Drucksache - DS/0208/VI  

 
 
Betreff: Leerstand in der Graefestraße 13
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:SPDSPD
Verfasser:1. Iyidirli, Ahmet
2. Forck, Sebastian
 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Vorberatung
25.05.2022 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg beantwortet   

Beschlussvorschlag

Erläuterungen:

Am 29. Januar 2020 gab es einen Wohnungsbrand in der Graefestraße 13. Seitdem können die Mieter*innen, insbesondere im Vorderhaus in der Gräfestraße 13 ihre Wohnungen nicht mehr bewohnen. Trotz Versprechungen werden die Wohneinheiten durch den Vermieter nicht instandgesetzt und saniert. Aktuell ist eine Mietpartei wieder in das Haus eingezogen, zwei Mietparteien haben direkt in Folge des Wohnungsbrandes gekündigt, eine Mietpartei hat sich außergerichtlich auf eine Auflösung des Mietvertrags und der Zahlung einer Abfindung geeinigt und vier Mietparteien versuchen durch ihre bestehenden Mietverträge wieder in das Haus zurückzukehren. Darüber hinaus wurde dem Kinderladen im EG ab Sommer 2022 gekündigt. Der Spätkauf im EG ist seit Januar 2022 geschlossen.

Bereits im September 2020 gab es eine schriftliche Anfrage an das Bezirksamt, die die Unterlassung der Sanierungsarbeiten durch den Eigentümer thematisiert (SA/487/V). Das Bezirksamt kündigt bei der Beantragung der Anfrage einen Bauablaufplan an. Dennoch ist seitdem nichts passiert. Stattdessen hat der Eigentümer bereist den Kinderladen und den Späti gekündigt und Mietverträge nicht mehr verlängert. Es wird durch Anzeigen ersichtlich, dass im Hinterhof Wohnungen renoviert und möbliert weitervermietet werden.

 

Wir fragen deshalb das Bezirksamt:

 

  1. In der Beantwortung von SA/487/V schreibt das Bezirksamt, dass der Eigentümer die Sanierung angekündigt habe, sich die „Wohnungsaufsicht […] im Schriftwechsel mit dem Eigentümer [befindet] und […] einen Bauablaufplan für die Sanierung ein[fordert]. Die Antwort wurde am 30.9.2020 bekanntgegeben. Der Sachstand ist dem Bezirksamt also seit mehr als einem Jahr und sieben Monaten bekannt. Liegt dem Bezirksamt mittlerweile ein Bauablaufplan vor?
  2. Wenn ja, wann soll die Sanierung des Gebäudes fertiggestellt sein?
  3.  Wenn ja, wann können die verbleibendenden Mieter*innen mit rechtskräftigen Mietverträgen wieder in ihre Wohnungen einziehen?
  4. Wenn nein, warum hat das Bezirksamt bislang keinen Bauablaufplan eingefordert? Dafür hatte man über zwei Jahre Zeit.
  5. Weiterhin heißt es in der Beantwortung von SA/487/V, dass „über den Einsatz eines Treuhänders […] im weiteren Verfahren entschieden [wird], sofern geringere Mittel nicht zum Erfolg führen“. Wurden bislang „geringere Mittel“ eingesetzt?
  6. Wenn ja, welche „geringeren Mittel“ wurden angewendet?
  7. Wann kommt es zum Einsatz eines Treuhänders, wenn bereits „geringere Mittel“ ohne Erfolg angewendet wurden?
  8. Wenn nein, warum wurden bislang keine geringeren Mittel angewendet?
  9. Wenn nein, warum hat das Bezirksamt bislang keine Anwendung „geringerer Mittel“ vorgenommen?
  10. Welche Baumaßnahmen (Bauanträge, Bauvoranfragen, Bauvorbescheide) wurden für die Gräfestraße 13 in der Zeit vom 29. Januar 2020 (Wohnungsbrand) bis zum 16.5.2022 ergriffen?
  11. Weiterhin heißt es in der Beantwortung von SA/487/V, dass „wegen des Leerstandes von 2 Wohnungen […] Amtsverfahren eröffnet [wurden,] ein Zwangsgeld angedroht und die Rückführung zu Wohnzwecken gefordert [wurde]“. In der Antwort wird auf laufende Fristen verwiesen, weshalb im September 2020 „noch kein Ergebnis erzielt werden konnte“. Wie lange sind die hier genannten Fristen anberaumt?
  12. Hat das Bezirksamt ein Zwangsgeld angedroht bzw. eingefordert, falls die Fristen bereits verstrichen sind?
  13. Welche Maßnahmen hat das Bezirksamt sonst ergriffen, um den Leerstand zu verhindern?
  14. r welche Wohnungen in der Gräfestraße 13 ist der Leerstand bis zu welchem Zeitpunkt durch das Bezirksamt genehmigt?
  15. Welche sonstigen Maßnahmen ergreift das Bezirksamt zum Schutz der Mieter*innen in der Gräfestraße 13?
  16. Ist dem BA bekannt, wie der Stand der Schadensregulierung zwischen Eigentümer und Versicherung ist?

