Auszug - VHS Friedrichshain-Kreuzberg (Aktuelle Situation und Perspektiven)  

 
 
Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Kultur und Bildung (KuBi)
TOP: Ö 2
Gremium: Ausschuss für Kultur und Bildung Beschlussart: erledigt
Datum: Mi, 19.08.2020 Status: öffentlich
Zeit: 18:00 - 21:00 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Video- / Telefonkonferenz (Link zur Einwahl in der TO *.pdf)
Ort: virtueller Sitzungsraum
 
Wortprotokoll

2.1   Bericht der Dozent*innenvertreter*innen der VHS Friedrichshain-Kreuzberg

 

Laut Dozent*innenvertretung sind in der Volkshochschule seit 1. Juli ca. 80 Dozent*innen ohne Arbeit und ohne Sicherung des Auftragsvolumens. Das betrifft Lehrer*innen der DAZ-Kurse, Berufssprachkurse, Kurse für Geflüchtete und Elternkurse, die vom BAMF gefördert sind.
Ab dem 1. Juli hätte die VHS Xhain wie alle anderen VHSen wieder mit den Präsenzkursen beginnen sollen, die wegen der Pandemie unterbrochen wurden. Hierfür bestand bereits eine konkrete Zusage der Bereichsleitern Deutsch der VHS. Die angemeldeten Kursteilnehmenden wurden ebenfalls informiert, dass die unterbrochenen Kurse ab dem 1. Juli wieder starten würden. Aufgrund von personellen Engpässen kommt es zu Verzögerungen, so dass die Kurse nicht zum 1. Juli beginnen, sondern erst am 17. Oder 24. August. Die diesbezügliche Informationspolitik gegenüber Dozent*innen und Kursteilnehmer*innen wird als unzureichend kritisiert.

Die VHS Xhain möchte jetzt, dass eine Lehrkraft gleichzeitig in 2 Räumen unterrichtet. Aus Hygienegründen dürfen jetzt maximal 10 Teilnehmende in einem Kurs sein. Dieses Unterrichtsmodell wird von den Lehrkräften abgelehnt, weil hierdurch 50% der Lehrenden ihre Anstellung verlieren. Und die Qualität des Unterrichts leidet.

Insgesamt, so die Dozenent*innenvertreter*innen, habe sich die Kommunikationskultur innerhalb der VHS in den vergangenen 3 Jahre erheblich verschlechtert. Dazu trage auch bei, dass die bis 2017 regelmäßig stattfindenden Planungskonferenzen gestrichen worden seien. Dadurch würden Kurse inzwischen wesentlich kurzfristiger angeboten. Zuvor wurde die Anstellung auch bei Krankheit weitergeführt und die Dozent*innen hatten ein kontinuierliches Stundenvolumen und oft sogar die immer selben Räume zur Verfügung. Es gab dadurch hohe Planungssicherheit für die Lehrenden und es wurden erst bei Vakanzen Neuanstellungen vorgenommen. Darauf können mensch sich nun nicht mehr verlassen. Das Arbeitsklima habe sich insgesamt deutlich verschlechtert.

Als positives Gegenmodell wird die VHS Mitte angeführt. Hier gäbe es ein Modell „Faire VHS“.

Der Ausgangspunkt war, dass die VHS einen fairen Umgang mit allen Teilnehmenden* etablieren wollte. Einige Zeit später dann in einem Workshop erarbeitet, wie dies konkret aussehen könne, etwa dass die Dozent*innen als Freiberufler*innen trotzdem einen fairen Umgang erfahren. Entstanden ist ein Konzept, dass eine größere Transparenz zwischen den verschiedenen Akteur*innen garantiert, sowie ein Beschwerdeverfahren, in dem eine geschulte Mediatorin sicherstellt, dass diejenigen, die Probleme ansprechen, keine Angst um ihre Existenz haben müssen.

Die Dozent*innenvertretung übermittelt die folgenden Forderung an den Ausschuss, das Bezirksamt und die VHS-Leitung:

1. Wir fordern, dass alle Lehrkräfte bleiben und das Auftragsvolumen ihrer bisherigen Lehrtätigkeit behalten! Es darf keine Lehrkraft coronabedingt ohne Arbeit bleiben.

