Auszug - Aktueller Stand des Rechtskreiswechsels Geflüchteter aus der Ukraine in den sozialen Sicherungssystemen (mit dem Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg)   

 
 
Öffentliche Sitzung Ausschusses für Soziales, Arbeit und Gesundheit (SAG)
TOP: Ö 3
Gremium: Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit Beschlussart: erledigt
Datum: Mi, 21.09.2022 Status: öffentlich
Zeit: 18:00 - 20:06 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Video- / Telefonkonferenz (Link zur Einwahl in der TO *.pdf)
Ort: virtueller Sitzungsraum
 
Wortprotokoll

Fachkundige Gäste: Herr Stephan Felisiak, Geschäftsführer und Frau Anita Leese-Hehmke, stellvertretende Geschäftsführerin des Jobcenters Friedrichshain-Kreuzberg

 

Eine Präsentation des Jobcenters mit Zahlen und Informationen zum Gegenstand der Besprechung befindet sich im Anhang an dieses Protokoll.

 

Herr Dr. Elvers (Soz L) berichtet, dass mittlerweile nur noch rund 14% (etwa 530 Fälle) der Antragsteller*innen in der Zuständigkeit des Sozialamtes verblieben sind. Alle weiteren Fälle (insgesamt über 3.800) sind in die Zuständigkeit des Jobcenters übergegangen.

Etwa 200 Fälle sind auch in den Bereich SGB XII überführt worden.

 

Es besteht eine bisher nicht erklärbare Diskrepanz zwischen den Zahlen der polizeilich im Bezirk gemeldeten Personen und der Anzahl derer, die Leistungen beantragt haben oder gegenwärtig noch beantragen. Was mit diesen Menschen geschehen ist, ist leider unbekannt. Das Bezirksamt geht davon aus, dass einige von ihnen eventuell bereits in die Ukraine zurückgekehrt sind.
 

Herr Felisiak (Geschäftsführer Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg) berichtet, dass der Rechtskreiswechsel zum 01. Juni erfolgen sollte und auch erfolgt ist, das entsprechende Gesetz aber erst am 27. Mai im BGBl. veröffentlicht wurde. Insofern gab es erst sehr kurzfristig eine taugliche Rechtsgrundlage.

Die Anspruchsvoraussetzungen nach dem SGB II müssen natürlich weiterhin vorliegen. Anderenfalls kommt ein Leistungsbezug nach SGB XII in Frage.

Das Jobcenter hat entsprechende Informationen auch in Geflüchtetenunterkünften gestreut, um bereits im Vorfeld die Antragstellung verständlich zu machen und zu erleichtern.

 

Mit dem Beginn des Rechtskreiswechsels hat das Jobcenter durchgängig drei Mitarbeiter*innen in die Yorckstraße entsandt, um dort die Antragstellung zum Rechtskreiswechsel zu ermöglichen.

 

Die Menschen aus der Ukraine kommen mit sehr vielen Fragen zum Jobcenter, die teilweise auch keinen Bezug zum Leistungsumfang haben. Diese sind mitunter schwierig zu beantworten und eröffnen neue, bisher auch unbekannte Situationen für das Jobcenter. Die Beratungsgespräche dauern daher regelmäßig ca. dreimal so lang wie sonst üblich. Dies liegt aber auch an den Verzögerungen durch die Notwendigkeit der Dolmetschung.

 

Bis zum 15. September 2022 sind beim Jobcenter 1.359 Anträge eingegangen, von denen 90% bereits beschieden wurden. Diese Anträge umfassten sowohl Einzelpersonen als auch Bedarfsgemeinschaften. Die übrigen Anträge sind entweder noch zu frisch oder erfolgten mit unvollständigen Unterlagen. Hierüber wird seitens des Jobcenters aber schnellstmöglich mit den Antragstellenden das Gespräch gesucht.

 

Ein großes Thema in den Beratungen ist die Frage der Ortsabwesenheit. Viele Menschen wollen kurzfristig für Erledigungen in die Ukraine zurückreisen, um beispielsweise nach Familienangehörigen zu sehen oder Dokumente zu holen.

 

r die überwiegende Zahl der Menschen ist unklar, wie ihre Zukunft aussieht. Der Großteil möchte aber perspektivisch in die Ukraine zurückkehren. Es ist in der aktuellen Situation aber noch zu früh, um eine Einschätzung zu treffen, da ein Kriegsende nicht absehbar ist.

 

Auf Nachfragen:

 

Die 12 Berliner Jobcenter haben sich verständigt, die Umzugsthematik möglichst unbürokratisch zu klären. Im Einzelfall können aber dennoch Probleme auftreten.

 

Beim Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg sind aktuell etwas mehr als 1.800 Menschen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit im Leistungsbezug. Ca. 80% davon sind weiblich. Der Anteil an Kindern beträgt etwas mehr als ein Drittel Kinder.

 

Die Angebote an Sprachkursen sind dem Grunde nach ausreichend vorhanden. Ob und welche Angebote eine Kinderbetreuung umfassen, ist derzeit in Klärung begriffen.

 

Die Schulpflichtdauer in der Ukraine beträgt anders als in Deutschland nur 9 Jahre. Einige Kinder wollen auch digital am Schulunterricht in der Ukraine teilnehmen, müssen hierfür aber zunächst von der grundsätzlich auch für sie geltenden deutschen Schulpflicht befreit werden.

 

Die Motivation bei allen Personen aus der Ukraine zum Erlernen der deutschen Sprache ist insgesamt sehr hoch.

 

Das Jobcenter hat keine Bestandsdaten bezüglich Zugängen und Wegzügen, verzeichnet aber einen relativ moderaten wöchentlichen Zugang von ca. 20-30 Fällen. Der allgemeinen Erfahrung nach ist aber davon auszugehen, dass die Wegzüge aus dem Bezirk die Zuzüge aufgrund der allgemeinen Wohnsituation eher überwiegen.

 

Die Deckung an Dolmetscher*innen ist gut und konnte schnell gewährleistet werden. Hierzu hat es eine Ausschreibung gegeben. Zudem gibt es im Jobcenter selbst sechs Mitarbeiter*innen, die in ausreichender Qualität die russische Sprache beherrschen und ohne Sprachmittlung beraten können.
 

Auf die dem Grunde nach bestehenden bundesweiten, telefonische Angebote der Sprachmittlung hat sich das Jobcenter nicht verlassen, da eine Sprachmittlung per Telefon fehleranfällig ist und die Bearbeitungszeit verlängert.

 

Die Aufenthaltstitel von Drittstaatler*innen sind in der Regel sehr kurz befristet. Sie werden aber seitens des Jobcenters genauso behandelt und bearbeitet, wie ukrainische Staatsbürger*innen.

 

Zusätzliche Information:

 

Frau Leese-Hehmke berichtet, dass das Jobcenter Ende Dezember an mehreren Umzugstagen in den neuen Standort an der Landsberger Allee umziehen wird. Sobald die einzelnen Tage feststehen, wird es hierzu auch entsprechende öffentliche Bekanntmachungen geben.

Der Umzug erfolgt bereichsweise, sodass der Zugang zu beiden Liegenschaften teilweise parallel besteht und Schließungen ausbleiben.

 
 

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