 

 

Beantwortung: BezStR Herr Schmidt

 

Herr Heck: Ich kehre zurück zur Großen Anfrage, TOP 9. 1, Drucksache DS/0208/VI „Leerstand in der Graefestraße 13“, eingebracht von der Fraktion der SPD. Wer von Ihnen möchte die Große Anfrage einbringen?

 

Herr Iyidirli:ren Sie mich? Ah ja.

 

Herr Heck: Ja, bitteschön.

 

Herr Iyidirli: Ich bringe die Anfrage.

Sehr geehrter Vorsteher, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, am 29. Januar 2020 gab es einen Wohnungsbrand in der Graefestraße 13. Wegen eines Brandes eigene Wohnung, wenn auch zeitweise, verlassen zu müssen, ist ein gravierender Schnitt im Privatleben. Das gilt für uns alle.

Noch dramatischer ist Lage aber dann, wenn Mann/Frau fast 2,5 Jahre später immer noch nicht weiß, wann die Wohnung wieder bezugsfertig sein wird oder ob Mann/Frau eigene Wohnung überhaupt wieder beziehen kann. Diese unannehmbare Situation wurde uns bei unseren Gesprächen mit den Anwohner*innen des Hauses herangetragen.

Nach fast 2,5 Jahren sieht die Situation im Vorderhaus so aus, die wir auch als schleichende Entmietung bezeichnen können: Versuch der einseitigen Aufkündigung der Mietverträge durch den Eigentümer, Auflösungsverträge einiger Wohnungen und Gewerbeeinheiten nach dem Brand und Nichtbeseitigung der Brandschäden im Haus. Es entstehen mehrere Fragen, wenn man auch weiß, dass die Wohnungen im Hinterhaus renoviert und möbliert vermietet werden.

Mit dieser Großen Anfrage wollen wir als BVV-Fraktion der SPD unsere gemeinsame Aufmerksamkeit als BVV auf dieses Haus richten. Wir wollen damit zeigen, dass wir als BVV Friedrichshain-Kreuzberg die Rechte der Mieter*innen ernst nehmen, dass wir unbegründeten Leerstand der Wohnungen in unserem Bezirk nicht dulden wollen, insbesondere in einer Phase, in der die Mieten stark steigen und tausende Menschen dringend Wohnungen suchen. Ich würde außerdem darum bitten, dass die Fragen auch vorgelesen werden.

Herzlichen Dank.

 

Herr Heck: Vielen Dank, Herr Iyidirli. Es antwortet Ihnen der Bezirksstadtrat, Herr Florian Schmidt. Herr Schmidt bitte.

 

BezStR Herr Schmidt: So, hört man mich jetzt schon?

 

Herr Heck: Ja.

 

BezStR Herr Schmidt: Okay ja, gut. Ich kann das auch gerne vorlesen, was Sie fragen:

 

1. Frage: In der Beantwortung der schriftlichen Anfrage 487/V schreibt das Bezirksamt, dass der Eigentümer die Sanierung angekündigt habe, sich die „Wohnungsaufsicht im Schriftwechsel mit dem Eigentümer befindet und einen Bauablaufplan für die Sanierung einfordert. Die Antwort wurde am 30.09.2020 bekanntgegeben. Der Sachstand ist dem Bezirksamt also seit mehr als einem Jahr und sieben Monaten bekannt. Liegt dem Bezirksamt mittlerweile ein Bauablaufplan vor?

