Drucksache - DS/0741/VI  

 
 
Betreff: Gewaltschutz von Frauen mit Behinderung in Schutzeinrichtungen wie Frauenhäusern und Wohneinrichtungen
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:B'90 Die GrünenB'90 Die Grünen
Verfasser:Schmidt-Stanojevic, JuttaSchmidt-Stanojevic, Jutta
Drucksache-Art:Mündliche AnfrageMündliche Anfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Vorberatung
24.05.2023 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg (BVV) schriftlich beantwortet     

Beschlussvorschlag

ALLRIS net Ratsinformation

Ich frage das Bezirksamt: 

 

  1. Wie viele Frauen mit Behinderung, die eine Gewalterfahrung gemacht haben, leben in Frauenhäusern und sonstigen Schutzräumen?

 

  1. Welche besondere Assistenzleistung bekommen Frauen mit Behinderung?

 

  1. Inwieweit ist gewährleistet das Schutzeinrichtungen auch für Frauen mit Behinderung barrierefrei zugänglich sind?

 

 

 

Abt. Arbeit, Bürgerdienste und Soziales 

Stellvertretender Bezirksbürgermeister und Bezirksstadtrat

 

 

Vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich wie folgt beantworte:

 

  1. Wie viele Frauen mit Behinderung, die eine Gewalterfahrung gemacht haben, leben in Frauenhäusern und sonstigen Schutzräumen?

 

In Berlin gibt es sieben Frauenhäuser mit einer Kapazität von insgesamt 420 Plätzen. Zur Anzahl von Schutzsuchenden, die eine (sichtbare/nicht sichtbare) Behinderung haben, kann keine Aussage gemacht werden. Aufgrund des besonderen Schutzbedürfnisses erfahren auch die beratenden Stellen des Bezirksamts nicht, wo Frauen untergebracht werden und führen darüber keine Statistik.

 

Die Frauenhaus-Statistik von Frauenhauskoordinierung e.V. ist die einzige bundesweite Statistik, die jährlich Daten über die Frauenhausarbeit und die Frauenhausbewohner*innen für Praxis, Forschung und Politik zur Verfügung stellt. In der Statistik 2021 findet sich eine Auswertung zur Situation von Frauen mit Behinderungen in Frauenhäusern bundesweit. Basierend auf Angaben von Mitarbeiter*innen lagen bei mindestens 19 Prozent der Bewohner*innen Behinderungen bzw. Beeinträchtigungen vor. (Quelle: Frauenhauskoordinierung: Bundesweite Frauenhaus-Statistik 2021, S. 22, Download hier: https://www.frauenhauskoordinierung.de/fileadmin/redakteure/Publikationen/Statistik/2022-11-01_Langfassung_Frauenhaus-Statistik_2021_FHK.pdf)

 

  1. Welche besondere Assistenzleistung bekommen Frauen mit Behinderung?

 

Assistenzleistungen erhalten Menschen mit Behinderungen, die wesentlich in der gleichberechtigten Teilhabe in der Gesellschaft eingeschränkt sind oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls Aussicht besteht, dass diese eine individuelle Lebensführung ermöglichen, die der Würde des Menschen entspricht und die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft fördert (§§ 90, 99 SGB IX).

 

Die Ansprüche werden mit einem ICF-basierten Instrument (Teilhabeinstrument Berlin) individuell ermittelt und die Hilfen den besonderen Bedürfnissen angepasst. Die Leistungen bestimmen sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den persönlichen Verhältnissen, dem Sozialraum und den eigenen Mitteln und Kräften. Wünschen der leistungsberechtigten Person, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, ist zu entsprechen, soweit sie angemessen sind (§ 104 SGB IX).

 

Somit erhalten alle leistungsberechtigen Personen, die besonderen individuellen Assistenzleistungen, die im Rahmen der Eingliederungshilfe benötigt werden.

 

Für Einrichtungen der Eingliederungshilfe, die Qualitätsstandards einhalten und eine Barrierefreiheit gewährleisten müssen, ist im Berliner Rahmenvertrag Eingliederungshilfe vorgegeben, dass sie über ein Konzept zum Gewaltschutz verfügen müssen (§ 8 Berliner Rahmenvertrag Eingliederungshilfe - BRV Berlin).

 

Im § 37a SGB IX ist seit 2022 geregelt, dass die Leistungserbringer geeignete Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt für Menschen mit Behinderungen und von Behinderung bedrohte Menschen, insbesondere für Frauen und Kinder mit Behinderung und von Behinderung bedrohte Frauen und Kinder treffen müssen.

 

  1. Inwieweit ist gewährleistet das Schutzeinrichtungen auch für Frauen mit Behinderung barrierefrei zugänglich sind?

 

Auf der Internetseite der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten sind umfangreiche Informationsmaterialien gegen häusliche und sexualisierte Gewalt aufgeführt, die auch Beratungs- und Krisenangebote für von Gewalt betroffene behinderte Frauen*/FLINTA beinhalten. So z.B. die Broschüre „Beratungs- und Anlaufstellen für Frauen und Mädchen in Gewaltsituationen“ und Notfallkarten. Das „Netzwerk behinderter Frauen“ ist ebenfalls aufgeführt und dient als Ansprechpartnerin zur Fachberatung. Es gibt eine Broschüre in Leichter Sprache „Häusliche Gewalt ist nie in Ordnung“ mit Informationen und Adressen zu häuslicher Gewalt.

 

Studien der Universität Bielefeld zeigen auf, sind behinderte Frauen* von häuslicher Gewalt überdurchschnittlich betroffen (https://www.berlin.de/sen/frauen/keine-gewalt/behinderte-frauen/). Die Verbesserung der barrierefreien Informationen für behinderte Frauen ist Anliegen des Berliner Senats. Gemeinsam mit der AG „Schutzmaßnahmen für behinderte Frauen“ die bei der BIG-Koordinierung angesiedelt ist, wurden Angebote speziell für Frauen* mit Behinderungen entwickelt und vom Land Berlin finanziell gefördert.

 

Im Juni 2021 wurde in Berlin das erste barrierefreie Frauenhaus in Betrieb genommen. Träger ist der Verein Interkulturelle Initiative e.V. Hier stehen 32 Schutzplätze für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder zur Verfügung, von denen 6 Zimmer sowie die Nebenräume barrierefrei ausgebaut sind.

 

Für gehörlose Frauen wurde eine Beratungsstelle (Frauentreffpunkt), drei Zufluchtswohnungen (Frauenort/Augusta und Paula Panke) und zwei Frauenhäuser (Frauenhaus Caritas und Hestia) mit Gehörlosentechnik (z.B. Lichtklingeln, Rüttelkissen, Handys, Fax) ausgestattet. Die Mitarbeiterinnen verschiedener Antigewaltprojekt erlernen die Deutsche Gebärdensprache.

 

Sehbehinderten Frauen mit Führhund bietet der Verein Frauenzimmer eine Zufluchtswohnung, die auch rollstuhlgerecht ist.

 

Mobilitätseingeschränkten Frauen im Rollstuhl bietet das Frauenhaus BORA ein barrierefreies Angebot.

 

Für psychisch kranke Frauen stellt die therapeutische Wohngemeinschaft von BORA ein spezielles Angebot bereit.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Oliver Nöll

Bezirksstadtrat

 

 
 

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