Auszug - Das Lebensgefühl im Umfeld des Kottbusser Tors. Wo drückt der Schuh? (Gäste: Monique Messikh-Müller, Kotti e.V., N.N., N.N.)  

 
 
Öffentliche Sitzung des Integrationsausschusses - Ausschuss für Migration, Teilhabe und Chancengleichheit
TOP: Ö 2
Gremium: Integrationsausschuss - Ausschuss für Migration, Teilhabe und Chancengleichheit Beschlussart: erledigt
Datum: Mi, 09.12.2015 Status: öffentlich
Zeit: 18:00 - 19:50 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: EXTERN / außer Haus (exakte Ortsangabe siehe Einladung)
Ort:
 
Wortprotokoll

Hinweis:

Dieser Bericht basiert größtenteils auf den Informationen, die Monique Messikh-Müller (Kotti e.V.) zusammengetragen hat, es sind aber auch einige weitere Beobachtungen von anderen Teilnehmer*innen der Ausschusssitzung eingebracht worden. Diese wurden vom Ausschussvorsitzenden unkommentiert aufgelistet. Ein herzlicher Dank geht noch einmal an Monique Messikh-Müller!

  1. Der wachsende Tourismus wird zunehmend als lästig empfunden. Die Gehwege sind oft blockiert.
  2. Der Ton im Umgang miteinander wird insgesamt aggressiver. Vor allem Frauen meiden abends den Gang über den Kotti.
  3. Der Kontrast zwischen sichtbarer Armut und "den Reichen und Schönen"st wachsende Spannungen/Aversionen aus.
  4. Der Bürgerverein Luisenstadt will 20er-Zonen für den Autoverkehr, was deren Wohnungen aufwertet, andere Bewohner*innen fürchten ihre Verdrängung.
  5. Infolge der Mietensteigerungen müssen weitere Familienmitglieder in bereits beengte Wohnungen zuziehen, man lebt auf engem Raum.
  6. Respektlosigkeit und rassistische Alltagsdiskriminierungen nehmen zu, gegenüber Migrant*innen und auch zwischen verschiedenen Einwanderungsmilieus. Betroffen sind insbesondere Roma, Sinti und Schwarze. Es entsteht ein Grundgefühl von Aggressivität.
  7. Öffentliche Plätze und vor allem Spielplätze sind häufig von Jugendlichen/Jugendgruppen belegt (Hinterhöfe der Oranienstr., Südblöcke) und werden von vielen Kindern, Eltern, Senior*innen nicht mehr genutzt. Spielplätze sind verwahrlost. Der Spielplatz am FHXB/Kotti e.V., der bei den ganz Kleinen sehr beliebt war, wird fast gar nicht mehr frequentiert.
  8. Auf dem Spielplatz bei den Südblöcken liegen wieder mehr Spritzen.
  9. Leute pinkeln in die wenigen Grünanlagen oder in Hauseingänge und lachen sich über Beschwerden kaputt oder werden aggressiv. Öffentliche Toiletten fehlen.
  10. Jugendliche sind z.T. perspektivlos und machen Personen, die sie als "Andere" markieren, zunehmend öffentlich an.
  11. Die Vielfalt des Sozialraums wird von den meisten Bewohner*innen grundsätzlich begrüßt/positiv bewertet, im Alltag gibt es aber weniger Begegnungen und dauerhafte soziale Kontakte zwischen verschiedenen Gruppen als früher. Trotz dieser Veränderung gibt es noch immer eine starke Hilfsbereitschaft, wo Hilfe gebraucht wird (z.B. für Hochbetagte einkaufen oder diese begleiten).
  12. Eltern berichten, dass ihnen ihre Kinder zunehmend entgleiten (im Alter zwischen 10 und 16). Eltern benötigen Beratung, wenn ihr Kind aggressiver wird/zuschlägt, eine bestimmte Clique ihm nicht guttut. Es gibt aber zu wenige türkisch oder arabisch sprechende Sozialarbeiter und ggf. auch Psychologen.
  13. Eltern sind in wachsendem Maß unsicher, wenn ihre Kinder sich zu weit vom Wohnumfeld entfernen. Damit sie nicht weggehen, versuchen die Eltern, ihre Kinder in den Höfen zu behalten. Dort herrscht Langeweile und auch deshalb kommt es zu Streit oder Schlägereien.
  14. Mindestens ein*e neutrale*r interkulturelle*r Sozialarbeiter*in wäre nötig. E., der oft als Mediator angefragt wird, gilt vielen Bewohner*innen nicht als neutral. Sinnvoller als ein*e Sozialarbeiter*in wäre ein Team aus Sozialarbeiter*innen verschiedener Herkunft, die mindestens die türkische und arabische Sprache sprechen.
  15. Die Angst vor Diebstählen ist stark gewachsen. Vor allem Frauen haben in wachsendem Maße ein ungutes Gefühl. Tatsächlich gibt es deutlich mehr Diebstähle, etwa seit Mai 2015. Leere Portemonnaies und Taschen werden von Findern zur Polizei gebracht. Vermutungen, ausschließlich Dealer seien die Täter, sind falsch. Mehr Sicherheit ist absolut notwendig.
  16. Vermutungen über mafiöse Strukturen kursieren im Kiez.
  17. Die Stufen zum Neuen Kreuzberger Zentrum sind von Sitzenden/Stehenden blockiert. Mütter mit Kinderwagen fühlen sich dort sehr unwohl. Der Ort ist zum Treffpunkt und Marktplatz geworden. Die Wahrnehmung, es handele sich vor allem um Dealer aus dem Görli, stimmt auch hier nicht, es sind andere Geschäfte (?) im Spiel.
  18. Viele Polizisten, die lange Erfahrungen mit der Situation am Kottbusser Tor habe, sind ausgewechselt worden. Die Absicht der Polizei, sie wollte "frischen Wind reinbringen", wird als nicht hilfreich empfunden, da die erfahreneren Polizisten fehlen.
  19. Es wird deutlich mehr harter Alkohol im öffentlichen Raum konsumiert als früher.
  20. Der Eingang zum U-Bhf. Görlitzer Bhf. hat zu wenig Licht, BVG-Sicherheitskräfte sind nur sporadisch im Einsatz.
  21. Am Moritzplatz beginnt aktuell eine ähnliche Entwicklung von Belästigungen und Kleinkriminalität wie am Kotti. Warum startet die Polizei keine sofortige Intervention, um dies rechtzeitig zu stoppen?
 
 

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