 

zur 1. Frage: Die Bauaufsicht antwortet hierzu: Ja, es liegt der Bauablaufplan vom 25.11.2020 vor.

 

2. Frage: Wenn ja, wann soll die Sanierung des Gebäudes fertiggestellt sein?

 

zur 2. Frage: Auch hier, die Bauaufsicht antwortet: Laut Bauablaufplan sollte die Sanierung bis November 2021 fertiggestellt sein.

 

3. Frage: Wenn ja, wann können die verbleibenden Mieter*innen mit rechtskräftigen Mietverträgen wieder in ihre Wohnungen einziehen?

 

zur 3. Frage: Hierzu eine Zuarbeit des Bereichs Zweckentfremdung: Zu den Wohnungen mit rechtskräftigen Mietverträgen gibt es keine zweckentfremdungsrechtlichen Leerstandverfahren. Diese sind zwar durch den Brand nicht bewohnbar, jedoch rechtlich nicht frei sind.

Eine Zweckentfremdung durch Leerstand - entsprechend dem Gesetz setzt - grundsätzlich voraus, dass der Wohnraum rechtlich und tatsächlich frei ist.

 

4. Frage: Wenn nein, warum hat das Bezirksamt bislang keinen Bauablaufplan eingefordert? Dafür hatte man über zwei Jahre Zeit.

 

zur 4. Frage: Wie gesagt wurde ein Bauablaufplan eingefordert und vom Eigentümer vorgelegt, schreibt die Bauaufsicht.

Die Zuarbeit der Zweckentfremdung: Die Hausverwaltung stellte für die Wohnungen im 4. Obergeschoss links und rechts einen Antrag auf Genehmigung des Leerstands. Mit E-Mail vom 09.12.2021 übersandte die zuständige Hausverwaltung auch der Zweckentfremdung einen Bauablaufplan sowie ein Sanierungskonzept. Daraufhin wurde die Genehmigung des Leerstands unter Auflagen bis zum 31.12.2021 erteilt. Sachstandsberichte und Baufortschritte wurden fristgerecht zum 28.06.2021, 28.09.2021 und 30.12.2021 eingereicht bzw. nachgewiesen.

Mit Schreiben vom 28.09.2021 wurde bereits ein Antrag auf Verlängerung der Baugenehmigung des Leerstands gestellt. Zur weiteren Bearbeitung wurde ein aktuelles Sanierungskonzept sowie ein aktualisierter Bauablaufplan gefordert.

Diese Unterlagen sind bis zum heutigen Tag nicht beim Wohnungsamt eingegangen, sodass die Anhörung vor Ablehnung des Verlängerungsantrags erfolgte.

Sofern weiterhin die geforderten Unterlagen nicht übersandt werden, würde die Ablehnung der Anträge auf Verlängerung der Genehmigung erfolgen und die Wiederzuführung zu Wohnzwecken gefordert werden.

 

5. Frage: Weiterhin heißt es in der Beantwortung der schriftlichen Anfrage 487/V, dass „über den Einsatz eines Treuhänders im weiteren Verfahren entschieden wird, sofern geringere Mittel nicht zum Erfolg führen“. Wurden bislang „geringere Mittel“ eingesetzt?

 

zur 5. Frage: Die Bauaufsicht: Nein, es wurden bisher keine „geringeren Mittel“ eingesetzt. Die Gründe dafür werden in Antwort 8 ausgeführt.

 

6. Frage: Wenn ja, welche „geringeren Mittel“ wurden angewendet?

 

zur 6. Frage: Es wurden bisher keine „geringeren Mittel“ eingesetzt.

 

7. Frage: Wann kommt es zum Einsatz eines Treuhänders, wenn bereits „geringere Mittel“ ohne Erfolg angewendet wurden?

 

zur 7 Frage: Hierzu schreibt die Bauaufsicht: Gemäß § 9b Abs. 1 WohnungsAufsichtsGesetz kann die Wohnungsaufsichtsbehörde zur Instandsetzung oder Herstellung der Mindestanforderungen einen Treuhänder einsetzen, wenn vorher dem Verfügungsberechtigen eine Anordnung nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 oder § 9 Abs. 1 WohnungsAufsichtsGesetz zugestellt wurde und dieser der Anordnung nicht nachgekommen ist.