 

2. Wir fordern eine Zurücknahme des Unterrichtsmodell der Integrationskurse mit einer Lehrkraft, die verpflichtet wird, in 2 Räumen einen großen Kurs (ca. 16 - 20 TN, pro Raum 8 -10 TN) gleichzeitig zu unterrichten.


3. Außerdem fordern wir tägliche Einstufungs-, Beratungs- undAnmeldemöglichkeiten für die TN, um die Abwanderung durch die verlängerte Schließzeit zu kompensieren. Auch nicht vom BAMF geförderten Kursteilnehmer*innen müssen Lernangebote erhalten. Eine sofortige Planung aller Deutschkurse (Integrationskurse, Berufssprachkurse, Elternkurse, Flüchtlingskurse) muss sofort stattfinden. Wir fordern die Einbeziehung der Kursleitenden in didaktische Entscheidungen, die sie immerhin durchführen müssen. Wir fordern eine offene Diskussion über die Erfahrungen z.B. mit online-Angeboten und eine Einbeziehung in die Entwicklung von Konzepten.

4. Wir fordern demokratische Regeln zwischen VHS Leitung und Dozent*innen!

D.h. Wiederaufnahme der jährlichen Konferenz der PBL mit den Lehrkräften und Transparenz in der Kursvergabe. Sicherung des einmal erreichten Auftragsvolumen. Erst Neueinstellungen, wenn niemand aus dem vorhandenen Kollegium das Angebot abdecken kann. Kein Kursentzug bei Krankheit und bei begründeten Pausen (Pflege von Familienangehörigen, Geburt des Kindes, usw.). Mediation in Konfliktfällen. Namentliche Aufführung der Kursleitenden im Programmheft wie bis 2018/2019 in FK üblich und auch jetzt in anderen VHSen selbstverständlich. Eine rechtzeitige und transparente Informationspolitik seitens der VHS gegenüber KL und TN.

5. Wiedereinstellung der nach einer Meinungsverschiedenheit per E-Mail 2019 entlassenen Kolleg*in!!!

6. Anerkennung des Rechts auf Interessensvertretung der Dozent*innen.

D.h. Austausch auf Augenhöhe mit VHS-Leitung und PBL, Recht auf Aushänge der Doz. Vertretung für die Kolleg*innen in den Räumen der VHS, keine Kontrolle der Postfächer der Lehrkräfte, KL dürfen sich in den Räumen der VHS treffen, ihre VV und Treffen mit der lokalen Doz.Vertretung durchführen.

7. Wir fordern Kompensationen für die finanziellen Ausfälle für den Zeitraum ab 1. Juli 2020, da die Lehrkräfte die Nichtinbetriebnahme der VHS FK nicht zu verantworten haben.

8. Zusammenfassung:

Wir fordern die Rückkehr der VHS FK zu einer Volkshochschule, die ihren öffentlichen Auftrag in der Erwachsenenbildung erfüllt, bedarfsgerechte Kursangebote für die Bevölkerung im Bezirk anbietet und dabei fair mit ihren angestellten, freiberuflichen Mitarbeiter*innen und Teilnehmer*innen umgeht.

 

2.2   Bericht aus Bezirksamt zu Situation und Perspektiven VHS FK
 

Bezirksstadträtin Clara Herrmann berichtet:

Die Pandemie hat natürlich auch das Amt für Weiterbildung und Kultur vor schwerwiegende Herausforderungen gestellt.

Der Bezirk und auch das Land setzen sich ein für eine Absicherung der freiberuflichen Honorarkräfte. Dies findet in unterschiedlichen Formen statt und findet in der Musik- wie auch der Volkshochschule statt. Über die finanzielle Absicherung ist im Ausschuss schon öfter gesprochen worden und das Bezirksamt hat dem Land gegenüber auch deutliche Positionen formuliert.

