläne aufzunehmen, wenn sie
dort ein hoch belastetes Gebiet haben, was nun wenig überzeugend die Messwerte
in der Frankfurter Allee zeigt, die vor wenigen Tagen den 36. Tag erreicht hat
mit Luftschadstoffüberschreitung und damit insgesamt den Richtwert der EU
Richtlinie. Also, was
ich im Fazit damit sagen will, die ursprünglich von uns angezweifelte Prognose,
wie viele Friedrichshainer und Kreuzberger davon betroffen sind. Diese Prognose
und die die Zweifel, die wir damit geäußert haben, bestätigt sich und erweisen
im Moment immer noch nicht alle wichtigen Strassen, die Zubringerfunktion
haben, Durchgangsverkehre aufnehmen können mit abgeprüft worden. Dass soll ja jetzt in einem
verfeinerten und erweiterten Gutachten im Frühjahr 2010 vorliegen, wie wir
neuerdings hören im Zusammenhang mit der dann Abgabe, Fortschreibung des
Stadtentwicklungsplanes ergehen. Zu 2: Das ich
gedroht habe, gegen das Millionenprojekt da mit einer Klage vorzugehen – ja,
ich halte das für notwendig, wobei es mir nicht darum geht, dass es ein
Millionenprojekt ist, sondern ich tue das aus der Verantwortung heraus, dass es
nicht hinnehmbar, nicht akzeptabel ist, dass große Teile von Friedrichshain und
Kreuzberg für seine BürgerInnen eine verkehrliche Belastung erfahren und zwar
in einem erheblichen Umfang. Und ich sehe zwar, dass es durchaus auch für
Teilräume in Neukölln verkehrliche Entlastung gibt für die BürgerInnen, aber
bin nicht der Neuköllner Bürgermeister sondern der Bürgermeister von
Friedrichshain-Kreuzberg und habe irgendwann mal hier geschworen, dass ich die
Interessen der BürgerInnen dieses Bezirkes vertrete. Das werde ich tun und wir
werden abwarten müssen, ob es zum Planfeststellungsbeschluss kommt. Erst danach
ist eine Normenkontrollklage möglich und die geht ohne weitere Instanzen durch
zum Bundesverwaltungsgericht nach Leipzig. Und dann werden wir sehen, ob wir
fokussiert auf verbindliche Bauleitplanung, nur dort haben wir Klagerecht, weil
wir ein bezirkliches Satzungsrecht dort haben, ob wir da durchdringen. Damit
habe ich auch die Frage 3 gleich mit beantwortet. Zur
Nachfrage: Zu 4: Das BA
hatte zu dem Knoten Elsenbrücke/Stralauer Allee/Markgrafendamm eine eigene
Verkehrsstudie in Auftrag gegeben. Und ich
glaube, die hat eine sehr große Bedeutung, weil, wie der Vorhabenträger durch
seine Verkehrsprognose für diesen Knoten sagt, überhaupt kein Problem. Wir
können noch weitere 3000 oder 6000 Kfz in diesen Knoten einspeisen und dann
sind ausreichend Knotenkapazitäten vorhanden. Dagegen
spricht die alltägliche Erfahrung, dagegen spricht allerdings auch das
Gutachten, dass wir dort in Auftrag gegeben haben. Wir legen auch klar, dass es
keine Phasenreserven der dortigen Ampelschaltung mehr gibt, also zusätzlich
Verkehr zur dortigen ... Zur Ihrer
Frage, ob wir weitere Gutachten in Auftrag geben. Ich denke, dass wird abhängen
von den zwei Faktoren – ein Faktor ist, wie sieht die verkehrliche
Fortschreibung für den Stadtentwicklungsplan Verkehr aus. Das wird man
natürlich noch weiter analysieren müssen. Zweiter Aspekt ist, wenn es im
Klageverfahren des Bezirksamtes vor das Verwaltungsgericht gehen soll, dann
werden wir natürlich bestimmte Argumentationen, die wir dort vorstellen,
möglicherweise dann auch mit Verkehrsgutachten untersetzen haben. Zu 5: Die
Sperre der Planungsmittel ist ein wichtiger, kleiner Schritt in die richtige
Richtung. Stoppt nicht das Projekt. Aber das Anhörungsverfahren im Rahmen des
Planfeststellungsverfahrens hat sehr deutlich gezeigt, dass der Senat sich klar
entschieden hat, dass Planfeststellungsverfahren zu Ende zu bringen. Die SPD im
Abgeordnetenhaus positioniert sich. Wir warten den Beschluss ab, wir warten die
Verkehrsprognose im Frühjahr ab und dann wollen wir noch mal drauf schauen. Die
Verkehrssenatorin sagt, ich stehe zum Bau, sodass ich im Moment sagen würde, es
gibt aufgrund dieses Beschlusses des Abgeordnetenhauses kein Anlass zur Freude
oder zu glauben, dass tatsächlich der Ausbau der A 100 gestoppt ist. Gestoppt
werden kann er letztendlich nur durch eine politische Entscheidung des
Abgeordnetenhauses. Das ist, glaube ich, ein stückweit bedauerlich, weil wir
erfreulicherweise sogar in der SPD, Landesverband und Landesparteitag sich dazu
gestellt hat. Aber das offenkundig auch nicht ausreicht, der
Stadtentwicklungssenatorin die verkehrspolitische Richtung zu weisen. Also, von
daher glaube ich auch, dass solange vom Senat der Widerstand nicht aufgegeben
wird und das Abgeordnetenhaus zur Beschlusslage kommt, können wir nicht jubeln. |
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