Da bisher keine Anordnung erlassen wurde, kann daher auch kein Treuhänder eingesetzt werden.

Die Wohnungsaufsicht ist angehalten sicherzustellen, dass die Wohnungen wieder in einen gebrauchsfähigen Zustand versetzt werden und die durch den Brand entstandenen Mängel beseitigt werden. Da der Eigentümer die Mängelbeseitigung nicht verweigert, muss dies nicht angeordnet oder erzwungen werden.

 

8. Frage: Wenn nein, warum wurden bislang keine „geringeren Mittel“ angewendet?

 

zur 8. Frage: Hierzu schreibt die Bauaufsicht: Es wurden bisher von der Wohnungsaufsicht keine „geringeren Mittel“ wie die Anordnung der Mängelbeseitigung angewandt, da eine Anordnung dann erlassen wird, wenn der Verfügungsberechtigte die Mängelbeseitigung verweigert. Im Fall Graefestraße 13 trifft dies nicht zu, da Arbeiten am Haus erkennbar sind und eine Verweigerung der Mängelbeseitigung seitens der Hausverwaltung bzw. des Eigentümers nicht gegeben ist.

 

9. Frage: Wenn nein, warum hat das Bezirksamt bislang keine Anwendung „geringerer Mittel“ vorgenommen?

 

zur 9. Frage: Dazu wurde in Frage 8 geantwortet.

 

10. Frage: Welche Baumaßnahmen (Bauanträge, Bauvoranfragen, Bauvorbescheide) wurden für die Graefestraße 13 in der Zeit vom 29. Januar 2020 (Wohnungsbrand) bis zum 16.05.2022 ergriffen?

 

zur 10. Frage: Es wurde keinerlei Bauantrag oder Antrag auf Vorbescheid gestellt. Für die Instandsetzung des Gebäudes ist das auch nicht nötig, da diese gemäß § 61 (4) BauO von Berlin verfahrensfrei sind.

 

11. Frage: Weiterhin heißt es in der Beantwortung der schriftlichen Anfrage 487/V, dass „wegen des Leerstandes von 2 Wohnungen Amtsverfahren eröffnet wurden ein Zwangsgeld angedroht und die Rückführung zu Wohnzwecken gefordert wurde. In der Antwort wird auf laufende Fristen verwiesen, weshalb im September 2020 „noch kein Ergebnis erzielt werden konnte“. Wie lange sind die hier genannten Fristen anberaumt?

 

zur 11. Frage: Zweckentfremdung schreibt: Mit Bescheiden vom 26.08.2020 ergingen für die Wohnungen im 4. Obergeschoss links und rechts Rückführungsaufforderungen mit Zwangsgeldandrohung. Die Wohnungen waren unter Fristsetzung bis zum 07.10.2020 wieder Wohnzwecken zuzuführen.

 

12. Frage: Hat das Bezirksamt ein Zwangsgeld angedroht bzw. eingefordert, falls die Fristen bereits verstrichen sind?

 

zur 12. Frage: Zweckentfremdung schreibt: Mit Schreiben vom 05.10.2020 wurden Anträge auf Genehmigung von Leerstand gestellt. Es fanden nachweislich Sanierungsarbeiten in den Wohnungen statt. Damit erübrigten sich die Zwangsverfahren und wurden eingestellt.

 

13. Frage: Welche Maßnahmen hat das Bezirksamt sonst ergriffen, um den Leerstand zu verhindern?

 

zur 13. Frage: Die Zweckentfremdung schreibt: Das Wohnungsamt hat alle rechtlich möglichen Schritte ergriffen, um gegen den Leerstand der im zweckentfremdungsrechtlichen Sinne vom Leerstand betroffenen Wohnungen vorzugehen.

Andere Maßnahmen, als die bereits beschriebenen, sind im vorliegenden Fall nach dem Zweckentfremdungsverbot-Gesetz nicht vorgesehen.