Im Bereich der Musikschule hat das Abgeordnetenhaus Nachschläge gegeben, aber es fehlt noch immer die AV des Landes, damit diese Nachschläge auch ausgeschüttet werden können.
Der Bezirk hat auf allen Ebenen immer wieder deutlich gemacht, dass die Entkoppelung von Tariferhöhungen und Kosten eingehalten werden muss. In den vergangenen Jahren ist bei den Festanstellungen bereits viel erreicht worden; der Bezirk hat zuletzt 200.000€ Eigenmittel aufgewendet, um die Festanstellungen zu sichern.

Das Bezirksamt hat sich während der gesamten Pandemie dafür eingesetzt, dass die Honorare für die Lehrkräfte über die Pandemie hinweg weitergezahlt werden. Hierzu gab es regulierende Rundschreiben der Senatsverwaltung. Diese sind allerdings mittlerweile ausgelaufen, sodass es keine Regelungen mehr gibt. Hier hat es Kommunikationsfehler des Bezirks gegenüber den Lehrkräften gegeben, die das Bezirksamt bedauert. Der umstrittene Passus zu den Neuverträgen ist ausgesetzt und findet keine Anwendung mehr. Der Bezirk kämpft dem Land gegenüber für eine rechtliche Absicherung über eine Basiskorrektur.

Gemeinsam mit den Honorarkräften sind sehr intensive Angebote an die Teilnehmer*innen gemacht worden, im Online-Bereich weiter an Kursen teilzunehmen.

Frau Bärbel Schürrle (KultW L) berichtet:

Die VHS hat sehr schnell eine Umorganisation des gesamten Bürobereichs vorgenommen, damit der Bürobetrieb weitergehen kann und alle Kolleg*innen einzeln in den Büros sitzen können. So war es möglich, tausende Rückzahlungen von Kursentgelten vorzunehmen. Ein großer Organisationsaufwand der VHS war nötig, um sowohl den Neustart der Kurse zum 1.7. zu bewerkstelligen, als auch ein Sommerprogramm zu etablieren. Die VHS hat einen Antrag auf SODEG-Mittel gestellt, über dessen Höhe allerdings erst am Jahresende beschieden wird. In jedem Fall werden bei Erhalt der Mittel die 75% gezahlt.

Das BAMF finanziert die anwesenden Teilnehmer*innen eines Integrationskurses. Hierüber müssen genaue Anwesenheitslisten geführt werden, anhand derer eine Finanzierung in Höhe von 3,90€ pro Teilnehmer*in und Unterrichtseinheit erfolgt.

Die VHS Xhain hat im Vergleich zu allen anderen Bezirken sehr kleine Räume, sodass nur 8 Teilnehmer*innen möglich sind. Hinzu kommt eine Fehlquote von 15%, sodass durchschnittlich 6,8 Teilnehmer*innen pro Unterrichtseinheit anwesend sind.

Das BAMF hat Unterrichtsmodelle für die Kurse vorgegeben. Für Schulen mit kleinen Räumen ist durch diese Vorgaben des BAMF das Modell mit der Verteilung auf 2 Räume zwingend vorgeschrieben.

Die VHS wird diese Kurssituation schon von Beginn an sehr genau evaluieren und die entsprechenden Schlüsse hieraus ziehen.

Herr Lattermann (Stv. VHS Dir) nimmt wie folgt Stellung: Der Eindruck der Dozent*innenvertretung, es fände keine Kommunikation statt, verwundere sehr. Ungefähr 1/3 der aktuellen Arbeit der Leitung der VHS besteht Kommunikation mit den Dozent*innen. Es wurde in der VHS Cloud eine Gruppe eingerichtet, in der die Kursleitenden der Deutschkurse kommunizieren können. Bis heute hat es dort keinerlei Einträge gegeben. Auch der Vorwurf, es hätten keine Beratungen stattgefunden, geht fehl: die Beratungen wurden unter Hochdruck telefonisch fortgesetzt.

Die Debatte wird nach einem entsprechenden Antrag mit der Begründung beendet, dass der Ausschuss nicht die Kommunikation zwischen den Dozent*innen und der Leitung der VHS übernehmen oder ersetzen könne. Hier müsse erst der interne Dialog fortgesetzt werden, bevor der Ausschuss weitere Befassungen vornehmen kann.

 

 
 

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