 

14. Frage:r welche Wohnungen in der Graefestraße 13 ist der Leerstand bis zu welchem Zeitpunkt durch das Bezirksamt genehmigt?

 

zur 14. Frage: Zweckentfremdung schreibt: Für die Wohnungen im 4. Obergeschoss links und rechts gab es Leerstandgenehmigungen bis zum 31.12.2021.

Die Anträge auf Verlängerung werden voraussichtlich wegen fehlender Mitwirkung und nicht eingereichter Unterlagen abgelehnt (siehe oben).

r die Wohnung im 3. Obergeschoss rechts wurde im Dezember 2021 der Leerstand angezeigt. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 4 Zweckentwendungsverbotsgesetz (ZwVbG) liegt keine Zweckentfremdung vor, wenn Wohnraum aufgrund von Sanierungsmaßnahmen bis zu 12 Monate leer steht. Sofern der Leerstand fortbesteht, müsste für diesen Wohnraum bis zum 30.09.2022 ein Antrag auf Genehmigung des Leerstands gestellt werden.

 

15. Frage: Welche sonstigen Maßnahmen ergreift das Bezirksamt zum Schutz der Mieter*innen in der Graefestraße 13?

 

zur 15. Frage: Hierzu schreibt die Gruppe Erhaltungsgebiete, also Milieuschutz: Das Objekt Graefestraße 13 befindet sich im Geltungsbereich der sozialen Erhaltungsverordnung „Graefestraße“, in dem die Zusammensetzung der angestammten Bevölkerungsstruktur als besonders schützenswert einzuschätzen ist.

Das Ziel der Verordnung ist folglich die Erhaltung und der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung im Gebiet. Bauliche Änderungen, Rückbauten und Nutzungsänderungen unterliegen einem Genehmigungsvorbehalt Sie dürfen grundsätzlich nicht zu einer Veränderung der Bevölkerungsstruktur führen, aufgrund derer mit negativen städtebaulichen Folgewirkungen zu rechnen wäre. Das Erhaltungsrecht ist allerdings ein öffentliches Baurechtsinstrument. Privatrechtliche Angelegenheiten werden hier nicht geprüft. Die Erhaltungsverordnung dient als städtebauliches Instrument nicht unmittelbar dem Schutz einzelner konkreter Bewohner*innen, sondern dem allgemeineren und längerfristigen Ziel, die Struktur der Wohnbevölkerung zu erhalten.

Allerdings, das erlaube ich mir jetzt hinzuzufügen: Sofern hier die Eigentümer planen würden, Grundrisse zu verändern und dann quasi auch damit die Wohnungen, wie sie vorher von den Mieter*innen bewohnt wurden, wäre das sicherlich nicht im Sinne der Bewohner*innen und insofern schützt hier, wenn auch indirekt denke ich, das Erhaltungsrecht auch die konkreten Bewohner*innen zumindest davor, dass ihre Wohnungen gar nicht mehr so dann existieren, wie sie sie selber verlassen haben.

 

16. Frage: Ist dem Bezirksamt bekannt, wie der Stand der Schadensregulierung zwischen Eigentümer und Versicherung ist?

 

zur 16. Frage: Der Wohnungsaufsicht ist der Stand der Schadensregulierung nicht bekannt. Es handelt sich dabei um eine privatrechtliche Angelegenheit, die auf die Regelungen im Wohnungsaufsichtsgesetz keinen Einfluss hat.

Abschließend möchte ich Ihnen und den Betroffenen gegenüber noch meine persönliche Unzufriedenheit darüber zum Ausdruck bringen, dass die Rechtslage leider kein effektiveres Vorgehen dagegen erlaubt, dass Sie seit Januar 2020 nicht in Ihre Wohnungen zurückkehren können und nach meiner Kenntnis auch die Kommunikation mit der Hausverwaltung schleppend bis gar nicht läuft.

Formal hält sich Ihr Hauseigentümer jedoch soweit an die Vorschriften, dass ein behördliches Einschreiten, zumindest im Sinne, zumindest wie eines Treuhänders, bisher verhindert wird.

 

Es ist auch bemerkenswert, wie hier anscheinend eben gerade knapp unter der Einhaltung von Vorschriften letztlich Verzögerungen, Verschleppungen und Umgehungsversuche wohl vorliegen mit dem Ziel, hier Mieter*innen zu entmieten und letztlich dieses Haus einer hohen Verwertung zuzuführen. Ich denke, das ist ein extremes Beispiel für Spekulationen für den Raubbau an unserer Wohnstruktur und deshalb halte ich den Antrag, den Bündnis90/Die Grüne eingereicht haben, eine Bußgeldstelle einzurichten für sehr wichtig.

Wir hatten dieses Thema schon im Bezirksamt diskutiert und es wird wohl im Rat für Bürgermeister*innen Thema. Dort, muss man sagen, bestand Unklarheit, auch in der letzten Legislatur, auch bei der zuständigen Senatsverwaltung, wo jetzt diese Bußgeldstelle, von der auch noch nicht klar ist, wie sie genau funktionieren soll, angesiedelt ist. Nun hatte der Bezirk dann seine Bemühungen erst einmal zurückgestellt, aber dieses Beispiel lässt es mir auf jeden Fall sinnvoll erscheinen, noch mal zu prüfen, ob wir selber dann auch unter Schaffung von Personal dafür so eine Stelle einrichten, damit wir diese Fälle noch intensiver betreuen können.

Soweit erst mal von mir.

 

Herr Heck: Vielen Dank Herr Schmidt. Damit eröffne ich die Aussprache und bitte um Wortmeldungen. Herr Iyidirli bitte.

 

Herr Iyidirli: Erst mal herzlichen Dank für diese ausführlichen Antworten. Ich möchte gerne ein paar Punkte ansprechen, auch in Form nachfragen. Ich fange mal an mit der letzten …, also Antwort der letzten Frage, Feststellungsangelegenheiten. Das war uns deswegen wichtig, also die Regulierungsprobleme mit der Feststellung kann in dieser Situation nicht als Verzögerungsgrund angewendet werden. Scheinbar wurde das so nicht angesprochen. Wenn wir aus diesem Aspekt die gesamte Entwicklung am Haus und im Haus beobachten, es sind 27 Monate vergangen. Also das ist eine Menge Zeit. In dieser Zeit kann man ein neues Haus bauen. Also da ist eindeutig, dass der Eigentümer auf was anderes spekuliert. Gerade deswegen müssen wir, auch Bezirksamt, die Entwicklung im Haus genauer beobachten, das ist ein bekannter Fall, sonst geben wir uns als Friedrichshain-Kreuzberg immer als empfindlicher Bezirk bei solchen Sachen und wir verhandeln sehr oft bei solchen Fällen politisch, was auch korrekt ist. Ich vermisse ehrlich gesagt dieses politische Verhalten in diesem Fall.

Also einige Fristen sind verstrichen, auf jeden Fall. Bezirksamt mit unterschiedlichen Stellen sollte Druck auf diesen Eigentümer und auf diese Angelegenheit, sollte aufrecht erhalten. Also wir können nicht lockerlassen, dass die Häuser, die insbesondere auch in Erhaltungsgebieten dort sind, richtige Spekulationsobjekte werden.

Ich weiß, es ist schwierig, bestimmte Sachen zu machen, aber trotzdem solcher Druck sollte Bezirksamt in diesem Haus erhöhen und das müssen wir gemeinsam öffentlich machen.

 

Herr Heck: Vielen Dank. Frau Haberer bitte.

 

Frau Haberer: Einen Moment bitte, die Kamera funktioniert noch nicht - jetzt.

Ja, vielen Dank, ich wollte mich auch noch mal von Grünen-Seite aus melden. Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrte Verordnete, liebe Gäste und vielen Dank, Herr Iyidirli, für die Einbringung dieser Großen Anfrage und vor allem vielen Dank an die betroffenen Personen und Mieter*innen, die dieses wichtige Thema heute auf die Tagesordnung auch mitgesetzt haben. Wir erleben ja auch nicht zum ersten Mal, dass ein Eigentümer durch aktives Nichtstun jetzt hier Wohnraum verknappt und eine Wertsteigerung abwartet, Mieter*innen gezwungen werden, ihre Wohnungen zu verlassen, was jetzt in diesem Fall besonders plastisch und dramatisch und genau …

Herr Schmidt hat ja auch die Betroffenheit dazu schon ausgedrückt.

Der Fall zeigt aber vor allem, dass die Instrumente gegen spekulativen und unbegründeten Leerstand geschärft werden müssen. Die Antworten des Bezirksamt haben ja auch gerade gezeigt, dass wir es hier auch mit einem perfiden Eigentümer zu tun haben und dem Bezirksamt ja oft ein scharfes Schwert gegen Verschleppung von Sanierungsmaßnahmen fehlt, aber auch gegen Leerstand im Allgemeinen.

Und deswegen auch noch mal hier die Betonung, dass wir uns dafür einsetzen wollen zu prüfen, wie Instrumente der Bau- und Wohnungsaufsicht, aber auch der Zweckentfremdung verschärft werden können und die amtsübergreifende Zusammenarbeit im Sinne einer Bußgeldstelle, wie Herr Schmidt sie auch erwähnt hat, verbessert werden kann, um bei Fällen wie der Graefestraße 13 schnell und effizient wirksam zu werden und genau noch mal die Bekräftigung, dass wir auf der Bezirksebene auf jeden Fall gemeinsam mit den Anfragsteller*innen anregen werden, dass der Fall der Graefestraße 13 in den jeweiligen Ausschüssen behandelt wird, dass dieses Thema in der Gänze schnell auf die Agenda kommt und zeitnah angegangen wird.

Vielen Dank noch mal.

 

Herr Heck: Vielen Dank und Frau Gottwald hat das Wort, bitteschön.

 

Frau Gottwald: Bis man alles freigeschaltet hat … sorry. Ja, also die Kompression aus der Geschichte hat Herr Schmidt ja eigentlich schon ganz nett zusammengefasst, dass es hier ganz offensichtlich um Verschleppung geht, spekulative Beweggründe, die Mieter*innen verdrängt werden sollen und ich sage nur nebenbei, dass, glaube ich, der Eigentümer aus nchen kommt, ist jetzt vielleicht auch noch so ein typischer Fall.

Also das ist insgesamt ein ziemliches Ärgernis. Wir haben auch Kontakt gehabt mit Mietern, die haben sich auch an uns gewandt. Ich glaube, dass etliche da schon waren, aber wenn man jetzt nicht genau weiß, was da eigentlich versäumt worden ist, kommt man ja auf dieser kleinteiligen rechtlichen Ebene nicht weiter. Das hat glaube ich die Beantwortung der Anfrage gezeigt. Ich finde es sehr gut, dass die gemacht worden ist.

Soweit ich das den schnellen Antworten von Herrn Schmidt entnehmen konnte, ist also auf dieser Ebene Zweckentfremdung nichts schiefgelaufen. Was ich so schnell nicht verstanden habe, ist diese Geschichte, warum die Bau- und Wohnungsaufsicht nicht mehr machen konnte. Also da war glaube ich …, Herr Schmidt, vielleicht könnten Sie das noch mal wiederholen. Da gab es kein Erfordernis - habe ich noch im Kopf -, weswegen man da nichts machen konnte und da ist ja dann die Frage, ob man nicht doch mal auch dann mit den Leuten vielleicht im Abgeordnetenhaus überlegen kann, ob in diesem Bereich noch mal Verschärfungen auf Landesebeneglich sind, weil Bundesebene okay, wir sind da nicht im Rennen, aber andere, die können das versuchen - werden Sie wahrscheinlich Schwierigkeiten haben mit der FDP, aber dass diese gesetzlichen Möglichkeiten, da schneller und deutlicher reinzuspringen und eben dann auch den Treuhänder vorher ins Spiel zu bringen und nicht erst, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, wie jetzt. Ich glaube, diese Zielrichtung teilen wir alle.

Und was ich jetzt nicht verstehe, ist mit der Bußgeldstelle. Ich verstehe den Zusammenhang schon gar nicht, weil wenn in diesem Bereich in der Zweckentfremdung keine Versäumnisse sind, hätte man auch über eine Bußgeldstelle, glaube ich, nicht mehr machen können, zumal ja Zwangsgelder verordnet wurden, die ja dann nicht durchgesetzt werden konnten, weil Fristen wieder eingehalten wurden. Also diesen logischen Zusammenhang verstehe ich nicht, aber das werden wir im Ausschuss diskutieren, sollten wir nicht anhand der Anfrage jetzt machen, das finde ich nicht sinnig, sondern ich frage noch mich eher, ob da noch hätte mehr passieren können. Also das ist jetzt für mich nur Bau- oder Wohnungsaufsicht. Ich nehme an, dass Herr Schmidt sagen wird, nein, konnten wir nicht. Richtig verstanden habe ich es nicht und dann bleibt eigentlich nur die Überlegung, ob man ähnlich wie bei den anderen komischen Fällen, die wir hatten, bei den Einzelfällen es bei einer politischen Willensaussage der BVV dann noch bleiben kann, die an den Eigentümer herangetragen wird, sonst muss man leider sagen, auf der jetzigen gesetzlichen Ebene ist das dann wohl ein Beispiel, wo man eine Ohnmachtserklärung abgeben muss. Das kann eigentlich nicht sein, das kann ich eigentlich nicht glauben.

Danke.

 

Herr Heck: Vielen Dank, Frau Gottwald. Weitere Wortmeldungen sehe ich derzeit nicht. Herr Schmidt, möchten Sie noch antworten auf die Fragen, die Frau Gottwald gestellt hat?

 

BezStR Herr Schmidt: Hallo?

 

Herr Heck: Hallo Herr Schmidt.

 

BezStR Herr Schmidt: Okay. Ja, ich kann es ja noch mal versuchen, in meinen Worten zu erklären Moment, jetzt höre ich mich doppelt, okay, jetzt geht es glaube ich.

Also die Wohnungsaufsicht hat hier mir auch den entsprechenden Paragraphen zitiert, § 9  Abs. 1 WohnungsAufsichtsGesetz und dann noch quasi die Paragraphen, die drei verschiedenen, nach denen Anordnungen erteilt werden können. Und diese Anordnungen sind nur zu erlassen, wenn eine regelrechte Weigerung des Eigentümers oder Formträgers besteht, eine Mängelbeseitigung vorzunehmen.

Sofern hier nachgeweislicher Weise Aktivitäten vorhanden sind, kann dieses scharfe Schwert des Treuhänders nicht eingesetzt werden und wie eben von der Zweckentfremdung ja auch hier zugearbeitet wurde, nachgewiesen bzw. hat eben der Bereich Zweckentfremdung das festgestellt, dass Mängelbeseitigungen stattgefunden haben.

Und man muss dazu eben sagen, dass dieses Prinzip Treuhänder, da wird immer oft nach gerufen, aber die Hürden sind wirklich sehr hoch und das habe ich jetzt mal vereinfacht dargestellt. Aber: Ja, aus der Alltagsperspektive heraus ist so etwas nicht so verständlich. Wir werden das sicherlich auch im Ausschuss noch mal dann besprechen und da kann dann auch die Bauaufsicht noch mal konkret erläutern, unter welchen Umständen sie eben tätig werden kann mit diesen Treuhandmodellen etc..

Und ansonsten ja, wie Sie gesagt haben, Frau Gottwald, ich denke auch, das sollten wir im Ausschuss besprechen, auch das Thema Bußgeldstelle. Ich vermute mal, dass das überwiesen wurde über die Konsensliste und dann werden wir auch noch mal darlegen, was die Überlegungen des Bezirksamtes dazu waren und sind.

Und ja, ich kann auch nur den Vorrednern Recht geben, es ist richtig, dass an die Öffentlichkeit zu bringen und insofern ist hier ein Zusammenwirken sage ich mal von diesem Forum hier, was ja Öffentlichkeit herstellen kann, und eben den Mieter*innen und auch dem Bezirksamt sehr gut und ja, vielen Dank auch dafür.

 

Herr Heck: Vielen Dank, Herr Schmidt.

 

(Schwärzung aufgrund Beschluss des VG vom 30.08.2022 Az: VG 2 L 239/22)

 

 

 

 
 

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